Getreideernte: Checkliste für den Mähdrusch
Immer wieder sind Landwirte vom Beginn der Getreideernte überrascht. Während der Ernte wird dann festgestellt, was hätte besser vorbereitet werden sollen und es wird zur nächsten Saison Besserung gelobt. Hier einige Gedankenstützen, um mit ruhigem Gewissen dem Start der Ernte entgegensehen zu können.
Von Dr. Andrea Feiffer und Franz Klüssendorf ,feiffer consult, Sondershausen
Gut geschulte Fahrer entscheiden oft mehr über die Leistungsfähigkeit der Mähdrescher, als die nächstgrößere Maschine bieten kann. Gut trainierte Fahrer bringen zwischen 15 und 30 Prozent Mehrleistung. Es lohnt sich in jedem Fall, vor der Ernte das Wissen aufzufrischen. Eine intensive Auffrischung kann alle zwei bis drei Jahre erfolgen. Dabei bleibt immer etwas Neues hängen, was Mehrwert in der Ernte bringt. Nutzen Sie die Angebote der Händler wie auch der freien Anbieter.
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Erntevorbereitung
Assistenzsysteme nutzen
Gute Fahrer zu finden, die das Leistungspotenzial der Mähdrescher ausnutzen, wird immer schwieriger. Darüber hinaus gibt es immer mehr Einstellmöglichkeiten, um den Mähdrescher an die Leistungskante zu bringen. Das beherrscht heute keiner mehr und nach wie vor steckt die Auslastungsquote von Mähdreschern bei 50 bis 60 Prozent fest. Deshalb sind Assistenzsysteme lohnenswert und alles, was zur Fahrerentlastung beiträgt, ist willkommen.
Vor allem die Routinen und stupiden Tätigkeiten sollen dem Fahrer abgenommen werden. Denn sie binden die Konzentration an der falschen Stelle. So ist beispielsweise eine Lenkautomatik heute Pflicht. Sie bringt mindestens 10 Prozent Mehrleistung durch bessere Schneidwerksausnutzung und schnellere Vorfahrtsgeschwindigkeit.
Dienstleister einplanen
Auch wenn sich durch Klimaveränderungen mehr Hitze- und Trockenperioden einstellen, sind verregnete Erntezeiten nicht ausgeschlossen. Einige Landwirte specken aufgrund der letzten trockenen Erntesommer bei der Mähdrescherkapazität ab. Wer knapp unterwegs ist, sollte sich rechtzeitig der Nachbarschaftshilfe oder eines Dienstleisters versichern.
Vorbeugende Reparaturen
Stillstandszeiten in der Ernte sind teuer. Als Faustzahl gilt: Jede Minute kostet bis zu 10 Euro. Eine rechtzeitige, vorbeugende und großzügige Instandsetzung lohnt immer. Eine verhaltene Reparatur dagegen, bei der Ersatzteile zu spät gewechselt werden, verschiebt die Kosten nicht nur in die wertvolle Erntezeit, sondern potenziert den Schaden.
Ersatzteile bevorraten
Es lohnt sich, wichtige Verschleißteile auf dem Mähdrescher mitzuführen. Dazu gehören beispielsweise Messerklingen, Nieten, Schrauben, Finger, Ährenheber und Häckslermesser mit passenden Schrauben.
Denken Sie auch daran, dass Sie das Ersatzmesser im Schneidwerkswagen überprüfen und auch einmal herauszuziehen, da es nach einer gewissen Zeit durch Staub und Feuchtigkeit sehr schwergängig sein kann.
Transportlogistik überdenken
Der Getreidetransport bildet oft ein Nadelöhr, sodass die Mähdrescherkapazität nicht ausgenutzt werden kann. Abbunkern am Feldrand raubt dem Mähdrescher etwa 20 Prozent Leistungsvermögen. Testen Sie, ob eine parallele Ab-fuhr möglich ist. Nutzen Sie auch die Gelegenheit, sich einen Überladewagen vorführen zu lassen.
Abfuhrhänger vorbereiten
Schon vor der Ernte können Sie ihre für die Abfuhr notwendigen Hänger auf Sauberkeit und Dichtigkeit prüfen – Getreidedicht ist nicht gleich Rapsdicht! Denken Sie daran, dass Sie Futter- und Lebensmittel transportieren. Beizabriebe, Holz, Sand und Schutt haben auf dem Hänger nichts zu suchen. Es ist ratsam, nach Einsatz mit losem gebeiztem Saatgut einen zertifizierten Reinigungsbetrieb in Anspruch zu nehmen.
