Beim Netzwerktreffen standen Ackerwildkräuter und Heckenpflanzung sowie -pflege bisher im Fokus. (c) HNEE

Für mehr Vielfalt auf dem Acker

Ökolandwirte und Eberswalder Forscher beraten in ihrem jüngst gegründeten Netzwerk, wie sie in ihren Betrieben die Biodiversität steigern können.

Von Johannes Hofstätter, HNEE

Mit kollegialem Wissens- und Erfahrungsaustausch Betriebsleiter unterstützen: Diesen Ansatz verfolgt die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) in den vergangenen Jahren verstärkt in Netzwerk-Projekten wie „Nutri-Net“, „Schäfer schützen“ und den „Ackerbauring Uckermark“. Neu gegründet hat sich das aus Eler-Mitteln des Agrarministeriums geförderte Netzwerk „Biodiversität im Ackerbau“. Es widmet sich in den Landkreisen Barnim und Oberhavel ackerbaulichen Fragen der Artenvielfalt und Anpassung an den Klimawandel.

Im Frühsommer trafen sich interessierte Landwirte nach Online-Meetings erstmals leibhaftig. Auf dem Ökohof Kuhhorst, nordwestlich von Berlin, ging es um Potenzial, Planung und Pflanzung von Hecken.

Betriebsleiter Hannes-Peter Dietrich stellte den Betrieb vor und teilte seine Erfahrungen: Einen besonders guten Windschutz und somit positive Ertragswirkungen bieten demnach die im Havelländischen Luch typischen, einreihigen Pappel-Hochhecken. Sie werfen einen langen Windschatten und sind in der Mittelschicht ausreichend winddurchlässig, um Lagerneigung im Getreide – verursacht durch über die Hecke schlagende Winde – vorzubeugen. Diese Winddurchlässigkeit ist deshalb auch bei anderen hohen Heckentypen vorteilhaft.

Biodiversität: Komplexe Hecken

Dennoch möchte sich der Betrieb von den Pappelreihen verabschieden. Denn die positiven Eigenschaften komplexer Hecken sind vielfältig: Windschutz, verstärkte Taubildung, Bodenfeuchte, Erosionsschutz, Schlagtrennung, Lebensraum für Nützlinge, Wildleitung und natürlich Artenvielfalt. Fachreferent Frank Gottwald vom Projekt Landwirtschaft für Artenvielfalt informierte, wie Hecken mit besonders hoher Biodiversitätsleistung beschaffen sein sollten:


  • ein krautiger, bestenfalls blütenreicher Saum von mindestens drei Metern Breite wertet die Hecke bedeutend auf
  • nur alle 15-20 m überstehende Einzelbäume
  • Strukturvielfalt mit vielen Baum- und Straucharten
  • stark verbuschte Bereiche bis zum Boden zulassen, denn sie sind wichtige Nistplätze für Vögel und Verstecke für Kleinsäuger, Amphibien und Insekten
  • Hecke und Saum mosaikartig pflegen, also Bereiche aussparen, um Rückzugsräume zu erhalten, zum Beispiel 50/50

Eine gute Informationsgrundlage steht mit der Broschüre „Hecken und Raine in der Agrarlandschaft“ von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung online zur Verfügung. Die „Stiftung Naturschutzfonds Brandenburg“ fördert Heckenpflanzungen in Landwirtschaftsbetrieben.

Ackerwildkräuter und Unkräuter mit Zeigerwerten im Fokus

Netzwerker Johannes Hofstätter
Netzwerker Johannes Hofstätter (c) HNEE

Bei einem zweiten Netzwerktreffen im Juli auf dem Biohof Kepos in Altglobsow standen Ackerwildkräuter und Unkräuter mit Zeigerwerten für den Standort im Fokus. Der Betrieb hat in Zusammenarbeit mit dem Naturpark Stechlin-Ruppiner Land u. a. Vertragsnaturschutzmaßnahmen für bedrohte Ackerwildkräuter durchgeführt und diese sogar auf eigenen Flächen in der Gärtnerei vermehrt. Der Biohof Kepos führt außerdem eine Vielzahl weiterer Biodiversitätsmaßnahmen wie artenreiche Ackerbrachen oder kleinteilige Ackerbewirtschaftung mit Sonderkulturen auf seinen Flächen durch, die sich interessierte Gäste anschauen können.

Ackerwildkräuter sind elementarer Bestandteil der landwirtschaftlichen Biodiversität und geschichtlich eng mit unseren Kulturpflanzen verwachsen. Sie bieten Insekten und Feldvögeln Nahrung und haben eine untersaatähnliche Qualität. Durch intensivere landwirtschaftliche Nutzung wurden viele der konkurrenzschwachen Arten aus der Landschaft verdrängt und sind nun in ihrem Bestand teils stark gefährdet. Dabei sind seltene Arten wie Lämmersalat, Acker-Rittersporn oder Sommer-Adonisröschen nicht ertragsmindernd.

Der Ökolandbau bietet durch den Verzicht auf synthetische Pflanzenschutzmittel (PSM) vielen dieser Arten einen Rückzugsraum. Da das im Ökolandbau übliche Striegeln in der Regel nur 30 – 50 Prozent des Wirkungsgrades eines Herbizideinsatzes erreicht, können auch die seltenen Ackerwildkräuter häufiger auf Ökoflächen überleben. Einige der Ackerwildkräuter überdauern allerdings viele Jahre im Samenspeicher des Bodens, sodass selbst nach mehrjährigem PSM-Einsatz auch seltene Arten wieder auflaufen können.

Ackerwildkräuter

Für den Ackerwildkrautschutz, so wurde bei diesem zweiten Netzwerktreffen deutlich, sind folgende Anhaltspunkte hilfreich:


  • Ackerwildkräuter sind an die Bewirtschaftungsrhythmen angepasst und benötigen die periodische Bodenbearbeitung
  • die meisten Ackerwildkräuter sind in Winterungen zu finden
  • seltene Ackerwildkräuter kommen häufig auf besonders ertragsarmen Standorten, Ackernassstellen (Schlammbodenvegetation) und lehmigen Hang- und Kuppenlagen vor
  • viele Ackerwildkräuter findet man meist nur noch am Ackerrand
  • zum Schutz von Ackerwildkräutern nicht striegeln, nicht düngen, halbe Aussaatstärke oder doppelter Reihenabstand, später Stoppelsturz (für Arten wie Acker-Schwarzkümmel, die auf der Stoppel blühen)
  • Vergütung für den Ackerwildkrautschutz gibt es im Vertragsnaturschutz (Segetalartenschutz)
  • auf Flächen mit starkem Unkrautdruck eher nicht ratsam
  • Ackerwildkräuter blühen z. T. imposant und können somit für die Vermarktung genutzt werden. Eine gute Informationsquelle zu Ackerwildkräutern und deren Schutz ist die Webseite des Projektes „100 Äcker für die Vielfalt“

Kontakt für Leiter von Ökobetrieben:
Johannes.Hofstaetter@hnee.de
www.hnee.de/BiodivAcker

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