Mit dem speziellen Verfahren Kompakternte wird im Gemisch auch die Spreu mit geerntet und kann später verwertet werden. Der biologische Reststoff kann fossile Rohstoffe ersetzen.
Von Jörg Möbius
Ein ungewöhnliches Gespann war Ende August bei der Ernte auf einem Weizenschlag in Sachsen zu sehen. Mit einer neuen Erntemaschine wurden Korn, Spreu und rund 25 % des Strohs geborgen. Zum Zwischenbunkern kam ein für dieses Gutgemisch angepasster Überladewagen zum Einsatz, der während des Erntens ständig wie beim Häckseln befüllt wird.
Der Kompakternter ist Kernstück der Erntetechnologie SpreuStroh. Er wurde aus einem modifizerten Rahmen eines Krone-Big M samt 500-PS-Dieselmotor von MAN, einem axialen Dreschsystem von New Holland und einem Hydrotrac-Antrieb von Rexroth von der Maschinenbaufirma Kluge in Königswarha mit einer Steuerung der Firma Hydrive Engineering aus Freital bei Dresden gebaut.
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Der Umladewagen UWF 25/35 ist ein auf der Basis eines modernen Getreide-Überladewagens aus Güstrow weiterentwickeltes, universelles und flexibles Sonderfahrzeug. Dabei wurde die Grundfunktion des Umladens von Getreidekorn mittels Frontschnecke in der Erntekette zwischen Mähdrescher und Straßentransport in voller Leistung erhalten. Hierfür steht das Nutzvolumen von 25 m3 für den Getreidekorn-Umschlag.
Die 35 m3 Nutzvolumen ermöglichen, auch mit diversen leichteren Schüttgütern und angepassten Volumenaufbauten eine hohe Umschlageffizienz zu erzielen. Die technische Basis für diese hohe Flexibilität bildet eine modulare Vorrichtung im Heck des Fahrzeuges, die das Entnehmen und Umladen verschiedenartiger Güter gewährleistet. Die Palette reicht dabei vom feuchteren Maishäcksel über trockene Kurzhäcksel wie Stroh, Heu, Energiepflanzen und dgl. sowie pelletierten Materialien aller Art bis zu Mischformen wie z. B. Corn-Cob-Mix bei der Maisernte.
Selbst Komposte oder Düngemittel wie Trockenkot lassen sich in der Fläche verteilen. Zusätzliche Potenziale entstehen durch die auch bei angebautem Modul hochklappbare Rückwand, die dann ein Austragen aller Materialien beispielsweise im Silobetrieb oder für Druschfrüchte in ebene Schüttgutannahmen erlaubt.
Dieser für das Erntegut Korn-Stroh-Spreu-Gemisch des Kompakternteverfahrens entwickelte Umladewagen ist somit auch ein mit gesonderter Traktion unabhängig von der Erntemaschine ganzjährig einsetzbares Universalfahrzeug. Wegen der deutlich größeren Menge Erntegut gegenüber reiner Körnerernte mit dem Mähdrescher ist bei großflächiger Anwendung des Verfahrens eine feldnahe Lagerung des Gemisches aus Korn, Spreu und Stroh möglich, beispielsweise in Folienschläuchen.
Diese Erntetechnologie er fordert noch einen höheren logistischen Aufwand. Dafür sind sowohl Erntemaschien als auch Transportgespanne leichter als bei der konventionellen Getreideernte. Mit der Spreu wird ein Großteil der Unkrautsamen mit vom Feld genommen. Die Räumung des Feldes erfolgt in einem Arbeitsgang. Rund 75 % des Strohs verbleiben in allen Jahren mit Getreideanbau auf dem Feld. Das schafft gleichmäßigere Bedingungen für die Bodenorganismen.
Die Aufbereitung erfolgt später mit einer semimobilen Reinigungsanlage. Diese separiert zuerst die Langstrohanteile. Korn und Spreu werden ähnlich wie in Mähdreschern über eine Reinigung getrennt. In einer nachgeschalteten Feinreinigung wird Staub aus dem Luftstrom herausgefiltert.
Jetzt sind vier Fraktionen vorhanden: Getreide, Stroh, Spreu und Biomassestaub. Sie können nun verschiedenen Nutzungen zugeführt werden. Das Getreide steht damit erst nach dem Trennprozess zur physischen Vermarktung zur Verfügung.
Das Stroh steht zu den üblichen Verwendungen bereit, wobei auf die Nutzung als Rohstoff für biologisch abbaubare Produkte wie Verpackungen hingewiesen sei. Die sinnvolle Nutzung von Spreu und Biomassestaub ist wichtiger Bestandteil des Projektes Wertschöpfungskette SpreuStroh.
Die Grundidee der Wertschöpfungskette SpreuStroh stammt von Dr.-Ing. Johann Rumpler, er hat sie während seiner Tätigkeit in der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt vorgestellt.
Als Rentner führt er mit seinem Ingenieurbüro und vielen Partnern das Projekt weiter fort (siehe auch weitere Informationen am Beitragsende). Auf einer Veranstaltung im August wurde die neue Erntetechnik vorgestellt. Das erste Versuchsmuster basierte noch auf einem Fortschritt-Mähdrescher Arcus. Zweiter Schwerpunkt der Veranstaltung war der Austausch über die Nutzung der Biorohstoffe.
Das sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft hatte, organisiert von der Wirtschaftsförderung Sachsen, zur der Werkstatt Wertschöpfungskette SpreuStroh eingeladen.
Im Zuge der immer intensiveren Suche nach nachwachsenden Rohstoffen und der Reduzierung der Nutzung von nur langsam nachwachsenden Ressourcen wie Holz erscheint die Nutzung von Spreu als biologischem Reststoff eine interessante Alternative.
In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Bestrebungen, den Reststoff Spreu einer Anwendung zuzuführen. Dabei standen vor allem die Nutzung in der Tierhaltung, für Dämmstoffe, in der Papierindustrie, Faserverbundstoffen und die energetische Nutzung im Vordergrund. Jedes Jahr verbleiben allein in Deutschland ca. 10 Mio. t Spreu als nicht verwendete Biomasse auf den Feldern.
Die Spreuerträge variieren dabei im Bereich von 1 bis 1,5 t/ha. Das Realisieren einer Wertschöpfung aus Endprodukten setzt voraus, das in der gesamten vorangegangenen Erzeugerkette von der Ernte bis zum Produzenten jeder Partner einen positiven Erfolg realisiert. Für Landwirte entsteht die neue Möglichkeit, mit Reststoffen der eigentlichen Primärproduktion zusätzlich Geld zu verdienen.
Gleichzeitig entsteht aber auch die neue Pflicht, für bisherige Nebenprodukte eine hohe Verfügbarkeit und gleichbleibende Qualität zu sichern. Beispiele für Produkte aus biologischen Reststoffen wurden u. a. von der TU Bergakademie Freiberg vorgestellt. Rohmaterial wird dort auf verschiedene Verabeitungsmöglichlkeiten getestet. Durch Mahlen und oder Sieben können gleichbleibende Rohstoffeigenschaften geschaffen werden.
Der Ersatz für Produkte aus fossilem Material kann so beispielsweise durch Biopolymere für die Anwendung in Spritzgussverfahren erfolgen. Die sich abzeichnende höchste Wertschöpfung aus landwirtschaftlichen Reststoffen wird aus der biochemischen Umwandlung der Materialien zu Basischemikalien wie Bernsteinsäure, Ameisensäure oder Methanol erwartet. Die weitere Entwicklung der Erntetechnik und der Nutzung der Ernteprodukte ist ab November 2023 Bestandteil eines vom BMBF geförderten RUBIN-Projektes EnviroPlast.
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Wissenschaftler haben in einer Langzeitstudie in der Lausitz untersucht, wie die Equiden auf die Anwesenheit des großen Beutegreifers reagieren. Die Ergebnisse ihrer Beobachtungen wurden erst kürzlich veröffentlicht.
