Fängt es wieder an zu regnen, wird es mit dem optimalen Aussaattermin eng. (c) Gerd Rinas

Agrofarm eG Lüssow: Geduldsspiel um die Gerstenaussaat

Bei der Agrofarm eG Lüssow drehte sich in den vergangenen Wochen alles um die Gerstenaussaat. Eine Grundvoraussetzung ist beständiges Wetter, um die vier Sorten problemlos in den Boden zu bekommen.

Von Gerd Rinas

Endlich! Dienstagmorgen atmete Tom Harnack erst einmal durch: Schon Tage zuvor hatten der Abteilungsleiter Pflanzenproduktion und Fahrer Marko Vossler die Drillmaschine zur Gerstenaussaat vorbereitet. Doch immer wieder musste der Start verschoben werden. 45 Liter Niederschlag am vorvergangenen Wochenende und Regen an den folgenden Tagen machten die Aussaat unmöglich. „Es war einfach zu feucht. Ein nasses Saatbett mag die Gerste gar nicht“, sagt Tom Harnack.

4 sorten für die ausaat

Anders als Weizen oder Triticale verträgt Gerste keine Staunässe und keinen Bodendruck. „Beides tritt auf, wenn das Getreide in nassen, schmierigen Boden kommt“, so Harnack. Um den Acker optimal zu belüften, pflügen die Lüssower die Flächen, die mit Gerste bestellt werden sollen.

Bei Groß Schwiesow und Augustenruh hat Fahrer Olli Möller in den vergangenen Tagen zwei Schläge zweimal feingegrubbert, damit sie nach den Niederschlägen schneller abtrocknen. Seit Dienstag folgt ihm Marko Vossler mit der Drillkombination. Die Horsch Pronto 9 RX aus dem Jahr 2006 ist zwar nicht mehr das neueste Modell, aber gut in Schuss und absolut zuverlässig.

Zur Aussaat kommen vier Sorten auf jeweils 100 ha: Neben der altbewährten Lomerit sind es Sensation, Wallace und Viola. Ein Teil der Gerste wird nach der Ernte im nächsten Sommer in der Agrofarm geschrotet und an das Milchvieh verfüttert, der andere Teil vermarktet. Neben Weizen und Raps ist die Gerste Hauptfrucht und wichtiges Fruchtfolgeglied, auch wenn der Erbsenanbau in diesem Jahr von 50 auf 230 ha ausgedehnt wurde.

Wenn es trocken bleibt, drillt Marko Vossler (r.) bis zu 70 ha Gerste pro Tag.
Wenn es trocken bleibt, drillt Marko Vossler bis zu 70 ha Gerste pro Tag. (c) Gerd Rinas

Wintergerste ist die erste Druschfrucht. Ihr Anbau entzerrt die Arbeitsspitze zur Raps- und Weizenernte. Ebenso mindert der erweiterte Erbsenanbau im Frühjahr den Arbeitsdruck bei der Herbstbestellung“, erläutert Vorsitzender Lars-Peter Loeck. Während der Gerstenernte reicht die Zeit sogar, um das Stroh komplett vom Feld zu räumen. Es wird gepresst und als Futterstroh eingelagert oder als Einstreu für Kälber und Abkalbekühe verwendet.

Hauptsache das wetter hält

In Lüssow kommt ausschließlich zertifiziertes Saatgut zum Einsatz. Nach den Angaben zum Tausendkorngewicht und zur Keimfähigkeit berechnet Tom Harnack die Saatmenge pro Hektar. Marko Vossler gibt den ermittelten Wert in seinen Bordcomputer in der Fahrerkabine ein. Danach wird die Drillmaschine „abgedreht“: Aus dem Saattank werden mehrere Proben entnommen, gewogen und die Einstellungen im Bordcomputer und an der Drillmaschine abgeglichen. Mit der Saatstärke von 275 Körnern/m² haben die Lüssower an ihrem Standort die besten Erfahrungen gemacht.

