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Von Agrarstruktur bis Tierhaltung

Vertreter von sechs Parteien haben vor der Landtagswahl in MV im Gespräch mit Mitgliedern des Präsidiums des Bauernverbandes MV ihre Positionen zu agrarpolitischen Grundsatzfragen dargelegt.

Von Gerd Rinas

„Wir wollen alle schlauer rausgehen, als wir reingekommen sind“ – Landesbauernpräsident Detlef Kurreck gab am Dienstag voriger Woche in Todendorf die Marschrichtung vor. Welche Positionen nehmen die im Landtag vertretenen Parteien und diejenigen, die die größten Aussichten haben, ins Parlament einzuziehen, zu wichtigen agrarpolitischen Fragen ein? Wer sind die Kandidaten, die bei der Landtagswahl am 26. September für ein Mandat im neuen Landesparlament antreten? Die Mitglieder des Präsidiums des Bauernverbandes MV hatten Parteienvertreter zum Gespräch eingeladen. Zumindest einige der offenen Fragen konnten sie sich nach der mehr als dreistündigen Gesprächsrunde mit den Abgesandten von sechs Parteien – SPD, CDU, AfD, Die Linke, Bündnis ‘90/Die Grünen und FDP – beantworten.

Till Backhaus
Till Backhaus (c) Gerd Rinas

Landtagswahl MV: Kostendeckende Erzeugerpreise

In seiner fünfminütigen Stellungnahme wies Agrar- und Umweltminister Till Backhaus, SPD-Direktkandidat im Wahlkreis Ludwigslust-Parchim I, darauf hin, dass mit der beschlossenen Gemeinsamen EU-Agrarpolitik die Rahmenbedingungen für die nächsten Jahre festgelegt sind. Mit 4,9 Mrd. Euro für die Landwirtschaft und 1,4 Mrd. Euro für den ländlichen Raum stünden erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung. Über die Hälfte davon würden für öffentliche Leistungen, Umwelt- und Klimaschutz, die Sicherung der Artenvielfalt und sauberes Wasser bereitgestellt.

Dirk  Bruhn
Dirk Bruhn (c) Gerd Rinas

Beim Schutz vor der Afrikanischen Schweinepest werde das Land weitere Maßnahmen ergreifen. Allerdings sei hier ebenso der Bund in der Pflicht, betonte der Minister. Bei der Umsetzung der Landesdüngeverordnung warb der Minister dafür, „den Blick nach vorn“ zu richten. Zuletzt hatte er zugesagt, die umstrittenen Messstellen zu überprüfen und zugleich die Betriebe aufgefordert, Daten zu Nährstoffgaben transparent zu machen. Backhaus forderte in Todendorf erneut kostendeckende Erzeugerpreise.

Für Dirk Bruhn, bei der Landtagswahl MV Direktkandidat der Linken im Wahlkreis 13, sind die unzureichenden Erzeugerpreise das Hauptproblem. „Ewiges“ Wachstum sei nicht realistisch, vielmehr müsse der Abstand zwischen Landwirtschaft und Verbrauchern verkürzt werden, meinte der Landwirtschaftsmeister und Absolvent der Rostocker Agrarfakultät, der bis 2017 aktiver Landwirt war.

Ein Beispiel, wohin ungebremster Wachstumsglaube führe, sei für ihn die Brandkatastrophe in der Ferkelaufzuchtanlage Alt Tellin. Bruhn, der auch ehrenamtlicher Bürgermeister in Siedenbrünzow ist, sprach sich dafür aus, die Nutztierhaltung auf 1,5 GV/ha zu begrenzen. Die Versorgung mit Lebensmitteln sei öffentliche Daseinsvorsorge. Zu den aktuellen Erzeugerpreisen sei dies aber nicht realistisch, schätzte Dirk Bruhn ein, der auf der Landesliste der Linken auf Platz 12 steht.

