Ärger um Agrarzahlungen: Rücktritt von Minister Wolfram Günther gefordert

Seit Wochen warten die Landwirte in Sachsen auf ihr Geld. Für den Ärger um die Agrarzahlungen wird Agrarminister Wolfram Günther (Grüne) verantwortlich gemacht. Jetzt fordert der Sächsisches Landesbauernverband (SLB) den Rücktritt des Ministers.

Von Karsten Bär

In Sachsen geht der Ärger um die Agrarzahlungen weiter. Die Verbandsspitze des Sächsischen Landesbauernverbandes (SLB) hat am Freitag (12.1.) auf ihrer Klausurtag in Limbach-Oberfrohna den Rücktritt des sächsischen Landwirtschaftsministers Wolfram Günther (Grüne) gefordert, wenn die Auszahlung der Betriebsprämien nicht bis zum 31. Januar erfolgt.

SLB-Präsident Torsten Krawczyk sagte, während Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) auf der Landwirte-Demonstration am Mittwoch in Dresden Demut gezeigt habe und sich für die Verspätung entschuldigte, sehe man beim Agrarminister nicht, dass er sich die Kritik annehme. „Wir glauben nicht mehr an eine Aufarbeitung“, so Krawczyk.

Der Landesbauernverband Sachsen fordert den Rücktritt von Minister Günther.
SLB-Präsident Torsten Krawczyk (li.) und SLB-Hauptgeschäftsführer Stefan Seyfart bei der Pressekonferenz. Sie fordern den Rücktritt von Agrarminister Günther. (c) Karsten Bär

Bisher habe der Bauernverband von Rücktrittsforderungen abgesehen, was offenbar dazu beigetragen habe, dass es Wolfram Günther an Selbstkritik und ernsthaftem Bemühen mangele, an einer schnelleren Auszahlung der Gelder zu arbeiten oder sich wenigstens um einen Abschlag zu bemühen. Der letzte Innenminister sei aus geringeren Gründen aus dem Amt gegangen. Man wolle gemeinsam mit anderen landwirtschaftlichen Verbänden einen anderen Politiker der Grünen für den Posten vorschlagen, erklärte der Präsident weiter. Dies sei notwendig, um nicht den Bruch der bestehenden Koalition in Sachsen herbeizuführen. „Chaos können wir sächsischen Landwirte nicht gebrauchen“, so Krawczyk.   

Ärger um Agrarzahlungen: Ein Grund für die Bauernproteste in Sachsen

Das Ausbleiben der Agrarzahlungen in Sachsen bis Jahresende ist dem Bauernpräsidenten zufolge ein wesentlicher Grund, dass sich sächsische Landwirte sehr vehement an den aktuellen Bauernprotesten beteiligen.

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Auf ihre Agrarzahlungen müssen die sächsischen Betriebe warten. (c) Sabine Rübensaat

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Protest der Bauern: Warum die Wut so groß ist

Schlepper-Demos, Kundgebungen, Mahnwachen – mit einer Aktionswoche bringen die deutschen Bauern ihren Protest zum Ausdruck. Und jeder hat dazu etwas zu sagen. Warum das so ist und warum die Gefahr der Unterwanderung so groß ist, kommentiert Claudia Duda.

Von Claudia Duda

Es ist schon interessant, wer sich jetzt alles zu Wort meldet. Gefühlt werden die Proteste der Landwirtinnen und Landwirte von rechts, von links, von oben und von unten kommentiert. Solange die Läden voll sind und der Alltag für die meisten Menschen ohne Einschränkungen abläuft, spielen die Sorgen und Nöte vieler Betriebe der Agrarwirtschaft in der Wahrnehmung der Politik und der meisten Medien kaum eine Rolle.

Jetzt spiegeln sich die Proteste in den Schlagzeilen wider und es gibt anscheinend genauso viele Experten, wie es Leser oder Konsumenten gibt. Ein realistisches Bild und vor allem eine korrekte Bewertung findet nur selten statt. Und einige Parteien oder Strömungen, die sich anscheinend für die Landwirtschaft einsetzen, gehen eigentlich auf Stimmenfang und wollen selbst von der Not der anderen profitieren.  

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Protest der Bauern: Kein Vertrauen in die Regierung

Mit der Protest-Woche und allen Aktionen gegen die Streichung der Agrardiesel-Hilfe zeigen die Landwirte eine Geschlossenheit, wie sie einzigartig ist. Es geht den meisten schon lange nicht mehr nur um die Rücknahme der Beschlüsse der Ampel-Regierung, sondern es geht darum, gehört zu werden. Nicht nur die Pandemie, die Kriege und eine Vielzahl von politischen Entscheidungen haben zu einem Gefühl der Erschöpfung, der Ohnmacht und der Perspektivlosigkeit geführt, das sich jetzt in Wut wandelt. Das Vertrauen in die Regierenden – egal ob auf Bundes-, Landes- und vielfach auch auf kommunaler Ebene – ist geschwunden. Und weil das nicht nur den Landwirten so geht, sondern vielen Menschen in diesem Land, deshalb ist das Verständnis bei der Bevölkerung auch groß. Diejenigen, die jetzt Straßen blockieren, mit Treckern demonstrieren und Mahnwachen halten, stehen stellvertretend für alle, die mit den Gegebenheiten nicht zufrieden sind.  

Protest der Bauern: Gefahr für Trittbrettfahrer von Rechts

Das allerdings birgt eben auch die Gefahr für Trittbrettfahrer – insbesondere von rechts –, die unsere Demokratie in Gefahr bringen. Dass sich die Verbände klar davon distanzieren und abgrenzen, ist richtig und notwendig. Wichtig ist aber auch, dass sich die Demonstrierenden nicht vereinnahmen lassen und Grenzen kennen. Darstellungen wie eine Ampel am Galgen oder Aktionen, die als Eingriff in den Straßenverkehr gewertet werden, können strafrechtlich relevant sein. Dabei sind auch politische Parteien nicht davor gefeit, merkwürdige Symbole zu verwenden. Wenn auf einem CDU-Plakat aus Sachsen auf einem inszenierten Foto ein junger Mann mit Mistgabel seine Umsturzfantasien demonstriert, kann das als Aufruf zu Gewalt gewertet werden. Aggressive Drohgebärden stacheln die Stimmung an und entladen sich dann möglicherweise gegen einzelne Personen – wie bei der Ankunft der Fähre mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Schleswig-Holstein. Der Vergleich mit dem Sturm auf das Kapitol in Washington 2021 ist zwar weit hergeholt, aber nicht ganz von der Hand zu weisen.  

Aufruf in Sozialen Netzwerken überprüfen

Tatsächlich ist es bei der Vielzahl der Aktionen nicht immer ganz leicht, den Überblick zu behalten. Vor allem bei Aufrufen in sozialen Netzwerken ist es ratsam zu prüfen, wer da eigentlich einlädt und welche Ziele er verfolgt. Dennoch: Die Bilder aus den vergangenen Tagen sind imposant. Wenn die Proteste auch friedlich verlaufen, werden sie ernst genommen. Die Chance auf Veränderung war selten so realistisch. Dass die Landwirte eine echte Macht sind, haben sie eindrucksvoll bewiesen.

Kommentar aus der Ausgabe 02/2024

Ausgabe 02/24
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Bauern-Proteste: Gespräch mit Bundeskanzler Scholz unter acht Augen

Update 18.30 Uhr: Die Bauern-Proteste gegen die Streichung der Agrardiesel-Beihilfe gehen weiter. Am Donnerstag, 11.1., fanden sie einen Höhepunkt mit einer Kundgebung in Cottbus. Dort wurde auch Bundeskanzler Scholz erwartet. Am Ende traf er Bauernpräsident Henrik Wendorff. Das wurde besprochen.

Von Claudia Duda

Es war ein aufregender Tag für die Landwirte in Brandenburg. Kurzfristig hatten sie sich entschlossen, mit einer Kundgebung in Cottbus auf sich aufmerksam zu machen. Dort wurde am Donnerstag, 11.1. das neue ICE-Bahnwerk eröffnet.

