Am Rande von Ottstedt befindet sich die von Jürgen Harnisch angezweifelte Messstelle, die man nur schwer als eine solche identifizieren kann. Im Hintergrund liegt der Ettersberg. (c) Frank Hartmann

Normenkontrollverfahren: Zweifel und Kritik an Düngeverordnung

Einige Betriebe haben ein Normenkontrollverfahren angestrengt. Jetzt liegt die Landesdüngeverordnung auf dem Tisch des OVG in Weimar.

Von Frank Hartmann

In Thüringen überprüft das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Weimar die Landesdüngeverordnung auf ihre Rechtmäßigkeit. Acht Landwirtschaftsbetriebe beantragten beim OVG eine Normenkontrolle. Das Verfahren steht noch ganz am Anfang. Bis Ende Juli übersandte das Agrarministerium zunächst die vom OVG angeforderten Akten und Dokumente.


© Sabine Rübensaat

Düngelandesverordnung für unwirksam erklärt

In einem „Musterverfahren“ zu mehreren Normenkontrollanträgen hat das Oberverwaltungsgericht Greifswald die Düngeverordnung von 2019 und 2020 in Mecklenburg-Vorpommern für unwirksam erklärt. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. mehr


Abwärtsspirale bei Ertrag und Qualität durch Düngebeschränkung

Im Kern bemängeln die Betriebe die Abgrenzung der Nitratüberschussgebiete (rote Gebiete), wie es die Landesdüngeverordnung regelt. Alle acht bewirtschaften Nutzflächen, die in das rote Gebiet zwischen Weimar und Erfurt gefallen sind.

Das rote Gebiet zwischen Weimar und Erfurt, wie es der TLUBN-Kartendienst zeigt.
Das rote Gebiet zwischen Weimar und Erfurt, wie es der TLUBN-Kartendienst zeigt. Screenshot (c) Frank Hartmann


Die Agrarproduktion Niederzimmern GmbH, die als reiner Ackerbaubetrieb wirtschaftet, muss seit diesem Frühjahr auf 800 von insgesamt 1.500 ha u. a. die N-Düngung pauschal um 20 Prozent reduzieren. Für Geschäftsführer Jürgen Harnisch ist das nicht nachvollziehbar, zumal der Betrieb, wie alle Landwirte in roten Gebieten, keine Entschädigung erhält. „Durch die Düngebeschränkung kommt es bei den Kulturen zu einer Abwärtsspirale bei Ertrag und Qualität, weil wir das Ertragspotenzial auf den roten Standorten nicht mehr ausnutzen dürfen. Damit verliert unser Betrieb an Wettbewerbsfähigkeit.“

Harnisch berichtet, dass man seit Jahren vorbildliche N-Salden nachweisen könne. Seit sechs Jahren macht der Betrieb bei der Thüringer Gewässerschutzkooperation mit. Gedüngt wird nahezu ausschließlich mineralisch, „weshalb wir schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen die Düngung nie auf die Spitze getrieben haben“.

Ins rote Gebiet gefallen sind die 800 ha der Niederzimmerer, weil die Behörde an der Grundwassermessstelle in Ottstedt am Berge, die zum EU-Messnetz des Landesumweltamtes (TLUBN) zählt, über 58 mg/l Nitrat gemessen hat.
Harnisch hegt Zweifel an der Messstelle: Dies betrifft sowohl ihre technische Eignung als auch das Einzugsgebiet, aus dem sie sich speist. Seit mehr als drei Jahren sei die „Zisterne“ zudem trocken. Dass das Landesumweltamt eine neue Messstelle in der Gegend errichten will, zeige ihm, dass die fast 100 Jahre alte Wasserstelle, die einst als Speicher genutzt wurde, nicht taugt. „Wir hatten die Messstelle im vorigen Jahr im Zuge der Nitrat-AG zur Überprüfung gemeldet. Sie blieb, trotz behördlicher Prüfung, im Messnetz.“



Thüringen Flagge

Regional und praxisnah: Die Bauernzeitung versorgt Sie regelmäßig allen wichtigen Informationen rund um die Landwirtschaft in Thüringen. mehr


Landwirte stellen Düngeverordnung infrage

Auch meldete der Betrieb mehrere landwirtschaftliche Brunnen im Areal, um sie auf ihre Eignung als zusätzliche Messstellen untersuchen zu lassen, „leider ohne Erfolg“. Zuvor hatte man selbst deren Nitratwerte analysiert. Sie lagen weit unter dem Grenzwert. Eine dieser Quellen diene zur Trinkwasserversorgung in einer Tierhaltung. Sollten die Weimarer Verwaltungsrichter feststellen, dass die Landesdüngeverordnung fehlerhaft ist, würde sie für unwirksam erklärt werden. Bis es aber zu einer Entscheidung kommt, dürfte noch viel Zeit verstreichen.

Nicht nur in Thüringen stellen Landwirte die Düngeverordnung infrage. Vergangene Woche sollten vor dem OVG Greifswald zwei von 13 anhängigen Verfahren verhandelt werden. An einem sind 19 Betriebe auf Rügen mit rund 7.000 ha beteiligt. Beim zweiten Verfahren klagen zwei Betriebe aus Nordwestmecklenburg mit über 5.000 ha. Sie vertreten die Interessen einer Gemeinschaft aus 25 Betrieben (24.200 ha).

In Sachsen gründeten der Landesbauernverband (SLB), Land schafft Verbindung Sachsen und der Verband der Familienbetriebe Land und Forst Sachsen/Thüringen die Klagegemeinschaft Sächsische Landwirte GbR. Gut 190 Betriebe sind bislang dabei. In diesem Jahr noch will man einen Normenkontrollantrag beim sächsischen OVG in Bautzen einreichen.

Weitere Nachrichten aus den Bundesländern