Von Peggy und Sven Morell
Wölfe sind seit etwa 25 Jahren wieder heimisch in Deutschland. Das freut Naturschützer, sorgt bei Weidetierhaltern aber zunehmend für Unmut. Auch viele Pferdehalter haben zumindest ein mulmiges Gefühl.
Sie fürchten zum einen, dass Wölfe ihre Tiere erschrecken könnten und diese aus der Weide ausbrechen, sich dabei verletzen oder sogar Verkehrsunfälle verursachen bzw. dass die Pferde beim Ausritt durchgehen, was ebenfalls für Tier und Mensch gefährlich ist. Zum anderen haben Halter Angst davor, dass ihr Pferd auf der Weide von Wölfen angegriffen und verletzt oder schlimmstenfalls getötet wird.
Nun liegen Ergebnisse einer deutschen Studie vor, für die über sieben Jahre das Verhalten von Wölfen und Pferden unter die Lupe genommen worden ist.
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Die gute Nachricht vorweg: Pferde gelten nicht als Hauptbeutetiere von Wölfen. Diese bevorzugen Wildtiere, machen aber auch vor Weidevieh, insbesondere Schafen, nicht halt. Und doch gibt es z.B. in manchen Gebieten Südeuropas häufig Übergriffe auf Pferde.
In Spanien und Portugal würden insbesondere Fohlen und Jungtiere der Garrenos gejagt, einer lokalen Ponyrasse, die dort frei umherzieht, ohne jegliche Schutzmaßnahmen. Dort könne es auch passieren, dass die Wölfe sich auf die Pferdejagd spezialisierten, eventuell sogar das Jagen erwachsener Pferde lernten.
In Mitteleuropa sind Angriffe auf Pferde deutlich seltener, obgleich auch in Deutschland seit 2016 immer wieder Wolfsattacken auf Pferde dokumentiert wurden. Laut der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) waren im Vorjahr bundesweit 30 Pferde von „wolfsverursachten Nutztierschäden“ betroffen (getötete, verletzte oder vermisste Tiere).
Eine im August 2023 publizierte Studie von Konstanze Krüger, Professorin für Pferdehaltung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen, sowie Theo Grüntjens und Enno Hempel vom Verein zur Förderung von Wissenschaft um Pferd und Wolf (VFWPW) hat sich mit der Frage beschäftigt, wie Pferde auf die Anwesenheit von Wölfen reagieren.
Sieben Jahre lang (2015 bis 2022) wurden 13 Reitpferde unterschiedlichen Alters und verschiedener Rassen auf zwei Weiden beobachtet: Auf Weide eins standen ein Pony, zwei Warmblüter und zwei Zugpferde zwischen vier und 29 Jahren (vier Stuten, ein Wallach). Auf Weide zwei grasten sieben Pferde schwerer Rassen (drei schwere Warmblüter, vier Zugpferde) zwischen 13 und 17 Jahren (zwei Stuten, fünf Wallache. Die Weiden der Tiere befanden sich in Nähe des sogenannten Knappenrode-Seenland-Rudels an der Landesgrenze zwischen Brandenburg und Sachsen, das seit 2015 jährlich Nachwuchs hat.
Die Weiden, 15 ha bzw. 20 ha groß und durch einen Weg getrennt, wurden lediglich mit einem in der Pferdehaltung üblichen Elektrozaun begrenzt. Die Beobachtungen erfolgten mittels sechs Wildkameras.
In den sieben Beobachtungsjahren wurde kein Wolfsangriff auf die Pferde beobachtet. Die Kameras zeichneten auf knapp 1.000 Bildern Wölfe in der Nähe oder (selten) auf den Weiden auf – meist nachts, manchmal auch in den frühen Morgenstunden oder tagsüber.
Meist liefen die Wölfe am Zaun entlang, nur sehr wenige standen in der Weide. Ebenfalls auf den Kameras zu sehen: zahlreiche Wildtiere wie Hasen, Wildschweine, Füchse, Rehe, Waschbären, verschiedene Vogelarten und vieles mehr.
Das Vorkommen dieser leicht zu jagenden Beutetiere (insbesondere Hasen und Rehe) könnte ein Grund sein, warum die Wölfe auf die für sie risikoreiche Pferdejagd verzichtet haben, mutmaßen die Wissenschaftler.
Seitens der Pferde gab es in der Gegenwart von Wölfen keine Anzeichen von Panik oder Unwohlsein. An sechs Tagen wurde ein Herumrennen der Pferde dokumentiert, Wölfe wurden aber nur an drei dieser Tage gesichtet.
Die Forscher vermuten, dass die Pferde auch von anderen Wildtieren, Insekten oder Geräuschen aufgeschreckt worden sein könnten. Allerdings schränken die Wissenschaftler ein, dass die Studie keine Schlussfolgerungen zum Befinden der Pferde bei Wolfskontakt zulasse. Hierzu seien weiterführende Studien erforderlich.
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Die ab diesem Jahr geltenden neuen Förderregeln im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik bergen eine Vielzahl an Fehlerquellen. GAP-Experte Christian Gaebel vom Deutschen Bauernverband erläutert Details.
Von AgE
Fehlerquellen bieten die neuen Regeln der EU-Agrarförderung (GAP ab 2023) in großer Zahl: Statt Cross Compliance und Greening gibt es nun die Auflagen der erweiterten Konditionalität, die für alle antragstellenden Betriebe gilt. Die Konditionalität umfasst elf Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) und neun Anforderungen zur Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ).
Je nach freiwilliger Teilnahme des Betriebes können Bewirtschaftungsverpflichtungen aus den Ökoregelungen (Eco Schemes, Erste Säule) und/oder den Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM, Zweite Säule) hinzu kommen.
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In diesem Geflecht von Vorschriften können leicht Fehler passieren. Hinzu kommen potenzielle und übliche Antragsfehler wie etwa Nichtübereinstimmungen bei Flächenumfängen etc. Von nicht unerheblicher Bedeutung ist, dass Antragsänderungen noch bis zum 30. September des Antragsjahres gemeldet werden können. Doch wie wird die Einhaltung der vielen neuen GAP-Vorschriften kontrolliert? Und auf welche Kürzungen müssen sich Landwirte gegebenenfalls einstellen?
Auch muss die kritische Frage erlaubt sein, ob Landwirte, Behörden und Berater wirklich noch vollends durchblicken. Oder ob ein verhältnismäßiges Maß an Komplexität spätestens mit dieser GAP-Reform überreizt wurde. Werden Verstöße gegen Konditionalitätsverpflichtungen bei der landwirtschaftlichen Tätigkeit oder im Betrieb festgestellt, kommen prozentuale Kürzungen bei den beantragten Zahlungen in Betracht. Dies betrifft bei den Direktzahlungen die Basisprämie, die erste-Hektare-Förderung, die Junglandwirteprämie, gegebenenfalls die Ökoregelungen und die gekoppelte Tierprämie sowie möglicherweise im Zuge der ländlichen Entwicklungsprogramme z. B. die Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen und die Ausgleichszulage.
Grundsätzlich gilt ein gesamtbetrieblicher Ansatz, wonach die grundlegenden Anforderungen bei Beantragung von Direktzahlungen in allen Produktionsbereichen und Betriebsstätten einzuhalten sind. EU-rechtlich ist vorgeschrieben, dass mindestens ein Prozent der Antragsteller von den Behörden systematisch vor Ort auf Konditionalitätsverstöße kontrolliert werden müssen.
