Der Elsterwanderweg führt direkt durch das idyllisch gelegene Gestüt. (c) Silvia Kölbel

Ein Idyll in der Falle

Unzumutbare Zufahrten und Wildschweine, die nicht dezimiert werden, lassen das Weltmeister-Gestüt Bretmühle im Kreis Greiz bald verzweifeln. Der Wunsch an Kommune und Landesbehörden: Endlich mal handeln!

Von Silvia Kölbel

Das Gestüt Bretmühle unweit von Greiz liegt in idyllischer Einzellage: umgeben von Wiesen und Wäldern, nahe an der Weißen Elster. Ein perfekter Ort für die Reit- und Fahrschule von Hanno Strauß und Bettina Winkler – wären da nicht elementare Probleme, die ihnen das Leben schwer machen: Wildschweine zerstörten in manchen Jahren nahezu das gesamte Grünland. Zudem mutet die Zufahrt zum Gestüt abenteuerlich an.

kaputte straßen, hoher wasserstand: schwierige anfahrt zum gestüt

Wer das Gestüt Bretmühle erreichen will, muss zuerst eine Bahnschranke mit einer Klingel passieren. Ist die Schranke geschlossen, heißt es aussteigen und klingeln. Nach einer Weile öffnet sich dann die Schranke. Weiter führt der Weg auf asphaltiertem Untergrund bis zur Kläranlage der Stadt Greiz. Zwei Betonpoller schränken ab da die Fahrbahnbreite ein. Der sich anschließende unbefestigte Feldweg ist nur für Fahrzeuge bis 2,5 t zugelassen.

Hanno Strauß  kommt seit Jahren nicht  gegen die unverschuldeten Probleme an.
Hanno Strauß kommt seit Jahren nicht gegen die unverschuldeten Probleme an. (c) Silvia Kölbel

Ein paar hundert Meter und unzählige Löcher weiter erschließt sich dem Fahrenden der Grund: Die Brücke über die Elster ist reparaturbedürftig, nur eine schmale Fahrspur führt noch über den Fluss. Anschließend leitet der Weg den Besucher durch eine Eisenbahnbrücke. In der Senke ist man der Elster bei hohem Wasserstand bedrohlich nahe. „In der Vergangenheit sind mehrfach Autos im Wasser stecken geblieben und vollgelaufen“, berichtet Hanno Strauß.

Das Gestüt hat zum Glück eine zweite Zufahrt. Diese führt über Gommla durch den Staatsforst, auf einem Betonplattenweg entlang. Aber: „Das ist eine reine Wirtschaftszufahrt. Nur Ver- und Entsorgungsfahrzeuge dürfen diesen Weg benutzen. Der Forst achtet darauf, dass niemand illegal diesen Weg befährt und verteilt auch Bußgeldbescheide. Wenn es schneit, kommt zu uns manchmal wochenlang kein Müllfahrzeug“, berichtet Strauß.

„Wasserwiesen“ und wildschweine: die Tücken im paradies

Auch an anderer Stelle mutet die Bewirtschaftung des Gestüts wie aus einer anderen Welt an. Um die Wiesen auf der anderen Seite des Flusses gegenüber der Hofanlage zu erreichen, muss Strauß mit seinem Traktor entweder bei Niedrigwasser die Elster durchqueren oder fünf Kilometer Umweg fahren. Die in den 1990er-Jahren genau an dieser Stelle gebaute Brücke wurde nur für Radfahrer und Fußgänger errichtet – und nicht, wie ursprünglich geplant, als Wirtschaftsbrücke.

Das Leben im Paradies wartet mit weiteren Tücken auf. Vier der 30 ha Pachtland liegen direkt am Ufer der Weißen Elster und heißen „Wasserwiesen“. Der Name ist Programm. Bei Starkniederschlägen laufen die Flächen voll. Und als ob das nicht schon Kummer genug wäre, ärgern sich Hanno Strauß und Bettina Winkler noch über Schwarzwildrotten. Diese leben völlig unbehelligt am Ufer des Flusses wie in einem Naturschutzreservoir, denn das Gebiet fiel aus der Bejagung: „Der Elsterradweg führt am Fluss und den Wiesen entlang, deshalb ist Jagen verboten“, erklärt Hanno Strauß.

