Nachwuchs im Schafstall: Schäfer-Azubi Jessica Unger mit einem Lamm. (c) Karsten Bär

LVG Köllitsch: Wenn der Zuchtleiter den Hut zieht

Das Lehr- und Versuchsgut Köllitsch erhielt für seine Jungböcke ausschließlich Bestnoten. Neben den Körungen und der Zucht, widmet sich das Versuchsgut auch Forschungsvorhaben.

Da gab es nichts auszusetzen: Für die elf Köllitscher Jungböcke hatte Hanno Franke bei der Hofkörung Mitte Januar durchweg nur Anerkennung übrig. Nur ein einziges Mal vergab der Zuchtleiter vom Sächsischen Schaf- und Ziegenzuchtverband (SSZV) die Körnote 7 für ein nicht ganz so perfektes Exterieur – ansonsten „regnete“ es ausschließlich die Noten 8 und 9. Ein Traumergebnis für das Lehr- und Versuchsgut (LVG). Zuchtleiter Franke zog am Ende der Körung buchstäblich den Hut vor Uwe Liebhold, dem Schäfer des Betriebs, um seinen Respekt vor der züchterischen Leistung zu demonstrieren.

Für die Zucht ausgewählt

Die sechs Böcke der Rasse Merinofleischschaf (MFS) und fünf der Rasse Schwarzköpfiges Fleischschaf (SKF) sind zwischen 31. Dezember 2020 und 13. Februar 2021 in Köllitsch auf die Welt gekommen. Sie wurden nach mehreren Auswahlrunden im Verlauf des zurückliegenden Jahres für die Zucht ausgewählt. Nachdem die Vorauswahl der weiblichen Tiere aus der zurückliegenden Lammsaison bereits Anfang November abschließend begutachtet und ins Herdbuch aufgenommen wurde, stellte das LVG nun zu Beginn des neuen Jahres die künftigen Vererber zur Körung vor. Dabei beurteilte Zuchtleiter Franke gemeinsam mit der ehemaligen langjährigen Zuchtleiterin, Dr. Regina Walther, die dem Vorstand des SSZV angehört, die Tiere im Hinblick auf die Korrektheit der Wolle, der Bemuskelung und des Exterieurs nach rassespezifischen Zuchtzielen.

Die sechs gekörten MFS-Böcke werden geschlossen zur Elite nach Kölsa gehen, die nach jetzigem Stand am 30. und 31. März stattfinden wird. Für die SKF-Elite hat Sachsen ein Kontingent von drei Böcken – davon stellt Köllitsch zwei sowie einen weiteren für den Fall der Fälle als Reservetier. Die SKF- und Suffolk-Elite soll am 18. und 19. März im thüringischen Laasdorf stattfinden. Birgit Kurze und Uwe Liebhold hoffen, dass die Züchter auf den Elite-Auktionen ähnlich begeistert sind, wie es Zuchtleiter Hanno Franke bei der Körung war, und die Köllitscher Böcke gute Verkaufsergebnisse erzielen.

Bei der Hofkörung untersuchte Zuchtleiter Hanno Franke  unter anderem die Wolle der Böcke.
Bei der Hofkörung untersuchte Zuchtleiter Hanno Franke unter anderem die Wolle der Böcke. (c) Karsten Bär

Einer von 16 Netzwerkbetrieben

Parallel zum Zuchtgeschehen laufen im Köllitscher Schafbereich auch wieder einige Versuche und Forschungsvorhaben. Neu begonnen hat das auf drei Jahre angelegte Projekt „Tierwohl-Kompetenzzentrum Schaf“ des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen in Zusammenarbeit mit der Justus-Liebig-Universität Gießen und dem FiBL Deutschland, in dem das Lehr- und Versuchsgut einer von bundesweit 16 Netzwerkbetrieben ist. Inhaltlich geht es dabei um den Verzicht auf das Kupieren der Schafschwänze und die Zucht auf Kurzschwänzigkeit.

„Auf dem Gebiet haben wir bereits erste Erfahrungen gesammelt“, erklärt Birgit Kurze, Bereichsleiterin Schafe und Schweine im LVG. In Eigeninitiative und zunächst ohne wissenschaftliche Begleitung wurden in Köllitsch einige Lämmer nicht kupiert. Es zeigte sich indes, dass die Reproduktionsleistung dieser Tiere zurückging – die Mutterschafe wurden seltener trächtig, weil der Vorgang des Deckens erschwert wird.

Dieser Umstand und nicht zuletzt auch hygienische Probleme, die bei Tieren mit ungekürztem Schwanz auftreten, sind der Grund für die seit Jahrhunderten von Schäfer geübte Praxis des Kupierens. Allerdings wird sie mit der fortschreitenden Diskussion um das Tierwohl zunehmend infrage gestellt. Im Projekt wird es darum gehen, durch welche Anpassungen der Haltung – etwa durch regelmäßiges Ausscheren des Schwanzbereichs – oder der Fütterung die genannten Probleme bei „Langschwänzen“ vermieden werden können.

Auch die Zucht auf Kurzschwänzigkeit wird eine Rolle spielen. Tiere mit kurzen Schwänzen gibt es durchaus. Die Frage sei, ob dieses Merkmal vererbt werde, so Schäfer Liebhold. Und falls ja, ob dies andere züchterisch wichtige Merkmale beeinflusse, ergänzt Birgit Kurze. Die konkreten Handlungsanweisungen seitens der Projektleitung stehen bislang allerdings noch aus. Fest steht, dass das LVG 50 weibliche Tiere nicht kupieren wird. Der Betrieb will dies auf die Rasse Schwarzköpfiges Fleischschaf beschränken, um bei den Merinofleischschafen, die als bedrohte Rasse gelten, nicht den Reproduktionserfolg zu gefährden.

LVG Köllitsch Jungböcke , Mit Bestnoten gekört wurden außer sechs Merinofleischschafböcken auch diese fünf Böcke der Rasse Schwarzköpfiges Fleischschaf. Zwei davon gehen zur Elite-Auktion nach Laasdorf.
Mit Bestnoten gekört wurden außer sechs Merinofleischschafböcken auch diese fünf Böcke der Rasse Schwarzköpfiges Fleischschaf. Zwei davon gehen zur Elite-Auktion nach Laasdorf.

Lammzeit in vollem Gange

Neben diesem laufen in diesem Jahr weitere drei Projekte im Schafbereich des LVG. Zwei davon befassen sich mit digitalen Lösungen für den Herdenschutz, zum einen mithilfe eines Bewegungstrackers, zum anderen mithilfe von akustischen Signalen. In einem weiteren Vorhaben geht es um die Erzeugung feinster Merinowolle mit Schafen aus England. Der Start dieses Projektes steht noch aus.



Im Schafstall ist derweil wie immer in den ersten Wochen des Jahres die Lammzeit in vollem Gange. Über die Hälfte der Mutterschafe aus den Zuchtanpaarungen hat bereits gelammt. Bis Mitte Februar wird der Nachwuchs aus der ersten Anpaarungsrunde im vergangenen Spätsommer komplett auf der Welt sein. Dann folgen bis in den April die Kreuzungslämmer aus der zweiten Anpaarungsrunde.

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