Schutzstatus Wolf

Population des Wolfes „unbekannt“: Kritik an der Bewertung für Ostdeutschland

Für die Meldung des Erhaltungszustands des Wolfes nach Brüssel hagelt es für die Bundesregierung Kritik vonseiten der Verbände. (Symbolbild) © Bennytrapp/STOCK.ADOBE.com
Kommentar

Für den Nordwesten Deutschlands meldete der Bund einen günstigen FFH-Erhaltungszustand des Wolfes nach Brüssel, für den großen Rest des Landes ein „Unbekannt“. Das sorgte für Kritik, aber auch für Lob, bedeutet es doch eine Zäsur in der fachlichen und politischen Betrachtung des umstrittenen großen Beutegreifers, kommentiert Frank Hartmann.

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Da staunten Weidetierhalter und Jäger mit ihren Verbänden nicht schlecht, als der Bundesumwelt- und der Agrarminister Anfang August gemeinsam über den deutschen FFH-Bericht an Brüssel informierten. Der FFH-Erhaltungszustand von rund 300 EU-weit geschützten Arten und Lebensräumen interessiert für gewöhnlich allenfalls Fachleute.

Populationsdichte: Warum die Bewertung im Osten für Kopfschütteln sorgt

Nun aber horchte die ganze Republik auf, als Carsten Schneider (SPD) und Alois Rainer (CSU) eine Tierart aus dem sechsjährig abzuliefernden Bericht (Entwicklung der Jahre 2019 bis 2024) in den Fokus stellten. Der Erhaltungszustand des Wolfes, hieß es, werde für die „atlantische biogeografische Region“ erstmals „günstig“ sein: „Hier hat sich die Wolfspopulation in den letzten Jahren deutlich positiv entwickelt.“ Diese Re­gion schließt vor allem Teile Nordrhein-Westfalens, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins ein, geschätzt kaum mehr als 15 % der Fläche Deutschlands.

Für den Rest der Republik (kontinentale Region), also auch c, lautet die Bewertung hingegen „unbekannt“. Das schlug ein, provozierte Kritik und „lautes“ Kopfschütteln. Verständlich, gerade im Osten, wo die Populationsdichte als „günstig“ zu beschreiben viele für böswillige Untertreibung halten.

Wolfsmanagement in der Kritik: Bundesländer fordern Neubewertung

Gleichzeitig aber gab es ebenso nachvollziehbares Lob für das „Unbekannt“, sowohl aus der Wissenschaft als auch von Fachpolitikern betroffener Länder. Denn dass das Bundesumweltministerium samt dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) sowie etliche Länderministerien und ihre Fachbehörden nach gut einem Jahrzehnt erstmals kein „Ungünstig“ in die Welt blasen, bedeutet eine Zäsur – fachlich und politisch.

Erinnert sei daran, dass das BfN noch im April dieses Jahres auf Basis der Daten von 2022/2023 für die sogenannte kontinentale Re­gion einen ungünstigen Erhaltungszustand nach Brüssel melden wollte, wogegen die Länder intervenierten. Bis zum Herbst soll es jetzt eine Neubewertung des Erhaltungszustands der Wölfe in den „kontinentalen“ Bundesländern geben, die man Brüssel dann nachmeldet.

Günstiger Erhaltungszustand: Sind die Kriterien beim Wolf bereits erfüllt?

Der Präsident des Deutschen Jagdverbandes, Helmut Dammann-Tamke, stellte schon mal klar, auch wenn dort noch nicht flächendeckend Wölfe lebten, seien die Kriterien für die Feststellung des günstigen Erhaltungszustandes erfüllt.

Daran hegt etwa auch Prof. Sven Herzog vom Tharandter Campus der TU Dresden keinen Zweifel, der grundsätzlich mehr Wissenschaftlichkeit in dem Diskurs fordert. Dazu zählt unter anderem ein Ende des Regionalisierens der Populationen, wie es auch der Jagdpräsident fordert. Es gibt aus fachlicher Sicht in den hiesigen Breiten nur eine Population: Und die reicht von Sibirien über den Ural bis an den Atlantik. Hier muss die EU-Kommission, die 2023 eine Wende ihrer Wolfspolitik einleitete, endlich für Klarheit sorgen.

Bundesjagdrecht: Landnutzer fordern rechtliche Klarheit für den Wolf

Ob bei der Bewertung des Erhaltungszustandes oder der Ankündigung, für den Wolf jetzt zügig das Bundesjagdrecht zu ändern: Landnutzer erwarten wasserdichte rechtliche Regelungen. Denn Umweltschützer bringen sich schon in Stellung und dürften juristische Angriffsflächen suchen. Der BUND etwa sieht schon bei der jüngsten FFH-Meldung Rechtsverstöße. Und findet zudem, dass der Wolf in zwölf Bundesländern weiterhin selten sei und daher die Meldung „ungünstiger Erhaltungszustand“ hätte erfolgen müssen.

Status-Bericht zum Wolf

Ende 2023 veröffentlichte die EU-Kommission einen Status-Bericht zum Wolf in den Mitgliedstaaten. Danach verdoppelte sich nahezu die Zahl der großen Beutegreifer innerhalb von zehn Jahren. Jährlich fielen/fallen 65.500 Weidetiere Wölfen zum Opfer, fast die Hälfte davon in Südeuropa. Der Bericht gibt u. a. einen Überblick über Hybriden oder das unterschiedliche Management des Wolfes in den EU-Ländern.      

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