Bauern-Proteste: Bundeskanzler Scholz wurde erwartet

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wurde zur Eröffnung des neuen ICE-Instandhaltungswerks erwartet. Begleitet wurde der Besuch von Protesten von Landwirten, die sich vor den Produktionshallen versammelt haben. Der Kanzler wurde mit Hupen und Trillerpfeifen begrüßt. Der Kreisverband Spree-Neiße des Bauernverbandes hatte zu der Protestkundgebung aufgerufen. Wie Vorstandsmitglied Bernd Starick dem rbb vorab mitteilte, waren 500 Fahrzeuge angemeldet, die die Zufahrt zum Bahnwerk blockieren sollten.

Bauern-Proteste: Pfiffe und Hupen begleiten den Bundeskanzler

Das ständige Hupen von Autos und Traktoren sei auch in den Hallen zu hören gewesen, in denen der Bundeskanzler mit den Mitarbeitern des Werkes ins Gespräch kam.

Nach Angaben der Bild-Zeitung hatte Scholz eine direkte Konfrontation mit den Landwirten abgelehnt.

Aber mit dem brandenburgischen Bauernpräsidenten Henrik Wendorff hat sich Scholz am Rande der Werkseröffnung getroffen. Wie der Bauernverband am Abend mitteilte, kam es zu einem Acht-Augen-Gespräch. In dem 45-minütigen Austausch, bei dem neben Henrik Wendorff auch der Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Dietmar Woidke (SPD), sowie der Geschäftsführer des Berliner und Brandenburger Verkehrsgewerbes (LBBV), Eberhard Tief, zugegen gewesen sei, habe der Kanzler die Position der Bundesregierung hinter den geplanten Sparmaßnahmen erklärt.

Kanzler Scholz will nach Entlastungen für die Landwirtschaft suchen

Auf die Forderung der Landwirtinnen und Landwirte, nach der Korrektur bei der KFZ-Steuer für landwirtschaftliche und Forstfahrzeuge auch von der geplanten schrittweisen Abschaffung des vergünstigten Agrardiesels abzusehen, sei der Bundeskanzler zunächst nicht eingegangen, hieß es vom Bauernverband. Stattdessen habe er zugesichert, verstärkt nach Möglichkeiten wirksamer Entlastungen für die Landwirtschaft zu suchen.

Olaf Scholz im Bahnwerk in Cottbus.
Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Eröffnung des Bahnwerkes in Cottbus. (c) IMAGO / Andreas Franke

Wendorff hätte im Gespräch deutlich machen können, dass der Berufsstand nach wie vor an der Rücknahme der Sparpläne beim Agrardiesel festhält und dass eine Lösung nur in tragfähigen Angeboten für eine zukunftsfeste Landwirtschaft auszumachen sei. Themen wie die Stilllegungspflicht von vier Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche oder die bürokratische und kostenintensive Doppelbelastung bei der Stoffstrombilanzierung lieferten gute Ausgangspunkte.

Woidke lädt Vertreter des Landesbauerverbandes zu Gespräch ein

Dies brauche jedoch eine nötige Vorlaufzeit, so Wendorff. Gleichzeitig müsse verstärkt in die Etablierung alternativer Antriebe und Kraftstoffe in der Landwirtschaft investiert werden. Dietmar Woidke hätte dies sofort aufgenommen und das Präsidium des Landesbauernverbands kurzfristig zu einer gemeinsamen Sitzung in die Staatskanzlei eingeladen, um aktuelle agrarpolitische Themen auch der Landesebene zu diskutieren.

Dietmar Woidke stellte sich den Bauern vor dem Werk. Er sagte, er sei überzeugt, dass die Kürzungen komplett zurückgezogen werden sollten, um einen Dialogbasis mit dem Berufsstand zu machen. Dafür bekam der Ministerpräsident viel Beifall.

Demo in Cottbus: Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke stellt sich den Landwirten. (c) Agrar Krieschow

„Die Bundesregierung muss ihren Kurs ihrer Agrarpolitik überdenken und anpassen“, erklärte Henrik Wendorff. „Dabei muss sie die Bauernverbände, die Landwirtinnen und Landwirte mitnehmen. Sie muss verlässlich werden, da Unsicherheit kein guter Berater für Innovationen ist. Einen Überraschungscoup wie im vergangenen Dezember darf es nicht wieder geben.“

 

Dietmar Woidke will mit den Landwirten reden.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hat die Landwirte zum Gespräch eingeladen. (c) Imago/Andreas Franke

Präsident des Bauernbundes Sachsen-Anhalt nennt Verhalten „taktlos“

Mit Unverständnis reagiert der Bauernbund Sachsen-Anhalt e.V. auf das Verhalten der Bundesregierung, die sich von den Protesten der Bäuerinnen und Bauern eher unbeeindruckt zeigt. Der Präsident des Bauernbundes Martin Dippe nennt es „taktlos“.

Es sei ein Affront gegen den gesamten Berufsstand, wenn ausgerechnet am ersten angekündigten bundesweiten Protesttag das Bundeskabinett grünes Licht für seine weiteren Sparvorhaben zur Entlastung des Bundeshaushaltes 2024 gibt. Dazu gehöre auch das Auslaufen der Steuerbegünstigung für Agrardiesel.

Deutsche Landwirte leiden unter Wettbewerbsnachteil

Abgesehen davon, dass das Vorgehen der politischen Akteure einem Affront gegen die gesamte Branche gleichkomme, ist eine sachliche Begründung für die Streichung beim Agrardiesel aufgrund des zunehmenden Wettbewerbsnachteils der deutschen Landwirte, fehlender Alternativen für die notwendige Prozessenergie in einer systemrelevanten Landwirtschaft sowie einer weitgehend zweckfremden Steuer schlichtweg nicht gegeben.

Zudem sei die aktuelle „Agrardieseldiskussion“ nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Für die gesamte Branche gehe es um noch sehr viel mehr: Kostenbelastungen, die im Laufe der Jahre enorm angestiegen sind und von den Bäuerinnen und Bauern nicht mehr weitergegeben bzw. aufgefangen werden können, haben in den letzten Jahren zu einer deutlichen Verschlechterung der Wirtschaftlichkeit der Betriebe geführt.

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Demo mit Kundgebung in Dresden am 10. Januar 2024. (c) Karsten Bär

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Sparpläne der Ampel: Regierung nimmt Kürzungen teilweise zurück

Die Bundesregierung reagiert auf die Proteste der Landwirte und nimmt die Sparpläne der Ampel bezüglich der Streichung der Agrardiesel-Subvention und der Kfz-Steuerbefreiung teilweise zurück. Reicht das? Oder geht der Bauern-Protest weiter?

Von Claudia Duda

Nach den massiven Protesten der Landwirte in ganz Deutschland und der angekündigten Aktionswoche, die am Montag beginnen sollte, hat die Bundesregierung die Haushaltspläne bezüglich der Streichung der Agrardiesel-Subvention und der Kfz-Steuerbefreiung geändert.

Sparpläne der Ampel: Scholz, Habeck und Lindner einigen sich

Laut einer gemeinsamen Presse-Mitteilung vom Donnerstag, 4. Januar, von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Dr. Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wurden konkret folgende Änderungen vereinbart:

Was passiert mit der KfZ-Steuer?

Die Streichung der Kfz-Steuerermäßigung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge ist vom Tisch. Grund: Der zum Teil erhebliche bürokratische Aufwand für die betroffenen Unternehmen soll vermieden werden, heißt es in der Erklärung.

Sparpläne der Ampel: Pläne zum Agrardiesel jetzt schrittweise geplant

Die Abschaffung der Steuer-Begünstigung für Agrardiesel erfolgt nicht in einem Schritt. Stattdessen erfolgt ein schrittweiser Abbau der Begünstigung, um den betroffenen Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung zu geben. Das grüne Nummernschild bleibt.

