Spargel: Fresstests unter Folie

6 Köderstreifen stecken in jedem Damm . (c) Sabine Rübensaat

Landesweit gedeiht auf fast 5.000 Hektar Spargel, der größte Teil abgedeckt. Das Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau in Brandenburg (IGZ) befasst sich mit den Auswirkungen auf den Boden.

Von Julian Delbrügge, Koordinierungsstelle forschungsbasiertes Versuchswesen

Mit über 22.000 t stellt Spargel aus Brandenburg 17 Prozent der deutschen Gesamtproduktion. Nur Niedersachsen liefert mehr. Eine frühere Ernte und eine bessere Wachstumsregulierung sind nur zwei Gründe für den Einsatz von Folien – meist auf den Spargeldämmen. Diese landwirtschaftliche Praxis geriet teilweise in die Kritik. So besteht die Annahme, Folien könnten das Bodenleben im Spargeldamm negativ beeinflussen, also die Entwicklung von Bakterien, Pilzen und Kleinstlebewesen behindern oder gar unterbinden.

Forschungsversuch in Gewächshäusern, Klimakammern und auf Freilandflächen

Um diese Frage zu klären, startete das Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) im März 2020 einen Forschungsversuch, finanziert durch Mittel des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK). Die Koordinierungsstelle für forschungsbasiertes Versuchswesen mit Sitz im Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung (ILU) in Bad Belzig unterstützt die Untersuchung unter anderem durch Transfermaßnahmen in die landwirtschaftliche Praxis.

In Gewächshäusern, Klimakammern und auf Freilandflächen auf dem IGZ-Gelände in und um Großbeeren geht es vor allem um Grundlagenforschung, um die ökologische und wirtschaftliche Gartenbauproduktion weiter zu entwickeln. Dabei geht es um komplexe Wechselwirkungen auf molekularer Basis, aber auch um Greifbareres.

Springschwänze zählen

Greifbar wie der Boden und das Leben darin. Die Leiterin der Arbeitsgruppe „Anbausysteme Feld“, Dr. agr. Carmen Feller, und ihre Kollegin Dr. agr. Roxana Djalali Farahani-Kofoet forschen seit vielen Jahren an und über den Spargel. Für das aktuelle Forschungsprojekt blicken die beiden Agrarwissenschaftlerinnen diesmal weniger auf die Pflanze selbst, sondern auf das, was sich im Boden um sie herum tummelt.

Sie wollen herausfinden, wie fidel das Bodenleben in den Spargeldämmen ist, trotz Folie. „Eigentlich deutet einiges darauf hin, dass das Leben unter der Folie eher begünstigt wird“, wagte Carmen Feller im Herbst 2020 einen ersten Ausblick. Aktuelle Ergebnisse bestätigen die Annahme.

Während sich die Konzentration von Pilzen, Bakterien und Protozoen (Urtierchen), aber auch generell Nährstoffen im Boden vergleichsweise schnell erfassen lässt, kostet es Zeit, den Kleinsttierchen auf die Spur zu kommen. Zwar kommen Tiere wie Springschwänze, Milben und Enchyträen (Borstenwürmer) in enormen Mengen im Boden vor. Doch sind sie eben auch sehr klein, was deren Nachweis deutlich erschwert.

Ganz praktisch gesprochen: Tiere, die nur wenige Millimeter groß sind, lassen sich schwer zählen. Doch im Grunde müssen die Wissenschaftlerinnen genau das. Eine erste Idee, Erde in festgelegten Mengen den Dämmen zu entnehmen und die winzigen Insekten herauszusammeln, verwarfen die beiden. „Die Tiere dort herauszufiltern, ist zu aufwendig und zeitlich kaum zu schaffen“, erklärt Roxana Djalali Farahani-Kofoet, die durchführende Wissenschaftlerin in diesem Projekt.

Deshalb wählten die zwei eine andere Methode: den „Bait-Lamina-Test“, die Köderstreifen-Methode. Die Köderstreifen sollen die Nahrungsaufnahmeaktivität von Bodenorganismen nachweisen und auswertbar machen. Die etwa 20 cm langen Kunststoffstreifen sind mit 16 Löchern versehen. Diese Perforierung ist mit einem breiigen Nährsubstrat gefüllt, quasi dem Leckerbissen für Springschwänze und Co. So soll deren Fressaktivität gemessen werden.


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Schwarz, weiß und ohne

Für den eigentlichen Feldversuch bedeutet das: Auf einem 1.500 m2 großen Feld wird der Einfluss von Folien auf das Bodenleben untersucht. Der Familienbetrieb Hoffmann, der das Spargelgut Diedersdorf in der Nachbarschaft des IGZ betreibt, unterstützt den Versuch mit dem erforderlichen Einsatz von Technik.

Auch um die Bearbeitung des Feldes kümmert sich Familie Hoffmann. Diese technische Unterstützung ist Carmen Feller wichtig: „Über diesen Kontakt bin ich sehr froh. Sonst wäre ein solcher Versuch kaum möglich.“ Auch für Marc Hoffmann, Mitinhaber des Betriebes Diedersdorf, macht die Zusammenarbeit mit dem Institut Sinn: „Wir arbeiten schon jahrelang zusammen. Wir haben die passende Technik und Erfahrung. Gleichzeitig vergrößern wir unser Wissen durch die Zusammenarbeit mit dem IGZ und stärken unser Netzwerk.“ Praxisnahe Forschung ist eben bestenfalls auch direkt in der Praxis verortet.

Es wurden drei Sorten Spargel gesetzt. Ein etwa drei Meter breiter Streifen quer zum Feld blieb unbepflanzt: Hier sitzen in neun Dämmen die Köderstreifen. Die Dämme unterscheiden sich dadurch, dass sie die Monate zuvor mit schwarzer oder weißer Folie bedeckt waren, beziehungsweise die Folien komplett weggelassen wurden. Pro Damm versenkten die Wissenschaftlerinnen 16 Köderstreifen auf 30 cm2 Fläche in den Oberboden, direkt unterhalb des Dammes. Anhand der Zahl der ausgefressenen Löcher lassen sich Rückschlüsse auf die Menge an Bodenlebewesen ziehen.

Spargeldamm: Unter folien mehr los

In diesem Frühjahr ergab eine Auswertung der Köderstreifen, die von Anfang September bis Anfang November 2020 in den Dämmen lagen, ein erstes Bild. Demnach ist die Fraßaktivität der Bodenlebewesen unter den Folien sichtbar höher als auf den unbedeckten Flächen. Bei dem untersuchten Zeitraum handele es sich zwar nicht um den der Folienbedeckung bis zur Ernte, gibt Carmen Feller eine erste Einschätzung. Aber sie erkennt hier ein erstes Indiz dafür, dass sich die Folienbedeckung nicht negativ auf das Bodenleben auswirke, eher im Gegenteil.

In diesem Jahr brachten die Forscherinnen in fünf Betrieben in Brandenburg sowie auf der IGZ-Versuchsfläche weitere Köderstreifen aus. Diese werden eine Spargelsaison lang unter der Folie bleiben. Außerdem werden Tunnelanlagen in den Betrieben einbezogen. Die Auswertung der diesjährigen Ergebnisse wird voraussichtlich im Juli vorliegen.
Wünschenswert wäre für die beiden Wissenschaftlerinnen, dass der Versuch über drei Jahre durchgeführt würde: „Dann können wir mit umfangreicheren Ergebnissen rechnen, die aussagekräftiger sein werden“, so Carmen Feller.

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