2. Märkischer Ausbildertag: Mit Schwung aus der Krise

m Podium: Mario Schwarze, Hannah Lütteken, Andrea Präger, Borjana Dinewa-Zelt, die die Runde souverän moderierte, Gernot Bilke und Sabine Baum. © Heike Mildner

Der Corona-Lockdown traf Berufsschulen, Betriebe und Behörden mit voller Wucht. Auf dem 2. Märkischen Ausbildertag wurden Konsequenzen und Perspektiven erörtert und ein neues Lehr- und Lernformat angeschoben.

Von Heike Mildner

Für den Gastgeber des 2. Märkischen Ausbildertages, das AWO-Reha-Gut Kemlitz, gehört Ausbildung zum Alltag: Heiko Terno, der auch Vorsitzender des Bildungsvereins der Landwirtschaft Brandenburg (BVLB) und Vizepräsident des LBV Brandenburg ist, brachte zum Auftakt das Einmalige der Corona-Situation polemisch auf den Punkt: Nur 1945 sei für drei Monate im Frühjahr die Berufsschule ausgefallen, und das Homeschooling sei denn doch eher eine Art Beschäftigung gewesen.
Und Terno legte gleich noch ein zweites heißes Eisen auf den Tisch: eine Ausbildungsabgabe für Betriebe, die nicht ausbilden. Ausbildung koste Zeit, Kraft und Geld, und da einen Ausgleich über eine Abgabe zu schaffen, werde im Verband gerade erneut diskutiert, so Terno.

Jetzt nicht nachlassen!

Dr. Gernot Bilke, Leiter der Zuständigen Stelle Berufliche Bildung im Landesamt für ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF) nahm in der Diskussionsrunde zum Thema „Wie weiter nach Corona?“ Ternos Bild auf: „War Corona ein Krieg, so haben wir ihn gewonnen“, sagte Bilke und dankte allen, die daran mitgewirkt haben. „Die Botschaft daraus sollte sein: Ja, es war schwierig, aber wir haben es geschafft, wir haben uns adaptiert. Und wenn so etwas wieder auftritt, können wir’s“, so Bilke.

Besonders wichtig sei ihm, dass die Abschlüsse der Corona-Zeit gleichwertig sind. „Wir haben die Anforderungen nicht heruntergeschraubt!“, machte Bilke deutlich. Allerdings rechne er mit Verschiebungen bei den Bestehensquoten, der Anteil der Frustrierten werde steigen, die Anstrengungen aller Beteiligten dürften auch nach Corona nicht nachlassen.

Grund dafür: Auszubildende im dritten Lehrjahr durften weiter zur Berufsschule, alle anderen bekamen Aufgaben, und diese erledigten sie oft nur, wenn der Ausbildungsbetrieb sich engagierte. Teils saßen Azubis in den Büros am Rechner – und auch das hat seine Grenzen, machten die Praktiker deutlich.

Überzeugend vor der Kamera

Während im Saal diskutiert wurde, übten Pascal Klinkmüller (Schlieper Sonnewalde), Hermann Jermis (Milchgut Görlsdorf, v. r.), Wiebke Kullick und Ramon Roy (beide Landwirtschaftsbetrieb Kullick, nicht im Bild), wie sie ausbildungsrelevante Inhalte vor laufender Kamera auf den Punkt bringen.

Angeleitet von Dennis Budin und (l.) und Cornelius Ritter entstanden erste Erklärvideos. Die Medienprofis aus Braunschweig begleiten die Landwirtschafts-YouTuber noch ein halbes Jahr per Videochat.

© Heike Mildner

Corona-Erfahrungen für bessere Ausbildungssituation nutzen

Für sie habe sich kaum etwas geändert, erzählt Hannah Lütteken, Azubi-Absolventin der Agrargenossenschaft Goßmar. Dass die Klasse halbiert wurde und sie nun mit 15 statt mit 30 Azubis das Klassenzimmer teilte, war sogar ein angenehmer Nebeneffekt, der ihrer Meinung nach ruhig beibehalten werden könnte. Das werde nicht passieren, sei leider eine Frage des Ausbildungsschlüssels, bedauert Bilke.

