Jobsharing beim Pflanzenschutz

Die Hacke-Bandspritze-Kombination im Einsatz auf einer in Mulchsaat angelegten Rapsfläche von Landwirt Florian Uherek. (c) Carmen Rudolph

Ein Landwirt in Sachsen-Anhalt möchte gesunden Raps mit wenig Chemie. Die Verbindung von Hacke und Bandspritzung kommt dem entgegen. Ein Test offenbarte Möglichkeiten, aber auch Grenzen des Verfahrens.

Von Wolfgang Rudolph

Der Einsatz moderner Hacktechnik ist Landwirt Florian Uherek sowohl auf den eigenen Flächen als auch bei seiner Tätigkeit als Dienstleister bereits seit einigen Jahren vertraut. In beiden Unternehmensbereichen geht es ihm dabei um die Reduzierung des chemischen Pflanzenschutzes auf das absolut notwendige Level.

Der 32-Jährige ist überzeugt, dass langfristig nur eine umweltschonende, klimaresiliente, auf den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und des Bodenlebens ausgerichtete Betriebsweise einen wirtschaftlich tragfähigen Pflanzenbau gewährleistet. Als Argument verweist Uherek in diesem Zusammenhang auf eine in der Praxis bereits spürbare Wechselwirkung: „Um gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter zu gewinnen, müssen wir als Arbeitgeber attraktiv sein. Und ein maßgeblicher Faktor dabei ist nun mal das Bild der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit“.

Pflanzenschutz: Pilotfarm für neue Konzepte

Der Familienbetrieb bewirtschaftet mit zwei weiteren Mitarbeitern 400 ha in Gröbitz im Burgenlandkreis (Sachsen-Anhalt). Angebaut werden Winterhartweizen, Winterweizen, Winterraps, Zuckerrüben, Mais, Soja, Sonnenblumen und Gerste. Beim Raps setzt der Landwirt auf den Verzweigungseffekt und drillt konsequent mit halber Saatstärke, was zu dem positiven Nebeneffekt führt, dass dementsprechend die Beizmittelmenge ebenfalls halbiert werden kann.

Schwerpunkt bei den Dienstleistungsangeboten ist das komplette Arbeitsspektrum von der Aussaat bis zur Ernte für die Kulturen Körnermais und Soja. Zunehmend nachgefragt werden dabei Einsätze mit der 18-reihigen Hacke von Schmotzer. Die Mitarbeiter und Maschinen der Agrar Service Uherek GmbH sind zwischen dem Erzgebirge und den Ausläufern des Harzes auf Kundenflächen von insgesamt 2.500 ha unterwegs.

Seit Ende 2020 gehört der Landwirtschaftsbetrieb zu den ersten Innovationsfarmen von Corteva Agriscience in Deutschland. Hier will das Agrarchemie- und Saatgutunternehmen nach eigener Aussage Konzepte entwickeln, mit denen sich ökologische, ökonomische und soziale Aspekte heutiger Landwirtschaft in Einklang bringen lassen und Best-Practice-Beispiele für andere Betriebe liefern.

Versuchsfeld mit verschiedenen Rapssorten

Landwirt Florian Uherek
Landwirt Florian Uherek (c) Carmen Rudolph

Auf den Flächen des Gröbitzer Landwirts gehört dazu neben Agroforstsystemen zur Erosionsvorbeugung und Blühstreifen in Zuckerrüben für die Ansiedlung von Nützlingen auch ein Versuchsfeld mit verschiedenen Rapssorten, darunter die neue sklerotiniatolerante Winterrapshybride PT303. Weitere Besonderheit: Die Anlage des 25 ha großen Schlages erfolgte auf 17 ha per Direktsaat und auf 8 ha per Mulchsaat.

In dem Direktsaatbereich wurde zudem vor der Ernte der Vorfrucht Winterhartweizen als Zwischenfrucht und Begleitsaat zum nachfolgenden Raps Kleesaat eingestreut. Der Klee bindet Nährstoffe, sorgt für durchgehende Bodenbedeckung und dient zugleich als Ablenkungsfrucht für schädliche Insekten, insbesondere den in der Region stark verbreiteten Rapserdfloh. „Die Etablierung des Klees gelang nicht hundertprozentig. Beim nächsten Mal müssen wir wohl früher aussäen“, zieht Uherek eine erste Zwischenbilanz.

Wegen der Untersaat und weil die Bedeckung mit Ernteresten im Mulchsaatbereich ein Durchdringen der Wirkstoffe zur Bodenoberfläche erschwert, aber auch ganz grundsätzlich, um das Bodenleben nicht negativ zu beeinflussen, verzichtete der studierte Landwirt wie üblich auf das Spritzen von Vorauflauf-Herbiziden.