Agrardiesel: Keine Subvention mehr ab 2026

Demnach erfolgt im Jahr 2024 eine Reduzierung des Entlastungssatzes um 40 Prozent. In den Jahren 2025 und 2026 soll jeweils eine weitere Reduzierung um 30 Prozent erfolgen, so dass für im Jahr 2026 verbrauchte Mengen keine Subvention mehr erfolgt. Die Rück-Vergütung der im Jahr 2023 verbrauchten Mengen im Jahr 2024 erfolgt unverändert.

Neuer Vorschlag: So reagiert der Bauernverband

Die Überweisung der Plastik-Abgabe an die EU erfolgt ab 1. Januar 2025. Dies sei notwendig, um mehr Zeit für die Erarbeitung einer effizienten und möglichst unbürokratischen Lösung zu gewinnen.

In einer ersten Reaktion erklärte Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, die Nachbesserungen der Bundesregierung seien unzureichend: „Dies kann nur ein erster Schritt sein. Unsere Position bleibt unverändert: Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch. Es geht hier ganz klar auch um die Zukunftsfähigkeit unserer Branche und um die Frage, ob heimische Lebensmittelerzeugung überhaupt noch gewünscht ist. An unserer Aktionswoche halten wir daher weiter fest.“

Auch in den Bundesländern gehen die Proteste weiter. So hieß es am Donnerstagabend vom Thüringer Bauernverband, dass die Demonstration in Erfurt am Montag wie geplant stattfinden wird. In der Landeshauptstadt werden bis zu 1000 landwirtschaftliche Fahrzeuge erwartet. Marco Gemballa, Vorsitzender des Land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbandes Mecklenburg-Vorpommern e. V., erklärte in den sozialen Netzwerken: „Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrte Minister Habeck und Lindner: Das reicht nicht!“

Das sagt Minister Özdemir

Am Nachmittag dann auch die Reaktion des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir: „Wir haben gemeinsam eine Lösung gefunden, die eine überproportionale Belastung der Land- und Forstwirtschaft abwendet. In den letzten Tagen habe ich dazu viele intensive Gespräche geführt, auf die Schlagseite zulasten des Agrarsektors hingewiesen und Vorschläge zur Gegenfinanzierung gemacht“, sagte Özdemir. Die überproportionale Belastung der Land- und Forstwirtschaft im Rahmen der notwendigen Haushaltskonsolidierung sei damit vom Tisch.  

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Fleisch-Ersatz: Das Potenzial der Hülsenfrüchte

Lebensmittel-Produktion aus Pflanzen: Auf dem Pflanzenprotein-Symposium „Local Heroes!“ ging es um die Chancen und Möglichkeiten beim Anbau von Leguminosen als Ersatz für Fleisch.

Von Catrin Hahn

Die zweite Ausgabe des Pflanzenprotein-Symposiums „Local Heroes!“ wurde in Berlin und online von über 180 Enthusiasten besucht, die um den Wert und das Potenzial der Eiweißpflanzen wissen. Der stellvertretende Ufop-Vorsitzende Dietmar Brauer zeigte sich in seinen Begrüßungsworten erfreut vom großen Interesse: „Wir alle hier wissen, wie wichtig diese Pflanzen für den Ackerbau und in der Lebensmittelkette sind. Wir sehen, wie das Angebot an Plantbased Food (Anm. d. Red: pflanzenbasierten Lebensmitteln) ständig wächst. Allerdings stammen die Rohstoffe für diese Lebensmittel noch viel zu selten vom deutschen Acker. Der Leguminosenanbau für Lebensmittelnutzung liegt erst bei 2,5 Prozent. Das muss sich ändern!“  

Fleisch-Ersatz: Hülsenfrüchte sind ein Gewinn in der Ernährung

Zudem ging Brauer auf die unsichere Situation der Finanzierung von Fördertöpfen ein. Zwar hätte die Politik in Deutschland und der EU offenbar die Bedeutung von Körnerleguminosen erkannt. Dennoch sei von der Bundesregierung der Etat der Eiweißpflanzenstrategie für 2024 schon wieder gekürzt worden. Und welche weiteren Kürzungen nun angesichts des schwindelerregenden Haushaltsloches drohten, sei nicht annähernd abzusehen.  

Zu diesem Thema konnte auch die nächste Rednerin nichts sagen: Eva Bell vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Die laufenden Beratungen erlaubten es nicht, hier konkrete Aussagen zu machen. Dennoch betonte sie, dass die Bundesregierung um die Rolle der Leguminosen wisse: „Hülsenfrüchte in der Ernährung sind ein vielfacher Gewinn in Ernährung und Landwirtschaft. Jeder Burger aus Leguminosen reduziert den Treibhauseffekt. Zudem machen es mehr Pflanzen auf dem Speiseplan einfacher, sich gut und ausgewogen zu ernähren.“  

Fleisch-Ersatz in den Kantinen

Nach dem Willen der Bundesregierung sei ein Ansatz, um diese Strategie zu fördern, die Gemeinschaftsverpflegung, essen doch täglich bis zu 16 Millionen Menschen täglich in Kantinen, Mensen oder ähnlichen Einrichtungen. Der Land- und Ernährungswirtschaft bieten sich nach Bells Worten große Chancen durch den vermehrten Anbau von Körnerleguminosen: „Schon heute nutzt der Ökolandbau sie sehr intensiv zur N-Versorgung und tierischen Ernährung. Ab 2026 müssen im Ökolandbau alle Tiere zu 100 Prozent mit Futtermitteln aus Ökoerzeugung ernährt werden – das gilt natürlich auch für Proteinfuttermittel.“  

Auch die konventionelle Landwirtschaft könne sehr viel Nutzen aus dem verstärkten Anbau ziehen. Ein weiterer Punkt: Lieferketten zu sichern und zu schützen, sei nach den Erfahrungen der letzten Jahre ein erstrebenswertes Ziel. Das gelte sowohl für heimische Futter- als auch Lebensmittel.  

In Deutschland geht die Nachfrage nach Fleisch zurück

Mit der Thematik: „Alternative Proteine in Deutschland – Marktentwicklung und politischer Handlungsbedarf“ beschäftigte sich Ivo Rzegotta vom Good Food Institute Europe. Das 2015 in den USA gegründete Good Food Institute beschäftigt weltweit über 190 Mitarbeiter in den Schwerpunkten Wissenschaft und Politikberatung. Klar sei, beginnt Rzegotta seinen Vortrag, dass mit den heutigen Ernährungssystemen keine zehn Milliarden Menschen zu ernähren seien. Dafür sind sie zu ineffizient: „Wir können es uns nicht leisten, acht Kilokalorie zu investieren, um eine Kilokalorie Hühnerfleisch zu erzeugen.“ Gleichzeitig steige aber die globale Fleischnachfrage. In Europa ginge sie zwar leicht zurück (in Deutschland aktuell 52 Kilogramm/Jahr), aber ob der Trend dauerhaft ist, vermöge er nicht zu sagen. „Wenn man ehrlich ist, sind die wesentlichen Punkte Geschmack und Preis. Wir brauchen demzufolge Produkte, die bezahlbar sind und nahe an dem, was die Menschen kennen und gewohnt sind.“ In Sachen Proteinalternativen, die für viele Regionen eher neu seien, gäbe es hier drei Säulen, erklärte der Referent: Plant-based-Produkte, fermentierte Produkte und kultiviertes Fleisch.  

Saubere Produktion und wenig Konservierungsstoffe

Bei Plant-based-Produkten sei bereits sehr viel passiert. Im Moment sehe er eine gewisse Stagnation: „Wir brauchen eine neue Generation, neue Produkte wie likeEi oder Steak. Und wir brauchen clean label, also kürzere Zutatenlisten, saubere Produktion und weniger Konservierungsstoffe.“  

Deutschland sei der mit Abstand größte Plant-based-Markt in Europa. Die absoluten Zahlen seien dennoch nicht besonders hoch: Jeder Deutsche hat im vergangenen Jahr 23 Euro für Plant-based-Produkte ausgegeben, vor allem für Fleisch- und Milchalternativen.  

