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Von der Politik enttäuscht und ohne Heimat

Symbolbild (c) IMAGO / Mika Volkmann
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Landwirte fühlen sich lange schon politisch heimatlos. Das zeigen auch die aktuellen Umfrageergebnisse deutlich. Dabei müssen Landwirtschaft und Gesellschaft in ein neues Gleichgewicht kommen.

Von Ralf Stephan

Politisch heimatlos fühlten sich die Landwirte seit geraumer Zeit, sagte Sachsens Vertreter beim agrarpolitischen Forum der ostdeutschen Bauernverbände. Von den Parteien bemühten sich die einen, eine Heimat zu bieten, andere behaupteten, es zu tun, wieder andere wären es gerne – und die regierenden seien es immer weniger, fasste Präsident Torsten Krawczyk die Stimmungslage, wie er sie wahrnimmt, zusammen.

So ganz falsch kann er damit nicht liegen, zieht man neue Umfragewerte hinzu: Würde nicht am 26. September, sondern jetzt ein neuer Bundestag gewählt werden, müsste die Union aus CDU und CSU auf viele Stimmen aus dem Lager ihrer landwirtschaftlichen Stammwähler verzichten. Nur noch 18 Prozent wollen ihr Kreuz für sie machen, ergab eine Umfrage des Münchener Marktforschungsportals agriExperts. 54 Prozent der Befragten gaben dabei an, 2017 für die Union gestimmt zu haben. Erstmals wäre mit 24 Prozent die FDP stärkste Kraft bei den Bauern. Alle anderen Parteien verlören leicht gegenüber der gleichen Umfrage vor den letzten Bundestagswahlen.

wenn die stimmung kippt

Chefredakteur der Bauernzeitung/Deutschland: Ralf Stephan. 2019
Ralf Stephan, Chefredakteur der Bauernzeitung

Umfragen spiegeln, wie gerade Landwirte oft genug erleben mussten, längst nicht immer die ganze Wirklichkeit wider. Das zeigt sich allein daran, dass schon vor vier Jahren zum gleichen Zeitpunkt nur 37 Prozent der Befragten eine der beiden Unionsparteien wählen wollten. Am Ende taten es – siehe oben – dann doch 54 Prozent.

Und laut Bundeswahlleiter waren es „in echt“ sogar mehr als 60 Prozent. Zudem ist in anderer Hinsicht einzurechnen, dass sich mit kernigen Thesen auf Bauernversammlungen immer gut Sympathiepunkte sammeln lassen. Das ist zwar Balsam für wunde Seelen, hat aber nicht immer Bestand, wenn vor der Stimmabgabe noch einmal in aller Ruhe das Für und Wider abgewogen wird.

Ein Alarmsignal indes dürfte sein, dass im Verlauf der aktuellen Umfrage sehr genau ablesbar war, wie die Stimmung an einem einzigen Tag kippte. Es war der 10. Februar, an dem vielen Unionswählern offenbar der Kragen platzte. An diesem Tag verabschiedete das Bundeskabinett das Insektenschutzpaket. Von da an änderten sich die Umfragewerte.

Dabei dürfte nicht allein eine Rolle gespielt haben, dass der Landwirtschaft weitreichende Auflagen zugemutet werden. Das müsste sie letztendlich hinnehmen, wären sie fachlich begründet und im fairen Miteinander ausgemacht. Das aber gilt für den Insektenschutz in großen Teilen nicht. Auf welche Art und Weise Landwirten hier die Hauptlast für ein gesellschaftliches Problem aufgebürdet wurde, empfinden viele als nicht hinnehmbar.

verlorenes vertrauen zurückgewinnen

Bis zum September bleibt den Parteien nicht mehr viel Zeit, enttäuschtes Vertrauen zurückzugewinnen. Ein klares Profil wird dafür nötig sein. Denn auch die Zahl der Unentschlossenen und Nichtwähler ist größer als vor vier Jahren. An Profilschärfe fehlt es den allermeisten Parteien inzwischen nicht mehr, wie das agrarpolitische Forum der ostdeutschen Bauernverbände zeigte.

Allen ist bewusst, dass Landwirtschaft und Gesellschaft in ein neues Gleichgewicht kommen müssen. Doch jede Partei sieht andere Ursachen für die Schieflage. Entsprechend unterschiedlich fallen ihre Konzepte aus. Parteistrategen mögen durchaus Gefallen an schwammigen Positionen finden. Dann könnte es später einfacher sein, Koalitionspartner zu finden. Doch Wählerinnen und Wähler wollen wissen, woran sie sind. Und das rechtzeitig.

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