„Legu Sachsen“: Eine Chance für Hülsenfrüchte
Ein EIP-Agri-Projekt unter Führung des Produktentwicklers Quendt Food Innovation will das regionale Wertschöpfungspotenzial von Leguminosen in Sachsen erschließen.
Noch immer gelten sie hierzulande vor allem als Futtermittel. Doch in Zukunft könnten Leguminosen als heimische Proteinquelle auch für die Humanernährung eine deutlich größere Rolle spielen. „Die Konsumenten verändern sich“, sagt Matthias Quendt. „Sie sind aufgeschlossener, mehr pflanzliche Komponenten in die Ernährung aufzunehmen, und wollen sich gesünder, nachhaltiger und klimabewusster ernähren.“
Das Produktentwicklungsunternehmen, das er mit seiner Frau Heike Quendt führt, greift diese Trends auf und will gemeinsam mit Partnern in einem EIP-Agri-Projekt unter dem Markennamen „Legu Sachsen“ ein innovatives Nahrungsmittelprodukt auf Basis heimischer Leguminosen zur Marktreife führen.
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Angebot für Bäckereien
Als „würzige Minimahlzeiten“ sollen sie eine Alternative für Menschen werden, die sich außer Haus verpflegen. Die gefüllten Backwaren aus Hülsenfrüchten, die die Produktentwicklung der Quendt Food Innovation in Freital konzipiert und kulinarisch optimiert hat, bieten eine vollwertige und gesunde Mahlzeit, wie Quendt betont. Bäckereien sollen sie künftig für den Verkauf selbst backen und befüllen – aus Zutaten, die regional erzeugt und verarbeitet wurden. Das zeigt: Der Ansatz ist durch und durch regional und auf den Mittelstand zugeschnitten. Nicht umsonst heißt das 2020 begonnene Projekt „Aufbau einer regionalen Wertschöpfungskette: Würzige Mini-Leguminosen-Mahlzeiten“.
Beteiligt sind neben Quendt Food Innovation als Lead des EIP-Agri-Projekts unter anderem die Rätze-Mühle in Göda, die Bäckerei Ermer in Bernsdorf, der Bäcker-Fachgroßhandel Bäko Ost eG und die Agrar GmbH Am Stromberg in Gröditz bei Weißenberg.
Leguminosen für den „Teller“ statt nur für den Futtertisch
Der Agrarbetrieb bewirtschaftet 2.000 ha, baut Marktfrüchte an, erzeugt Milch und betreibt eine Biogasanlage. „Leguminosen waren bei uns immer im Anbau“, sagt Geschäftsführer Felix Lieske. Sie seien ein wichtiger Teil des Ackerbaus und Bestandteil der Milchviehfütterung. Hauptsächlich kommen Körnererbsen in die Rationen. Doch auch Ackerbohnen und Lupine waren und sind im Anbau.
Insgesamt wachsen die Hülsenfrüchte für die Milchkühe auf 100 ha. Entsprechend aufgeschlossen zeigte sich der Betrieb daher auch für den Anbau von Leguminosen für die menschliche Ernährung. Zunächst wurden testweise geeignete Sorten gesucht, diese dann anschließend großflächig angebaut. Auf 100 ha wachsen nun auch Erbsen („Astronaute“), Ackerbohnen („Tiffany“) und Blaue Lupine („Bolero“) für den sprichwörtlichen „Teller“ statt nur für den Futtertisch. Bei Grundbodenbearbeitung, Düngung und Pflanzenschutz gibt es keine Unterschiede, allerdings achte man darauf, homogene Bestände zu erreichen, um der Mühle einheitliche Chargen anbieten zu können.
Vielfalt in der Fruchtfolge
„Der Aufwand ist nicht gering“, räumt Felix Lieske ein. Zudem sind Kulturen wie Weizen preislich derzeit sehr attraktiv und noch sei nicht klar, wie später einmal die für den Ernährungsbereich erzeugten Hülsenfrüchte vergütet werden. Im Projekt orientierte sich die Bezahlung an den Matif-Notierungen, die sich aber auf Futterleguminosen beziehen. Für die menschliche Ernährung, meint Lieske, sollte der Rohstoff perspektivisch auch besser bezahlt sein. Dennoch hält er den vom „Legu Sachsen“-Projekt verfolgten Ansatz für richtig. „Ich stehe hinter der Sache“, bekräftigt der Landwirt. Schließlich bieten Leguminosen einen hohen Vorfruchtwert und bringen Vielfalt in die Fruchtfolge. „Leguminosen passen zu Sachsen“, meint auch Matthias Quendt.
Produktentwicklung an den regional verfügbaren Rohstoffen ausrichten
Dass es vorteilhaft wäre, ihren Anbau auszuweiten, ist nur ein Punkt mehr, der für sie spricht. Ansatz des Unternehmens Quendt Food Innovation ist es, die Produktentwicklung an den regional verfügbaren Rohstoffen auszurichten. Denn dies sei eine Voraussetzung für den Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten.
„Legu Sachsen“: Enge Verzahnung nötig
Doch dieser Aufbau ist auch mit einigem Aufwand verbunden. In der zu entwickelnden Wertschöpfungskette müssen die Glieder eng ineinander greifen. Es braucht Landwirte, die Leguminosen für die Weiterverarbeitung als Lebensmittel anbauen, und Mühlen, die sie verarbeiten. Für Letzteres kommen in Anbetracht der vergleichsweise geringen Mengen nur kleine Mühlen infrage.
Um die Versorgung der Bäckereien mit den notwendigen Zutaten sicherzustellen, hat man die Bäko Ost eG als Fachgroßhändler im Boot. Und schließlich müssen auch die Bäcker das neuartige Produkt ins Angebot nehmen. Ein Konsument fragt kein Produkt nach, dass er noch nicht kennt – selbst wenn es ein Bedürfnis erfüllt. Matthias Quendt verweist auf das Beispiel des Smartphones, das vor 15 Jahren niemand kannte, inzwischen aber von fast jedem genutzt wird.
Um die Bäcker als letztes Glied der Kette vor dem Kunden zu erreichen und für das Produkt zu interessieren, arbeitet das Projekt auch mit „Agil“, der neu gegründeten Sächsische Agentur für Regionale Lebensmittel, zusammen. Gesucht werden auch geeignete Unternehmen, die die Füllungen für die Minimahlzeiten zubereiten und abfüllen. Auch hier könnten beispielsweise direktvermarktende Landwirte zum Zug kommen und mit regional erzeugten Zutaten und ihrer Weiterverarbeitung zur Wertschöpfungskette beitragen.
Mit Abschluss des EIP-Agri-Projektes Ende des Jahres soll mit den Minimahlzeiten aus Hülsenfrüchten ein vor der Markteinführung stehendes Produkt vorliegen. Matthias Quendt ist überzeugt: Mit „Legu Sachsen“ biete sich die Chance, vor Ort gemeinsam etwas zu entwickeln, das auf nachhaltige Weise Wertschöpfung schafft.