Hier können die Füße was erleben: Sie können im Schlamm baden, über Zapfen laufen, auf Stämmen balancieren, im Wasser waten, über Glasscherben laufen und auf Kletterstelzen über sich hinauswachsen. (c) Heidrun Lange

Barfußpark Beelitz: Aus die Strümpfe, fertig, los!

Er ist der größte Naturerlebnispark in Brandenburg – der Barfußpark in Beelitz, rund 30 Kilometer südwestlich von Berlin. Er verspricht Abenteuer für die Sinne auf einem weit verzweigten Wegenetz, das sich durch die ehemaligen Heilstätten windet.

Von Heidrun Lange

Lange dienten die Beelitzer Heilstätten, die seit 1996 unter Denkmalschutz stehen, als Kulisse für Modeshootings und als Abenteuerland für Fotoamateure – bis im einstigen Areal der Lungenheilstätten „Baum und Zeit“ entstand. Das ist ein Pfad, der sich in 23 m Höhe durch die Baumkronen windet und dabei Ausblicke über die Glindower Alpen und in das weite Areal der Heilstätten mit seinen Gebäuden gibt. Von oben sieht man auch die verschlungenen Wege des großen Barfußparks, der 2017 eröffnet wurde und sich durch Laub- und Nadelwald windet.

Zeit für eine Auszeit: Die Corona-Pandemie hat unser Leben in den vergangenen Monaten stark eingeschränkt. Doch Stück für Stück kehrt endlich Normalität in unseren Alltag zurück. Und wir möchten Ihnen Lust machen, wieder auf Entdeckungstour zu gehen und stellen Ihnen – wie auch schon in der Zeit vor Corona – interessante Ferien- und Ausflugsziele von Kap Arkona auf Rügen bis zum Fichtelberg im Erzgebirge vor.

Es ist ein verzweigtes Wegenetz mit drei Hauptpfaden, die miteinander kombinierbar sind. Auf einer Gesamtstrecke von 3,6 km geht es barfuß über Steine, durch wadentiefen Schlamm und kaltes Wasser, über feinen Sand und pieksende Bucheckern. Dabei, so versprechen die Betreiber, erleben Besucher die Weitläufigkeit und entspannende Wirkung des Waldes und Naturparks von unten und mit allen Sinnen. Einfach Seele und Sohle baumeln lassen. Ob und wie das funktioniert, hat unsere Autorin Heidrun Lange ausprobiert.

Es kitzelt und piekst im Barfußpark Beelitz

Matschige Füße im Barfußpark Beelitz
(c) Barfußpark Beelitz

Ich gebe meine Schuhe am Eingang ab und bin gespannt, wie es ist, ohne Schuh und Strümpfe loszulaufen. In Beelitz wartet ein 15 Hektar großes Gelände auf mich, das barfuß erobert werden kann.

Der erste Abschnitt ist fast eineinhalb Kilometer lang und gut für Anfänger. Zugegeben, es ist ungewohnt, über die kleinen Kiesel, die später zu faustgroßen Steinen werden, zu laufen. Es kitzelt oder pickst unter den Fußsohlen. „Die Hindernisse sind extra so angelegt, damit man nicht gleich davonläuft. Jetzt heißt es, sich zu konzentrieren. Denn wir sind es nicht gewohnt, barfuß zu laufen“, erklärt Claudia Stolzenwald, Mitbegründerin des Barfußparkes. Mitgebracht haben die Betreiber die Parkidee übrigens aus der Lüneburger Heide.

Der Waldspielplatz im Barfußpark Beelitz
Der Waldspielplatz im Barfußpark Beelitz. (c) Barfußpark Beelitz

Glasscherben bewegen Muskeln und Nerven

Dann wird es eiskalt. In einem kleinen Becken, das gleich hinter den Kieselsteinen beginnt, fließt 13 Grad kaltes Wasser. Der Blutkreislauf soll angeregt, der Stoffwechsel gefördert und die Füße für die kommenden Reize stimuliert werden. So hat es sich Pfarrer Sebastian Kneipp (1821–1897) vorgestellt, als er sein Heilverfahren entwickelte, das auf dem Zusammenspiel von den fünf Elementen Wasser, Pflanzen, Bewegung, Ernährung und Balance beruht. Sebastian Kneipps Methode ist in den Beelitzer Barfußpark integriert.

Füße laufen auf Glassscherben im Barfußpark Beelitz
(c) Barfußpark Beelitz

Von der Sonne reflektiert blitzen Glasscherben, als seien sie glasiert. Sie ähneln Diamanten, kalt und hart voller Glitzerschein. Hier soll ich drüberlaufen? Ich setze den Fuß auf die Scherben, in der Hoffnung, dass mir ganz schnell eine Hornhaut wächst. „Die Scherben sind abgeschliffen, da passiert nichts“, macht mir Claudia Stolzenwald Mut. Und es stimmt. Nach dem kurzen Hindernis trage ich keine Verletzungen davon, aber mehr als 200 Muskeln und zahlreiche Nerven in den Fußsohlen sind jetzt aktiviert.

