Hackfleisch der Aldi-Eigenmarke Gut Bio (Haltungsform 4, EU-Bio-zertifiziert), daneben Fleisch mit der Haltungsform Nummer 1 (Stallhaltung). (c) IMAGO / Cord

„#Haltungswechsel“: Nach dieser Ansage muss Aldi liefern

Kein Fleisch der ersten Haltungsstufen, dafür mehr der Kategorien 3 und 4 will Aldi künftig anbieten. Ein Weg zu fairen Erzeugerpreisen, oder bleibt Aldi seinem Slogan „Qualität ganz oben, Preis ganz unten“ treu?

Von Ralf Stephan

So ganz überraschend kam die Ankündigung von Aldi nicht, Fleisch seiner Haltungsstufen 1 und 2 schrittweise auszulisten. Denn spätestens seit Lebensmittelketten parallel zu ihrer Unterstützung für die Initiative Tierwohl eigene Haltungskennzeichen einführten, stand dieser Elefant im Raum. Erinnerungen an das Jahr 2010 werden wach. Damals endete die Zeit der Legebatterien in Deutschland – zwei Jahre früher als in der übrigen EU. Während manche unter Hinweis auf die Wettbewerbsgleichheit immer noch auf politische Zugeständnisse hofften, machte der Handel kurzen Prozess: Er kündigte an, fortan keine Eier aus Käfighaltung mehr zu führen.

Kann der LebensmittelEinzelhandel erneut Wettbewerbsgleichheit schaffen?

Den Strukturbruch in der Legehennenhaltung konnte das nicht aufhalten, im Gegenteil. Doch damit wurde ein Markt geschaffen, der Um- und Neueinsteigern Perspektiven bot. Und ganz nebenbei hatten Unternehmen erreicht, was politisch unmöglich war: Wettbewerbsgleichheit. Die Politik hätte ausländische Käfigeier niemals aussperren können, ohne sich Diskriminierungsklagen auszusetzen. Unternehmer dürfen dagegen festlegen, welche Waren sie anbieten. Schließlich scheiterte das geplante Tierwohllabel vor allem daran: Ministerin Klöckner wollte es freiwillig einführen, weil es ein verbindliches Zeichen nur EU-weit geben kann. Darauf zu warten, dauert Aldi nun offenbar zu lange.


Fair Gut Aldi Frischfleischverpackung
(c) Werkbild/Aldi

Aldi listet Fleisch der ersten Stufen aus

Schrittweiser Ausstieg aus den Haltungsstufen 1 und 2: Einen tiefgreifenden „Haltungswandel“ beim Frischfleischsortiment haben Aldi Nord und Aldi Süd beschlossen. mehr


Ob damit das Ende des „Billigfleisches“ eingeläutet wird, wie viele Schlagzeilen glauben machen wollen, ist aber längst nicht sicher. Zwar erklärt das Unternehmen in seiner Ankündigung ausdrücklich, sich „als Partner in der Wertschöpfungskette“ zu sehen. Und man wisse auch, dass „mehr Tierwohl in der Breite“ hohe Investitionen für Landwirte bedeute. Doch im selben Atemzug macht das Unternehmen deutlich, dass es an seiner Philosophie festhalten will: Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und Nachhaltigkeit würden sich keineswegs ausschließen, heißt es. Und das klingt nicht gerade so, als wolle man sich von seinem bisherigen Werbeslogan verabschieden, der da lautet: „Qualität ganz oben, Preis ganz unten.“

#Haltungswechsel: Will Aldi die „eingebrockte Suppe auslöffeln?

Nicht ganz vergessen sollte man, dass Aldi den Markt, dessen Ausrichtung man jetzt beklagt, selbst geschaffen hat. Der Discounter war vor 20 Jahren der erste, der Frischfleisch in die Selbstbedienungstheken brachte. Das galt unter Lebensmittelhändlern bis dahin wegen des enormen Logistikaufwandes als unbezahlbar. In Tönnies fand Aldi aber jemanden, der es bezahlbar machte. Die extrem scharf kalkulierte Rechnung ging auf – dank ebenso extremer Rationalisierung in Produktion, Verwertung und Vermarktung. Mit Aldi wurde Tönnies riesig und reich, nebst allen bekannten und heute teils laut beklagten Folgen für Erzeuger und Mitarbeiter.

Die jüngste Welle des Preisdrucks auf die Schweinehalter hat gezeigt, dass am Markt noch immer alles einzig und allein nach diesen alten Regeln der Macht läuft. Wenn es Aldi ernst meint – und davon ist auszugehen –, haben die Erzeuger nun einen mächtigen Partner an ihrer Seite. Die ersten Wettbewerber ziehen nach. Nun muss sich rasch zeigen, wie aus der Absichtserklärung neue, faire Lieferbeziehungen werden können. Denn die neuesten Bestandserhebungen zeigen, dass immer mehr Tierhalter die Zuversicht verlieren und aufgeben. Mit der Ankündigung allein ist noch nichts getan. Die Erzeuger brauchen konkrete Angebote von Aldi & Co.

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