Fühlen sich sauwohl: Die Leicoma-Schweine in der Stallanlage der Raunitzer Agrar UG (c) Detlef Finger

Glücksfall für das Leicoma

Mit seinem Schweinezuchtbetrieb, der Raunitzer Agrar UG, und dem Direktvermarkten des Fleisches der Tiere trägt Wouter Uwland maßgeblich zur Erhaltung der bedrohten DDR-Rasse Leicoma bei.

Ein Artikel in der Bauernzeitung im Jahr 2014 machte Wouter Uwland erstmals hellhörig. Berichtet wurde über die rückläufige Bestandsentwicklung der in der DDR gezüchteten Schweinerasse Leicoma. Deren Name setzt sich aus den Anfangssilben der früheren DDR-Bezirke Leipzig, Cottbus und Magdeburg zusammen. Doch der gebürtige Niederländer war damals „noch nicht so weit“, wie er heute zurückblickend erzählt.

Seit 2012 in Gimritz

Der inzwischen 37-jährige Landwirt kam 2012 zusammen mit seiner Frau Caroline nach Sachsen-Anhalt und wurde in Gimritz bei Halle ansässig. Er übernahm in dem Ort im Saalekreis eine ehemalige DDR-Schweineanlage und begann zunächst mit der Haltung von Hybridschweinerassen.

Auf einer Tagung im Jahr 2018, zu der das Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten Anhalt nach Bornum bei Zerbst eingeladen hatte, fällte Wouter Uwland dann eine Entscheidung, die heute als Glücksfall für das Leicoma bezeichnet werden kann. Die dortige Agrargenossenschaft war die letzte verbliebene Zuchtstätte für das bereits seit 2011 als vom Aussterben bedrohte Nutztierrasse eingestufte Leicoma. Den Antrag hierzu hatte das Land Sachsen-Anhalt gemeinsam mit dem damaligen Mitteldeutschen Schweinezuchtverband gestellt. 2018 wollten die Bornumer ihren Zuchtbestand auflösen.

Wouter Uwland übernahm damals sechs der 20 Herdbuchsauen der Genossenschaft und führte die Zucht in seinem Betrieb, der Raunitzer Agrar UG, weiter. Dieser ist nach dem Namen der früheren Ortslage von Gimritz benannt. „Aktuell habe ich rund 280 Sauen, darunter 80 Leicoma und davon 50 bis 55 im Herdbuch“, sagt er. Letzteres führt der Hybridschweinezuchtverband Nord/Ost in Malchin (Mecklenburg-Vorpommern). Der HSZV nahm 2018 als einziger Zuchtverband das Leicoma in sein Programm auf. Uwlands Tierbestand ist die größte verbliebene Leicoma-Zucht.

Reservetiere wegen ASP

Aus Gründen der Sicherheit, vor allem wegen der Gefahr durch die Afrikanische Schweinepest (ASP), stehen etwa 20 weibliche Herdbuchtiere als Reservepopulation auf einem befreundeten Milchviehbetrieb im niedersächsischen Nordenham bei Bremen. Zudem halten einige Partner zwischen ein bis drei Sauen.

Auf der Eberstation des Besamungsvereins Neustadt a. d. Aisch in Malchin stehen neben Vertretern anderer Rassen auch vier Leicoma-Eber von Wouter Uwland. Von diesen stammt das Sperma für die künstliche Besamung der Sauen in seinem Betrieb. Zwei weitere Eber hält der Landwirt vor Ort in Gimritz.

Von der Besamung bis zur Schlachtung

Planung und Durchführung der Zucht auf dem heimischen Hof liegen seit etwa neun Jahren in den Händen von Mandy Nagel. Die 35-jährige Quereinsteigerin, die ebenfalls in dem Dorf zu Hause ist, eignete sich die dazu erforderliche Fach- und Sachkunde über Selbststudium und Seminare an.

Intervallmäßig würden etwa 20 bis 23 Sauen künstlich besamt, erklärt die Anlagenleiterin. Bei einer Wurfgröße von acht bis neun Ferkeln würden pro Durchgang jeweils rund 180 Jungtiere geboren. Die Saugferkel verbleiben etwa vier Wochen bei ihrer Mutter. Dann kommen sie ins Flatdeck, wo sie bis zu einem Gewicht von etwa 35 kg heranwachsen. Als dritte Phase folgt die Mast.

