Video/Screenshot (c) Dirk-Henner Wellershof / Bauernzeitung

Brandenburgs Jäger: ASP-Schutzzaun laienhaft aufgestellt

Um Wildschweine abzuhalten, taugen die bislang aufgestellten Schutzzäune gegen ASP im Seuchengebiet überhaupt nicht, kritisiert der Landesjagdverband und fordert: Behörden sollten endlich mit Jägern und Bauern kooperieren.

Von Ralf Stephan

Die Szene in diesem Handyvideo ist eindeutig: Der Jäger fasst den Schutzzaun an, der eigentlich Strom führen sollte. Dann hebt er die Litzen hoch. So hoch, dass ein ausgewachsenes Wildschwein darunter passieren könnte – kein Problem, denn auch die Verankerung im Boden fehlt dem sogenannten Schutzzaun. Der Jäger ist Dirk-Henner Wellershoff, Präsident des Landesjagdverbandes Brandenburg. Das Video, das am Mittwoch in WhatsApp-Gruppen von Jägern und Landwirten die Runde machte, zeigt ihn im Seuchengebiet.

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Video (c) Dirk-Henner Wellershoff

Brandenburgs Jäger VON BEHÖRDEN „DRAMATISCH ENTTÄUSCHT“

Dr. Dirk-Henner Wellershoff, Präsident des Landesjagdverbandes Brandenburg
(c) LJV BB

Im Seuchengebiet in Ostbrandenburg waren Vertreter der Jägerschaft mit Abgesandten der Europäischen Kommission und des Bundeslandwirtschaftsministeriums zusammengetroffen, die sich vor Ort ein Bild von der Seuchenbekämpfung durch die Brandenburger Behörden machten.

Nach den Gesprächen mit den Behörden wollte Wellershoff die Probe aufs Exempel machen und fuhr an den ASP-Schutzzaun. Er überprüfte ihn an neun Stellen auf einer Länge von 20 Kilometern. Sein Fazit: „Nicht ein einziges Mal konnte ich Zaun finden, der Strom führt. Ein Elektrozaun, der so aufgestellt ist, verhindert alles, aber nicht das Auswandern oder das Einwandern von Schwarzwild.“

Er sei von den Behörden „dramatisch enttäuscht“, sagte der Vertreter der Brandenburger Jäger und forderte „sofortige Nachbesserung“. Wellershoff verlangte zudem, endlich mit den Jägern und Landwirten zu kommunizieren, „denn die wissen, wie man Zäune gegen Schwarzwild baut“.

In Kompetenzrangeleien verstrickt

Aus Sicht des Jagdpräsidenten ist es bereits „fünf nach zwölf“. Man habe erlebt, dass der geplante ASP-Schutzzaun an der Oder nicht gebaut worden ist, und erlebe jetzt, wie man sich in Kompetenzrangeleien zwischen Land und Landkreisen verstricke. „Wir brauchen jetzt einen zentralen Krisenstab, der vor Ort koordiniert, durchsetzt und die Maßnahmen kontrolliert.“ Man brauche Politiker vor Ort, die anfangen zu handeln. „Sonst“, so befürchtet Wellershoff, „haben wir den Kampf gegen die Schweinepest verloren.“

Gestörtes Verhältnis zwischen Land und Jägern

Bezeichnend für den schwierigen Umgang zwischen der Landesjägerschaft und der Landesregierung ist, dass erst ein Besuch aus Brüssel nötig ist, um ins Gespräch zu kommen. Der Grund dafür liegt in den seit Monaten schwelenden Auseinandersetzungen um den Wald-Wild-Konflikt. Spätestens seit Mai muss man von einem gestörten Verhältnis reden, von dem aber nicht nur der Landesjagdverband, sondern alle großen Landnutzerverbände betroffen sind. Anfang Mai wurden die Verbänden wiederholt aufgefordert, kurzfristig Stellung zu einem Entwurf für ein neues Landesjagdgesetz zu beziehen.

Die im Forum Natur Brandenburg (FNB) zusammengeschlossenen Verbände der Landnutzer hatten dafür mehr Zeit erbeten, um den Gesetzentwurf mit ihren Mitgliedern diskutieren zu können. Sie werfen dem Landwirtschaftsministerium vor, es wolle das neue Jagdgesetz „durchpeitschen, wo gerade erste Lockerungen der Corona-Eindämmungsmaßnahmen wirksam werden, wo in der Verbandsarbeit ein riesiger Rückstau entstanden ist, der abgearbeitet werden muss“. Die neuerliche Aufforderung werten sie in einem gemeinsamen Schreiben an Minister Axel Vogel (Grüne) als „Affront und eine Kampfansage an uns Landnutzer“.

Schon im März hatten FNB und LJV das Verfahren des Ministeriums für eine neue Biberverordnung kritisiert. Auch hier warfen sie der Behörde fehlende Gesprächsbereitschaft vor. Das dialogorientierte Verfahren laufe dem seit November 2019 im Amt befindlichen Minister vollkommen aus dem Ruder, monierte Wellershoff damals und beklagte, mit mehr Misstrauen gegen die Verbände könne ein Minister nicht starten.