Lager vorbereiten
Schon rechtzeitig vor der Ernte kann das Lager besenrein gemacht werden. Achten Sie darauf, dass insbesondere größere Staubnester entfernt werden, da sich dort zum Beispiel Kornkäfer und andere Schädlinge aufhalten. Anschließend sollte die Spritzbehandlung gegen Vorratsschädlinge erfolgen. Prüfen Sie die Wände und Dächer auf Dichtigkeit. Ebenso Türen und Tore wegen möglichen Schadnagerbefalls.
Abschüttflächen bereithalten
Der Getreidehandel konzentriert sich, die Wege werden länger. Wenn alle im Umkreis dreschen, verlängern sich die Wartezeiten und die Rundenzeiten – die Mähdrescher bleiben stehen. Bereiten Sie Abschüttflächen auf dem Hof vor, um den Ernteprozess am Laufen zu halten. Regnet es in einen freiliegenden Stapel ein, quillt die obere Kornschicht und bildet quasi ein Dach. Die Oberflächenfeuchte ist nach dem ersten Umsetzen wieder verschwunden.
Erst vorführen dann kaufen
Wenn Sie vor einem Mähdrescherwechsel stehen, planen Sie schon in diesem Jahr Vorführmaschinen ein, um sich ein Bild von Arbeitsqualität und Leistung zu machen. Lassen Sie die Maschinen auch von Ihren Fahrern testen, denn sie müssen diese später mit Motivation fahren. Testen Sie ausgiebig, möglichst auch in schwer dreschbaren Kulturen. Bieten Sie dem Händler eine angemessene Bezahlung für eine verlängerte Vorführung.
Wechselfahrer erhöhen Sicherheit
Um mit 30 t/h Durchsatz zu ernten, muss der Fahrer mit einem 7-m-Schneidwerk ständig 6 km/h fahren (bei einem Ertrag von ca. 7 t/ha). Das halten die Fahrer nicht länger als drei bis vier Stunden durch. Sinkt die Fahrgeschwindigkeit von 6 auf 5 km/h, fehlen bereits 20 Prozent Mähdrescherleistung! Denken Sie über Wechselfahrer nach, auch zur Pause, damit die Mähdrescher nicht stehen bleiben. Einen Ersatzfahrer sollte man generell in der Hinterhand haben.
Feuchtemessgeräte kalibrieren
Vergleichen Sie vor der Ernte Ihr Feuchtemessgerät mit dem des Landhandels. 1 Prozent zu hohe Feuchte kostet mindestens 5 €/t. Auch das Feuchtemessgerät im Mähdrescher ist mit dem kalibrierten Gerät aus dem Handkoffer zu vergleichen. Vorsicht ist beim Raps geboten: 2 bis 3 Prozent Unterschiede zwischen den Geräten sind hier durchaus drin.
Brandvorsorge
Bedenken Sie, was im Falle eines Brandherdes im Mähdrescher passieren soll. Rüsten Sie alle an der Ernte beteiligten Fahrzeuge mit Feuerlöschern aus. Führen Sie am Mähdrescher zwei Feuerlöscher mit. Eine Vorsorgeinvestition mit hohem Nutzeffekt.
Während der Ernte
Verluste festlegen
Mit der Höhe der Dreschwerks- und Reinigungsverluste steuert man zugleich die Leistung des Mähdreschers. Hält man die Verluste gering, ist auch die Leistung geringer. Zwischen Landwirt und Lohnunternehmer gilt: 1 Prozent Verlust ist erlaubt. Das verschafft dem Dienstleister guten Durchsatz und dem Landwirt eine schnelle Ernte.
Das Auge trainieren
Schüttler-, Rotor- und Reinigungsverluste sehen im Feld meist dramatischer aus, als sie tatsächlich sind. Bei 1 Prozent Verlust liegen bei Schwadablage unter 1 m2 Schwad etwa 1.000 Körner (7 m Schneidwerksbreite, 75 dt/ha Ertrag). Daran müssen sich die Augen und der Blutdruck erst gewöhnen. Nutzen Sie die Verlustprüfschale und entscheiden Sie nicht subjektiv – dem Auge ist jedes Verlustkorn zu viel.