Fleisch-Ersatz aus Pilzkulturen

Eine junge Branche, wenn auch eine sehr alte Technologie, sei die Fermentation, fuhr Rzegotta fort. Hier seien extrem interessante Produkte zu erwarten, die im Moment allerdings noch in den Kinderschuhen steckten. Fleischersatz aus Pilzkulturen gehöre dazu oder auch Produkte, die mittels Präzisionsfermentation hergestellt würden.  

Die Deutschen, das hätten Umfragen gezeigt, sind offen für Produkte dieser Art. Das gilt auch für kultiviertes Fleisch, von dem 82 Prozent der Jüngeren sagen, dass sie es kaufen würden. Und das, obwohl hier einige Jahre lang durch eher abschreckende Wortwahl wie „Laborfleisch“ nicht eben Vertrauen aufgebaut worden sei. Der weltweit erste Snack, ein seit 2020 in Singapur zugelassener Chicken Nugget, sei dort derzeit für etwa 14 Dollar in Restaurants zu haben und sehr beliebt. 

So steht Deutschland im Wettbewerb da

Wichtig war Rzegotta noch, zu betonen, dass es künftig keine getrennt nebeneinander existierenden Ernährungsweisen geben werde: „Hybriden Produkten gehört die Zukunft.“ Deutschland stünde im Wettbewerb nicht schlecht da, es habe starke Start-ups in dem Bereich. Die eigentliche Stärke Deutschlands läge aber, wie schon zuvor in anderen Bereichen, in der Maschinenherstellung. Auch die etablierte Lebensmittelindustrie investiere in diesem Segment. Allerdings beobachte er, dass sich der Wagniskapital-Bereich in Europa nicht so gut entwickele wie in anderen Regionen.  

An die Politik richtete Rzegotta den Aufruf, Innovation voranzubringen: „Egal wo, wir sind mit Verzicht nie weitergekommen. Immer nur mit anderen technischen Lösungen. Alternative Proteine sind für uns der Weg in die klimafreundliche Ernährung, also sollte die Politik sie fördern.“  

In Israel und den USA wird mehr geforscht

Im Vergleich zu erneuerbaren Energien oder anderen Klimaschutzinvestitionen sei hier aber in Deutschland deutlich zu wenig passiert. Anders sei das in anderen Ländern, etwa in Israel, wo alternative Proteine das zweitwichtigste Forschungsfeld seien oder in den USA, wo die Forschung per Präsidentenerlass unterstützt wird. Dänemark habe seit Kurzem die weltweit erste Plant-based-Strategie. In Deutschland sei dagegen kaum eine Strategie zu erkennen. „Warum machen wir das nicht unter dem Dach der Eiweißpflanzenstrategie?“ Eine gemeinsame Anstrengung müsse dann auch die Zulassung beinhalten: Wegen der zu langen Zulassungsprozesse in Europa kommerzialisieren heute viele Start-ups anderswo.“  

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Im Verlauf des Symposiums stellten Unternehmen ihre Produkte vor. Den Anfang machte Sören Rossmann von der Rügenwalder Mühle. „Auch wir waren mal ein Start-up“, so beschrieb er das 190 Jahre alte Unternehmen. „Seit 2014 stellen wir Fleischalternativen her, seit 2020 übersteigt unser Umsatz mit veganen Produkten den der tierischen Erzeugnisse.“ Make something people want – das sei das Motto ihrer Forschungs- und Entwicklungsbemühungen, erklärte er: „Wir wollen Geschmackserlebnisse ohne Fleisch bieten. Viele neue Produkte haben wir in diesem Jahr auf den Markt gebracht, darunter Weiß- und Bratwürste oder Pulled Pork. Daneben sei aber auch die Nachhaltigkeit ein Ziel, weswegen seit Anfang 2022 erste Produkte mit 100 Prozent deutschem Soja angeboten würden. Bis 2025 habe man sich vorgenommen, nur noch pflanzliche Proteine aus Europa zu verwenden. Soja sei dabei die Hauptproteinquelle, erklärte Rossmann. „Die Qualität der Sojaproteine ist hervorragend, Geschmack und Farbe sind super.  

Soja: Nur 10 Prozent wird für die Nahrung der Menschen genutzt

Allerdings werden nur zehn Prozent des hierzulande angebauten Sojas für die Humanernährung genutzt. So haben wir 2020 ein Pilotprojekt gestartet, in dem wir Anbauverträge mit Landwirten geschlossen haben.“ 500 Hektar Vertragsanbau mit Landwirten aus Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern seien es in diesem „sehr guten Sojajahr“ gewesen. Die 2.500 Tonnen deckten 30 Prozent ihres Sojabedarfs. „Da geht noch mehr“, betont Rossmann und fordert Landwirte aus ganz Deutschland auf, sich bei Interesse an Vertragsanbau beim Unternehmen zu melden.  

Auch die BayWa hat vor vier Jahren angefangen, in Start-ups zu investieren und sich dabei auf den Schwerpunkt Pflanzenproteine konzentriert. Jasmin Dold, BayWa AG, und Achim Budemann von der Greenforce Future Food AG stellten die Zusammenarbeit vor, bei der elf Landwirte 300 t Erbsen produzieren, aus denen Greenforce später 74,5 Tonnen Erbsenprotein über verschiedene Produktionswege – als Konzentrat oder Isolat – herstellt.  

Neue Lebensmittel auf der Basis von Pflanzen

Die nächste Referentin, Laura Ignatzy vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV, stellte eine Entwicklung vor, mit deren Hilfe die Entwicklung neuer Lebensmittel auf Basis pflanzlicher Proteine einfacher werden sollte. Sie ist Bestandteil des vom Bundesforschungsministerium geförderten Innovationsraumes NewFoodSystems, in dem mehr als 60 Partner aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft an Ansätzen für die Ernährung von morgen arbeiten. Das Unterprojekt „Nachhaltige Proteinzutaten“ sei, erklärte Ignatzy, nachhaltigen und alternativen Proteinquellen gewidmet.  

Eines der drei Innovationsfelder sei die Entwicklung einer Proteindatenbank zur ganzheitlichen Charakterisierung von Proteinzutaten. Warum ist eine solche Datenbank überhaupt nötig? „Wir sehen ein attraktives Marktumfeld und ein gestiegenes Interesse bei Herstellern“, erklärte Ignatzy. „Diese Vielfalt bringt aber Herausforderungen mit sich, haben doch alle Rohstoffe unterschiedliche Eigenschaften und Wirkung. Deshalb stellt sich den Herstellern die Frage: Was ist denn nun „mein“ Protein?“  

Alternativen aus Algen und Insekten

Zurzeit enthalte die Datenbank 87 Proteinpräparate unterschiedlichster Herkunft, darunter neben pflanzlichen Rohstoffen auch beispielsweise Algen oder Insekten. Sie alle wurden auf ihre Zusammensetzung, ernährungsphysiologische Eigenschaften, Nachhaltigkeitsfaktoren, sensorischen Attribute und weitere Kriterien untersucht. In der Datenbank, die nach Projektende im Frühjahr 2024 öffentlich zugänglich sein soll, könnten sich dann Lebensmittelhersteller nach den für sie wichtigen Kriterien auf die Suche nach dem richtigen Proteinrohstoff machen.  