Wildschäden extremen Ausmaßes auf auf dem Grünland. Angeblich steht  Tourismus der Schwarzwildjagd entgegen.
Wildschäden extremen Ausmaßes auf auf dem Grünland. Angeblich steht Tourismus der Schwarzwildjagd entgegen. (c) Silvia Kölbel

nichts bleibt unversucht

Der im Sommerhalbjahr touristisch stark frequentierte Weg quert auch das Gestüt. Dessen Mähweiden sind für die Wildschweine ein Rückzugsort, an dem ihnen keine Gefahr droht. „Die Wildschweine liegen im Sommer am Ufer des Flusses und sonnen sich. Weder Hundebellen noch Rufe oder Klatschen mit den Händen beeindrucken sie“, berichtet der Pferdezüchter.

In manchen Jahren musste er Futter zukaufen, so groß sind die Schäden. Obwohl er den durchschnittlichen Bestand von 30 bis 40 Pferden an seine Flächen angepasst hat. „Ich könnte die Flächen mit einem Elektrozaun vor den Schweinen schützen, müsste aber drei Litzen wesentlich tiefer anbringen, als es für die Pferdeweide notwendig ist. Und das auf einer Strecke von sieben Kilometern. Das würde mich ungefähr 7.000 Euro kosten. Dann müsste ich eine Arbeitskraft einstellen, um den Zaun mit der Motorsense frei von Bewuchs zu halten. Denn mit dem Mulcher könnte ich unter den niedrigen Litzen nicht mehr mähen.“

Es gebe nichts, was er nicht schon versucht hätte, um die Probleme zu lösen. Er holte sämtliche Behördenvertreter an einen Tisch, um sie von einer Bejagung zu überzeugen. Denn aus seiner Sicht gibt es sehr wohl Standorte zur Abgabe von sicheren Schüssen. Alles vergebens. Erst voriges Jahr entschied das Landratsamt, dass es bei einem Bejagungsverbot bleibt.


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zufahrt: wirft kein gutes licht auf den betrieb

Gestüt Bretmühle, Weltmeisterin Bettina Winkler.
Weltmeisterin Bettina Winkler (c) Silvia Kölbel

Auch das Wegeproblem scheint unlösbar. Die Zufahrt zum Gestüt gehört der Stadt Greiz. Deren Aktivitäten beschränken sich darauf, den Bauhof von Zeit zu Zeit loszuschicken, um die Löcher zu flicken. Selbst die Hochwasserschäden von 2013 musste Strauß zuerst einmal mit eigenen Mitteln und aus eigenen Kräften ausbessern, damit das Gestüt überhaupt wieder erreichbar war. Bis zu einem Meter tief war der Weg ausgespült. Die Außenwirkung eines solchen Weges sei fatal.

„Wir bilden nicht nur Pferde aus, sondern auch Menschen. Hier finden Lehrgänge statt. Das wirft kein gutes Licht auf unseren Betrieb, wenn die Zufahrt in einem derartig schlechten Zustand ist“, weiß Strauß.

Der erste Eindruck, den Besucher auf der abenteuerlichen Zufahrt gewinnen, will damit so gar nicht zum Erfolg des Gestütes passen. Schon zwei Mal erhielt es vom Agrarministerium den Staatsehrenpreis für Tierzucht. Bettina Winkler ist die erfolgreichste Championatsfahrerin Deutschlands mit insgesamt 13 Siegen mit Deutschen Fahrpferden, Schweren Warmblütern und Deutschen Fahrponys. Außerdem gewann sie drei Mal die Weltmeisterschaften der jungen Fahrpferde in Ungarn. Auch die beste Auszubildende der Pferdewirte des Jahrgangs 2021 lernte ihren Beruf im Gestüt Bretmühle.

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