Verlustmessgeräte kalibrieren
Verlustmessgeräte sind nicht aussagekräftig, wenn sie nicht kalibriert sind. Deswegen müssen die tatsächlichen Verluste im Schwad geprüft werden. Erst dann kann man sich nach der Anzeige richten und den Mähdrescher mit hoher Leistung fahren.
Raps nicht zu früh dreschen
Aus Angst vor Ausfallverlusten wird der Raps meist zu früh gedroschen. Auch wenn die Rapsschoten im oberen Drittel schon weiß sind, befinden sich im unteren Drittel noch grüne Schoten. Diese Gummischoten werden im Dreschwerk nicht ausgedroschen. Eine längere Standzeit ist für Raps in der Regel nicht schädlich. Ertrag und Qualität wachsen mit späterem Erntetermin zu. Die stärker gefährdete Frucht ist heute der Weizen mit schnell sinkenden Fallzahlen. Späte und intensiv geführte Rapssorten kann man nach dem frühen Weizen dreschen oder auch noch später.
Lager links liegen lassen
Oft gibt es Lager in den Fahrgassen infolge der Blütenbehandlung. Lagernder Raps lässt sich gut von vorn mit dem Schneidwerk unterfahren. Liegt das Lager in die andere Richtung, bereitet die verlustarme Aufnahme große Probleme. Die Fahrgasse wird dann in Schneidwerksbreite einfach liegengelassen und am stehenden Bestand weitergedroschen. Auf der Rücktour nimmt man dann die Fahrgasse mit, sodass das Lager vom Schneidwerk wieder gut unterfahren werden kann.
Häckslermesser drehen und wechseln
Die Arbeitsqualität des Häckslers ist mitentscheidend für Ertrag und Kosten der Ernte (Kraftstoffverbrauch) und der nächsten Ernte (ackerbauliche Vorteile). Je nach Abnutzungsgrad sollten die Häckslermesser gedreht oder gewechselt werden. Ei-ne Heckkamera kostet nicht viel und verhilft dem Fahrer zu einem guten Strohverteilbild mit hohem Folgenutzen.
Bruchkorn im Visier
Achten Sie verstärkt auf Bruchkorn im Bunker. Der Schaden ist immer doppelt so hoch, weil im selben Verhältnis zum Bruchkorn auch Kleinkornanteile den Mähdrescher über die Reinigung verlassen.
Bordbuch nicht vergessen
Führen Sie ein Bordbuch ein, wo der Fahrer wichtige Daten eintragen kann. Diese dienen zur Auswertung, wie Kraftstoffverbrauch, Reparaturen, Leistungen je Tag und Stunde usw. Sie sind Ausgangspunkt für zukünftige, organisatorische Veränderungen. Nichts ist so schnell vergessen wie die abgelaufene Ernte.
Keine Extraspuren
Abfuhrfahrzeuge sollten weitestgehend die Fahrgassen zum Transport nutzen und nur zum parallelen Abtanken neben dem Mähdrescher fahren. Der Abfahrer steht in der Fahrgasse des Vorgewendes und nicht am Feldrand. Das senkt den Bodendruck auf der bis-her unbefahrenen Fläche. Klären Sie im Vorfeld mit der Mannschaft das bodenschonende Befahren.
Dokumentation
Wiegen die Abfahrer an der Hofstelle selbst, bereiten Sie Handzettel vor, wo in vorgefertigten Spalten Gewicht, Frucht und Zeit eingetragen werden. So hat man nicht ein heilloses Durcheinander auf abgerissenen und bekritzelten Zetteln. Zur eigenen Sicherheit des Landwirtes sollten entsprechende Transportdokumente vorbereitet werden. Vollautomatische Probennahme und sichere Dokumentation sind bei Landhändlern im Prinzip Standard, in großen Betrieben kommen sie zunehmend zum Einsatz.
Nach der Ernte
Gleich nach der Ernte sollte der Mähdrescher gereinigt werden, um das Keimen von Ernteresten zu verhindern, die Anziehungspunkt für Schadnager sind. Bei dieser Gelegenheit kann der Fahrer auch Schadstellen erkennen, die bisher unter Staub und Schmutz verborgen waren.
Die in der Ernte geführte Reparaturmängelliste wird gemeinsam von Mähdrescherfahrer und Reparaturwerkstatt besprochen. Danach sollte ein Reparaturplan mit Kostenvoranschlag erstellt werden. Nutzen Sie die Herbst- und Winterzeit zur Durchsicht und Reparatur zum beiderseitigen Vorteil von Händler und Landwirt.