Die Bestellarbeiten in der Agrargenossenschaft Baalberge sind in vollem Gange. (c) Sabine Rübensaat

Agrargenossenschaft Baalberge: Alles wartet auf die Wärme

Das Frühjahr steht im Kalender, lässt ansonsten aber noch auf sich warten. Trotzdem laufen die Bestellarbeiten in der Agrargenossenschaft Baalberge eG bei Bernburg.

Von Erik Pilgermann

Wetter und Wasser bewegen die Gedanken. Vor Kurzem sprach ein bekannter ARD-Wetterfrosch begeistert davon, dass es endlich einmal wieder einen viel zu kalten April und Mai gibt.
In Baalberge, im Regenschatten des Harzes ganz in der Nähe von Bernburg, hält sich die Freude über die beiden außergewöhnlichen Monate dagegen eher in Grenzen. Dirk Schumacher und Maurice Ullmann sind verantwortlich für die Pflanzenproduktion in der Agrargenossenschaft Baalberge eG. Zurzeit verbringen sie ihre Tage hauptsächlich damit, den Agrarförderantrag termingerecht auf den Weg zu bringen. Papier mag geduldig sein, aber ein Stichtag bleibt eben doch ein Stichtag. Viel mehr sei aufgrund des Wetters gerade sowieso nicht möglich, meint Maurice Ullmann, während wir uns mit hochgestelltem Kragen die Mützen richten. Zu kalt, zu trocken und zu stürmisch, so seine Einschätzung.

Vielfalt und Verantwortung

Im Firmenverbund der Agrargenossenschaft Baalberge eG werden etwa 2.400 ha bewirtschaftet. 450 ha davon zählen zu den Roten Gebieten laut Düngeverordnung.

Den größten Anteil der Anbaufläche macht das Getreide aus. Spitzenreiter mit gut 500 ha ist der Weizen. Aber auch je 150 ha Winterdurum und Dinkel werden angebaut. Vielfalt und Verantwortung sind es, die die Genossenschaft prägen. Neben der Vielfalt an Kulturen im Feld spannen auch die zusätzlichen Betätigungsfelder einen weiten Bogen, von A wie Agrarhandel bis Z wie Zwiebeln.

Doch alles, was wachsen will, braucht Wasser und Wärme. Beides wird in Baalberge zurzeit aber vermisst. Dessen ungeachtet muss der Mais in die Erde. Maurice Ullmann dazu: „Wir bauen rund 300 ha Mais an. Er ist in erster Linie Futter für unsere Milchkühe und wandert erst danach über die Gülle in unsere Biogasanlage.“ Gärreste aus dieser Anlage werden dann wieder zu Mais ausgebracht und vor der Aussaat eingearbeitet. „Wir versuchen dabei so wasserschonend wie möglich zu arbeiten. Aber die Einarbeitungspflicht setzt dem Ganzen eine Grenze“, so der Pflanzenbauleiter Ullmann.

Die Restfeuchte im Boden aber ist es, die dem Saatmais beim Keimen helfen soll. Deshalb drehen auch bei ungemütlichen zehn Grad Frank Standke, Moritz Kollwitz und Sebastian Sparing unermüdlich ihre Runden. Das Maistrio besteht aus einem Köckerling Vector, gefolgt von einer Actiroll von Kverneland und einer achtreihigen Optima von Kverneland.

Der Grubber reißt auf und durchmischt den Boden. Die Cambridgewalze zerkleinert die Kluten, sorgt für Rückverfestigung und, ganz wichtig, drückt die zahllosen Steine zurück und damit raus aus dem Einzugsbereich der Erntetechnik. Mit dem Saatkorn wird gleichzeitig TSP-Dünger unter Fuß ausgebracht. „Wir legen in diesem Jahr den Mais zum ersten Mal teilflächenspezifisch auf Basis von Applikationskarten“, so Maurice Ullmann. „Die Applikationskarten haben wir uns von einem Dienstleister erstellen lassen. Basierend auf den Leistungsbereichen der Böden haben wir drei Aussaatmengen definiert, die die Maisdrille automatisch einstellt.“ Inwieweit sich die teilflächenspezifische Aussaat bewährt, wird sich spätestens zur Silomaisernte im Herbst zeigen. Maurice Ullmann verspricht sich davon auf jeden Fall einen homogeneren Bestand und damit eine gleichmäßige Abreife der Silomaisbestände. (Wir berichteten bereits in der Bauernzeitung 19/2020; S. 20–23, über die teilflächenspezifische Maisaussaat).

