Pflanzenschutz und Rechtslage

Glyphosat in Deutschland: Was gilt denn jetzt?

Pflanzenschutz wird ausgebracht. Wie geht es weiter mit Mitteln, die Glyphosat enthalten? (c) Sabine Rübensaat
Agrarpolitik
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In der EU ist Glyphosat weiterhin erlaubt, in Deutschland gilt ab 1. Januar 2024 ein Verbot – obwohl Produkte mit dem Wirkstoff zugelassen bleiben. Jetzt wurde auch hier die Zulassung verlängert. Darf Glyphosat eingesetzt werden? Ein Blick auf die verwirrende Rechtslage.

Von Claudia Duda

Darf nach dem 1. Januar noch Glyphosat in Deutschland eingesetzt werden? Diese Frage beschäftigt zurzeit viele landwirtschaftliche Betriebe. Nachdem die EU-Kommission Mitte November die Zulassung von Glyphosat für weitere zehn Jahre angekündigt hatte, zeichnet sich jetzt auch eine Lösung für Deutschland ab. Hier sollte der Einsatz von Glyphosat eigentlich ab 2024 verboten sein.

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Glyphosat in Deutchland: BVL verlängert die Zulassung um ein Jahr

Doch ein totales Verbot, wie es die gültige Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung noch vorsieht, wird es nicht geben. „Wir erwarten vom Bundeslandwirtschaftsministerium eine rechtssichere Umsetzung der EU-Entscheidung“, hatte die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Franziska Kersten im Bundestag erklärt. Ein nationales Verbot ist nicht möglich, wenn eine EU-Zulassung besteht. Am Montag, den 4. Dezember 2023, kam dann die Mitteilung: Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) verlängert die Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat bis zum 15. Dezember 2024.

Firmen müssen neuen Antrag stellen

Hintergrund ist die bis zum 15. Dezember 2033 verlängerte Zulassung des Wirkstoffes Glyphosat in der Europäischen Union. So steht es in der Durchführungsverordnung (EU) 2023/2660. Laut BVL bedeutet das konkret: Sofern ein Produkt mit Glyphosat eine Zulassung bis zum 15. Dezember 2023 hat, wird das Zulassungsende um genau ein Jahr verlängert auf den 15. Dezember 2024. Firmen, die eine Zulassung haben, können innerhalb von drei Monaten (ab Erneuerung der Wirkstoffgenehmigung) einen Antrag auf Erneuerung der Zulassung stellen.

Glyphosat: Wird das Verbot aufgehoben?

Unklar war am Dienstag (5.12.) aber noch, ob die Zulassung durch das BVL ausreicht oder ob das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) dazu eine Verordnung erlassen muss, um das bestehende Einsatzverbot aufzuheben und den weiteren Einsatz der entsprechenden Pflanzenschutzmittel zu ermöglichen. Von dort war noch am Montag nur wenig Konkretes zu erfahren. „Das BMEL prüft derzeit das weitere Vorgehen, um zum 1. Januar 2024 einen unionsrechtskonformen Zustand herzustellen und mindestens die im heutigen Recht bestehenden Einschränkungen für den Einsatz von Glyphosat fortzuschreiben. Zu weiteren Details können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Auskunft geben“, erklärte eine Sprecherin auf unsere Nachfrage.

Genehmigung von Glyphosat: Eilverordnung des BMEL nötig oder nicht?

Aus Regierungskreisen heißt es, dass die Zulassungen des BVL unabhängig von der deutschen Rechtslage gültig sind, sodass der (Wieder-)Zulassung der glyphosathaltigen Mittel nichts im Wege steht. Eine Eilverordnung aus dem BMEL soll demgegenüber verhindern, dass die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung ab 1.Januar 2024 dem geltenden EU-Recht widerspricht und damit rechtswidrig wird. Deshalb wird es vermutlich solch eine Verordnung geben, nach der die bisherigen Regeln noch weitere sechs Monate – also bis zum 30. Juni nächsten Jahres – gültig sein könnten. Solch eine Dringlichkeitsverordnung kann das BMEL erlassen. Es braucht dazu keine Zustimmung des Bundeskabinetts und des Bundesrates.

Eilverordnung könnte Vorgaben der EU umsetzen

Wenn die Eilverordnung bis zum 31. Dezember 2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird, könnte sich das Ministerium damit Luft verschaffen und die Durchführungsbestimmungen der EU, die in der vorigen Woche ergangen sind, umsetzen. Im nächsten halben Jahr müsste demnach die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung in einem regulären Verfahren unter Beteiligung von Kabinett und Bundesrat angepasst werden, um die Anwendungsvorgaben aus Brüssel zu erfüllen.

Verunsicherung über geltendes Recht – wie weiter ab 1. Januar 2024?

Genauso groß wie in den landwirtschaftlichen Betrieben ist die Verunsicherung über die Rechtslage noch in den für die Pflanzenschutzkontrollen zuständigen Ämtern. „Soweit wir informiert sind, arbeitet das BMEL derzeit noch an einer Lösung. Solange diese nicht veröffentlicht wurde, sind wir faktisch gezwungen, nach der derzeit gültigen Verordnung zu arbeiten“, erklärte Christian Wolff von der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt auf Nachfrage. Das bedeutete am Dienstagabend (5.12.), dass ab 1.Januar kein Glyphosat mehr eingesetzt werden darf. Da es ein verbotenes Mittel nach Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung wäre, müssten Vorräte entsorgt werden. Verstöße zögen Kürzungen der Beihilfen nach sich.

Hintergrund: Deutsches Gericht entscheidet – Verbot ist „fernliegend“

Das Verwaltungsgericht Aachen hat im Verfahren um den Eilantrag zweier Landwirte aus dem Rheinland am Montag die Rechtswidrigkeit eines generellen Anwendungsverbots zum 1. Januar 2024 bestätigt (AZ7L980/23). Die EU-Entscheidung sei in allen ihren Teilen verbindlich und gelte unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Daher sei es „fernliegend“, dass ein nationales Anwendungsverbot durchgesetzt werden könne.

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