Nur ein geringer Teil des in Sachsen erzeugten Schlachtviehs wird auch hier geschlachtet. Symbolbild (c) IMAGO / Gottfried Czepluch

Teures Fleisch und billige Importe

Schnitzel und Bratwurst sollen teurer werden. Was aber bringt das, wenn für Importe nicht die gleichen hohen Standards gelten wie für regional erzeugtes Fleisch? Frankreich will hier mehr Wettbewerbsgleichheit erreichen. Daran sollte Minister Özdemir anknüpfen.

Es kommentiert Ralf Stephan

Sehr unterschiedlich diskutieren zwei große Agrarexportnationen derzeit über Lebensmittel. Hierzulande will Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir in die Preisgestaltung eingreifen, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Zum einen soll dies den Nahrungsmitteln – und ihren Erzeugern – mehr Wertschätzung verschaffen, zum anderen sollen höhere Preise dazu beitragen, Umweltfolgen der Produktion zu verringern.

Wie das im Einzelnen gehen soll, ob sich Einkommensschwächere dann noch Fleisch leisten können und inwieweit damit zu Unrecht unternehmerische Freiheit beschnitten würde, befeuert derzeit heftige Debatten. Eine ganz andere Seite des eigentlich selben Themas rückt Frankreich in den Vordergrund.

stille vertrautheit zwischen Frankreich und deutschland

Chefredakteur der Bauernzeitung/Deutschland: Ralf Stephan. 2019
Ralf Stephan, Chefredakteur der Bauernzeitung (c) Sabine Rübensaat

Waren einzuführen, die außerhalb der Europäischen Union unter niedrigeren Standards produziert worden sind, sei „Unsinn“ und nicht länger akzeptabel. Klare Worte, die Landwirte gern hören dürften. Ausgesprochen hat sie zu Jahresanfang Frankreichs Landwirtschaftsminister Denormandie. Als Beispiel führte er den Einsatz von Antibiotika als Masthilfe an – in der EU lange verboten, bei importiertem Fleisch noch immer nicht. Was der junge Minister sagt, ist derzeit auch für uns mehr von Belang als gewöhnlich, denn Frankreich hat im ersten Halbjahr in Brüssel die Ratspräsidentschaft inne. Das erklärte Ziel des Politikers, der als enger Vertrauter von Präsident Macron gilt: Er möchte französische Werte nach Brüssel tragen.

Den patriotischen Pathos kann man getrost beiseitelassen. Denn in vielen agrarpolitischen Zielen liegen Frankreich und Deutschland nicht weit auseinander. Nicht von ungefähr stimmen sich die beiden großen Bauernverbände, DBV und FNSEA, vor wichtigen EU-Entscheidungen eng miteinander ab. Auch sieht die Regierung in Paris manche Entwicklung bei uns durchaus als vorbildlich an. Offen zugeben würde man dies natürlich nie. Aber der hohe Orden, den Denormandie seiner damaligen Kollegin Klöckner zum Ende der Amtszeit für ihr Engagement im Tierschutz verliehen hat, ließ aufhorchen.

Wettbewersbgleicheit schaffen

Ein Vorstoß bei den Importen sollte daher auch von deutscher Seite auf offene Ohren und tatkräftige Unterstützung stoßen. Denn niedrigere Umwelt- und Sozialstandards bedeuten niedrigere Kosten für die Erzeuger. Den Handel versetzen diese billigeren Waren immer wieder in die Lage, Versuche heimischer Produzenten zu unterlaufen, für ihre hohen Standards auch faire Preise zu erzielen. Letztendlich tragen diese Importe erheblich zum Kostendruck in den heimischen Betrieben bei.

Wer also dafür sorgen will, dass Landwirtinnen und Landwirte betriebswirtschaftlich gesehen ausreichend Luft zum Atmen bekommen, muss an dieser Stelle dringend für Wettbewerbsgleichheit sorgen. Allein das Fleisch teurer zu machen, reicht nicht. Die Exporteure in den Ländern mit niedrigen Standards kämen dann vor Lachen nicht mehr in den Schlaf, und hierzulande würden noch mehr Tierhalter die Stalltore abschließen. Zwar wird auch Frankreich während seiner Ratspräsidentschaft keine Wunder bewirken können. Dass aber ein starker, in vielfacher Hinsicht gleichgesinnter Nachbar sechs Monate lang die Tagesordnungen für die Ministertreffen schreibt, sollte in Berlin als selten gute Gelegenheit verstanden werden.

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