Abschaffung der Stoffstrombilanz: Weniger Bürokratie für die Landwirte?
Der angekündigte Wegfall der Stoffstrombilanz sorgt für Erleichterung. Doch ist dies nur ein kleiner Schritt im Kampf gegen den bürokratischen Aufwand für Landwirte? Die mediale Aufarbeitung der Entscheidung kommentiert Frank Hartmann.
Man kann ja der Meinung sein, dass das Erstellen einer betrieblichen Stoffstrombilanz, was seit 2018 zunächst für einige und seit 2023 für fast alle Landwirtschaftsbetriebe verpflichtend ist, eine unverzichtbare Wirkung entfaltet. Es gibt aber differenzierende Meinungen dazu und gegenteilige. Letztere schon zu ihrer Einführung im Rahmen des sogenannten Düngepaketes im Jahr 2017. Der verantwortliche Bundesagrarminister hieß da Christian Schmidt (CSU). Brüssel mit dem seit 2013 laufenden Vertragsverletzungsverfahren wegen mangelnder Umsetzung der Nitratrichtline im Nacken, war die weitreichende Novelle der Düngeverordnung Kernstück des Düngepaketes.
2020 noch einmal auf Druck der EU-Kommission verschärft, steuert sie bis heute das einzelbetriebliche Düngungsregime. War die Düngeverordnung samt dem zugesagten Wirkungsmonitoring Grundlage dafür, dass die EU-Kommission 2023 das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einstellte, spielte die Stoffstrombilanzverordnung hier keine Rolle. Auch das ist ein Grund, warum mehrere Bundesländer, darunter Thüringen oder Bayern, seit 2023 für ihre Abschaffung plädierten. 2024 folgte auf der Herbst-AMK ein einstimmiges Votum.
Nutzen versus Aufwand: Kritik an der Stoffstrombilanz
Wesentliches Argument dafür war und ist der bürokratische Aufwand, der in keinem Verhältnis zu ihrem Nutzen steht. Weder liefert die Stoffstrombilanz Ansätze für eine tatsächliche Schwachstellenanalyse noch Handlungsempfehlungen für das betriebliche Düngeregime. Einen tatsächlichen Flächenbezug gibt es nicht: Es handelt sich dabei lediglich um eine rechnerische Größe, die aus gesamtbetrieblichen Daten abgeleitet wird.
Schon gar nicht lässt sich ein Zusammenhang zwischen dem Düngen eines Schlages und der Nitratkonzentration im Grundwasser herstellen. Jene, die finden, dass der Aufwand zum Erstellen der Bilanz überschaubar wäre, seien daran erinnert, dass sie nur ein Punkt auf der vorjährigen 194er-Liste zum Bürokratieabbau war. Ihre jetzt vom neuen Bundesminister Alois Rainer (CSU) angekündigte Streichung ist nicht DER bürokratische Befreiungsschlag, sondern einer von vielen womöglich noch folgenden.
Abschaffung der Stoffstrombilanz: Zwischen Erleichterung und Kritik
Darüber ist die Erleichterung in der Praxis groß. Freilich gibt es auch Kritik. Und damit verbunden einen bedenklichen Wissensstand. Da wird etwa aus dem Wissenschaftsbetrieb heraus alarmiert, dass die Aufhebung der Stoffstrombilanzierung „faktisch einem Rückfall in die Gesetzlosigkeit im Bereich der Düngung“ gleichkomme. Da wird allen Ernstes behauptet, dass seit ihrer Einführung „die Menge an Stickstoff, die von landwirtschaftlichen Flächen in die Umwelt gelangt, um fast ein Drittel gefallen“ sei. Und nicht zuletzt wird unterstellt, dass es mit der Abschaffung der Stoffstrombilanz ein Leichtes werde, andere Düngeregeln zu umschiffen (Zitate gibt es hier).
Wirkungsmonitoring: Neue Hoffnung für die Düngepraxis
Entgegen der Interpretation der Deutschen Umwelthilfe oder des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, die der Stoffstrombilanz irrtümlicherweise Verursachergerechtigkeit bzw. das Erheben flächenscharfer Details attestierten, sind diese erst mit dem Wirkungsmonitoring zu erwarten. Dass das jetzt schnell auf den Weg gebracht wird, kündigte Minister Rainer an. Die Erwartungen daran sind hoch. Liefert es substanzielle, auch Brüssel überzeugende Daten, können Landwirte, die korrekt düngen, in roten Gebieten mit Entschärfungen rechnen.

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