Die Rohstoffe, die in die Untersuchung aufgenommen würden, stammten von verschiedenen Anbietern, erklärt Ignatzy: „Wir kaufen Mehle, Isolate oder Konzentrate ein, die wir zunächst daraufhin untersuchen, ob sie sich über verschiedene Chargen hinweg ausreichend ähneln. Danach bestimmen verschiedene Projektteilnehmer Dutzende Inhaltsstoffe und weitere Kriterien. Wer sich schließlich entscheidet, eines der Proteinprodukte nutzen zu wollen, bekommt von uns Auskunft über dessen Herkunft.“  

Fleisch-Ersatz: Wünsche der Verbraucher

Welche Ansprüche und Wünsche der Verbraucher nun an Produkte aus pflanzlichen Proteinen stellt, damit hat sich die Sensorikerin Hannah Schebesta von der Symrise AG beschäftigt. Das Unternehmen verkauft Duft- und Geschmacksstoffe für Lebensmittel, Kosmetik und weitere Produkte. Für die Entwicklung von Geschmacksstoffen, erklärt sie, sei es unerlässlich zu wissen, was genau der Verbraucher denn wünsche. „Welche Sensorik sollen Fleischalternativen denn mitbringen? Um das herauszufinden, haben wir eine Umfrage gemacht. Dabei kam zum einen heraus, dass 80 Prozent die einfache Verfügbarkeit der Produkte wichtig ist – sie also nicht zum Beispiel umständlich irgendwo bestellt werden müssen. In Sachen Geschmack ergab sich, dass zwei Drittel der Verbraucher von ihrem Fleischersatz erwarten, dass er auch wie Fleisch schmeckt. Ein Drittel hingegen ist eher neugierig auf alternative Geschmackserlebnisse und freut sich über mehr Gemüse- oder Gewürznoten.“  

Sensorik mache Geschmack messbar, fährt die Referentin fort. Die Palette der Symrise-Geschmacksstoffe entspreche den verschiedenen Kundenansprüchen. An Hersteller richtet Schebesta daher die Aufforderung, in Sachen Sensorik nichts dem Zufall zu überlassen. Die Expertise von Symrise bei Beratung und Produktauswahl helfe bei der Suche nach der eigenen Marktnische. „Kenn deine Zielgruppe!“, mit diesem Aufruf beendete Hannah Schebesta ihren Vortrag.  

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Glyphosat in der Landwirtschaft: Das gilt ab 1. Januar 2024

Mit einer Eilverordnung hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Rechtssicherheit geschaffen: Glyphosat darf auch künftig in Deutschland eingesetzt werden. So sind die Regeln ab dem neuen Jahr.

Von Claudia Duda

Eigentlich sollte in Deutschland der Einsatz von Glyphosat ab 2024 verboten sein. Doch nachdem die EU-Kommission Mitte November die Zulassung von Glyphosat für weitere zehn Jahre angekündigt hatte, musste auch die Gesetzeslage hierzulande geändert werden – denn EU-Recht schlägt Deutsches Recht. Deshalb hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Mitte Dezember eine sogenannte Eil-Verordnung erlassen, mit der Rechtssicherheit für den weiteren Einsatz von Glyphosat geschaffen ist.

Glyphosat: Eilverordnung gilt für ein halbes Jahr

Die Glyphosat-Eilverordnung wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2023 in Kraft. Die Eilverordnung gilt für ein halbes Jahr. Das teilte das BMEL mit. Sie sieht vor, dass die bestehenden Beschränkungen für die Anwendung von Glyphosat und die damit verbundenen Sanktionen übergangsweise weiter gelten.

Zuvor hatte bereits das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat bis zum 15. Dezember 2024 verlängert.

Firmen müssen neuen Antrag stellen

Hintergrund ist die bis zum 15. Dezember 2033 verlängerte Zulassung des Wirkstoffes Glyphosat in der Europäischen Union. So steht es in der Durchführungsverordnung (EU) 2023/2660. Laut BVL bedeutet das konkret: Sofern ein Produkt mit Glyphosat eine Zulassung bis zum 15. Dezember 2023 hat, wird das Zulassungsende um genau ein Jahr verlängert – auf den 15. Dezember 2024. Firmen, die eine Zulassung haben, können innerhalb von drei Monaten (ab Erneuerung der Wirkstoffgenehmigung) einen Antrag auf Erneuerung der Zulassung stellen.

Glyphosat: Minister Özdemir erneuert seine Kritik

Das BMEL erarbeitet eine Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung, um eine Anschlussregelung an die Eilverordnung zu schaffen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) bekräftigte seine Kritik, das umstrittene Herbizid wieder zuzulassen. „Ich halte die Entscheidung der EU-Kommission für falsch, Glyphosat bis 2033 zu genehmigen und sehe sie auch nicht vom Votum der EU-Staaten gedeckt“, erklärte der Minister. Laut Özdemir schade Glyphosat „ohne Zweifel“ der Artenvielfalt. 

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Glyphosat in Deutschland
Pflanzenschutz wird ausgebracht. Wie geht es weiter mit Mitteln, die Glyphosat enthalten? (c) Sabine Rübensaat

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Agrardiesel: Was brachte das Treffen der Agrarminister?

Die Agrarminister der Länder haben sich am Freitag mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir ausgetauscht. Es ging um die Streichung der Agrardiesel-Subvention und der Kfz-Steuerbefreiung. Welche Forderungen wurden gestellt und wie war die Reaktion?

Von Claudia Duda

Die Agrarministerinnen und -minister der Länder haben sich am Freitag (22.12.2023) in einer Videokonferenz mit Cem Özdemir (Grüne) ausgetauscht. Einhellig lehnten sie die geplanten Belastungen für die Landwirtschaft ab. Sie sind der Meinung: Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen, konkret die Abschaffung der Agrardiesel-Rückerstattung und der Befreiung von der KfZ-Steuer, müssen vom Tisch. Das teilte das Agrarministerium von Mecklenburg-Vorpommern am Abend mit.

Agrarminister: Nächstes Treffen noch vor dem 8. Januar

Auf Vorschlag des Ost-Bundeslandes soll es eine weitere Zusammenkunft der Ministerinnen und Minister noch vor dem 08. Januar geben. „Bis dahin sind die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder aufgerufen, auf die Minister Lindner, Habeck und den Bundeskanzler zuzugehen und dafür zu werben, die geplanten Kürzungen einzustampfen und Alternativen in den Blick zu nehmen“, erklärte Agrarminister Till Backhaus (SPD).

Agrardiesel und Kfz-Steuer: Bauernverband kündigt weitere Proteste an

Der Deutsche Bauernverband (DBV) setzt seinen Protest gegen die Sparpläne der Bundesregierung im neuen Jahr fort. DBV-Präsident Joachim Rukwied kündigte am Freitag (22.12.2023) auf der Plattform X, vormals Twitter, eine bundesweite Aktionswoche an. Sie werde am 8. Januar beginnen und mit einer neuerlichen Großkundgebung am 15. Januar in Berlin enden.

Bauerndemo in Berlin
Protestierende sind bereit für die Kundgebung um 11 Uhr. (c) Sabine Rübensaat

Agrardiesel: Aufruf zum Generalstreik

Für den Fall, dass keine Lösung gefunden wird, haben die Landwirte für den 8. Januar 2024 zu einem Generalstreik aufgerufen. Das teilte das Agrarministerium Mecklenburg-Vorpommern an. An den landesweiten Protesten sollen sich nicht nur Landwirte beteiligen, sondern auch Transportunternehmen, Bäcker, Metzger und Handwerker. „Insgesamt wächst die Gefahr einer Spaltung der Gesellschaft“, erklärte Agrarminister Till Backhaus (SPD) aus Mecklenburg-Vorpommern. Er hat folgende Vorschläge ausgearbeitet:

Vorschläge für Land- und Forstwirtschaft

Beispielrechnung für Belastung der Landwirtschaft:

Beispiel für Agrardieselvolumen in Mecklenburg-Vorpommern und Deutschland:  

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Protest der Bauern gegen die Pläne der Bundesregierung zur Agrardiesel-Streichung. Jetzt wurde eine Petition gestartet. (c) Sabine Rübensaat
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Hund oder Wolf? Mann durch Biss schwer verletzt

In Brandenburg wurde ein Mensch im Wald von einem Tier gebissen. Der schwere Beißangriff löst erneut Spekulationen über den Verursacher aus. Jetzt liegt das Ergebnis der Gen-Untersuchung vor.

