Direkt vom Feld ein Angebot abzugeben ist mit den digitalen Handelsplattformen möglich. (c) Sabine Rübensaat

Getreide digital verkaufen – so geht´s

Die Bedeutung von Handelsplattformen im Internet nimmt weiter zu. Ursachen dafür sind der Strukturwandel in der Landwirtschaft und eine zunehmende Affinität der Kunden gegenüber dem Onlinegeschäft.

Von Thomas Gaul

Digitale Handelsplattformen sind für viele schon Alltag geworden. Auf eBay & Co. suchen und finden Verbraucher, wonach sie suchen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Schnell lässt sich ein Überblick über das Angebot erlangen und mit wenigen Klicks lässt sich ein Geschäft anbahnen. Zeit und Geld werden gespart. Auch die Landwirtschaft ist mittlerweile hochgradig digitalisiert. Doch während Landwirte selbstverständlich die neueste Technologie auf dem Acker nutzen, sind sie beim Verkauf ihres Getreides auf dem technischen Stand von vor Jahrzehnten. Viele Betriebsleiter wickeln den Verkauf ihres Getreides per Telefon und Fax ab.

Angesichts der Herausforderungen für die Landwirtschaft wird es aber wichtiger, die Wertschöpfung beim Verkauf des Getreides zu steigern. Hier setzen neue digitale Plattformen wie Cropspot an. „Wir wollen dem lokalen Landhandel aber nicht das Wasser abgraben“, betont Maximilian von Weichs, Gründer und Geschäftsführer von Cropspot. Oftmals bestehen die Beziehungen zum Handel ja auch bereits seit Generationen. Und eine gewachsene Geschäftsbeziehung bietet für beide Seiten Vorteile – keine Frage.

Doch zu verschenken hat ein Betriebsleiter nichts. „Ziel ist es, die Wertschöpfung je gehandelter Tonne Getreide zu erhöhen, sodass der Landwirt einen zusätzlichen Erlös erzielen kann“, erklärt Maximilian von Weichs. Denn während die Produktionstechnik auf dem Acker immer ausgefeilter wird, stecken in der Vermarktung noch Reserven.

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Digitaler Getreidehandel: Ein- oder Verkauf oder beides?

Im Gegensatz zur reinen Onlinebestellung eröffnet das noch recht junge Geschäftsmodell der Onlinehandelsplattformen den Landwirten völlig neue Vertriebswege ihr Getreide digital zu verkaufen. Anbieter wie beispielsweise Cropspot, House of Crops und Agrando bringen Käufer und Verkäufer zusammen. Bei Cropspot können beide Parteien sogar direkt in Preisverhandlungen treten.

Eine Kombination aus Betriebsmitteleinkauf und Ernteproduktverkauf bieten Plattformen wie unter anderem Agrar2b, Agrarconnect und Agrimand. Am längsten im Geschäft (seit Anfang 2018) ist Agrando. Diese Handelsplattform bietet für Landwirte nur den Einkauf von Betriebs- beziehungsweise Futtermitteln an. Die Möglichkeiten reichen von Ausschreibungen bis hin zur Auslagerung des gesamten Betriebsmitteleinkaufes auf die Plattform inklusive der Verhandlung mit potenziellen Lieferanten.

Als Gegenstück kann man Cropspot betrachten. Das Start-up fokussiert sich ausschließlich auf den Verkauf von Getreide (einschließlich Nischenprodukten wie Dinkel) sowie Raps. Landwirt und Handel können bei dieser Plattform auch direkt in Preisverhandlungen treten. Cropspot tritt dabei als eine Art Makler auf.

Über House of Crops können Landwirte ebenfalls nur Getreide handeln, wobei Käufer und Verkäufer im Gegensatz zu Cropspot bis zum Vertragsabschluss anonym bleiben. Im Februar 2020 fusionierten House of Crops und Unamera, als Finanzpartner trat die Getreide AG ein.