Dies betrifft bei rund 300.000 Antragstellern demnach rund 3.000 Betriebe in Deutschland. Zuständige Behörden und Zahlstellen bewerten festgestellte Verstöße nach den Kriterien Häufigkeit, Ausmaß, Schwere und Dauer als leicht, mittel oder schwerwiegend. Die Konditionalität ist ein förderrechtliches Auflagenwerk der GAP für den zusätzlichen Schutz von Klima, Umwelt, Mensch, Pflanze sowie Tier und ersetzt nicht das deutsche Fachrecht.
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Sie werden zwar noch nicht in Serie produziert, aber die Entwicklung auf dem Gebiet der Höhenwindenergieanlagen schreitet zügig voran. Mittlerweile gibt es sehr spannende Projekte mit Flugwinddrachen.
Von Dierk Jensen
Der Ritterschlag für die Flugwinddrachen – andere sagen Höhenwindenergieanlagen – kommt vom norddeutschen Windenergiepionier Sönke Siegfriedsen, der aktuell beim schwimmenden 16-MW-Offshore-Projekt „Nezzy2“ vor der südchinesischen Küste involviert ist. „Höhenwinde auf diese Weise zu nutzen, ist ein superspannender Ansatz“, meint der global agierende Chef der Büdelsdorfer Ideenschmiede aerodyn engineering.
Ob aber diese Flugwinddrachen in die Megawattklassen vordringen können, bezweifelt Siegfriedsen, vor allem das Starten und Landen der fliegenden Objekte beurteilt der Ingenieur als technisch höchst anspruchsvoll. Trotzdem hält er es für wichtig, dass diese Art der Windenergienutzung weiter erforscht und optimiert werde – nicht zuletzt wegen des erheblich reduzierten Materialverbrauchs. Jemand wie Siegfriedsen, der 40 Jahre Erfahrung in der Windenergie auf dem Buckel hat, weiß, dass es viele Experimente und auch Umwege braucht, um am Ende zum Erfolg kommen zu können – für die ganze Branche.
Dabei seien Flugwinddrachen bei Weitem kein Nischenprodukt, beteuert Florian Breipohl, Geschäftsführer von EnerKite, einem brandenburgischen Hersteller aus Eberswalde. „Wir sind keine Nische, die Stückzahlen können in Zukunft durchaus sehr hoch sein“, versichert Breipohl, „ähnlich wie bei den Landmaschinen.“
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Statt wie die Unternehmenstochter Makani vom Internetriesen Google aus dem Stehgreif in riesige Flugdrachen zu investieren, die dann wie Ikarus gleich spektakulär im Nordmeer weit vor der Küste Norwegens in die Fluten stürzen, haben die in Brandenburg beheimateten Hersteller eine kleinteiligere Herangehensweise. „Nicht gleich ganz groß gehen“, sagt Breipohl, „wir haben einen Prototyp in Bau, der bei einer Windgeschwindigkeit von zehn Metern pro Sekunde eine Nennleistung von 100 Kilowatt aufweist.“
In der ersten Hälfte 2024 will man bei EnerKite einen Prototyp am Start haben, der später für „unter einer halben Million Euro“ für die ersten kommerziellen Kunden zur Verfügung stehen soll. Im Unterschied zu anderen Herstellern von Höhenwindenergieanlagen bleibt die Steuerung beim Enerkite-Modell mit dem Namen EK200 am Boden. Daher entfällt auch eine Kabel- respektive Funkverbindung zum nach oben steigenden Drachen. „Einen großen Vorteil bei unserem Produkt sehen wir vor allem darin, dass wir auch bei Windstille mit unseren Drachen ähnlich wie bei der Segelfliegerei über achtförmige Flugbahnen in die Höhe gehen können“, verspricht Breipohl.
Doch gleichzeitig räumt der Geschäftsführer ein, dass vor dem Jahr 2027 vermutlich kein Markteintritt kommen wird, wenngleich auch vor dieser Zeit einzelne kommerzielle Projekte schon laufen werden. „Wir werden Industrie“, unterstreicht indes Mark Hoppe, Leiter Business Development & Public Affairs beim Mitwettbewerber SkySails Power GmbH, die Ambitionen. Er nutzt ungern den Terminus Flugwinddrachen, sondern spricht explizit von Höhenwindenergie.
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Im Süden Brandenburgs und an der Grenze zu Sachsen kam es zu zwei Wolfsattacken. Ob der Schaden ausgeglichen wird, ist noch unklar.
Von Karsten Bär und Veit Rösler
Der Wolf schlich sich nach Anbruch des Tages heran: Früh um halb sechs hatte Thomas Nagel seine Schafe aus dem Stall und auf die Weide hinterm Haus gelassen – um halb neun rief ihn sein Vater auf Arbeit an, um ihm mitzuteilen, dass mehrere seiner Tiere tot seien.
Während die drei Lämmer am Leben blieben, fielen die zwei Muttern und der Bock dem Angriff zum Opfer. „Mitten im Ort!“, betont der Tierhalter aus Mühlberg-Weinberge (Landkreis Elbe-Elster), der sofort einen Rissgutachter benachrichtigte. Auch für diesen stand schnell fest, dass es ein Wolf gewesen sein muss. Die Tiere waren per Kehlbiss getötet worden. Fraßspuren wies allerdings nur der Schafbock auf. „Wie der Wolf reingekommen ist, wissen wir nicht“, so Nagel.
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Seine Weide, auf der neben den Schafen auch zwei Kühe sowie Ziege und Ziegenbock grasen, ist ordnungsgemäß und eigentlich sicher gezäunt. Ein Teil ist von Festzaun mit Unterwühlschutz umgeben und zusätzlich durch ein Stromband gesichert. Der andere Teil besteht aus stromführendem Weidezaun. Dass ausreichend Strom anlag, hat auch der Rissgutachter bestätigt. „Der Wolf muss über den Weidezaun gesprungen sein“, vermutet der Tierhalter. In der Gegend gibt es viele Wildzäune zum Schutz vor der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) aus den Restriktionszonen im nahen Sachsen.
An ihnen haben die Wölfe das Springen erlernt, glaubt er. Nicht nur, dass ein Wolf den Herdenschutz überwindet, schockiert Thomas Nagel. Auch die Tatsache, dass so etwas innerorts passiert, macht ihn fassungslos. Hinter seinem Grundstück gibt es einige weitere Wohnhäuser, bevor Wald, Feld und die vom Kiesabbau geprägte Landschaft um die Elbstadt Mühlberg beginnen.
Dass Wölfe nahe an den Ort herankommen, kann auch ein Nachbar bestätigen, der zuletzt mehrfach eine Fähe und heranwachsende Jungtiere von seinem Grundstück aus gesehen hat. Am Tag des Angriffs habe sein Hund gegen halb acht wütend angeschlagen und gebellt, also die nahe Anwesenheit des Raubtiers wohl bemerkt. Für seinen Herdenschutzzaun hatte sich Nagel, der einen Abschluss als Landwirtschaftsmeister hat, aber inzwischen in einer anderen Branche arbeitet, seinerzeit um eine Förderung bemüht. „Telefonisch hat man mir beim Landesumweltamt mitgeteilt, dass keine Aussicht auf Erfolg besteht, da die Weide ja im Ort liegt“, berichtet er. Der Rissgutachter habe aber zumindest eine Beratung zugesichert.
Während Thomas Nagel seine verbliebenen Schafe nur noch mit großen Sorgen morgens aus dem Stall lässt, steht für ihn eins fest: „Unsere Kinder, die neun und zweieinhalb Jahre alt sind, lassen wir nicht mehr allein vom Hof.“ In der vergangenen Woche kam es in Schweinfurth zu einer weiteren Wolfsattacke. „Ich bin noch total durch den Wind. Mir zittern noch die Knie“, gesteht Dirk Richter.