Pflanzenbauleiter Maurice Ullmann (l.) und  Mitarbeiter Sebastian Sparing (r.) kontrollieren die Ablagetiefe der Saat
Pflanzenbauleiter Maurice Ullmann (l.) und Mitarbeiter Sebastian Sparing (r.) kontrollieren die Ablagetiefe der Saat. (c) Sabine Rübensaat

Agargenossenschaft Baalberge: Die Drähte sind gespannt

Neben dem Mais als klassische Flächenkultur werden in der Agrargenossenschaft Baalberge seit vielen Jahren auch Spezialkulturen angebaut. Eine davon ist der Hopfen. Insgesamt 45 ha umfasst der Hopfengarten. Der Großteil der Anlage samt Aufbereitung stammt noch aus DDR-Zeiten.

Eigentlich ist Hopfen bekannt für sein Turbowachstum. Schafft er doch bei wüchsigem Wetter gut zwanzig Zentimeter pro Tag an Länge zuzulegen. Doch auch der Hopfen wirkt bei den kalten Temperaturen zögerlich. Pflanzenbauer Ullmann erklärt: „In den nächsten Tagen treffen unsere Saisonarbeitskräfte ein und beginnen damit, den Hopfen anzuleiten. Dafür werden die drei bis vier kräftigsten Triebe im Uhrzeigersinn um den Draht gewickelt, die restlichen Triebe werden per Hand entfernt.“ Das ist mühsam und wird in diesem Jahr durch den wetterbedingten Rückstand in der Entwicklung noch erschwert.

Doch Hopfen ist nicht nur bitter, sondern auch zäh. Sobald die Temperaturen steigen, legen die Triebe los. Dem Lauf der Sonne folgend wickeln sie sich wachsend um den Draht nach oben. „Deshalb ist es ganz besonders wichtig, dass die Triebe im Uhrzeigersinn, also rechts herum angeleitet werden“, betont Ullmann. Geschieht dies andersherum, würden sich die Triebe mit Einsetzen des Längenwachstums regelrecht vom Draht abwickeln und aus dem System fallen.

Umso wichtiger sind deshalb verlässliche Mitarbeiter mit Uhrzeigersinn. „Dasselbe kann übrigens auch passieren, wenn die Hopfentriebe bei längeren trüben Wetterphasen ohne Sonne ‚ziellos‘ umherirren“, ergänzt Maurice Ullmann. Den Kontakt zum Draht nicht zu verlieren, ist wichtig, denn am Ende sollen die Hopfentriebe gut acht Meter lang werden.

In den Hopfenanlagen wachsen übrigens ausschließlich weibliche Hopfenpflanzen. Die Befruchtung durch Pollen männlicher Pflanzen würde nämlich den Ertrag an Bierwürze, also den Harzkügelchen an den Dolden, verringern. Außerdem würde sich so das Erntezeitfenster deutlich verkürzen und die Verarbeitung erschweren. Um die Bestände rein weiblich zu halten, werden Jungpflanzen vegetativ vermehrt. Dazu werden junge Triebe, sogenannte Fechser, in einem Fechsergarten kultiviert. Haben sie ein ausreichend kräftiges Wurzelsystem entwickelt, werden sie in den Hopfengarten verpflanzt und können mindestens 20 Jahre für Ertrag sorgen.

Der junge Pflanzenbauleiter hätte uns gern auch die Kartoffelflächen der Agrargenossenschaft gezeigt. Immerhin 110 ha Speisekartoffeln, überwiegend früh bis mittelfrüh, werden jährlich angebaut. Doch auch hier hat die kühle Witterung dafür gesorgt, dass die Reihen noch gänzlich ohne Grün daliegen. „Letztes Jahr um diese Zeit war schon fast der Reihenschluss in Sicht. Aber in diesem Jahr halten sich die Kartoffeln noch bedeckt.“

Kühles Frühjahr hilft beim Wasser sparen

Vielleicht hat die verzögerte Entwicklung durch das mit Abstand kühlste Frühjahr seit mindestens 15 Jahren aber auch etwas Gutes. Die meisten Kulturen befinden sich noch in einem Entwicklungsstadium, in dem sie einigermaßen tolerant gegenüber Nachtfrösten sind. Außerdem hält sich der Wasserverlust durch Verdunstung auf den Ackerflächen in Grenzen, sodass die spärlichen Niederschläge pflanzenwirksam werden können.

