Diese drei Männer haben noch einiges vor mit der Landmolkerei: Hans-Peter Greve, Dr. Friedrich Kirsch und Christian Karp (v. l.). (c) Birgitt Hamm

Landmolkerei Hagenow: Kontrolliert vom Gras bis ins Glas

Sie ist klein, aber fein und seit über 120 Jahren wichtig für die Bauern der Region: zu Besuch bei der Landmolkerei Hagenow.

Von Birgitt Hamm

In den Kaffee gibt es Sahne. 40-prozentig fette und vor allem frische Sahne aus dem eigenen Haus. Das in diesem Fall die Landmolkerei Hagenow ist. Gesellschafter sind Dirk Huhne von der Lahn Freie Milch GmbH in Parchim und die Bauern Hans-Peter Greve und Christian Karp.

Deren Kühe stehen auf Weiden, die gerade einmal 20 Kilometer entfernt sind. Und von denen die Molkereibesitzer ganz genau wissen, wo sie leben, wie sie aufwachsen und was sie zu fressen bekommen. „Kontrolliert vom Gras bis ins Glas“, sagt Geschäftsführer Christian Karp, „das war es, was wir wollten mit der Übernahme der schon seit 1893 bestehenden Molkerei.“

Ein Drittel weniger Kohlendioxid

Täglich verlassen acht Milchtanker die Molkerei, die im Jahr 70 Mio. kg Milch verarbeitet.
Täglich verlassen acht Milchtanker die Molkerei, die im Jahr 70 Mio. kg Milch verarbeitet. (c) Birgitt Hamm

Bis 2015 hatte sie zu Danone gehört, dann hatte das Unternehmen den Standort Hagenow aufgegeben. Schon damals wollten die Bauern aus der Nachbarschaft sie übernehmen, um ihrer guten Milch zu einer höheren Wertschätzung zu verhelfen. Den Zuschlag bekam ein Berliner Milch-Vermarktungsunternehmen, das jedoch nach nicht mal drei Jahren sang- und klanglos in die Pleite ging.

2018 schlug die Stunde der Bauern Greve und Karp. Ihre Beharrlichkeit wurde belohnt. „Wir hatten einen guten Kontakt zu den Mitarbeitern, die wir dann auch alle übernommen haben.“ So konnte die Arbeit kontinuierlich weitergeführt werden.

70 Mio. kg Milch werden heute in der Landmolkerei Hagenow jährlich verarbeitet, etwa die Hälfte davon kommt von den Höfen der beiden Gesellschafter und Geschäftsführer. Die 1.000 Milchkühe von Christian Karp stehen in Kraak, 1.750 Tiere von Hans-Peter Greve in Rodenwalde. „Die kurzen Wege führen dazu“, freut sich Greve, „dass unser Kohlendioxid-Abdruck sehr klein ist, ein Drittel niedriger als in der Branche üblich.“

seit über 120 Jahren wichtig für die Bauern der Region

Vom Melken bis zur Bereitstellung des fertigen Produkts vergehen nicht mehr als 48 Stunden. Die Produktpalette umfasst die Sahne mit 40 % Fett, Magermilch sowie Magermilch-Konzentrat. Acht Lkw bringen sie täglich deutschland- und europaweit an die Verarbeiter, die daraus unter anderem Käse, Butter, Schokolade herstellen.

Die Hagenower Molkerei ist zwar klein, aber seit über 120 Jahren wichtig für die Bauern der Region. Das wollten die „Jungunternehmer“ und sie sind sehr stolz, dass es sie noch immer gibt, dass sie sich auf dem stark umkämpften Milchmarkt behaupten können. „Wir haben hier in Westmecklenburg ein Problem“, sagt Christian Karp. „Wir leben zwar in einer Region mit starker Milchproduktion, doch mit nur wenigen Kunden. Der große Markt ist weit weg.“

Um die Abnehmer zu erreichen, holten sie die LAHH aus Parchim ins Boot, ein Unternehmen mit viel Erfahrung in der Milchvermarktung. „Überrascht waren wir auch davon, wie preisgetrieben der Milchmarkt ist“, ergänzt Hans-Peter Greve. „Ist der Liter nur einen Viertelcent billiger, wird schon der Anbieter gewechselt.“ Das mache es nicht einfacher, das Versprechen fairer Preise an die regionalen Milchbauern zu halten. „Aber wir versuchen es“, so Karp und Greve.


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Kunden in der Region im Blick

Qualitätssiegel der Hagenower Molkerei.
Qualitätssiegel der Hagenower Molkerei (c) Birgitt Hamm

Für ihr Engagement erhielten sie im vergangenen Jahr im Rahmen des Existenzgründerpreises der Rostocker „Ostsee-Zeitung“ den Themenpreis in der Kategorie „Ernährungswirtschaft“, gestiftet vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern.

Als Unternehmer hat sich für die Bauern nicht viel geändert. Nur der Donnerstag in Hagenow ist nun ein fester Termin. Für die täglichen Entscheidungen haben sie einen jungen Direktor eingestellt. Dr. Friedrich Kirsch, frisch von der Uni, hat sich schnell eingearbeitet. Auch dank erfahrener Mitarbeiter. „Da auch die Technik übernommen wurde, ist mit Problemen immer zu rechnen“, sagt er und freut sich, dass er sich so auf seine Leute verlassen kann.

Milch ist für die drei Männer mehr als ein Produkt, das sie vermarkten wollen. Auch zu Hause kommt sie täglich auf den Tisch – ob als Rohmilch zum Frühstück in der Familie Karp, als Joghurt bei Greves oder in Kaffee und Kuchen bei Kirschs. Auch deshalb planen sie jetzt, die Frische ihrer Milch für mehr als das gegenwärtige Sortiment zu nutzen. Und beschäftigen sich intensiv mit der Produktentwicklung. So hartnäckig, wie die Bauern Karp und Greve die Übernahme der Molkerei betrieben, werden sie wohl die regionalen Kunden nicht mehr lange warten lassen auf Käse, Joghurt, Butter, Eis oder richtig gute Sahne direkt aus der Landmolkerei Hagenow.

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