Von Ralf Stefan und Claudia Duda

Bei einem Waldspaziergang wurde am Mittwoch (13.12.) ein Mann nahe Doberlug-Kirchhain in Südbrandenburg von einem Tier angefallen und schwer verletzt. Ob es sich bei dem als wolfsähnlich beschriebenen Angreifer tatsächlich um einen Wolf gehandelt hat, war lange unklar. 

Angriff auf Mann: 47-Jähriger verletzt auf Intensivstation

Der 47-Jährige war im Wald zwischen Prießen und Dübrichen im Elbe-Elster-Kreis unterwegs, als das Tier seinen Hund angegriffen haben soll. Beim Versuch, den Hund zu schützen, wurde der Mann mehrfach gebissen. Er konnte danach Familienangehörige anrufen, die Hilfe organisierten und ihn ins Krankenhaus brachten. Dort wurde er auf der Intensivstation behandelt. 

Gen-Analyse: Spaziergänger wurde von Hund angegriffen

Die Polizei und das Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU) ermittelten. Das LfU beauftragte das Senckenberg-Zentrum für Wildtiergenetik, den Vorfall mit einer Gen-Untersuchung aufzuklären. Die Untersuchungsergebnisse liegen seit Mittwoch, 20. Dezember, vor. Sie beweisen, dass ein unbekannter Hund den Spaziergänger angefallen hat.

Ein Wolf kann ausgeschlossen werden

Nach Angaben des LfU konnten bereits auf der Intensivstation des Krankenhauses Finsterwalde dem Verletzten genetische Proben entnommen werden, um Klarheit über die angreifende Hundeart zu erhalten. Dabei gelang es dem Team, ausreichend Material zu sichern. Das Ergebnis sei eindeutig: Alle untersuchten Proben enthielten genetische Spuren eines anderen Hundes. Bei dem angreifenden Tier handelte es sich also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um einen Haushund. Dass ein Wolf beteiligt war, gilt als ausgeschlossen, schreibt das LfU.

Gen-Probe bestätigt Aussage des geschädigten Mannes

In der polizeilichen Anzeige hatte der Geschädigte immer wieder von einem Hund gesprochen, der ihn angegriffen habe. Auch bei einer Befragung im Landesamt für Umwelt anlässlich der Entnahme einer genetischen Probe seines eigenen Hundes bestätigte er dies. Mit dem entnommenen Material wurde auch die genetische Probe des Hundes des Verletzten verglichen. Es konnte eindeutig festgestellt werden, dass es sich um zwei verschiedene Individuen handelt. Vom eigenen Hund stammen die Verletzungen nicht. Damit werden auch die Aussagen des Verletzten als richtig bestätigt, teilte das LfU mit.

Landesbauernverband fordert eine zweite Untersuchung

Der Vorfall fachte umgehend die Diskussion über die Ausbreitung der Wölfe im Land wieder an. Der Landesjagdverband Brandenburg nahm ihn zum Anlass, eine Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht zu fordern. Zum Schutz der ländlichen Bevölkerung müsse der aktuelle Wolfsbestand in Brandenburg „dramatisch reduziert“ werden. Der Landesbauernverband sprach sich dafür aus, neben den üblichen Untersuchungen im Senckenberg-Zentrum für Wildtiergenetik eine zweite labortechnische Auswertung der Bissspuren und Gen-Proben zu veranlassen. Es sei auch in anderen Forschungsbereichen üblich, jemand Drittes einen Fall prüfen zu lassen. 

LfU will keine weitere Untersuchung

Das LfU indes verwies auf die Kompetenz des Senckenberg-Instituts und hält eine weitere Untersuchung für nicht notwendig. Ein Sprecher des Amtes hatte in einer Stellungnahme erklärt, dass „alle bisher bekannten Fakten, einschließlich der Schilderung des Verletzten und des Polizeiberichtes, derzeit die Annahme nahelegen, dass es sich um einen Hund handelt.“ Nach seinen Angaben gibt es in der Region bislang auch keine Hinweise auf die Existenz von Wolfshybriden. Somit könnte der Vorfall – wie beim vermeintlichen Wolfsangriff auf einen Menschen im Frühjahr in Mecklenburg erneut auf einen wildernden Hund zurückgehen. 

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Wölfe
Für 27 Wolfsrudel, die in Sachsen-Anhalt ansässig sind, ist mittlerweile ein amtlicher Nachweis erbracht. (c) Sabine Rübensaat

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Agrardiesel: Eine Million Unterschriften für Bauern-Petition

UPDATE 22.12.2023: Der Protest gegen die Streichung der Agrardiesel-Subvention und der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft gehen weiter. Eine Petition gegen die Sparpläne der Bundesregierung hat bereit mehr als 1 Million Unterstützer gefunden.

Von Claudia Duda

In der Petition heißt es: Wir fordern eine unveränderte Beibehaltung der Agrardieselrückvergütung nach § 57 Energiesteuergesetz „Steuerentlastung für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft“ und der KfZ-Steuerbefreiung für Land- und Forstwirte. Sie wurde Sonntag, am 17. Dezember 2023, eingereicht und bis Mittwochmorgen, 20. Dezember, hatten bereits mehr als 851.000 Menschen unterzeichnet. Am Freitagmorgen waren es 1.018.813. Das nächste Ziel ist die Marke von 1,5 Millionen.

Agrardiesel-Petition: Worum geht es?

Mit der Petition soll erreicht werden, dass die Bundesregierung die geplante Streichung der Agrardieselvergünstigung und den Wegfall der Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge vollständig zurücknimmt.

Protest der Bauern: Große Demo in Berlin

Bereits am Montag hatte es landesweite Proteste der Bauern gegen die Pläne der Regierung gegeben. Mehr als 10.000 Landwirte aus dem gesamten Bundesgebiet, davon schätzungsweise rund 1.700 mit Traktoren, haben im Berliner Regierungsviertel gegen die Sparpläne der Bundesregierung im Bereich der Landwirtschaft demonstriert. 

Weitere Demo angekündigt

Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte dort für Januar „weitere kraftvolle Aktionen“ in ganz Deutschland angekündigt. Bereits am 8. Januar soll es die nächste Demo in Berlin geben.

Hier geht es zur Petition

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Traktoren stehen vor dem Brandenburger Tor
Landwirte sind gleich doppelt von den Sparplänen der Bundesregierung betroffen. (c) Sabine Rübensaat

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Bauerndemo in Berlin: Pfiffe und Buhrufe für Özdemir

Landwirte sind gleich doppelt von den Sparplänen der Bundesregierung betroffen. Jetzt machen die Bauern mobil: Hunderte Traktoren rollen am Montag, den 18. Dezember 2023, zum Brandenburger Tor nach Berlin. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wurde ausgebuht.

Von Claudia Duda und Sabine Rübensaat

Mit einer großen Demonstration am Brandenburger Tor protestieren Deutschlands Landwirte gegen die Kürzungen im Agrarhaushalt. Die ersten Traktoren standen schon in der Nacht am Brandenburger Tor. Die Bauern wehren sich gegen die geplante Streichung der Agrardiesel-Subvention und der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft. Unter dem Motto: „Zu viel ist zu viel! Jetzt ist Schluss“ mobilisieren die Verbände geschlossen gegen die Pläne der Bundesregierung.

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Bauerndemo in Berlin: Treffen vor dem Brandenburger Tor

Alle Landwirtinnen und Landwirte, alle Berufsvertretungen sowie die gesamte Agrarwirtschaft waren aufgerufen, sich am Brandenburger Tor einzufinden, um ihre Empörung über die Pläne der Bundesregierung, den Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für die Land- und Forstwirtschaft zu streichen, zum Ausdruck bringen, teilte der Bauernverband mit.