Dann werden noch die Arme in speziellen Becken auf Ellenbogenhöhe gekühlt. „Das soll nicht nur die Füße desensibilisieren, der ganze Körper soll auf dem Pfad in Wallung kommen“, ist Claudias nächster Rat. Auf der wackelnden Brücke aus Douglasienholz heißt es dann, die Balance halten, was gar nicht so einfach ist.

Blinde Reise am Seil entlang

Den zweiten Pfad im Barfußpark Beelitz möchte ich auch entdecken. Denn auf diesem soll die Natur noch mehr erlebbar sein. Über 60 Stationen im Wald laden ein, die Sinne zu schärfen, Geschicklichkeit, Ausdauer und Teamgeist zu testen. Riech- und Tastkästen reihen sich entlang des Weges. An einem Sandpendel ist Geschicklichkeit gefragt, was allerdings coronabedingt momentan noch nicht möglich ist. Also steige ich auf einen Hochsitz und blicke über den Wald. In der Ferne zeigt sich das Gebäude der Chirurgie der über hundertjährigen Beelitzer Heilstätten, die als Lungenheilstätte für Tuberkolose-Patienten errichtet wurden, in den beiden Weltkriegen als Lazarett dienten und dann sowjetisches Militärhospital waren.

Auf der sogenannten blinden Reise, schließe ich die Augen und folge tastend einem Seil, das zu verschiedenen Bäumen führt. An der Rinde soll man fühlen, um welches Gewächs es sich handelt. Das ist gar nicht so einfach. Gleich beim ersten Baum habe ich mich vertan. Hinter der weichen Rinde hätte ich nie eine Kiefer vermutet. Es soll 50 verschiedene Bäume auf dem Gelände geben, so hat es ein Sachverständiger herausgefunden. Nach dem Laufen über pieksende Bucheckern gibt es etwas zum Entspannen. Ein Becken mit nassem Torf. Kinder tollen bereits darin, und sobald sie die Füße herausziehen quietscht es. Bis zu den umgekrempelten Hosenbeinen reichen die dunklen Spritzer. Das macht nichts. Kinder haben bekanntlich keine Probleme mit Schlamm und Schmutz.

Die dritte Runde führt immer tiefer in den Wald, das Vogelzwitschern wird lauter und deutlicher, die Geräusche der nahen Auto bahn dagegen verschwinden. An das Barfußlaufen habe ich mich gewöhnt. Jetzt kann ich den hohen Kiefern zusehen, wie sie die schweren Kronen im Wind wiegen. Ein Kuckuck ruft. Der kommt von der Pfeifenwippe. Natürlich nur, wenn man mit den Füßen die einzelnen Hölzer bewegt.

Füße auf Kletterstelzen im Barfußpark Beelitz
(c) Barfußpark Beelitz

Barfußpark Beelitz: Barfußlaufen macht süchtig

Allerdings müssen die feuchten Füße nach der Wanderung wieder trocken und warm gehalten werden. In der großzügigen Waschstation helfen Wasserhahn, Schlauch und gewaltige Bürsten, die Füße wieder stadtfein zu machen. Zum Abschluss empfiehlt Claudia: „Wer lange nicht mehr ohne Schuhe gelaufen ist, sollte damit langsam beginnen. Sonst könne es zu Überlastungssymptomen kommen. Es hilft auch schon, mal in Socken durch die Wohnung zu gehen.“ Mein Fazit nach rund vier Stunden: Barfußlaufen macht süchtig!

Start in die fünfte Saison mit Online-Ticket-System:
Seit Ende Mai ist der Beelitzer Barfußpark nach monatelanger coronabedingter Schließung wieder geöffnet. Betreiber Thomas Müller-Braun ist erleichtert: „Die unsichere Situation im dritten Lockdown seit Beginn der Pandemie hat uns und unseren Mitarbeitern wieder einiges abverlangt.

Als reine Outdoor-Location ist unsere Saison ja ohnehin kurz. Wir haben viel investiert in ein neues Online-Ticket-System samt technischer Infrastruktur, eine neue Wegeführung sowie den Umbau des gesamten Eingangsbereichs und der Gastronomie. Einmal mehr musste ich Kurzarbeit anmelden. Umso mehr freut sich das gesamte Team, das sind acht festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie unsere 20 Teilzeitkräfte, dass es endlich wieder losgeht.“

Die 68 Erlebnis-Stationen der insgesamt 3,6 km Barfußrouten sind aufgefrischt und mit neuem Rindenmulch belegt. Aufbauend auf den Erfahrungen der vergangenen Saison wurde die Besucherlenkung gemäß der geltenden Auflagen weiter angepasst.

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