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Frauentag: Gleichberechtigt, aber schlecht gefördert

(c) imago/Markus Rinke
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Obwohl in den letzten 100 Jahren bereits viel erreicht werden konnte, gibt es gerade im Bereich der Landwirtschaft noch starke Unterschiede. Wie sind weitere Veränderungen zu erreichen? Durch die Quote oder das „Gendern“? Oder braucht es doch einen anderen Ansatz?

Es kommentiert Heike Mildner

Montag ist der 8. März – seit 100 Jahren der feste Termin für den Internationalen Frauentag. Schon zehn Jahr zuvor hatten Frauen in Deutschland begonnen, sich demonstrierend Gehör zu verschaffen. Ein Unding damals, was heute für Frauen selbstverständlich ist: studieren, wählen und gewählt werden und generell ein Leben ohne männlichen Entscheider zu führen, ohne nicht gleich in die soziale (mindestens) Hölle abzusteigen.

Beruflich und Privat gleichberechtigt

Autorin Heike Mildner.

Danke, Clara & Co! Es hat sich gelohnt: Selbst fernab der Stadtluft, die bekanntlich frei macht, können wir hundert Jahre später fast zufrieden sein. Und viele sind es auch – zumindest dort, wo Kindergärten selbstverständlich sind und schon zwei, drei Generationen sie ohne allzu große Nebenwirkungen durchlaufen haben. Wählen zu können, hat schon was, erst recht, wenn es eine Vollbeschäftigung ist. Die beiden Landwirtinnen, die wir Ihnen in einem Artikel diese Woche vorstellen, fühlen sich jedenfalls beruflich und privat absolut gleichberechtigt. Sie gehören allerdings auch zu jener Minderheit, die künftig selbst einen Betrieb leiten wird.

Nur zehn Prozent der Betriebsleiter in Deutschland sind Frauen. Und auch in Ostdeutschland mit seinen Kindergärten und den einst üppigen Frauentagsfeiern sind es weniger als 20 Prozent. Nur zum Vergleich: Der EU-Durchschnitt liegt bei 28 Prozent, in Lettland und Litauen werden sogar 45 Prozent der Landwirtschaftsbetriebe von Frauen geleitet.

„Gendern“ abgelehnt

Muss sich also etwas ändern? Markus W. Ebel-Waldmann sieht „dringenden Handlungsbedarf“. Er ist Präsident des VDL-Bundesverbandes Agrar, Ernährung, Umwelt und hat das Vorwort zur Studie „Frauen in Führungspositionen in den Bereichen Agrar, Ernährung und Gartenbau“ geschrieben, die sein Verband gerade veröffentlicht hat. Die Studie zeigt, dass nur jedes fünfte private Unternehmen im Agribusiness gezielt Maßnahmen zur Förderung von Frauen in Führungspositionen anbietet. Nur die Hälfte der befragten Frauen sieht sich in ihrem beruflichen Fortkommen nicht behindert. Das sei „gelinde gesagt erschreckend“, so Ebel-Waldmann. Dennoch sprachen sich 61 Prozent der für die VDL-Studie befragten Frauen gegen eine Quote aus.

Neben der Quote wird eine andere „Frauenförderung“ derzeit heiß diskutiert. Das Gendern, liebe Landwirte und Landwirtinnen, liebe Tierhalter*innen und AckerbäuerInnen, ist in meiner kleinen, nicht repräsentativen Umfrage unter Agrarfrauen in Brandenburg sogar auf hundertprozentige Ablehnung gestoßen. Zwar würde es die Wirklichkeit besser abbilden, aber der Preis der Sprachverwurschtelung ist allen zu hoch. Sehen Sie es anders? Im Zweifel geht es um Ihre Zeitung, denn auch wir machen uns Gedanken darüber, wie sich die Frauen unter unseren Lesern am besten angesprochen fühlen – und zwar nicht erst im Dorf-und-Familie-Teil.

optimistisch in die Zukunft

Ob Frauen in 100 Jahren über diese Fragen nur noch müde lächeln? Und wenn: aus Erschöpfung oder weil sie auf die wichtigen Fragen längst Antworten gefunden und durchgesetzt haben? Ich bin Optimistin, gebe aber zu bedenken, dass Frauen weltweit weniger als 20 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche besitzen. Wäre das Verhältnis umgekehrt, sähe die Welt anders aus, da bin ich mir sicher.