Bodenbewegung ließ Ausfallraps keimen

Auf der Mulchsaatfläche der Pilotfarm in Gröbitz organisierte Corteva Anfang Oktober eine Vorführung für Landwirte aus der Region und Fachjournalisten. Gezeigt wurde der Einsatz von Schmotzer-Hacktechnik der neuesten Generation bei gleichzeitiger Bandspritzung. „Die Kombination von gezielter Herbizidbehandlung der Pflanzenreihen mit einem blattaktiven Spritzmittel wie dem neu zugelassenen Belkar und dem Hacken der Zwischenräume ermöglicht die Reduzierung des Mitteleinsatzes auf bis zu einem Drittel der sonst üblichen Menge“, sagt Dr. Torsten Hentsch von Corteva. Außerdem profitiere die Kultur von den Vorteilen der mechanischen Unkrautbekämpfung wie der Durchlüftung des Oberbodens und einer Unterbrechung des kapillaren Wasseraufstiegs.

Rapsreihen sind in vielen Bereichen des Versuchsfeldes wegen des dichten Auflaufs allerdings kaum zu erkennen. „Das ist zu einem großen Teil Ausfallraps vom Sommer 2018. Durch den Rüssler hatten die Pflanzen die meisten Körner bereits vor der Ernte verloren“, erläutert Uherek. Nach dem Dreschen des Hartweizens in diesem Jahr habe er die Stoppeln längere Zeit liegen gelassen und auch kein Glyphosat angewendet. Das Drillen des Rapses mit Unterfußdüngung in 45er-Reihenabstand und einer Aussaatstärke von 20 Körnern pro Quadratmeter erfolgte dann am 9. September mit der Einzelkornsämaschine Tempo von Väderstad. Einen Tag zuvor wurde die Fläche mit dem Köckerling-Mulchsaatgrubber Vektor bearbeitet und anschließend mit der Lemken-Kurzscheibenegge Rubin glatt gezogen. Seither gab es für den Pflanzenschutz drei Insektizidanwendungen gegen den Rapserdfloh, aber bis zum Vorführtag keine Behandlung mit Herbizid.

Für eine exakte Reihenführung der Hackmaschine Venterra 2K  sorgt das Kamerasystem MK4 von  Claas
Für eine exakte Reihenführung der Hackmaschine Venterra 2K sorgt das Kamerasystem MK4 von Claas. (c) Carmen Rudolph

„Wie man sieht, ermunterte die leichte Bodenbearbeitung im Zuge der Mulchsaat die vor drei Jahren ausgefallenen Rapskörner massenhaft zum Keimen“, zeigt Uherek in Richtung des ausgeprägten Auflaufs auf dem Versuchsfeld, sowohl in als auch zwischen den gesäten Reihen.

Know-how von zwei Firmen

Als Problemlöser trat am Vorführtag die Maschinenkombination aus Schmotzer-Hackmaschine Venterra 2K mit aufmontierter Bandspritzarmatur und Amazone-Fronttank FT-P 1502 an.

Die Sparte Schmotzer-Hacktechnik gehört seit 2019 zu Amazone und die Venterra 2K ist die erste gemeinsame Neuentwicklung. Das äußert sich zum Einen in dem näher an das Zugfahrzeug herangerückten Rahmen mit einem Durchgang von 90 cm für die mechanische Beseitigung von Spätverunkrautungen etwa im Mais oder in Sonnenblumen.

Die Konstruktion basiert auf den Profilelementen der Amazone-Sämaschine Precea und wurde durch die bei Schmotzer typische Möglichkeit der Linear- und Parallelverschiebung des Rahmens ergänzt. „Damit passen wir uns den Beanspruchungen an, die aus den höheren Anforderungen an Flächenleistung und Arbeitsgeschwindigkeit resultieren“, informiert Philipp Kaufmann von Schmotzer.

Hacken ohne Beschädigung der Kulturpflanzen

Eine markante Neuerung sind außerdem die Parallelogramme für die Aufnahme der Werkzeuge. Jedes der Hackaggregate lässt sich einzeln hydraulisch ausheben, in der neuen Maximalvariante bis auf eine Höhe von 50 cm. Im Zusammenspiel mit automatischer Teilbreitenschaltung, Section Control, ermöglichst dies auch beim Einfahren in das Vorgewende spitz zulaufender Schläge ein Hacken ohne Beschädigung der Kulturpflanzen. Das Kürzel 2K steht für zweifache Klappung, also für die Ausleger rechts und links.

Philipp Kaufmann, Schmotzer Hacktechnik
Philipp Kaufmann, Schmotzer Hacktechnik (c) Carmen Rudolph

Reihengeführt wird die Venterra 2K mittels Kamerasystem MK4 von Claas. Die Software zur Bildauswertung erkennt die Pflanzenreihe nicht nur anhand der Kontrast- und Farbunterschiede, sondern bei sehr dichter Bedeckung auch durch die Höhenunterschiede zwischen Kulturpflanze und bodennahem Unkraut.