Verbesserung der sozialen Lage von Landwirten

Jens Schulze-Wiehenbrauk
Jens Schulze-Wiehenbrauk (c) Gerd Rinas

AfD-Kandidat Jens Schulze-Wiehenbrauk will sich vor allem für mehr Wertschätzung für die Arbeit der Landwirte einsetzen. Dumpingpreise sieht er ebenfalls als große Gefahr für die Branche. Der Agraringenieur führte bis vor Kurzem ebenfalls einen landwirtschaftlichen Betrieb. Für ihn ist es wichtig, dass Deutschland sich von Nahrungsmittelimporten unabhängig macht. Aus diesem Grund lehnt Schulze-Wiehenbrauk das EU-Mercosur-Abkommen ab. Tierhaltungs-Großanlagen wie in Alt Tellin seien den Anwohnern schon wegen des Transportaufkommens nicht zuzumuten.

Claudia  Schulz
Claudia Schulz (c) Gerd Rinas

Claudia Schulz, agrarpolitische Sprecherin der Grünen in MV, sieht die Tierhaltung im Land schon länger in einer kritischen Situation. Zum umwelt- und tiergerechten Umbau gebe es keine Alternative. „Das Beispiel Alt Tellin habe vor Augen geführt, dass die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung verbessert werden muss“, so Schulz, die als Direktkandidatin ihrer Partei im Wahlkreis Hansestadt Rostock II kandidiert.

Mindestens ebenso dringlich ist laut Schulz die Verbesserung der sozialen Lage der Landwirte. „Wir brauchen eine neue soziale Sicherheit für Landwirte. Dazu müssen wir gegen Dumpingpreise, die Konzentration in der Lebensmittelbranche und unlautere Handesspraktiken vorgehen“, so die Landtagskandidatin, die sich außerdem für ein Agrarstrukturgesetz einsetzen will, „weil nur so landwirtschaftlicher Boden für bodenständige Landwirte“ verfügbar bliebe.

Angesichts immer neuer bedrohlicher Auswirkungen des Klimawandels müsse das Land zudem bei der Renaturierung von entwässerten Mooren „in die Pötte“ kommen. Paludikultur und Wasserrückhalteprogramme seien überfällig.

Landtagswahl MV: Andere wege der finanzierung

Daniel  Bohl
Daniel Bohl (c) Gerd Rinas
Marco  Gemballa
Marco Gemballa (c) Gerd Rinas

Für Daniel Bohl, den Agrarexperten der FDP in MV, haben einheitliche Rahmenbedingungen in der EU einen hohen Stellenwert. „Sie müssen in den Mitgliedsländern eins zu eins umgesetzt werden“, forderte der stellvertretende Vorsitzende der Wariner Landbau eG, der für den Bundestag kandidiert.

Dies gelte auch für die Kennzeichnung von Herkunft und Haltungsbedingungen bei Nutztieren. „Bei Gesetzesvorhaben müssen die wirtschaftlichen Folgen sorgfältig abgeschätzt werden. Die Umsetzung der Düngeverordnung muss transparenter erfolgen“, forderte Bohl. Bei der Überprüfung der umstrittenen Grundwassermessstellen müssen auch außerlandwirtschaftliche Nitrateintragsquellen untersucht werden.

Landwirt Marco Gemballa kündigte für die CDU im Falle des Wahlsiegs an, dass die Düngelandesverordnung und die entsprechende Gebietskulisse überarbeitet werden. „Fragliche Messstellen werden so schnell wie möglich aus dem Messdatennetz herausgenommen. Wir können keine Gebietskulisse ausweisen, die auf fehlerhaften Daten beruht“, so Gemballa, der Mitglied des CDU-Landesvorstands ist.

Notwendig sei zudem ein „deutlicher Schub“ für die Forschung an landeseigenen Agrarinstituten, z. B. für neue Haltungsverfahren und Stallsysteme sowie innovative Instrumente nach dem „Baukastensystem“ im Pflanzenbau. Er zeigte sich skeptisch, dass sich die Artenvielfalt über die Gemeinsame Agrarpolitik sichern lasse. „Wir wollen zu anderen Wegen der Finanzierung kommen“, so der Vorsitzende des Arbeitskreises Landwirtschaft in der CDU MV.

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