Borchert-Kommission

Umbau der Nutztierhaltung: Länder sind mit im Boot

© Screenshot Frank Hartmann
Überregional
Artikel teilen

Der Umbau der Nutztierhaltung, wie ihn die Borchert-Kommission vorschlägt, findet die Unterstützung der Länderagrarminister. Offen bleibt, wie das alles finanziert werden soll.

Die Agrarminister der Bundesländer halten die vom „Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung“ erarbeiteten Empfehlungen für geeignet, um mit dem Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland beginnen zu können. Das ist das Ergebnis ihrer gestrigen Sonderkonferenz in Berlin, an der neben den Ressortchefs der Länder Bundesministerin Julia Klöckner und der einstige Bundesagrarminister Jochen Borchert teilnahmen. Unter Borcherts Leitung hat das Kompetenznetzwerk „Zielbilder“ samt einem Fahrplan und der möglichen Finanzierung für eine gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung erarbeitet.

Rechtssicherer Fahrplan

Einig waren sich die Minister zudem darin, dass „zügig ein Fahrplan mit konkreten kurz-, mittel- und langfristigen Zielen erarbeitet und rechtssicher verankert“ werden müsse, damit Landwirte Planungssicherheit erhielten. Der Bund wurde aufgefordert, in kurzer Zeit umfassende Erleichterungen vor allem im Bau- und Immissionsschutzrecht zu schaffen, damit bauliche Investitionen in Ställe möglich werden. Anpassen an die geplanten Kriterien des staatlichen Tierwohlkennzeichens wollen die Länder mit dem Bund die Investitionsförderung. 

Milliardenschweres Projekt 

Klöckner sprach nach dem Treffen von einem „wichtigen Signal“. Damit sei zugleich der Weg frei für eine Machbarkeitsstudie. Diese soll bis zur Frühjahrs-AMK 2021 vorgelegt werden und Erkenntnisse zur Finanzierungstrategie für die geplante Tierwohlprämie liefern. Die Borchert-Kommission favorisiert die Einführung einer mengenmäßigen Verbrauchssteuer auf tierische Erzeugnisse. Die soll nun ebenso wie weitere Optionen geprüft werden. Die CDU-Politikerin bezeichnete den angestrebten Umbau der Tierhaltung als „milliardenschweres und langfristiges Projekt, bei dem unsere Landwirte Planungssicherheit brauchen, und zwar über Legislaturperioden hinaus“.

Uneins über Finanzierung  

Das Thüringer Agrarministerium hob auf Anfrage der Bauerzeitung hervor, dass über Parteigrenzen hinweg Einigkeit zu Zielen und Geschwindigkeit des „Transformationsprozesses“ herrsche. Diese Einigkeit müsse hinsichtlich der Finanzierungstrategie aber noch erreicht werden. Die durch den Umbau der Nutztierhaltung induzierten Mehrkosten seien zu 20 % durch Investitionen in Stallanlagen und zu 80 % durch Umstellung der Haltungsverfahren verursacht. Insbesondere zur Finanzierung der steigenden laufenden Produktionskosten bestehe noch Diskussionsbedarf – ob über eine  steuerähnliche Abgabe, einen „Tierwohlcent“ als Aufschlag auf die Verbraucherpreise oder als staatlich finanzierte Förderung. Neben der geeigneten Finanzierung könne die Neuausrichtung der Tierhaltung nur gelingen, wenn sie u.a. durch angepasste förder-, bau- und umweltrechtliche Rahmenbedingungen flankiert würde, hieß es aus Erfurt.

Weitergehende Standards 

Sachsens Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne) und sein Ressort- und Parteikollege aus Brandenburg, Axel Vogel, legten Wert besonders darauf, dass zügig mit dem Umbau der Tierhaltung begonnen wird. Vogel zufolge dürfe Klöckner „keine weitere Zeit verstreichen lassen, damit noch in dieser Legislaturperiode Initiativen zur Umsetzung der Empfehlungen auf den Weg gebracht werden können“. Günther forderte eine „klare Rahmensetzung wie beispielsweise geeignete und langfristig verlässliche Förderungen und weitergehende Umwelt- oder Tierhaltungsstandards“.

Nicht von heute auf morgen umsetzbar

Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) mahnte hingegen, dass die von der Borchert-Kommission erarbeiteten Vorschläge nicht im Handumdrehen umsetzbar seien. Er erinnerte zudem daran, dass sämtliche Regeln, die den Betrieben in Deutschland für mehr Tierwohl auferlegt würden, die Marktbedingungen veränderten. „Wir gewinnen für die Tiere nichts, wenn ganze Branchen unser Land verlassen und sich dort ansiedeln, wo unsere Ansprüche an Lebensmittelsicherheit und Tierwohl nicht gelten“, so Backhaus, der den Bund daher aufforderte, sich aktiv für eine Harmonisierung des Tierschutzrechtes auf europäischer Ebene einzusetzen. fh/AgE