Bauernprotest der Agrargenossenschaft Teichel: „Billig gefährdet unsere Existenz“
Die Agrargenossenschaft Teichel eG, der Praxispartner in Thüringen der Bauernzeitung, berichtet von ihrer Beteiligung an den Bauernprotesten und ihrer Traktor-Fahrt nach Erfuhrt. Was hat sie erlebt und was bewegt sie?
Knapp 42 Kilometer legten die beiden Schlepper der Agrargenossenschaft Teichel am Montagmorgen (8.1) zurück, ehe sie auf dem Juri-Gagarin-Ring in Erfurt zur Schlepperdemo und Kundgebung eintrafen. 45 Traktoren von Betrieben aus dem Saale-Orla-Kreis und dem Kreis Saalfeld-Rudolstadt hatten sich früh ab 5.30 Uhr auf dem Gelände der Agrar eG Teichel gesammelt, um gemeinsam in die Landeshauptstadt zu fahren.
„Die Kollegen aus Knau waren auf dem Weg zu uns von einem spontanen Fahrzeug-Korso in Rudolstadt überrascht worden, schafften es aber noch bis zur Abfahrt um 6.30 Uhr“, berichtet Vorstandschef Dr. Stefan Blöttner. Über Dienstedt, Kranichfeld und Haarberg kam die Kolonne, angeführt von Ackerbauvorstand Eric Engelmann, um 9 Uhr in Erfurt an, wo am Ende fast 2.000 Fahrzeuge aus ganz Thüringen die Innenstadt lahmlegten. Angemeldet worden war die Demo vom Thüringer Bauernverband (TBV).
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Bauernprotest der Agrargenossenschaft Teichel: „Billig gefährdet unsere Existenz“
Dass die Bundesregierung in der vorigen Woche die geplante Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Zugmaschinen und Anhänger rückgängig machte, brachte Blöttner nicht davon ab, mit insgesamt neun Kollegen nach Erfurt zu fahren. Mit zwölf Traktoren – vom MTS bis zum John Deere 8320 R – und rund 50 Anhängern, davon 20 im Ackerbau und allein 15 Wasserwagen als Tränken für die Mutterkühe, wären enormer Aufwand und Kosten auf den Betrieb zugekommen. Dass die Rückerstattung für den Diesel schrittweise in drei Jahren wegfallen soll, sei schmerzhaft. „Uns fehlen dann rund 45.000 Euro im Jahr. Dies allein wäre Grund genug, zu protestieren“, sagt Blöttner.
Im benachteiligten Gebiet mit Tierhaltung wirtschaftend, fahre die Genossenschaft ohnehin „auf Sicht“. Und das seit Jahren. „Unsere Spielräume sind begrenzt. Und das nicht erst, seit wir das Insolvenzverfahren hinter uns gebracht haben.“ Den Wegfall von Beihilfen bei gleichzeitig steigenden Kosten könne man als Landwirt über höhere Produktpreise bekannterweise nicht kompensieren. „Billig gefährdet unsere Existenz. Daher brauchen wir vernünftige Preise.“
Netzausbau in Thüringen auf dem Abstellgleis
Zu den höheren Kosten zählt Blöttner natürlich auch die Löhne, „die in den vergangen zwei Jahren deutlich angestiegen sind. Das ist auch in Ordnung so. Nur unsere Einnahmen steigen nicht“. Die Bereitschaft, sich etwa stärker als bisher schon an der Energiewende zu beteiligen, um davon auch zu profitieren, scheitere am schwachen Netzausbau in Thüringen, kritisiert Blöttner. An dieser Stelle sieht er den ländlichen Raum im Freistaat auf dem Abstellgleis.
Der öffentlichen Kritik am Dieselverbrauch in der Landwirtschaft antwortet Blöttner mit Kopfschütteln: „Ich sehe keine alternativen Antriebe. Unser steiles Gelände kann ich ebenso nicht ändern wie fragwürdige agrarpolitische Entscheidungen zum Pflanzenschutz oder aktuell zur Winterbegrünung. Beides verlangt von uns mehr Überfahrten, am besten mit leistungsstärkeren Maschinen, die nicht weniger Diesel verbrauchen – im Gegenteil.“
Direktzahlungen 2023 kosten Kraft und Nerven
In den letzten Tagen bereiteten Blöttner und seine Mitarbeiter einen Widerspruch gegen den Bescheid über die Direktzahlungen 2023 vor. „Uns droht der Verlust von gut 70.000 Euro, weil wir bei der Ökoregelung zwei den Leguminosenanteil von zehn Prozent knapp verfehlt haben sollen. Wir sehen das anders und wollen jetzt den Nachweis führen, dass wir den geforderten Flächenanteil angebaut haben.“ Das koste Kraft und Nerven und illustriere, mit welchen förderrechtlichen Details die Betriebe und die Verwaltung mittlerweile konfrontiert werden.
Dienstag (9.1.) wollte sich die Agrargenossenschaft eigentlich mit zwei Schleppern an einem weiteren Korso beteiligen. Kollegen aus dem Nachbarbetrieb hatten die Demo angemeldet. Die Tour führte über Königsee, Blankenburg, Rudolstadt, Großkochberg und Teichröda wieder nach Königsee. Doch krankheitsbedingt konnte nur ein Kollege mitfahren.
„Grundsätzlich ist unsere Personaldecke sehr dünn geworden. Wenn jemand gesundheitsbedingt ausfällt, muss ein anderer Kollege den Job machen und dann steht der Protest zwangsläufig hinten an. Die großen Proteste und Demonstrationen in Erfurt und Berlin bringen auch mit sich, dass die Zeit nachgearbeitet werden muss.“
Blöttner weiß nicht, ob man sich mit den Aktionen das wirksame, notwendige Gehör verschafft, um in eine grundsätzliche Diskussion mit der Politik über die Landwirtschaft einzutreten: „Aber nichts zu tun, ist auch keine Lösung.“
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