Deutsches Sattelschwein (abgebildet) und Leicoma werden erhalten durch neue Züchtungskonzepte und spezielle Vermarktungswege. (c) Sabine Rübensaat

Biodiversität bei Nutztieren

Um heimische Schweinerassen zu erhalten, müssen Züchtung, Haltung und Vermarktung gut ineinandergreifen.

Von Svenja Reich, Katja Menzer, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Aufgrund der heutigen Marktanforderungen ist die genetische Vielfalt zwischen, aber auch innerhalb der in Deutschland wirtschaftlich genutzten Schweinerassen deutlich eingeschränkt.

Um über den Wert und die Möglichkeiten des Erhalts der Biodiversität einheimischer Schweinerassen zu informieren, fand Ende Mai im Rahmen des bundesweiten Netzwerkes Fokus Tierwohl eine Informationsveranstaltung zum Thema „Erhalt der Biodiversität durch Züchtung, Haltung und Vermarktung bedrohter heimischer Schweinerassen“ statt. Dabei stand die Bedeutung neuer Züchtungskonzepte und spezieller Vermarktungswege im Fokus.

Der Erhalt bedrohter einheimischer Schweinerassen trägt zur genetischen Vielfalt maßgeblich bei. Die Nutzung seltener Rassen unter extensiven Haltungsbedingungen als Alternative zu den konventionell eingesetzten Hochleistungsrassen kommt zudem den Wünschen vieler Verbraucher in Hinblick auf eine naturnahe und tiergerechte Haltung entgegen. Die Teilnehmerzahl von rund 60 interessierten Personen zeigte, dass das etwas außergewöhnliche Thema sowohl bei Fachleuten als auch bei Praktikern Anklang findet.

Neue Züchtungskonzepte

Einstieg in dieses Thema erhielten Interessierte durch den Vortrag von Hans Faber (German Genetic). In Kooperation mit dem Schweinezuchtverband Baden-Württemberg e. V. und der Landesanstalt für Schweinezucht Boxberg läuft derzeit unter der Leitung von German Genetic ein EIP-Projekt mit der Zielsetzung, ein neues Züchtungskonzept für einheimische bedrohte Schweinerassen zu entwickeln. Dies soll über die Weiterentwicklung der Leistungsprüfung und die Erweiterung der Zuchtwertschätzung der Rassen Deutsche Landrasse und Deutsches Edelschwein realisiert werden.

Der Fokus wird dabei auf den Maternal-Faktor gesetzt. Dieser soll die Sauen nicht darin verbessern, „höher, schneller, weiter“ in den Wurfgrößen und abgesetzten Ferkeln zu sein, sondern es soll verstärkt auf das Merkmal Mütterlichkeit gezüchtet werden. Durch den Umbau im Abferkelbereich und die in Zukunft gesetzlich vorgeschriebene maximale Fixierdauer im Kastenstand von fünf Tagen um die Geburt müssen Sauen ein ruhiges, mütterlich umsichtiges Verhalten zeigen. Um die Saugferkelverluste so gering wie möglich halten zu können, müssen die Würfe ein ausgeglichenes individuelles Geburtsgewicht haben und die Ferkel gesund und vital sein. Diese Faktoren sollen über gezielte Züchtung erreicht werden.

Deutsches Sattelschwein: regionale vermakktung als erfolgsrezept

Durch den Beitrag von Dr. Thomas Paulke (Landesamt für ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg) zur Fleischbeschaffenheit des Deutschen Sattelschweins bekamen die Teilnehmer einen Einblick in die rassespezifischen Besonderheiten. Die Mastdauer ist durch das langsame Wachstum der Tiere deutlich länger als bei konventionell genutzten Schweinerassen, woraus eine stärkere Fetteinlagerung resultiert. Eine deutliche Marmorierung des Fleisches bringt geschmackliche Vorteile in Bezug auf Zartheit, Saftigkeit und Aroma. Der geringe Muskelfleischanteil und die große Fettauflage machen die konventionelle Vermarktung aber unrentabel.

Nischen müssen gefunden und entwickelt werden, um insbesondere den hohen Fettgehalt des Sattelschweins ökonomisch zu vermarkten. Ganz nach dem Motto „Erhalten durch Aufessen“ zeigte dann direkt im Anschluss auch Dr. Manfred Golze (ehemals Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Sachsen), dass es im Vorfeld notwendig ist, die Vermarktung der Produkte sicherzustellen, um alte heimische Schweinerassen langfristig zu erhalten. Der Konsument schaut auf Regionalität. Daher sei es wichtig, für das besondere Fleisch eine wiedererkennbare Marke zu erzeugen.

Die Bedeutung regionaler Vermarktungswege ist bei diesem Thema zentral. Über die überregionalen Schlachthöfe lässt sich das Fleisch bedrohter Schweinerassen wegen der Abweichung von der Norm nicht verwerten. Regionale Schlachter und Fleischer stellen daher für Tierhalter seltener Schweinerassen das Erfolgsrezept dar.

Rasse Leicoma – Erhalten durch Aufessen

Diesen Weg ist auch Wouter Uwland (Raunitzer Agrar UG) gegangen. Er leistet mit seinem Bestand von 80 Sauen einen maßgeblichen Beitrag zur Erhaltung der gefährdeten Rasse Leicoma.

Im Angesicht der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest hat Uwland in Bremerhaven einen zweiten Standort mit zehn Sauen aufgebaut, um die Genetik dieser Rasse zu schützen. In Zusammenarbeit mit einem Fleischer aus Leipzig vermarktet er das Fleisch seiner Schweine als regionales Qualitätsprodukt.

Durch einen hohen intramuskulären Fettgehalt bringt das Fleisch dieser Rasse Vorteile in der Vermarktung. Durch Wouter Uwlands Praxisbericht wurden die im Vorfeld theoretisch beschriebenen Ansätze der Referenten zusammengefasst und die Umsetzung eines erfolgreichen Vermarktungskonzeptes für eine bedrohte Schweinerasse aufgezeigt.

Informationen zu weiteren Veranstaltungen vom Netzwerk Fokus Tierwohl unter:
www.fokus-tierwohl.de/de

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