In der Nacht zum Mittwoch haben Wölfe alle elf Schafe der Rasse Barbados der Familie angegriffen. Nicht einmal hundert Meter vom Wohnhaus entfernt! Sechs waren sofort tot, ein schwer verletztes Tier ist am Donnerstag verstorben, und drei Tiere stehen mit Bisswunden am Hals verängstigt in der hinteren Ecke vom Stall. Die Landesgrenze zwischen Brandenburg und Sachsen verläuft quer über das Grundstück am nördlichen Ortseingang von Schweinfurth. Tote Tiere lagen damit sowohl in Brandenburg als auch wenige Meter von der Landesgrenze entfernt in Sachsen.
Wer ist zuständig? Gekommen ist ein Wolfsbeauftragter aus Cottbus, zuständig für Brandenburg. Der hat zwar fast vier Stunden auf dem Grundstück zur Erfassung der Schäden und zur Spurensuche zugebracht, zu einer Aussage ist er dennoch nicht bereit. Er sei nur ein Hilfs-Wolfsbeauftragter, und zuständig seien die Behörden in Brandenburg und Sachsen. Im nächsten Schritt wurden die nun mittlerweile sieben toten Tiere von einem Tierkörperbeseitiger abgeholt, mit dem Hinweis, dass die drei überlebenden Schafe nach dem Kontakt mit den Wölfen den Angriff wohl auch nicht überleben werden.
Die Familie von Dirk Richter hält seit 25 Jahren Schafe. Zunächst versucht er, nun die verletzten Tiere mit Infektionsmittel wieder aufzupäppeln. Ob das gelingt, ist unklar. Für die nächsten Nächte hat sich bereits wieder Besuch angekündigt. In der Nacht zum Donnerstag hat man Wölfe heulen hören. Die Bewohner sperren Kinder und Tiere ein. Jetzt hat Dirk Richter den Schafstall als Barrikade aufgebaut Etwas enttäuscht ist Dirk Richter von seinem Germanischen Bärenhund Lino.
Das dreijährige riesige schwere Tier passe eigentlich Tag und Nacht auf wie ein „Schießhund“, doch jetzt hat er versagt! Vermutlich hat Lino als Jungtier einen Blitzeinschlag miterlebt. In der besagten Nacht zum Mittwoch hat es im Raum Röderland-Kröbeln ein Gewitter gegeben, woraufhin sich Lino im Stall verkroch. Diesen Moment haben die Wölfe gnadenlos ausgenutzt.
Wie das Landesumweltamt auf Anfrage mitteilte, werde genau geprüft, ob ein Anspruch auf Schadensausgleich besteht. Entscheidend sei, ob der Mindeststandard für Zäune eingehalten wurde. Ob diese innerhalb oder außerhalb des Ortes stehen, spiele keine Rolle. Sollte der Schadensort außerhalb von Brandenburg liegen, werde der Fall an die zuständige sächsische Behörde weitergeleitet.
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Mit Besucherzuwachs und erweiterten Themenfeldern unterstrich die diesjährige Auflage der MeLa in Mühlengeez ihren guten Ruf. Alle Impressionen in unserer großen MeLa-Galerie.
Neben modernster Agrartechnik sowie vielfältigen Präsentationen tierzüchterischer Leistungen und tierwohlgerechter Haltung wandte sich die 32. Mecklenburgische Landwirtschaftsausstellung (MeLa) so stark wie noch nie zentralen gesellschaftlichen Fragen zu. Vier Tage lang präsentierten mehr als 850 Aussteller aus zwölf Nationen nicht nur Tiere, Technik, Trends und Traditionen aus der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft, sondern widmeten sich auch Themen der Versorgungssicherheit, Biodiversität im Pflanzenbau, erneuerbaren Energien oder dem Tierwohl.
„Dabei hat die MeLa erneut ein beeindruckendes Schaubild der Leistungsstärke der Agrarbranche in Mecklenburg-Vorpommern gezeichnet“, resümierte Christin Mondesi, Geschäftsführerin der MAZ Messe- und Ausstellungszentrum Mühlengeez GmbH.
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Am Donnerstag und Freitag zog die Messe vor allem Fachbesucher an. Kundengespräche, Fachforen und Bauerntag boten umfangreiche Plattformen für den Austausch über Innovationen und die Zukunft der Landwirtschaft. Am Wochenende kamen vermehrt Familien nach Mühlengeez. Das spätsommerliche Wetter ließ viele Besucher lange auf dem Gelände zu informativen Gesprächen mit den Ausstellern oder zu Stopps an den Gastronomie-Ständen verweilen.
Besuchermagnet war neben den Züchterwettbewerben und der Landestierschau auch das Turnier Pferd + Hund, das zeitgleich mit der Fachausstellung stattfand. Absoluter Besucherliebling in diesem Jahr war das Uckermärker-Rind. 18 Zuchtbetriebe der Fleischrindrasse zeigten vor Ort vom Bullen bis zum Kälbchen rund 60 Spitzentiere. Bei der 33. Messeauflage im kommenden Jahr wird die Honigbiene den Staffelstab als Tier der MeLa übernehmen.
Mit 62.300 Besuchern und zufriedenen Ausstellern war die Landwirtschaftsschau sehr erfolgreich, freut sich Mondesi. Damit werde laut Messechefin nicht nur die erfolgreiche Entwicklung der MeLa fortgeschrieben und ein wichtiges Zeichen für die Zukunft der Messe gesetzt.
Vielmehr wurde auch gezeigt, dass sich die Agrarbranche stetig weiterentwickelt, um den Herausforderungen der aktuellen Zeit gerecht zu werden. Diese liegen besonders im Spannungsfeld zwischen Klima-, Arten- und Naturschutz sowie der sicheren Versorgung der Bevölkerung unter wirtschaftlichen Bedingungen.
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Das Beste, was einem Apfel passieren könne, so heißt es, sei seine Verwandlung in Cider. Die Normannen brachten einst das Getränk nach Britannien, wo es bis heute populär ist. Tobias Müller-Deku holte den sprudelnden Sekt aus 100 Prozent Saft in die mecklenburgische Provinz.
Von Jutta Heise
Preisfrage: Welche Vorteile bringt es, wenn man einen Töpfer zum Nachbarn hat? Bei einer handfesten Art, gegensätzliche Argumente auszutauschen, wäre schnell Tellerersatz zu beschaffen? Das lassen wir gelten. Ein Tonkünstler könnte uns aber auch beziehungsreiche Wegweiser fabrizieren.
Etwa: Äpfel! Große, kleine, rote, grüne, braune, Symbole des Sündenfalls, Abbilder der Lieblingsfrucht der Deutschen thronen auf der Grundstücksmauer, am Eingangstor, verstecken sich auf dem Anwesen von Heike und Tobias Müller-Deku.
Wir sind im knapp 100-Seelen-Ort Diemitz in der Mitte der mecklenburgischen Kleinseenplatte. Der Hausherr heißt uns willkommen: randlose Brille; Gatsby-Flatcap, landläufig Schiebermütze genannt; (Schaf-)Wollweste. Ein Statement? Ein Stück britischer Lebensart? Anyway, wie auch immer, bitte subito auf die kleine Streuobstwiese hinterm Haus. Die zweite Pressung der Saison 2023 steht an. Geerntet wurde schon ordentlich. Info unterwegs: Müller-Deku besitzt auch zwei Apfel-Plantagen in der Nähe, die derzeit auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt werden und hat drei Streuobstwiesen mit alten Sorten in gebotener Varietät neu angelegt.
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Er und Fabian Malt, sein einziger Angestellter, der auch einen kleinen Gallowayrinder-Betrieb führt, machen sich an die Arbeit: Unter einem etwa 50 Jahre alten Baum, der geschätzt um die 120 Kilo Äpfel bringen wird, Plane ausbreiten, auf die Leiter, die Zweige beherzt, aber nicht brutal rütteln. Was reif ist für die Presse – fällt. Äpfel einsammeln. Druckstellen, Kleingetier oder Schorf tun dem späteren Cider nichts, Exemplare mit Faulstellen müssen zurückbleiben. 2022 galt als Apfeljahr an sich. Man hat deutschlandweit 1,1 Millionen Tonnen eingebracht, zehn Prozent über dem langjährigen Mittel.