Bei guten Bedingungen bestellt Marko Vossler am Tag 70 ha mit Gerste. „Hauptsache, das Wetter hält“, sagt der Fahrer und wirft einen besorgten Blick in den Himmel, wo sich an diesem Dienstagvormittag die Sonne hinter grauen Wolken versteckt. Wenn es trocken bleibt, sollte die Gerste bis zum 25. September im Boden sein. Wenn nicht, könnte es mit dem optimalen Aussaattermin eng werden. „Je länger wir für die Aussaat brauchen, um so weniger Zeit bleibt der Gerste, sich zu bestocken. Das könnte sich negativ auf den Ertrag auswirken“, sagt Lars-Peter Loeck.

Insgesamt sind die Bestellarbeiten trotz des wechselhaften Wetters bisher relativ gut vorangekommen. 460 ha Rapssaat waren am 18. August nach sieben Tagen gedrillt. „Wir sind in diesem Jahr frühzeitig losgefahren, das hat uns in die Karten gespielt“, sagt Tom Harnack. Zwischen Rapsbestellung und Gerstenaussaat haben die Lüssower noch 200 ha frühen Weizen der Sorte Opal gedrillt. „Die Pflanzen haben bei der Frühsaat mehr Zeit zu wachsen. Außerdem spart man Saatgut ein: Statt 350 Körnern wie im Oktober kam der Weizen im September mit 250 Körnern pro Quadratmeter in den Boden“, erläutert Harnack.

Nach dem vielen Regen in den vergangenen Tagen lockert Olli Möller mit dem Feingrubber  den Boden vor der Gerstenaussaat auf, damit die Fläche schneller abtrocknet.
Nach dem vielen Regen in den vergangenen Tagen lockert Olli Möller mit dem Feingrubber den Boden vor der Gerstenaussaat auf, damit die Fläche schneller abtrocknet. (c) Gerd Rinas

Harnstoff so teuer wie nie

Nach 400 ha Gerste sind noch 125 ha mit Triticale und 390 ha Winterweizen zu drillen. Parallel dazu steht die Maisernte auf etwa 310 ha an. „Der Mais wird später reif als in den Jahren zuvor. Der viele Niederschlag in den vergangenen Monaten hat die Ernte von Getreide und Raps beeinträchtigt. Für den Mais war der Regen ein Segen“, freut sich Lars-Peter Loeck. Die Bestände sehen sehr gut aus, groß gewachsene Pflanzen und viele, dicke Kolben kündigen eine sehr gute Maisernte an.

Für die Betriebsbilanz in diesem Jahr könnte das durchaus noch ins Gewicht fallen. Die Getreide- und Rapsernte war nur durchschnittlich. Bei der Vermarktung von Gerste und Winterweizen gab nicht der Rohproteingehalt, sondern das Hektolitergewicht den Ausschlag. Wegen der Trockenheit im Juni war dieser Parameter zum Teil unterdurchschnittlich, was Preisabschläge zur Folge hatte. Deshalb sind die im Vergleich zum Vorjahr angestiegenen Getreidepreise für die Landwirte nur ein schwacher Trost. Außerdem gehen gerade die Düngerkosten durch die Decke. „Harnstoff ist so teuer wie nie, trotzdem ist keiner zu bekommen. Wir rechnen mit 150.000 Euro Mehrkosten im Vergleich zu 2020“, lässt Loeck durchblicken.



Und noch etwas ärgert den Vorsitzenden: Vor vierzehn Tagen hat er die Restware Getreide und Raps aus der Ernte in diesem Jahr im Lager für den Verkauf „festgezurrt“: 1.900 t Weizen, 350 t Gerste und 265 t Raps. Was er nicht erwartet hat: Eine Woche später legten die hohen Preise noch einmal zu, allein bei Raps von 55 auf 58,60 €/dt. „Den Anstieg hätten wir natürlich gern mitgenommen“, bekennt Loeck freimütig. Wohlwissend, dass der Markt eine „Blackbox“ ist – nach eigenen Regeln funktioniert und nie bis ins Letzte zu durchschauen ist.

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