Große Kuhställe werden in den USA auch querbelüftet. Offene Seitenwände und starke Ventilatoren sorgen für Frischluft. (c) Fritz Fleege

Wenn es wieder so heiß wird für die Milchkühe

Auf dem Fachtag Bau und Technik in Köllitsch stand dieses Jahr Hitzestress bei Milchkühen im Mittelpunkt. Welche technischen Lösungen können auch im Sommer für gutes Stallklima sorgen?

Von Fritz Fleege

Alljährlich werden auf dem Fachtag Bau und Technik im Lehr- und Versuchsgut Köllitsch (Sachsen) aktuelle Themen behandelt und auf der Baulehrschau Exponate gezeigt.

In diesem Jahr stand die Minderung von Wärmebelastung bei Milchkühen im Mittelpunkt. Dieses Thema ist sicherlich den vergangenen drei heißen Jahren geschuldet, wo die Temperaturen deutlich über dem Durchschnitt lagen und der Landwirtschaft große Sorgen bereiteten.
Das betraf auch die Milchviehhaltung. So stiegen in den Sommermonaten in vielen Kuhställen die Temperaturen steil an, was zu Hitzestress bei den Tieren führte. Solche Extreme wirken sich ungünstig auf Gesundheit, Leistung und Wohlbefinden aus.

Hitzestress: Hochleistungskühe brauchen mehr Kühlung

Leider lässt sich in den Ställen nicht alles von heute auf morgen ändern. Doch so manches kann zeitnah abgestellt und beim Neubau generell berücksichtigt werden. Darauf machte mit seinen einleitenden Worten Dr. Uwe Bergfeld vom Landesamt für Umweltschutz, Geologie und Landwirtschaft des Freistaates Sachsen aufmerksam.

So sind für die Kühe ausreichend Aktionsflächen, weiche Liegeflächen, rutschsichere und trockene Laufwege sowie eine verletzungsfreie Stallausrüstung zu garantieren. Für ein optimales Stallklima ist zu sorgen – also eine angemessene Lufttemperatur und -feuchtigkeit sowie geringe Belastung der Luft mit Schadgasen.

Des Weiteren kommt es auf eine gute Beleuchtung und hohe Arbeitssicherheit an. Und schließlich sind auch Kosten und Umweltverträglichkeit zu berücksichtigen. Es ist somit ein breites Spektrum bei der Weiterentwicklung der Haltungssysteme zu bedenken.

Hochleistungskühe haben echtes Wärmeentsorgungsproblem

Die Wärmebelastung für das Milchvieh nimmt nicht nur mit steigenden Temperaturen zu, sondern auch mit steigender Leistung. So kommt eine kleinere Kuh bei einer Jahresproduktion von 5.000 kg Milch auf eine Wärmeerzeugung von 1.000 W. Eine größere Kuh mit einer Milchleistung von 12.000 kg kommt schon auf über 1.500 W und gibt auch mehr Wasserdampf ab.

Hochleistungskühe haben demzufolge ein echtes Wärmeentsorgungsproblem. So schaffen es die Tiere mit ihren natürlichen Mechanismen vor allem an Hitzetagen nicht mehr, die Wärme abzutransportieren. Bei einer Stalltemperatur bis 12 °C ist dies alles unproblematisch, doch im Sommerhalbjahr liegt sie weit darüber. Das ist beim Um- und Neubau der Ställe unbedingt zu berücksichtigen.

Große Ventilatoren direkt unter dem offenen First erhöhen die Luftbewegung und beschleunigen den Luftaustausch im Stall
Große Ventilatoren direkt unter dem offenen First erhöhen die Luftbewegung und beschleunigen den Luftaustausch im Stall. (c) Fritz Fleege

Dachfarbe und -isolation sind entscheidend

Die baulichen Maßnahmen zur Reduzierung von Hitzestress in Milchviehställen standen im Mittelpunkt des Vortrages von Peter Stoetzel, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft.
Er widmete sich dem Thema aus baulicher Sicht, um Ställe mit guter Belüftung zu schaffen und auch die Strahlung von außen vor allem über die Dächer reduzieren zu können.

Er machte darauf aufmerksam, dass Tiere schon im Außenbereich stark unter Hitzestress leiden können. So ermittelte man bei Messungen in Oberbayern zwischen 800 und 900 Stunden im Jahr Lufttemperaturen über 20 °C. Eine geringe Luftbewegung ist ein weiteres Problem.