Dieses Jahr wird man sich mit einer 17 Prozent niedrigeren Ernte bescheiden müssen. Müller-Deku rechnet runter. „Wir brauchen sechs bis sieben Tonnen Äpfel, um daraus 6.000 Flaschen Cider á 0,33 Liter, 800 Liter Apfelsaft und 80 Liter Brand herzustellen.“ Womit wir bereits bei den Kernprodukten der Manufaktur sind. Apfelkraut-Gelee kommt dazu und – neu auf dem Markt 2023: Cider-Likör. Während der pure Cider und der Saft vor Ort hergestellt werden, übernimmt die Veredelung derzeit eine Stralsunder Brennerei.
Das Label „Pomme de Meck“, frei übersetzt mit „Apfel aus Mecklenburg“, ist per Brainstorming mit Freunden ausgedacht (unter Zusatz welcher inspirierenden Droge, blieb geheim). Im Raum steht erst mal: Wie kommt einer wie Müller-Deku, gebürtiger Kölner, zum Cider, was hat ihn getrieben, sich mit Apfelsekt in der mecklenburgischen Provinz niederzulassen? „Cider begleitet mich durchs Leben“, sagt der Mann mit der Schiebermütze. Er ist in England zur Schule gegangen, folgerichtig war Apfelsekt (und nicht etwa Cola-Korn) das erste alkoholische Getränk, das er mit 16 legal zu sich nehmen durfte.
Cider gehört zum Lifestyle im Vereinigten Königreich, prägt die Trinkkultur mit. Nach dem Studium arbeitete Müller-Deku 22 Jahre als Rechtsanwalt in einer deutsch-britischen Wirtschaftskanzlei, war in Russland, im Mittleren Osten tätig.
Vor acht Jahren ist er dort ausgestiegen und hat sich angesiedelt, wo See an See grenzt. Das Ländchen, das sich Brandenburg und Mecklenburg teilen, hatte man zuvor im Urlaub kennengelernt. Hier könnte man gut den nächsten Abschnitt seines Lebens mit einer neuen Herausforderung verbringen, war sich das Paar einig und erwarb vor 20 Jahren Haus samt Grundstück.
„In dieser Region stehen in jedem Garten Apfelbäume. Die Früchte werden oftmals nicht verwertet, sie auf den Kompost werfen möchten die Leute aber auch nicht.“ Hier setzt Müller-Dekus Idee an, aus der wird ein Projekt, geboren aus Vergangenheit und Zukunft, sozusagen. Er absolviert die Cider-Academy in England, beginnt zu experimentieren. Anfangs sammelte man Früchte von Nachbarn ein, bewahrte damit manchen Baum vor der Axt, produziert zunächst in Provisorien. „Inzwischen haben wir selbst ausreichend Früchte, wollen das Einsammeln aber nicht aufgeben. Es hat einen sozialen Aspekt, man lernt Leute kennen. Jetzt sind wir schon in der siebten Saison.
Die Äpfel kommen in einen Drehkorb, der wohl mal zum Säubern von Kartoffeln diente. Blank gewaschen geht es zum Pressen. In einer Art Mühle wird das Obst soweit zerkleinert, dass eine breiige Masse entsteht, aus der unter 200 bis 300 bar der Saft herausgepresst wird. Aus 100 Kilo Frucht werden 60 Liter. Die braunrote Flüssigkeit wird in Fässer zu je 120 Liter gefüllt und später fermentiert: Chemie-Einser vor! Richtig, Hefepilze zerlegen den Fruchtzucker in Alkohol und Kohlensäure. Der Gärprozess im Fass dauert bis zu fünf Monate.
Die Abstimmung des Geschmacks erfolgt bei beiden Varianten, „Trocken“ bzw. „Halbtrocken“, vor allem mit eigenem Apfelsaft, „den wir zu einem dickflüssigen Sirup einkochen und zufügen.“ Dieser ist auch der Rohstoff für das Gelee und der Geschmacksgeber beim Likör. „Nur beim halbtrockenen Cider geben wir zusätzlich etwas Zucker zu.“ Mehr Details ersparen wir euch nun doch.
Ohnehin hält der Markt Kits und Boxen zum Cider-Selbermachen samt Anleitung bereit! Also ran? „Wenn man experimentierfreudig ist und Überraschungen mag, warum nicht?“, grinst Müller-Deku süffisant. Kleine Warnung: Wie man das Produkt zum Sprudeln bringt und zugleich ordnungsgemäß abfüllt, sei nicht so leicht in der häuslichen Küche zu imitieren.
Cider ist hierzulande wieder in Mode, hat etwa den Gin im Beliebtheitsranking abgelöst. Die Hersteller-Szene ist noch überschaubar, die Nachfrage groß. Müller-Deku vermarktet ab Hof, online, ist in Restaurants vertreten, belebt das eher schmale Segment regionaler Produkte. „Wir haben 2014 das ehemalige Diemitzer Kulturhaus gekauft, als Ruine. Mit Leader-Mitteln und der Hilfe von Freunden haben wir es saniert, Gastronomie plus Kultur etabliert.“ (Wir schlussfolgern, dass es dem Paar nicht allein um den Cider geht, sondern wohl auch um mehr Vitalität für den ländlichen Raum.)
„Von Anfang an wird unser Cider im Dorfkrug geführt. Wer ihn kostet, driftet schnell mal rüber zu uns und kauft ein paar Flaschen für zu Hause. Eine Nachbarin vermietet Ferienwohnungen, als Willkommensgruß steht unser Produkt auf dem Tisch. Auch das zeigt Wirkung. Seit April haben wir 650 Käufe registriert.“ Man möchte die Produktion ausweiten, Räumlichkeiten und Equipment sind zu klein dimensioniert. „Wir werden mit einer größeren Anlage 100 kg statt 60 kg pro Arbeitsgang pressen und fermentieren können. Technologische Abläufe gehen parallel vonstatten.“
Auch die Anlage zum Brennen von Apfelweinbrand auf Cider-Basis ist bestellt. Die Arbeitsstätte samt Warenlager wird in eine Scheune im Nachbarort verlagert. „Dann können wir sogar Lohnmosten anbieten.“ Müller-Deku sprudelt – Cidergleich. Unsereinen beschleicht die leise Furcht, der Charme einer kleinen Manufaktur könnte leiden. Weg mit jeglichem Hauch von Zweifel! Wer möchte schon auf der Stelle treten! Cheers!
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Eine neue Technologie verspricht, Kohlendioxid aus dem BHKW-Abgas chemisch umzuwandeln. So könnten Biogasanlagen zur Negativemissions-Technologie werden. Eine Pilotanlage läuft bereits.
Von Christian Dany
Wir glauben, die weltweit nachhaltigste und witschaftlichste Lösung zur Verwertung von CO2 zu haben“, sagt Leo van Bree, Geschäftsführer der Biogas-Fond GmbH. Das Startup-Unternehmen aus Nördlingen möchte das Kohlendioxid (CO2) aus dem Abgas von Biogas-Blockheizkraftwerken (BHKW) in einen Energierohstoff verwandeln. Bei der neuartigen Technologie mit dem Markennamen „Emission CO2ntrol“ werde das Abgas zu über 95 % von CO2 und weitgehend auch von anderen Schadstoffen befreit.
Dies gelinge durch einen Prozess, in dem das Gas mit Mikrowellen bestrahlt werde und dann ein Mehrkammersystem durchströme. In den Kammern lagere das aus einer bestimmten Materialmischung bestehende Betriebsmittel. Das Kohlenstoffatom und die Sauerstoffatome des Kohlendioxidmoleküls würden dabei getrennt. „Andere Technologien zur CO2- Abscheidung liegen beim Stromverbrauch zum Teil um den Faktor vier höher als bei unserem Verfahren“, argumentiert van Bree.