Mit Hupen und Trillerpfeifen machten die Bauern lautstark auf sich aufmerksam. Bauernpräsident Joachim Rukwied erklärte: „Das ist eine Ansage, dass es so nicht weitergehen kann!“ Der Aufruf zur Demonstration war nicht nur vom Deutschen Bauernverband (DBV) ausgegangen, sondern auch die Verbände von „Land schafft Verbindung“ (LsV) sowie Freie Bauern hatten sich angeschlossen. Rukwied sagte, wenn die Regierung die Landwirtschaft mit zusätzlich einer Milliarde Euro belasten wolle, dann sei das eine Kampfansage. Wenn die unzumutbaren Vorschläge nicht zurückgenommen würden, dann versprach der Bauernpräsident einen „heißen Januar“. Er rief den Protestierenden zu: „Vieles ist der Landwirtschaft zugemutet worden – aber wir nehmen das nicht mehr hin!“

Kundgebung am Brandenburger Tor in Berlin: Bauernpräsident Joachim Rukwied gibt sich kämpferisch. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) wird ausgebuht. (c) Sabine Rübensaat
Kundgebung am Brandenburger Tor in Berlin: Bauernpräsident Joachim Rukwied (l) gibt sich kämpferisch. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) wird ausgebuht. (c) Sabine Rübensaat

Bauern-Demo am Brandenburger Tor: Appell an Özdemir

Während der Rede stand Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) mit versteinerter Mine neben Rukwied, der ihm Respekt dafür zollte, dass er sich den Bauern stellte. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sei auch eingeladen gewesen, doch er habe wegen der „Kurzfristigkeit abgesagt“. Rukwied forderte von Özdemir, dass er sich mit ganzer Kraft und mit Herzblut für die, für die er Verantwortung trägt, einsetzt. „Im Notfall erwarten wir, dass Sie Ihr Amt zur Disposition stellen, wenn die Regierung nicht zuhört. Wir setzen auf Sie!“ Wenn die Maßnahmen nicht gestrichen würden, „dann kommen wir wieder“, versprach Rukwied.

Bauerndemo in Berlin
Protestierende sind bereit für die Kundgebung um 11 Uhr. (c) Sabine Rübensaat

Buh-Rufe und Pfiffe für Özdemir

Als Özdemir ans Rednerpult trat, wurde er von den Landwirten mit lautstarken Buhrufen empfangen. Der Minister äußerte Verständnis über den Unmut wegen der vorgesehenen Streichung von Steuervergünstigungen für die Landwirtschaft. „Ich weiß, dass Sie mit einer Riesenwut hier nach Berlin gekommen sind“, sagte der Grünen-Politiker bei der Kundgebung am Brandenburger Tor. Es sei klar, dass nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts mehr gespart werden müsse – aber eben nicht überproportional in der Landwirtschaft. „Ich halte nichts von den Streichungen in diesem Umfang“, bekräftigte Özdemir. „Deshalb kämpfe ich im Kabinett dafür, dass es in dieser Härte nicht kommt.“ Seine Worte gingen in einem dröhnenden Pfeifkonzert unter.

Demos auch in Leipzig und Magdeburg

Nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen Teilen des Landes wurde am Montag demonstriert – so unter anderem in Leipzig und in Chemnitz. Bereits am vergangenen Donnerstag hatte es eine spontane Demo in Magdeburg gegeben.

Die Sparpläne der Bundesregierung erschüttern das Vertrauen in deren agrarpolitische Handlungsfähigkeit. „Wir zweifeln inzwischen stark daran, ob die Bundesregierung überhaupt noch zu einer Gestaltungsleistung fähig ist, wie sie eine Umsetzung der Vorschläge der Zukunftskommission Landwirtschaft erfordert“, sagt der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) und Präsident des Landvolks Niedersachsen, Dr. Holger Hennies.

Bildergalerie: Eindrücke Start der Bauerndemo in Berlin

Bauerndemo in Berlin 2023

Landwirte sind gleich doppelt von den Sparplänen der Bundesregierung betroffen. Jetzt machen die Bauern mobil. (c) Sabine Rübensaat

Traktoren stehen vor dem Brandenburger Tor

Landwirte sind gleich doppelt von den Sparplänen der Bundesregierung betroffen. (c) Sabine Rübensaat

Traktoren rollen zum Brandenburger Tor

Bauerndemo in Berlin: Traktoren rollen zum Brandenburger Tor. (c) Sabine Rübensaat

Bauerndemo in Berlin am Brandenburger Tor

Landwirte und ihre Traktoren sind bereit für die Demo. (c) Sabine Rübensaat

Spar-Pläne: Lindner offen für Änderung

Und der Protest zeigt erste Wirkungen: Bundesfinanzminister Christian Lindner zeigt sich jetzt offen für eine Änderung der Sparpläne in der Landwirtschaft. Er nehme die Kritik ernst, sagte der FDP-Politiker am Sonntag (18.12.) in der ARD zu Äußerungen von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und aus den eigenen Reihen. Lindner versicherte, er werde Alternativvorschläge prüfen, wenn sie einen vergleichbaren Spareffekt hätten.


Video: Protest und Unmut über Agrardiesel – Streichung

Thomas Seeger (l.) Landwirt aus Sachsen-Anhalt erklärt die Auswirkungen auf seinen Betrieb Agrar-Gesellschaft „Börde“. Auch Marius Denecke, Geschäftsführer, Bauernverband „Börde“, ist sauer und äußert seinen Unmut
Thomas Seeger (l.) aus Sachsen-Anhalt erklärt die Auswirkungen auf seinen Betrieb.

Video: „Weil wir kein Gehör bekommen haben“

Milchbauer Jan-Derk Koning aus Brandenburg spricht darüber, was ihn bewegt hat, nach Berlin zur Bauerndemo zu kommen.

Video: Ankündigung

Landwirt und Landtagsabgeordneter von Sachsen-Anhalt Olaf Feuerborn, kündigt an, dass der Protest ab 8. Januar 2024 voll weitergeht, wenn die Beschlüsse nicht geändert werden

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Demo in Magdeburg gegen die Kürzung im Haushalt
Protest gegen die Pläne zum Bundeshaushalt 2024: In Magdeburg kam es am Donnerstag wegen der Kürzungen beim Agrardiesel zu Demonstration der Landwirte. (c) HISTA GmbH/Blickwinkelhunters

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Geflügelpest: Erneut Betrieb in Mecklenburg-Vorpommern betroffen

Aus Mecklenburg-Vorpommern wird ein neuer Fall von Geflügelpest gemeldet. In einem Betrieb mit Enten und Gänsen in Schönberg (Kreis Nordwestmecklenburg) wurde am Nikolaus-Tag der Typ H5N1 nachgewiesen. 6700 Tiere müssen geschlachtet werden. Auch andere Regionen in Ostdeutschland sind betroffen.

Von Claudia Duda/AGE

Aus dem Landkreis Nordwestmecklenburg wurde ein Ausbruch der Geflügelpest des Typs H5N1 gemeldet. In einem Betrieb in Schönberg wurde am 6. Dezember 2023 die Seuche bei rund 6.700 Tieren einer Enten- und Gänsehaltung amtlich festgestellt. Die Tiere müssen jetzt getötet werden.

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Geflügelpest in Schönberg: Ausbruch ist für Tierhalter eine Katastrophe

„Der Ausbruch der Geflügelpest kommt für betroffene Tierhalter einer Katastrophe gleich. Das kann ich aus der Erfahrung als gelernter und gelebter Landwirt beurteilen“, sagt Tino Schomann, Landrat des Landkreises Nordwestmecklenburg laut einer Mitteilung des Ministeriums für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt. „Dabei geht es nicht nur um den finanziellen Verlust, sondern auch um die Zeit, Energie und nicht zuletzt die Bindung zu den Tieren, die man in die Aufzucht steckt.“ 

Geflügelpest: Lage spitzt sich zu

Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus bedauerte den neuen Nachweis. Noch sei die Geflügelpest-Lage in Mecklenburg-Vorpommern überschaubar. Bislang sind zwei Fälle bei Wildvögeln sowie zwei Fälle bei gehaltenem Geflügel nachgewiesen. Doch die Lage könne sich schnell zuspitzen, so Backhaus. Auffällige Tiere sollten schnellstmöglich auf Geflügelpest untersucht werden. Biosicherheits-Maßnahmen müssten eingehalten werden.