Zum Zeitpunkt der Schlachtung, der nach einer Lebenszeit von 8,5 bis neun Monaten erreicht ist, haben die Tiere etwa 160 bis 180 kg Lebendgewicht. Bei Lieferung an den Schlachthof würden die Leicoma durch die Abrechnungsmaske fallen und mit Preisabzügen bedacht, weiß Wouter Uwland. „Deshalb müssen Absatz und Vermarktung schon bei der Besamung der Sau klar sein“, betont der Landwirt. Etwa 15 Leicoma-Schlachttiere werden wöchentlich an ausgewählte kleinere Fleischereien in der näheren Umgebung verkauft.

Direktvermarktung im Verkaufswagen und „Holland-Laden“

Eine Mitarbeiterinettiketiert Einmachgläser mit Wurst
Eine Mitarbeiterin ettiketiert Einmachgläser
mit Wurst (c) Detlef Finger

Drei bis vier Schweine der Rasse gehen pro Woche zudem in die Direktvermarktung über die eigenen Theken – zum einen im mobilen Verkaufswagen mit kleinem Imbissangebot, vor allem aber im Hofgeschäft in Gimritz, den Caroline Uwland führt. Das Schlachten und Zerlegen der Schweine hierfür erfolgt in Lohnarbeit.

Während der Verkaufswagen schon seit drei Jahren unterwegs ist, besteht der „Holland-Laden“ erst seit Anfang Dezember vorigen Jahres. Etwa 80 Prozent der Angebotspalette sind spezielle niederländische Erzeugnisse, darunter natürlich verschiedene Käsesorten. Die übrigen 20 Prozent sind regionale Produkte.

Zu Letzteren gehören die Fleisch- und Wurstwaren von den eigenen Leicoma. Uwlands schwören auf die besondere Qualität und den Geschmack des Schweinefleischs. Auch die Stammkundschaft hat dessen Vorzüge längst erkannt.

Ministerieller Besuch

Anfang Juni, kurz vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, besuchte Agrarministerin Claudia Dalbert die Raunitzer Agrar UG. Ihr liege das Leicoma am Herzen, sagte die Grünen-Politikerin bei der Begrüßung auf dem Hof. Mit ihr gekommen waren der Umweltsprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Wolfgang Aldag, der selbst zum Kundenstamm des Hofladens gehört, sowie Ortsbürgermeister Jens Kotjatko-Reeb.

Im Hofladen informierte Caroline Uwland (l.) Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert bei deren Betriebsbesuch über die Produktpalette.
Im Hofladen informierte Caroline Uwland (l.) Landwirtschaftsministerin
Claudia Dalbert bei deren Betriebsbesuch über die Produktpalette. (c) Detlef Finger

Die Ministerin zollte der Familie Respekt dafür, in den schwierigen Zeiten der Corona-Pandemie den Start mit dem Hofladen gewagt zu haben: „Das war mutig.“ Zugleich freute sie sich, dass das Geschäft gut läuft, auch weil sich die Menschen auf regional erzeugte Produkte zurückbesinnen und diese wieder mehr wertschätzen. Anerkennend äußerte sich Dalbert zudem, dass der Betrieb der Familie große Verantwortung für das bedrohte Leicoma übernommen habe und wertvolle Arbeit für den Erhalt dieser Rasse leiste.

Leicoma: Unterstützung nötig

Nach ihrer Ansicht brauche es in der neuen EU-Förderperiode eines speziellen Programms für bedrohte Nutztierrassen, auch sollen die Fördersätze etwas höher ausfallen. Wouter Uwland betonte unterdessen, dass der Erhalt alter Rassen über die Wirtschaftlichkeit bei deren Nutzung kommen müsse. Hierin liege noch Potenzial, das gestärkt werden müsse. Die Ministerin nahm von Wouter Uwland abschließend mit auf den Weg, dass der Hybridschweinezuchtverband Nord-Ost wichtiger Berater und Dienstleister für die wenigen verbliebenen Leicoma-Züchter ist und daher stärker von staatlicher Seite unterstützt werden sollte.

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