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Das abgeschiedene CO2 sei dann aber immer noch da. Besonders fragwürdig findet er es, wenn das klimaschädliche Gas dann mit noch mehr Energieaufwand unter die Nordsee gepumpt und gelagert werden muss. Die chemische Umwandlung des CO2 sei der viel elegantere Weg: „Wir benötigen weniger als 60 Kilowattstunden Strom pro Tonne CO2.“ Der Stromverbrauch der Pilotanlage, die nahe des Firmensitzes der bayerischen Firma arbeite, sei mit 3 kW äußerst niedrig.
Bezüglich des Wärmebedarfs sei eine Abgastemperatur von 40 °C am Eingang der Anlage optimal, womit sich die Nutzung der BHKW-Abwärme aufrecht erhalten lasse. Mit dem patentierten Verfahren könne aus Biogas eine Negativemissions-Technologie werden, weil das CO2 nicht mehr am Anlagenstandort freigesetzt werde.
Besonders an der Technologie ist außerdem, dass sie nicht von einem Industriekonzern oder aus der universitären Forschung kommt, sondern von einem berufsmäßigen Erfinder: Als solcher arbeitet Franz Josef Philipp seit über 30 Jahren im Bereich der Abfall- und Abgasverwertung. Er hält zahlreiche Patente, zum Beispiel für Verfahren in der Müllverbrennung, und betreibt mit Familienmitgliedern die Firma Carbon Innovations GmbH.
Van Bree lernte Philipp über Karl-Heinz Bachmann, seinen Kollegen in der Meba Biogas GmbH, kennen. Zusammen mit Dennis Philipp, dem Sohn des Erfinders, führt er jetzt die Geschäfte des Start-ups, das das CO2-Verwertungsverfahren zur Marktreife führen soll. „Der Erfinder wollte ursprünglich das CO2 aus Kohlekraftwerken rausholen“, erzählt van Bree.
Jedoch sei dann der Biogassektor als geeigneter Einstiegsmarkt identifiziert worden, weil die Größe und Zahl der Anlagen in Deutschland gute Bedingungen für eine Serienproduktion böten. Letztlich eröffne sich aber ein weltweiter Milliardenmarkt: „Zement-, Keramik-, Stahl-, Chemieindustrie – alle müssen grün werden und ihren CO2-Ausstoß drastisch senken.“
An der Biogasanlage von Ralph Hussel im 12 km von Nördlingen entfernten Appetshofen betreiben van Bree und Philipp ihre Pilotanlage. Sie behandelt das Abgas eines BHKW mit 250 kWel. Dass ein relativ kleiner Motor ausgewählt wurde, habe genehmigungsrechtliche Gründe, führt van Bree an. Eigentlich könne die Pilotanlage an ein BHKW bis zur Megawattklasse angeschlossen werden.
Leo van Bree ist in den Niederlanden geboren und wohnt seit 35 Jahren im nördlichen Bayerisch-Schwaben. Er hat früher ein börsennotiertes Elektronikunternehmen mit Niederlassungen in Europa und Asien geleitet. In Appetshofen erklärt er den Prozess der Pilotanlage: Nach dem Abzweig vom Abgaskamin des BHKW folge ein Bypass. Ein Teil des Abgases werde in einem Kasten mit Mikrowellen bestrahlt: „Dadurch werden die Moleküle instabil“, erläutert er. In der Folge ströme das Gas durch fünf Kammern mit organischem, anorganischem und Katalysatormaterial in etwa im Verhältnis 95 % organisch zu 5 % sonstiges. Die Anzahl der Kammern sei abhängig von der Größe des Volumenstroms.
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Die diesjährige Getreideernte ließ viele Wünsche offen. Dennoch gab es beim 18. Dorf- und Erntefest am vergangenen Wochenende in Kremmen gute Gründe zum Feiern, aber auch zum Innehalten.
Von Wolfgang Herklotz
Buntes Treiben im Kremmener Scheunenviertel am vergangenen Wochenende. Die Kleinstadt im Landkreis Oberhavel war Gastgeber des mittlerweile 18. Brandenburger Dorf- und Erntefestes, das bei hochsommerlichem Wetter rund 20.000 Besucher anzog, deutlich mehr als erwartet. Neben Festumzug und Erntekronenwettbewerb lockten auch zahlreiche Stände mit regionalen Produkten und verschiedene Bühnenprogramme.
Beim Festgottesdienst zum Auftakt forderte Dr. Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg und Schlesische Oberlausitz, zu mehr Wertschätzung für das tägliche Brot auf. „Denk‘ mal daran und dank‘ mal all denen, die dafür sorgen!“
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Denn die aktuelle Getreideernte dürfte wohl die teuerste der vergangenen Jahre sein. Den enorm gestiegenen Betriebskosten stehen niedrige Erträge und Erlöse, aber auch Qualitätseinbußen gegenüber. Es wurde weniger als im Vorjahr vom Feld geholt, weniger auch als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre, wo rund 2,39 Mio. t Getreide eingefahren wurden.
Gerade deshalb ist es so wichtig, sich immer wieder zu vergewissern, was Landwirte alles leisten, so Ministerpräsident Dietmar Woidke. „Das Gefühl dafür ist in der Gesellschaft leider etwas verlorengegangen!“ Wie Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes, versicherte, sind die Landwirte für mehr Vielfalt auf den Feldern, emissionsarmes Wirtschaften und neue, tierwohlgerechte Ställe.
„Wir brauchen aber bessere Rahmenbedingungen und mehr Unterstützung durch die Politik“, forderte er. Zugleich sollten Konsumenten die regionalen Erzeugnisse an der Kasse honorieren. „Durch sein Kaufverhalten gestaltet der Endverbraucher letztendlich auch die Zukunft des ländlichen Raums“, betonte Hanka Mittelstädt, Vorsitzende des Marketingverbandes pro agro.
Wie vielfältig und lebenswert der ländliche Raum Brandenburgs ist, zeigte sich beim Festumzug mit mehr als 30 Schaubildern aus Landwirtschaft und Gemeindeleben. Zudem erinnerten die Kremmener an ihre 725-jährige Geschichte. Agrar- und Handwerksbetriebe präsentierten sich ebenso wie Vereine und Einrichtungen.
Sehenswert auch die Exponate des Erntekronenwettbewerbs, zu dem der Landfrauenverband seit 1994 aufruft. Daran beteiligten sich nicht nur Kreisverbände, Ortsgruppen und Heimatvereine, sondern auch die Jugendfeuerwehr Linum und der Seniorenbeirat Nauen. „Die Erntekronen stehen für das große ehrenamtliche Engagement vieler Menschen und ihren Zusammenhalt“, erklärte Antje Schulze, Vorsitzende des Landfrauenverbandes.
Eine Jury ermittelte die schönsten der insgesamt 16 ausgestellten Gebinde. Die Siegerkrone wurde von Mitgliedern des Kreislandfrauenvereins Oberhavel gebunden, das Team „Erntekrone Michelsdorf“ belegte den zweiten Platz. Das Team besteht ausschließlich aus Männern, die sich dieser Tradition verpflichtet fühlen und das Getreide, darunter ganz alte Sorten, selbst anbauen.
Den Aufwand dafür beziffern sie auf 400 bis 500 Stunden. Auf Platz drei kam die Ortsgruppe Falkenberg vom Landfrauenverein Oder-Spree e.V. Ihre Krone wurde zugleich zum Publikumsliebling gekürt. Die drei prämierten Erntekronen werden Ende September der Landtagspräsidentin, dem Ministerpräsidenten und dem Agrarminister in Potsdam übergeben. Diese Treffen sind immer eine wichtige Gelegenheit im Jahr, mit Vertretern der Landesregierung ins Gespräch zu kommen und erneut deutlich zu machen, welch wichtigen Beitrag die Landwirtschaft spielt, um die Bevölkerung zu ernähren und die Kulturlandschaft zu pflegen.