Außerdem wird so kostbares Beregnungswasser eingespart. Dieses Wasser wird später in der Saison dringend für die Spezialkulturen der Agrargenossenschaft Baalberge gebraucht. Zwar verfügt der Betrieb mit einer alten Kiesgrube über ein eigenes Wasserreservoir mit zentraler Pumpstation. Doch der Vorrat ist begrenzt und das Auffüllen über Winter in den letzten Jahren eher mager ausgefallen.

Agargenossenschaft Baalberge: Vom Keimblatt zum Zwiebellauch

Nicht nur der Hopfen soll später zusätzliches Wasser bekommen. Auch die gut 50 ha Speisezwiebeln werden über Beregnungsmaschinen bewässert. Aber beginnen wir vorn: Ausgesät werden sie als sogenannte Sommerzwiebeln im zeitigen Frühjahr etwa im Februar. Das Saatgut ist gegen bodenbürtige pilzliche Schaderreger gebeizt und wird mit einer speziellen Einzelkornsämaschine in Beeten ausgesät. Ein Beet besteht dabei aus sechs Reihen. Der Abstand in der Reihe beeinflusst dabei maßgeblich die Größe der Zwiebel zur Ernte. Interessant ist die Jugendentwicklung der krautigen Pflanze.

Das Keimblatt des Zwiebelsamens durchstößt die Erdoberfläche in Form eines Bügels. Deshalb wird dieses Stadium der Entwicklung auch Bügelstadium genannt. Der Bügel ergrünt und nimmt im weiteren Verlauf die Form einer Peitsche an, daher der Name Peitschenstadium.

In dieser Phase sind die jungen Zwiebelpflanzen äußerst empfindlich. Maurice Ullmann erläutert: „Vor allem mit dem Pflanzenschutz muss man in dieser Phase vorsichtig sein. Trifft zu viel Spritzbrühe auf die Pflänzchen, kann diese am Keimblatt in Richtung Apikalmeristem laufen und es verätzen. Die Ausbildung der Laubblätter ist dann nicht mehr möglich.“ Sobald die Peitsche abgestorben ist und sich von der Fahne gelöst hat, bilden sich die ersten Laubblätter, und die Zwiebeln werden deutlich robuster. Die Bestandesführung in Sachen tierischer und pilzlicher Schaderreger lässt sich zumindest bis jetzt noch recht gut handhaben. „Wir müssen vor allem auf den Befall mit Thripse achten“, so Ullmann. Diese Insekten schädigen durch ihre Saugtätigkeit. Zwiebeln können hauptsächlich im Hochsommer (Juli) von ihnen befallen werden. Wobei nur die schwarzen Thripse schädigen. Zebrathripse z. B. sind als Antagonisten der schwarze Thripse nützlich. Falscher Mehltau kann ab Mitte Juni auftreten.

Ein außergewöhnliches Jahr für Raps

Zum Abschluss wagen wir noch einen Blick in den Winterraps. Dieser wächst in Baalberge nach einem Jahr gänzlich ohne Raps (2019) seit letztem Jahr wieder auf etwa 280 ha. „Unser Raps steht aber im Moment eher durchschnittlich da. Aufgrund der Kälte im Frühjahr hat er sich doch nicht so entwickelt, wie wir uns das erhofft haben“, erläutert Maurice Ullmann. „Die Ausgangsbedingungen im Herbst waren gut, aber das Wetter jetzt macht sich bemerkbar. Dafür haben wir bis jetzt aber mit den Rapsschädlingen Glück. Wir mussten schon sehr zeitig, Ende Februar, einmal behandeln. Danach sind wir nur noch ein einziges Mal mit Insektiziden reingefahren. Ganz anders als in anderen Jahren, wo man gefühlt jede Woche mit der Pflanzenschutzspritze einmal ausgerückt ist. Ob wir aber die erhofften 35 bis 40 Dezitonnen Ertrag erzielen, lässt sich mit dieser zögerlichen Blühphase nur schwer abschätzen. Aus unserer Sicht ist das auch für den Winterraps ein sehr ungewöhnliches Jahr.“

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