Optional können zusätzlich an den Hackaggregaten montierte Parallelogramme Nachlaufwerkzeuge wie Häufelscheibe oder Fingerräder für die Unkrautbeseitigung in der Reihe aufnehmen. Diesen Job übernahm am Vorführtag jedoch das Bandspritzsystem. Die dafür auf der Hacke befestigte Armatur TG mit zwei bis sechs Teilbreiten appliziert je nach Justierung in der Höhe bzw. Drehung des Düsenkopfes Spritzbänder von 15 bis 20 cm auf die Reihen. Sie ist im vorderen Teil des Anbaugerätes und damit außerhalb des Staubbereiches angeordnet, um ein Verkleben der Düsenöffnungen zu vermeiden.

Der autarke Fronttank hat ein Fassungsvermögen von 1.500 l. Hinzu kommt ein Spülwassertank mit einem Volumen von 180 l. Die hydraulisch angetriebene Kolbenmembranpumpe ist für Ausbringmengen von 5 bis 100 l/min bei einem Arbeitsdruck von 2 bis 8 bar ausgelegt.

Pflanzenschutz: Kombination nicht die Lösung für alle Fälle

Die bei der Vorführung eingesetzte Venterra 2K hatte eine Arbeitsbreite von 6,75 m und war für zwölf Reihen im Abstand von 45 cm ausgestattet. An elf der insgesamt 13 Kombiparallelogramme (KPP) sind jeweils drei Messer, an den Außenaggregaten nur zwei Messer verbaut. Durch die Überlappung der 140 mm breiten Messer wird das Unkraut und in diesem Fall auch der Ausfallraps zwischen den Reihen ganzflächig abgeschnitten und an der Oberfläche abgelegt.

Dr. Torsten  Hentsch, Corteva Agriscience
Dr. Torsten Hentsch, Corteva Agriscience (c) Carmen Rudolph

Angestrebt wird eine Bearbeitungstiefe von 1 bis 3 cm. „Es gilt zwar, die Kapillarität zu zerschneiden, aber so wenig Boden wie möglich zu bewegen, um keine neuen Unkrautsamen zum Wachsen anzuregen“, nennt Kaufmann als Arbeitsziel. Neben der Einsparung von Spritzmitteln sieht er einen Vorteil in der Kombination von mechanischer Unkrautbekämpfung und Bandspritze darin, dass die Werkzeuge der Hackmaschine nicht so extrem nah an die Kulturpflanzen herangeführt werden müssen.

Knackpunkte der Kombination

Während ein Mitarbeiter des Gröbitzer Landwirtschaftsbetriebes an dem nasskalten Oktobertag mit dem Traktor die Kombination aus Hacke und Bandspritze GPS-gesteuert und kamerajustiert auf der Mulchsaatfläche entlang der Pflanzenreihen zieht und ein recht ansehnliches Ergebnis abliefert, entspannt sich am Feldrand ein Disput. „Eigentlich ist heute kein günstiges Wetter zum Hacken“, meint Uherek. Er setze die Hacke möglichst bei trocknen Bedingungen ein.

Gut funktioniere es nach seiner Erfahrung auch bei leichtem Bodenfrost. Überhaupt seien die unterschiedlichen Wetteranforderungen beim Hacken und beim Spritzen ein Knackpunkt bei der Kombination beider Verfahren. Kritisch bewertet der Landwirt auch den Umstand, dass das gleichzeitige Hacken und Spritzen entweder die Schlagkraft stark senkt oder eine zweite, aber nur zum Teil ausgelastete Arbeitskraft müsse als Zufahrer für das Mischwasser zum Ansetzen der Spritzbrühe fungieren.

Bandspritzung auch wirksam gegen den Erdfloh?

Als Alternative bringt Kaufmann die Bandspritzung in einem gesonderten Arbeitsgang aber dann mit größerer Arbeitsbreite ins Spiel. Mit der Erweiterung AmaSelect Row in Verbindung mit speziellen SpotFan-Düsen biete beispielsweise Amazone dafür ein entsprechendes System an.

„Bei einer Arbeitsgeschwindigkeit von 8 km/h mit der 6 m breiten Hackmaschine ist eine Flächenleistung von 3,5 bis 4 ha pro Stunde realistisch, wenn keine Arbeitsunterbrechungen für die Tankbefüllungen erfolgen müssen“, rechnet Kaufmann vor. „Das entspricht unseren Erfahrungen“, bestätigt Uherek. Bei 18-reihigem Hacken schaffe man 50 ha am Tag, bei 12 Reihen 30 bis 35 ha.

„Interessant wäre es zu erforschen, welche Wirkung sich im Kampf gegen den Erdfloh durch eine Bandspritzung mit einem zugemischten Insektizid erzielen ließe“, wirft Hentsch ergänzend ein.

Landwirt Uherek rechnet jedenfalls trotz der insgesamt erfolgreich verlaufenden Kombianwendung aus Hacke und Bandspritze zumindest auf der Mulchsaatfläche mit keinem allzu guten Ernteergebnis. „Dazu ist die Pflanzendichte innerhalb der Reihen, bedingt durch die hier ja weiterhin bestehende Mischung aus gesätem und Ausfallraps, einfach zu hoch“, vermutet der Betriebschef.

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