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In den Spätsommermonaten trat in den vergangenen Jahren vermehrt Pilzbefall auf Mäh- und Weideflächen auf. Betroffen waren in erster Linie die Hauptfuttergräser wie das Deutsche Weidelgras und die Wiesenrispe.
Von Angela Mögel
Verschiedene Faktoren begünstigen eine massenhafte Ausbreitung der parasitär lebenden Pilze auf den Futtergräsern. Dabei spielt die Witterung eine entscheidende Rolle. Milde Temperaturen, eine hohe Luftfeuchtigkeit und Blattnässe über mehrere Stunden führen zur Infektion und beschleunigen die Ausbreitung auf der Wirtspflanze.
Die Taufeuchte im Herbst begünstigt die Übertragung zwischen den Pflanzen. Sonnige Tage und kühle Nächte mit entsprechender Taubildung, wie es in den letzten Jahren oft zu beobachten war, fördern das Wachstum und die Ausbreitung des Pilzes. Eine Verbreitung der Sporen zwischen den Schlägen erfolgt durch Wind und die Infektion am Blatt durch einen Wasserfilm.
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Ein Mangel an Phosphor und Kalium kann die Infektion fördern. Der Ernteschwerpunkt liegt vielerorts auf den beiden ersten Schnitten im Grünland. Fällt der Ertrag hoch aus, ist der Vorrat an NPK aufgebraucht. Oft unterbleibt eine Mehrnährstoffdüngung zu den Folgeschnitten, infolgedessen sinkt die Abwehrfähigkeit der Gräser. Die parasitär lebenden Pilze (Puccina Spec.) der Futtergräser benötigen wie die Rostpilze im Getreide intaktes Pflanzengewebe.
Sie dringen in die Pflanzenzellen ein und verletzten die Blattepidermis, um sich von den pflanzlichen Kohlenhydraten zu ernähren. Dadurch verliert das Blatt Wasser und vertrocknet, die Laubblätter sterben frühzeitig ab. Das schwächt die Gräser, ihr Wurzel- und Ausläuferwachstum wird gehemmt. Die Konkurrenzfähigkeit der Grasnarbe nimmt ab und unerwünschte Kräuter können sich ausbreiten. Das Pilzgeflecht überwintert an den Gräsern. Deshalb ist ein jährlicher Pflegeschnitt im Herbst anzuraten.
Stark befallene Flächen sollten parzellenweise verworfen, kompostiert werden. Bei mittlerem Befall kann das Verschneiden mit befallsfreiem Aufwuchs und die Verwendung eines angepassten Siliermittels (WR 1a oder 1b) eine Lösung sein. Allerdings benötigen die Milchsäurebakterien im Silierprozess Zucker zur Absenkung des pH-Wertes im Silostock. Dieser ist durch den Pilzbefall herabgesetzt. Deshalb ist die Silierfähigkeit rostbefallener Herbstaufwüchse vermindert. Um eine Verschleppung der Rostsporen auf gesunde Flächen zu vermeiden, können befallene Flächen zuletzt gemäht werden.
Eine bedarfsgerechte Düngung der Folgeaufwüchse mit Stickstoff, Phosphor und Kalium verringert die Gefahr der Rostausbreitung. So reicht z. B. die alleinige Düngung mit den zulässigen Güllemengen zu den Aufwüchsen bei einer 4-Schnitt-Nutzung nicht aus, um den Kaliumbedarf zu decken. Aufgrund des Mikroklimas breitet sich Rost in höheren Aufwüchsen besonders gut aus. Deshalb ist eine frühzeitige Nutzung bei ersten Anzeichen eines Befalls zu empfehlen. Nach starker Frühjahrs- und Sommertrockenheit wie 2022 half eine Spätsommernachsaat mit auf Ausdauer geprüften Sorten, die Widerstandsfähigkeit im Grünland zu stärken.
Rostpilze verbrauchen die leicht verdaulichen Kohlenhydrate (Zucker) in den Pflanzenzellen der Gräser. Für den Wiederkäuer sinkt dadurch die Verdaulichkeit und damit der Futterwert der Gräser. Kühe sollten nicht auf rostbefallenen Flächen weiden. Deren Energiebedarf ist sehr hoch. Daher wird eine hohe Trockenmasseaufnahme angestrebt. Beides erfüllen diese Flächen unzureichend.
Bei absolutem Weideland besteht nur die Möglichkeit der Nachbeweidung mit Jungrindern. Diese Tiere sollten nicht jünger als zwölf Monate sein und bis maximal acht Wochen vor der Abkalbung auf befallenen Flächen weiden. Eine tägliche Kontrolle des Allgemeinzustands der Jungrinder, Füllung der Hungergrube, glänzendes Fell und aktives Weideverhalten ist unerlässlich. Bei einem angestrebten Erstkalbealter von 25 Monaten liegt das Lebendgewicht mit 16 Monaten bei 400 kg und die täglichen Zunahmen bei 800 g.
Um diese Tageszunahmen zu erreichen, wird bereits bei gesunden Weidebeständen eine Zufütterung von z. B. Getreideschrot ab August bis Oktober empfohlen. Denn neben dem Trockenmassezuwachs nimmt auch die Energiekonzentration des Aufwuchses in der zweiten Vegetationshälfte ab. Je nach Stärke des Rostbefalls muss dieses Defizit zusätzlich ausgeglichen werden, was die Futterkosten erhöht.
Eine weideangepasste Düngung und das Kurzhalten des Weideaufwuchses (6– 8 cm) in den Herbst hinein können den Rostbefall eindämmen. Die Weidepflege (mulchen, nachmähen) bzw. Weideform (Kurzrasenweide) verhindert die Rostausbreitung an hochgewachsenen Weideresten.
Es gibt keine Hinweise über stark negative Auswirkungen auf Pansenflora und Schleimhäute des Magen-Darmtraktes durch Pilzbefall an Gräsern. Fütterungsversuche mit rostbefallenem Grünfutter oder Silagen sind der Autorin aktuell nicht bekannt. Die Nachfrage bei mehreren deutschen landwirtschaftlichen Versuchsanstalten ergab keine Versuchstätigkeiten mit dem Verfüttern rostbefallener Gräser im Rinderbereich in den letzten Jahren.
Da die Mikroben des Pansens sich über Jahrtausende gemeinsam mit dem Grünland entwickelt haben, besteht die Vermutung einer Anpassung an das Phänomen. Von einem Rückgang der Futteraufnahme auf der Weide ist aber auszugehen. Bei Starkbefall können gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht ausgeschlossen werden.
Der Klimawandel und die veränderten Witterungsbedingungen für das Grünland (Trockenjahre mit folgenden feuchtwarmen Spätsommern) rücken das Thema des Rostbefalls in den Fokus. Aufgrund der sich damit ändernden Vegetationskurve des Grünlands nimmt der Spätsommer- und Herbstaufwuchs in Zukunft wohl eine bedeutendere Rolle ein.
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Neben der Verwendung in der Medizin und im Baustoffsektor ist Hanf eine vielseitige Faserpflanze. Mit der Eignung als Zwischenfrucht beschäftigt sich ein aktuelles Forschungsprojekt der Hochschule Neubrandenburg.
Von Prof. Eike Stefan Dobers und Linda Lechner
Hanf gilt als sehr widerstandsfähig und anspruchslos. Unter Landwirten ist er als robuster Bodenverbesserer bekannt, da er bis zu drei Meter tiefe Pfahlwurzeln ausbildet und ohne chemischen Pflanzenschutz auskommt. Neben der Nutzung als Medizinalhanf ist die Pflanze auch als Nutzhanf vielseitig verwendbar. Die faserhaltigen Stängel des Nutzhanfes dienen als Rohstoff für Textilien, Papier oder Baustoffe. Blätter und Blüten sind Ausgangsstoffe für Tees, die Samen werden im Ganzen verzehrt oder zu Ölen und Presskuchen weiterverarbeitet.