Viel problematischer sind die Innentemperaturen in herkömmlichen Ställen, die meistens noch höher sind als die Außentemperaturen. Dann kommt noch Strahlungswärme von den umschließenden Bauteilen und der Tiere hinzu. Weil die Belastung in Zukunft noch steigen wird, muss man den sommerlichen Wärmeschutz in Stallgebäuden künftig stärker berücksichtigen als bisher.

Bei niedriger Deckenhöhe ist der  Einbau von Ventilatoren wichtig.
Bei niedriger Deckenhöhe ist der Einbau von Ventilatoren wichtig. (c) Fritz Fleege

Untersuchungen anhand unterschiedlicher Gebäude mit zwei-, drei- oder vierreihiger Aufstallung und gleicher Tierzahlbelegung zeigen, dass die Firstausrichtung bei geringem Wind kaum Einfluss hatte. Der Gebäudetypus – bei längeren Gebäuden ist das Dach flacher und bei breiteren höher – hatte nur wenig Einfluss.

Allerdings schnitt ein zweischaliger Dachausbau mit Holzschalung deutlich besser ab als ein einschaliger mit Ziegeldeckung. Auch Dächer ohne Oberlichter schnitten besser ab. Von Vorteil erwiesen sich Ställe mit offener Trauffassade und weitem Dachüberstand. Die Farbe der Dacheindeckung spielte ebenfalls eine Rolle. Helle Dächer schnitten besser ab. Geringster Hitzestress trat in Gebäuden mit schweren Gründächern und Bewässerung oder hoher Speichermasse mit Stahlbetonbauteilen auf. Großen Einfluss hatte die Fassadenöffnung an der Traufe – je größer, desto besser.

Versuch: Simulation mit Dachazufbauten

In einem Versuch wurden auf einem dreireihigen Stall unterschiedliche Dachaufbauten simuliert. Erheblichen Einfluss hatten die Verschattung (Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung) und die Luftwechselrate (Größe der Luftöffnungen). Einen mittleren Einfluss hatten die Helligkeit der Oberflächen (Absorptionszahl der Dachfläche) und der Gebäudetyp. Nur geringen bzw. keinen Einfluss hatten das Gebäudeluftvolumen (Dachneigung) und die Orientierung (standortabhängig). Als passive Kühlmaßnahmen mit erheblichen Einfluss erwiesen sich die Bewässerung (bei Gründächern) und die Lüftungssteuerung (nur bei Gebäuden mit hoher Speichermasse).

Peter Stoetzel zog folgendes Fazit: Es fehlen für die Kühe validierte Schwellenwerte für den Grad der Hitzebelastung unter Berücksichtigung von Rasse, Körperkondition und Gesundheitsstatus sowie für Lufttemperatur, -geschwindigkeit, -feuchte und Strahlungs-werte.
Die Planung von Stallanlagen wird aufgrund der Hitzestressproblematik anspruchsvoller (lokalklimatische Fragen, Zusammenspiel von aktiven und passiven Maßnahmen). Neben den Baukosten werden die Betriebskosten wichtiger.

Offene Seitenwände und starke Ventilatoren

Thomas Heidenreich, Köllitsch, bestätigte die Aussagen seines Vorredners und ging vor allem auf technische Lösungen zur Minderung der Wärmebelastung ein. So brauchen Hochleistungskühe im Stall bei Außentemperaturen von 22 °C schon hohe Luftraten, damit sich der Stall nur um 3 °C erwärmt. Da werden durchaus 900 bis 1.000 m3 Luft pro Kuh und Stunde gebraucht, um die direkte Wärme abzuführen.

Zusätzlich kann noch über ungedämmte Dächer ein Wärmeeintrag in den Stall von knapp 1.000 W je Kuhplatz hinzukommen. Um die Wärme abzuführen, braucht man eine Lüftungszulage von über 1.000 m³ je Kuh. Deshalb riet Heidenreich, Lichtplatten nur noch auf der Ostseite eines Stalles einzubauen, damit es nicht zu einem erheblicheren Wärmeeintrag kommt.

Für Kühe mit hohen Leistungen braucht man 1,0–1,5 m2 Zu- und Abluftfläche je Tier. Man sollte Ställe bauen, deren Wände komplett offen sind, aber deren flexible Jalousiesysteme die gesamte Stallwand bedecken können. Und man braucht Steuersysteme, die in der Lage sind, auf die Sonneneinstrahlung zu reagieren, um bei Bedarf auch die Liegeboxen zu beschatten.

