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Umbau der Tierhaltung: Schnellschuss trifft ins Leere

Der gewünschte „Umbau“ der Tierhaltung ist wie erwartet sehr komplex. Der rechtliche Rahmen müsse schnell geschaffen werden, doch bei der Umsetzung es fehlt vor allem an Geld und realistischen Zeithorizonten.

Es kommentiert Frank Hartmann

Baugesetzbuch, Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) oder das wohl komplizierteste Regelwerk, die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft), stehen einem zügigen Vorankommen beim politisch eingeläuteten „Umbau“ der Tierhaltung im Weg. Auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das über einen wirtschaftlich tragfähigen Weiterbetrieb von Biogasanlagen auf Güllebasis mitentscheidet, sollte nicht außer Acht gelassen werden. Erwähnen ließe sich ferner die Düngeverordnung, die Betriebe in roten Gebieten dazu zwingen kann, in Lagerkapazität für Gülle bzw. Gärreste zu investieren.

Umbau der Tierhaltung ist komplex

Aktuell sehen sich Schweinehalter auch noch mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) konfrontiert: Weder lässt sich der weitere Seuchenverlauf abschätzen noch vermag derzeit jemand zu sagen, wann sich die abgestürzten Ferkel- und Schlachtschweinepreise wieder erholen. Diese unvollständige Aufzählung verdeutlicht, wie komplex der gewünschte „Umbau“ der Tierhaltung ist: rechtlich und betriebswirtschaftlich.

Neuer Landesredakteur für Thüringen Frank Hartmann
Es kommentiert: Frank Hartmann, Landesredakteur in Thüringen

Einiges tut sich gerade. Von wenigen Stimmen abgesehen, gilt das Ziel, dass sowohl kleine Tierhaltungen als auch größere weder aufgeben noch ihre Bestände verringern sollen. Die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD haben kürzlich einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die bis 2013 geltende baurechtliche Privilegierung im Außenbereich für große gewerbliche Tierhaltungsanlagen wieder hergestellt würde.

Sehr deutlich forderten die Länderagrarministerinnen und -minister vorige Woche auf ihrer Konferenz, Augenmaß bei der Novelle der TA Luft zu halten. Und: Die Bundesregierung müsse „zügig“ den rechtlichen Rahmen schaffen, damit Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz sowie die „ökonomische Betriebsführung“ einen angemessenen Ausgleich erfahren.

Geld und realistische zeithorizonte

So gut es ist, dass die Fachminister wissen, worauf es ankommt, so unsicher ist es, ob ihre Forderungen überall auf Verständnis stoßen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze etwa fiel bisher nicht als Verfechterin einer gelockerten Stallbaupolitik auf. Von Umweltverbänden, Tierrechtsgruppen oder den von ihnen initiierten Bürgerbewegungen in den Dörfern, ist Unterstützung nicht zu erwarten. Im Gegenteil.

Allein für das Umsetzen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Sauenhaltung müssen im Osten viele Anlagen erweitert werden – sofern der Tierbestand auf dem heutigen Niveau erhalten bleiben soll. Dies verlangt zum Beispiel allein in Thüringen Investitionen von 62 Millionen Euro. Zum Standard gehören hier BImSchG-Verfahren und Umweltverträglichkeitsprüfungen. Mitunter gibt es Landesspezifika wie Filtererlasse.


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Neben Geld braucht es realistische Zeithorizonte. Letztere vor allem dann, wenn es keine einfachen oder beschleunigten Genehmigungsverfahren gibt. Gerade ist das 300 Millionen Euro schwere Stallumbauprogramm des Bundes für die Sauenhaltung angelaufen. Gewerbliche Anlagen können daran nicht teilnehmen. Und für alle anderen gilt: Gefördert wird nur das, was bis Ende 2021 auch verbaut wurde. Mit solchen Schnellschüssen zielt die Agrarpolitik beim Tierwohl ins Leere.