Leistungsfähige Vermarktungsstrukturen befinden sich jedoch erst im Aufbau, sodass sich der Absatz der Hanf-Produkte bisher schwierig gestaltet. Beim Anbau von Hanf als Zwischenfrucht stehen dagegen die guten Zwischenfruchtleistungen der Pflanze im Vordergrund.
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Hanf trägt durch seine Beschattungswirkung und die Durchwurzelung zum Erhalt und zur Steigerung der Bodenfruchtbarkeit bei. Aufgrund ihres starken Wachstums kann die Pflanze darüber hinaus sehr viel Stickstoff aus dem Boden aufnehmen und damit das Risiko eines Nitrataustrags ins Grundwasser während der Wintermonate senken.
Außerdem könnte die innerbetriebliche Nutzung der proteinreichen Hanfblätter in einer Milchviehration eine Alternative für klimawirksame Eiweißquellen wie Soja darstellen. Wie gut sich Hanf in Mecklenburg-Vorpommern beim Anbau als Zwischenfrucht entwickelt, wie viel Stickstoff er aufnimmt und inwieweit sich getrocknete Hanfblätter in eine Milchviehration integrieren lassen, fragen sich die Projektpartner im Rahmen des EIP-Projekts ZwiHanf.
Von Juni 2022 bis Mai 2024 arbeiten unter der Koordination von Dr. Björn Kuhla (FBN, Dummerstorf) Wissenschaftler, Unternehmer und Landwirte an Antworten. Beteiligt sind dabei die FPS Anklam GmbH aus Murchin, die Hanffarm in Melz sowie die Hochschule Neubrandenburg. Letztere widmet sich der pflanzenbaulichen Begleitung und Analyse der Hanfbestände. Einblicke in die Projektarbeit sowie Ergebnisse aus dem ersten Anbaujahr aus Sicht des Pflanzenbaus stellen wir im Anschluss hier vor.
In der Projektlaufzeit werden in zwei Versuchsjahren Flächen mit Zwischenfrucht-Hanf von landwirtschaftlichen Partnerbetrieben an Standorten in Mecklenburg-Vorpommern begleitet. Die Flächen im ersten Anbaujahr 2022/2023 befanden sich in der Nähe von Carlstein bei Penzlin und in der Nähe von Kieve bei Röbel. Der Versuchsaufbau entspricht einem On-Farm-Experiment. Das bedeutet, dass – anders als im klassischen Parzellenversuch – nach Aussaat der Praxisflächen das Wachstum von Hanf an vorher ausgewählten Orten beobachtet wird.
Bei der Auswahl der Punkte kamen verschiedene Geodaten zum Einsatz, auf deren Grundlage eine Unterteilung der Flächen hinsichtlich ihrer Standortgüte vorgenommen wurde. Bei der visuellen Sichtung der Daten wurde das Feld in die unterschiedlichen Wachstumszonen schwach, typisch und stark eingeteilt (Abb. 1, S. 29). Auf dem Feld bei Penzlin ergab sich die Möglichkeit, auch die betriebsübliche Zwischenfruchtmischung zu begleiten. Aus der Betrachtung der Felder (Carlstein, Kieve), der unterschiedlichen Zonen (schwach, typisch und stark) sowie den Zwischenfrüchten ergaben sich insgesamt 20 Beobachtungspunkte. Die Messungen wurden an den Punkten jeweils vier Mal wiederholt.
Die Aussaat auf der biologisch bewirtschafteten Fläche in Kieve fand am 22. August 2022 nach der Vorfrucht Inkarnatklee statt. Auf der konventionell bewirtschafteten Fläche in Carlstein folgte die Hanfaussaat am 2. September 2022 auf die Vorfrucht Winterweizen. Die gewählte Aussaatstärke lag bei 25 kg/ha. Die ersten Untersuchungen begannen noch vor der Aussaat, als an den Beobachtungspunkten bereits Bodenproben für die Nmin-Analytik gezogen wurden.
Untersucht wurden drei Tiefen (0– 30 cm, 30–60 cm und 60–90 cm). Mit der Aussaat begann die wöchentliche Begleitung der Hanffläche. Erfasst wurden die Bestandsdichte, das Entwicklungsstadium, sowie die Pflanzenhöhe. Wir führten im Laufe der Vegetation drei Mal Erhebungen der Trockenmasse durch, wobei Hanf-Biomasse und Unkraut-Biomasse erfasst wurden. Zeitgleich fanden wiederum Nmin-Beprobungen statt. Das Hanfwachstum endete nach einem Frostereignis am 15. und 16. November 2022. Anfang März wurde die abschließende Nmin-Beprobung durchgeführt, um die Stickstoffmenge im Boden nach dem Winter zu quantifizieren.
Das erwartet Sie weiter im Artikel der Ausgabe 36/2023
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Berufsnachwuchs aus 17 europäischen Ländern verglich im slowakischen Nitra bei der 6. „AgroChallenge“ sein berufliches Können.
Erfolgreich ist die Auswahl des Fachschulzentrums Freiberg-Zug (Sachsen) von der 6. AgroChallenge im August im slowakischen Nitra zurückgekehrt. Das Team, bestehend aus vier Fachschülern und einer Lehrerin, errang in dem Wettkampf die meisten Punkte und somit den ersten Platz für Deutschland.
Insgesamt nahmen 18 Teams aus 17 europäischen Ländern teil. Der Berufswettbewerb steht allen Schulen offen, die Mitglied im Netzwerk „Europea International“ sind. Dem Netzwerk gehören mehr als 500 landwirtschaftliche Fach- und Berufsschulen und 24 nationale Netzwerke an.
In diesem Jahr war die Berufsschule für Veterinärwesen Nitra in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftlichen Universität Nitra und der Organisation „Europea Slovakia“ Ausrichter des Wettbewerbs, der auf eine Idee der luxemburgischen Berufsschule LTA Ettelbruck zurückgeht und 2015 erstmals stattfand.
Das Fachschulzentrum Freiberg-Zug richtete ihn – damals noch unter dem Namen „AgrOlympics“ – 2017 im Rahmen des Sächsischen Landeserntedankfestes in Burgstädt aus.
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Zur Bewältigung der Aufgaben bei der diesjährigen AgroChallenge waren sowohl technisches Geschick und gute Teamarbeit als auch solides Fachwissen in verschiedenen Bereichen gefragt.
In den einzelnen Disziplinen mussten unter anderem der Umgang mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen unter Beweis gestellt, Futter gemischt, Pflanzen und Pflanzenkrankheiten erkannt, Holz gehackt und ein Weidezaun sowie ein Bienenrahmen gebaut werden.
Das Team aus Freiberg-Zug mit Dshamila Bornschier, Lea Schettler, Daniel Sinkwitz, Max Wondratschek und Fachschullehrerin Sabine Beck kam im Lauf des Wettbewerbs immer besser in Fahrt und konnte, nachdem es nach dem ersten Tag noch auf Platz zwei gelegen hatte, am zweiten Tag einen knappen Vorsprung erringen und sich vor den Teams aus Tschechien und Luxemburg den ersten Platz sichern.
„Eine grandiose Leistung“, befand der mitgereiste Schulleiter, Gerd Alscher. Im nächsten Jahr wird die 7. AgroChallenge in Estland, im Jahr 2025 dann in den Niederlanden stattfinden. „Wieder als beruflicher Wettstreit, aber auch als Fest der europäischen Verständigung“, so Gerd Alscher.
Mehr Informationen zur Fachschule: fachschulzentrum-freiberg-zug.de
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