Andere Erfahrungen aus der Corona-Zeit könnten dagegen künftig durchaus für eine bessere Ausbildungssituation sorgen. Mario Schwarze, Hannahs Ausbilder in Goßmar, rät, die digitale Ausstattung der Schulen, Betriebe und Azubis – weiter im Blick zu haben und auch die Schulcloud weiter auszubauen. Sie biete unfassbar viele Möglichkeiten, bestätigt Andrea Präger vom Oberstufenzentrum (OSZ) des Kreises Spree-Neiße, man könne sich beispielsweise Arbeitsaufträge ansehen, Arbeiten für Leistungsstarke und -schwache differenzieren und mehr: ein riesiger Sprung. Als es im März mit Corona losging, hätten nicht einmal alle eine E-Mail-Adresse gehabt, so Präger. Der Wunsch, den Unterricht per Videokonferenz auch künftig online zu stellen, um beispielsweise kranken Azubis eine Teilnahme zu ermöglichen, hält Präger allerdings allein aus Datenschutzgründen für utopisch.

2. Märkischer Ausbildertag: Schulterschluss schaffen

Anja Müller-König (Agrargenossenschaft Goßmar) gab zu bedenken, wie wichtig die persönliche Ansprache ist. „Wir begleiten diese jungen Menschen im Alltag, unterbrochen durch die Berufsschule. Die Kommunikation mit der Berufsschule war eine Katastrophe!“, macht Müller-König deutlich. Sie wünsche sich explizit eine enge Zusammenarbeit mit der Lehrerschaft, um bei Problemen schnell gemeinsam zu agieren.

Ein sofortiger Anruf – beispielsweise wenn Azubis in der Berufsschule fehlen – müsse selbstverständlich sein. Holger Daniel vom Ausbildungsnetzwerk Nord-Ost erinnerte an das früher übliche Pendelheft: Der Lehrer habe einen Vermerk gemacht, abends sei der Betrieb informiert gewesen. „Das hat sich auf die Anwesenheit der Azubis ausgewirkt. Sie wussten: Die reden miteinander!“


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Wer bildet aktuell aus?

Sabine Baum, im Agrarministerium mit dem Thema Ausbildung betraut, habe in acht Wochen am Corona-Bürgertelefon gelernt, darauf zu vertrauen, dass in ihrem eigentlichen Arbeitsbereich alle machen, was gerade am wichtigsten ist. Einer ihrer Arbeitsschwerpunkte sei gerade die Anpassung der Fördermaßnahmen für die überbetriebliche Ausbildung. Die Pflege der Liste mit den aktuellen Ausbildungsbetrieben sei hingegen eigentlich keine ministerielle Aufgabe. Es war kritisiert worden, dass diese Liste nicht auf dem aktuellen Stand sei.

Allerdings ist dabei auch die Eigeninitiative der Ausbildungsbetriebe gefragt: Wer auf www.agrarausbildungsbetriebe.brandenburg.de seinen Betrieb aufruft und Differenzen zur Realität feststellt, kann sich an Meike Mieke vom BVLB wenden, die den 2. Märkischen Ausbildertag vorbereitet hat. In der nächsten Woche stellen wir die Überlegungen zum neuen Lernfelder-Lehrplan für Landwirte vor.

Zusatzausbildung

Ein 80-Stunden-Kurs „Rehabilitationspädagogische Zusatzausbildung“ für Ausbilder findet vom 7. September 2021 bis 18. Januar 2022 dienstags an der Landwirtschaftsschule Oranienburg-Luisenhof.

Infos dazu erteilt Gudrun Glawe, Tel. (0 33 01) 601 70 45.

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