Symptome für Geflügelpest: Zentralnervöse Störungen und Durchfall

In dem aktuellen Fall in Schönberg hatte der Tierhalter sich richtig verhalten. „Der Tierhalter wurde aufmerksam, als am Vortag 40 verendete Gänse in einer Herde aufgefunden wurden, die zuvor keine Krankheits-Anzeichen gezeigt hatten. Bei zahlreichen, noch lebenden Tieren wurde eine für Geflügelpest typische Symptomatik mit zentralnervösen Störungen und Durchfall festgestellt“, berichtete Amtstierarzt und Fachdienstleiter Dr. Philipp Aldinger.

Vogelgrippe: Sperrbezirk wird eingerichtet

Um eine Ausbreitung der Geflügelpest zu verhindern, wird um den Bestand eine Schutzzone (Sperrbezirk) von drei Kilometern und eine Überwachungszone (Beobachtungsgebiet) von zehn Kilometern eingerichtet.

Innerhalb dieser Zone gelten besondere Regeln. Diese betreffen das Betreten der Bestände, die Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen und das Inverkehrbringen von Produkten. Innerhalb der Schutzzone ist die Haltung von Geflügel (mit Ausnahme von Tauben) im Stall oder in einer Voliere zum Schutz vor Kontakt mit Wildvögeln verpflichtend.

Geflügelpest auch in Brandenburg festgestellt

Auch die Fälle der hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI) in Geflügelbeständen mehren sich. In der vergangenen Woche wurde der erste Fall von Geflügelpest in einem Bestand im Land Brandenburg in diesem Herbst gemeldet. In einem Betrieb im Landkreis Ostprignitz-Ruppin mussten ca. 11.500 Puten tierschutzgerecht getötet und unschädlich beseitigt werden. Die Überwachungs-Zone (mindestens zehn Kilometer um den Ausbruchsbestand) erstreckt sich bis in die Kreise Havelland und Prignitz sowie in den Landkreis Stendal (Sachsen-Anhalt).

Tausende Tiere in Niedersachsen getötet

Weitere bestätigte Geflügelpestfälle wurden aus der schleswig-holsteinischen Gemeinde Selk in einem Betrieb mit knapp 4.000 Legehennen und aus dem niedersächsischen Emsland in einem Putenmastbetrieb in Lorup mit 18.000 Tieren gemeldet. Wenige Tage zuvor war in der Gemeinde Barßel im Nachbarkreis Cloppenburg eine Infektion mit dem Erreger H5N1 bei einem Putenmäster mit knapp 24.000 Tieren nachgewiesen worden.

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Gänse im Außenbereich eines Bio-Mastbetriebes
Bei einem Gänsehalter in Südthüringen ist mitten im Saisongeschäft die Geflügelpest ausgebrochen. (Symbolfoto) © Sabine Rübensaat

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Glyphosat in Deutschland: Was gilt denn jetzt?

In der EU ist Glyphosat weiterhin erlaubt, in Deutschland gilt ab 1. Januar 2024 ein Verbot – obwohl Produkte mit dem Wirkstoff zugelassen bleiben. Jetzt wurde auch hier die Zulassung verlängert. Darf Glyphosat eingesetzt werden? Ein Blick auf die verwirrende Rechtslage.

Von Claudia Duda

Darf nach dem 1. Januar noch Glyphosat in Deutschland eingesetzt werden? Diese Frage beschäftigt zurzeit viele landwirtschaftliche Betriebe. Nachdem die EU-Kommission Mitte November die Zulassung von Glyphosat für weitere zehn Jahre angekündigt hatte, zeichnet sich jetzt auch eine Lösung für Deutschland ab. Hier sollte der Einsatz von Glyphosat eigentlich ab 2024 verboten sein.

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Glyphosat in Deutchland: BVL verlängert die Zulassung um ein Jahr

Doch ein totales Verbot, wie es die gültige Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung noch vorsieht, wird es nicht geben. „Wir erwarten vom Bundeslandwirtschaftsministerium eine rechtssichere Umsetzung der EU-Entscheidung“, hatte die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Franziska Kersten im Bundestag erklärt. Ein nationales Verbot ist nicht möglich, wenn eine EU-Zulassung besteht. Am Montag, den 4. Dezember 2023, kam dann die Mitteilung: Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) verlängert die Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat bis zum 15. Dezember 2024.

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Glyphosat: Wird das Verbot aufgehoben?

Unklar war am Dienstag (5.12.) aber noch, ob die Zulassung durch das BVL ausreicht oder ob das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) dazu eine Verordnung erlassen muss, um das bestehende Einsatzverbot aufzuheben und den weiteren Einsatz der entsprechenden Pflanzenschutzmittel zu ermöglichen. Von dort war noch am Montag nur wenig Konkretes zu erfahren. „Das BMEL prüft derzeit das weitere Vorgehen, um zum 1. Januar 2024 einen unionsrechtskonformen Zustand herzustellen und mindestens die im heutigen Recht bestehenden Einschränkungen für den Einsatz von Glyphosat fortzuschreiben. Zu weiteren Details können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Auskunft geben“, erklärte eine Sprecherin auf unsere Nachfrage.

Genehmigung von Glyphosat: Eilverordnung des BMEL nötig oder nicht?

Aus Regierungskreisen heißt es, dass die Zulassungen des BVL unabhängig von der deutschen Rechtslage gültig sind, sodass der (Wieder-)Zulassung der glyphosathaltigen Mittel nichts im Wege steht. Eine Eilverordnung aus dem BMEL soll demgegenüber verhindern, dass die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung ab 1.Januar 2024 dem geltenden EU-Recht widerspricht und damit rechtswidrig wird. Deshalb wird es vermutlich solch eine Verordnung geben, nach der die bisherigen Regeln noch weitere sechs Monate – also bis zum 30. Juni nächsten Jahres – gültig sein könnten. Solch eine Dringlichkeitsverordnung kann das BMEL erlassen. Es braucht dazu keine Zustimmung des Bundeskabinetts und des Bundesrates.

Eilverordnung könnte Vorgaben der EU umsetzen

Wenn die Eilverordnung bis zum 31. Dezember 2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird, könnte sich das Ministerium damit Luft verschaffen und die Durchführungsbestimmungen der EU, die in der vorigen Woche ergangen sind, umsetzen. Im nächsten halben Jahr müsste demnach die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung in einem regulären Verfahren unter Beteiligung von Kabinett und Bundesrat angepasst werden, um die Anwendungsvorgaben aus Brüssel zu erfüllen.

Verunsicherung über geltendes Recht – wie weiter ab 1. Januar 2024?

Genauso groß wie in den landwirtschaftlichen Betrieben ist die Verunsicherung über die Rechtslage noch in den für die Pflanzenschutzkontrollen zuständigen Ämtern. „Soweit wir informiert sind, arbeitet das BMEL derzeit noch an einer Lösung. Solange diese nicht veröffentlicht wurde, sind wir faktisch gezwungen, nach der derzeit gültigen Verordnung zu arbeiten“, erklärte Christian Wolff von der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt auf Nachfrage. Das bedeutete am Dienstagabend (5.12.), dass ab 1.Januar kein Glyphosat mehr eingesetzt werden darf. Da es ein verbotenes Mittel nach Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung wäre, müssten Vorräte entsorgt werden. Verstöße zögen Kürzungen der Beihilfen nach sich.

Hintergrund: Deutsches Gericht entscheidet – Verbot ist „fernliegend“

Das Verwaltungsgericht Aachen hat im Verfahren um den Eilantrag zweier Landwirte aus dem Rheinland am Montag die Rechtswidrigkeit eines generellen Anwendungsverbots zum 1. Januar 2024 bestätigt (AZ7L980/23). Die EU-Entscheidung sei in allen ihren Teilen verbindlich und gelte unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Daher sei es „fernliegend“, dass ein nationales Anwendungsverbot durchgesetzt werden könne.

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