Hitzestress nicht vermeidbar

Trotzdem wird man Hitzestress nicht vermeiden können. Anzeichen dafür sind erhöhte Atemfrequenz (bis zu 80 Atemzüge je Minute), Reduzierung der Futteraufnahme und Erhöhung der Wasseraufnahme bzw. Erhöhung der Körpertemperatur auf 39 bis 40 °C. Das kann zu einem Abfall der Milchleistung um bis zu 4 kg je Kuh und Tag und zu einem Anstieg der Zellzahl in der Milch führen.

Auch auf die Fruchtbarkeit wirkt sich Hitzestress und hohe Luftfeuchtigkeit mit geringeren Östrusraten und möglichem embryonalen Frühtod ungünstig aus. Beim Auftreten von Hitzestress in den letzten drei Trächtigkeitsmonaten kann es zu geringeren Geburtsgewichten bei den Kälbern, Stoffwechselproblemen bei den Kühen nach der Abkalbung und Milchleistungseinbußen in der Folgelaktation kommen.

Mit kühler Luft steigt die Milchleistung

Viel Frischluft ist für die Kühe  auch beim Fressen wichtig.
Viel Frischluft ist für die Kühe auch beim Fressen wichtig. (c) Fritz Fleege

Heidenreich riet, bereits bei der Stallbauplanung und der Auswahl des Standortes darauf zu achten, dass Hitzestress möglichst vermieden werden kann. So lässt bei breiten Ställen und Querlüftung die Windgeschwindigkeit von der Luv- zur Lee-Seite deutlich nach.

Hindernisse bremsen im Stall die Windgeschwindigkeit erheblich. In vorhandenen Bauten lässt sich so manches besser gestalten. Die Luftbewegung im Stall kann durch entsprechende Ventilatoren beschleunigt werden. Im Aufenthaltsbereich der Kühe, also in den Liegeboxen, sollte die Windgeschwindigkeit 2,5 m/sek. betragen. Dazu sind Ventilatoren über dem Kopfbereich der Kühe beim Fressen und über den Liegeboxen mit ausreichender Wurfleistung anzubringen.

Große Deckenventilatoren drücken die Luft nach unten. Allerdings steigt diese dann ab einer gewissen Breite wieder nach oben. Deshalb sollten diese Lüfter auch mehr über den Liegeboxen der Kühe angeordnet werden, was aber meistens eine doppelte Anzahl an Ventilatoren bedeutet. Strömungsgeschwindigkeiten > 2,5 m im Stall sind entscheidend. Die Steuerung der Ventilatoren erfolgt am einfachsten thermostatisch.

Tunnellüftung empfehlenswert

Als beste Variante schätzt Heidenreich die Tunnellüftung ein. Sie kann in flachen Ställen längs und in breiten quer angeordnet werden. Bei Querbelüftung sollte man bei den Liegeboxen Leitbleche anbringen, damit die Luft zu den Tieren heruntergeleitet wird. In den USA erfolgt dies standardmäßig, aber weil solche Ställe dunkel sind, entsprechen sie hierzulande nicht dem Tierschutz.

Einflussfaktoren auf die Ventilatorauswahl und -anordnung haben neben der Stallform auch die Höhe, Länge und Breite des Gebäudes. Sogar die Lage der Wohnbebauung und die Entfernung zu Biotopen haben Einfluss darauf. Und nicht zuletzt sind der Preis, der Energiebedarf und die Haltbarkeit entscheidende Kriterien. Ein weiterer Schritt zur Kühlung sind Befeuchtungssysteme.

Dazu muss zuerst ausreichend Luft in den Stall geführt werden, damit der Stall durch die Befeuchtung nicht zu nass wird. Die Befeuchtung muss im Intervall laufen, damit der Stall danach wieder austrocknen kann. Durch die Wasserverneblung ist noch ein zusätzlicher Effekt möglich: Die Lufttemperatur sinkt. Die Anlagen sind allerdings teurer und daher nur für Abteile mit Kuhgruppen höchster Leistung effektiv. In den letzten Jahren kam auch wieder Schlauchlüftung zum Einsatz. Deren Vorteile sind eine gleichmäßige Luftströmung und diffuse Verteilung. Sie ist vor allem für Melkstände und auch für Kälberställe geeignet. Derzeit getestet werden belüftete Liegematten und Wasserbetten.

Gute Ventilation in den Ställen bewirkt auf jeden Fall eine höhere Leistung bei den Kühen und damit ein positives finanzielles Ergebnis. „Und wenn alles nicht hilft, müssen wir die Kühe, wie es die Inder mit ihren Wasserbüffeln tun, ins kühle Bad schicken. Das bringt aber hygienische Probleme“, meinte Heidenreich zur Aufmunterung abschießend.