Vorteile des digitalen Getreidehandels

Doch was zeichnet digitale Marktplätze gegenüber dem konventionellen Handel aus? Schließlich lässt sich auch mit dem traditionellen Händler vor Ort verhandeln, und meist wird dabei ein Preis vereinbart, mit dem beide Seiten leben können. Maximilian von Weichs nennt einige Punkte, die so nur digitale Plattformen bieten können:

Sichtbarkeit

Das Kauf- oder Verkaufsinteresse eines Landwirts wird durch unverbindliche und freibleibende Inserate für alle Marktteilnehmer sichtbar. Nachdem sich der Landwirt auf der Seite angemeldet hat, kann er erst einmal unverbindlich ein Angebot einstellen. Meldet sich daraufhin ein Händler, können beide Seiten in Kontakt treten. Andererseits sieht aber auch der Landwirt Gesuche von Händlern. Verfügt der Landwirt über eine passende Partie und der gebotene Preis sagt ihm zu, kann ebenso Kontakt aufgenommen werden. „Frei nach dem Motto ,Wenn man nicht sagt, was man hat, und ein anderer nicht sagt, was er will, kann man nicht ins Geschäft kommen‘“, vergleicht Maximilian von Weichs: „Das ist wie bei eBay-Kleinanzeigen oder mobile.de für Autos. Das, was man sucht oder anbietet, findet häufig mehr Interesse außerhalb des eigenen Dunstkreises, und so entstehen Kontakte zu neuen Geschäftspartnern.“

Erweiterter Aktionsradius

Die Sichtbarkeit weckt Interessen über den angestammten Vermarktungsradius hinaus. Ein anonymes Inserat macht es für den Landwirt einfacher, über den eigenen Tellerrand zu schauen und den Aktionsradius zu erweitern. „Auf diese Weise wird nicht nur regional, sondern auch überregional Kauf- bzw. Verkaufsinteresse geweckt, was die Verhandlungsfähigkeit stärkt, um den bestmöglichen Preis zu erzielen“, erläutert Maximilian von Weichs. Oft bleiben Chancen ungenutzt, weil Landwirte nicht wissen, dass ein Händler aus einer entfernten Region Futter zu einem benachbarten Landwirt liefern lässt und der LKW auf der Rückfahrt sein Getreide mitnehmen könnte. Durch Rückfrachten für die eigenen LKW/die eigene Spedition oder regionales wie überregionales Kaufinteresse von der Käuferseite, besteht eine hohe Möglichkeit für attraktive Preise durch Käufer und Verkäufer aus anderen Regionen Deutschlands.

Marktpreistransparenz

Durch Inserate auf der Landwirtsseite, aber auch Inserate auf der Käuferseite von Handel oder Industrie (Mischfutter, Mehlmühle, Stärkewerk) wird eine Preistransparenz geschaffen, die es allen Beteiligten ermöglicht, Preise visuell wie monetär zu vergleichen und die bestmöglichen Optionen abzuwägen.

Sonderkulturen/Nischenfrüchte

Soziale und politische Rahmenbedingungen, wie weite Fruchtfolgen, Eiweißstrategie der Bundesregierung oder aus der Düngeverordnung resultierende Ergänzungen im Anbauplan, bringen Ernteerzeugnisse auf den Markt, welche nicht überall Absatz beziehungsweise nicht marktgerechten Absatz finden. Ackerbohnen, Futtererbsen, Körnermais, Schälhafer oder auch B-Roggen können auf Plattformen inseriert werden, um deutschlandweit sichtbar zu werden und so den besten Käufer ausfindig zu machen.

Mobile Nutzung

Der Landwirt hat heute stets sein Smartphone in der Tasche. Egal, ob aus dem Urlaub oder auf dem Trecker, die Märkte sind so immer im Blick, um den besten Preis zu generieren. Geht ein Angebot ein, wird der Landwirt über eine SMS informiert und kann dann auf die Internetseite gehen. Der Landwirt muss also nicht erst an den Rechner im Büro, um auf ein Angebot reagieren zu können.

Werden Handelsplattformen den Landhandel verdrängen? Wohl kaum, denn am Ende muss jemand die vielen Millionen Tonnen landwirtschaftlicher Güter bewegen und Lagerraum sowie Vorräte vorhalten. Es bleibt ja auch trotz Handelsplattformen dabei, dass am Ende Käufer und Verkäufer ein Geschäft abschließen und die Plattform nur vermittelt. Aber der Landhandel muss sich anpassen: Preise werden transparenter, Vermarktungsmöglichkeiten größer. Das ist sicherlich kein Nachteil für die Landwirte. Im Landhandel steigt dadurch der Margendruck, und damit beschleunigt sich der ohnehin schon starke Strukturwandel.