Gut vier Dutzend Rinder werden im Jahr in der Direktvermarktung veredelt.

Agrar eG Teichel: Wurst und Fleisch gehören zum Land

Unser Praxispartner aus Thüringen, die Agrar eG Teichel, baut sein Sortiment in der Direktvermarktung weiter aus. Ergänzt wird dies bereits von einem Lieferservice in rund zehn umliegende Dörfer. Das breit gefächerte Fleischangebot wird mittlerweile auch durch Ei-Produkte oder sogar Fisch ergänzt.

Von Frank Hartmann

Klein aber fein: So sieht man in der Agrargenossenschaft Teichel die Direktvermarktung. Seit ein paar Wochen läuft die Geflügelsaison. Seither werden wöchentlich 40 bis 50 Enten geschlachtet, was mit der Gönnataler Putenspezialitäten GmbH ein regionaler Partner übernimmt. Die gut 750 Langmasttiere sind nachgefragt. In wenigen Wochen sind dann auch die 100 Weidegänse schlachtreif.

Dieses Saisongeschäft gehört seit jeher zur Direktvermarktung, die sich auf eine überschaubare Produktpalette beschränkt. „Unsere beiden kleinen Hofläden in Haufeld und Kirchhasel haben nur Donnerstag bis Samstag geöffnet“, sagt Vorstand Dr. Stefan Blöttner. Verfahren werde nach dem Prinzip: Wenn etwas ausverkauft ist, muss der Kunde bis zur kommenden Woche warten „oder für das nächste Mal vorbestellen“. Die zwei Vollzeitmitarbeiter in der Fleischerei und die vier Verkäuferinnen, die zugleich den Kantinenbetrieb mit täglich knapp 100 Mittagessen managen, werden von zwei Teilzeitleuten unterstützt. „In der Fleischerei fehlt uns eine ganze Arbeitskraft. Hier jemanden zu finden, ist äußerst schwierig“, weiß Blöttner – ein Zustand, den viele Direktvermarkter kennen.

Lieferservice in zehn Dörfern

Ein wichtiger Bestandteil der täglichen Arbeit ist der Lieferservice und die Abholung von frisch gekochtem Mittagessen für ehemalige Mitarbeiter, Mitglieder der Genossenschaft und weiteren Einwohnern der Region. In zehn Dörfer fährt der Lieferdienst das Mittagessen. „Wir legen sehr viel Wert darauf, dass unser Essen auf einem echten Porzellanteller serviert wird und das hat nicht nur etwas mit der Wertschätzung des Produktes zu tun, sondern auch mit dem Geschmack. So heben wir uns von den Mitbewerbern ab“, sagt Blöttner weiter. Es sei zwar nur ein kleiner Beitrag für das Dorfleben, „den wir aber leisten, denn sonst würde es wohl keiner machen“.

Sechs bis zehn Schweine werden wöchentlich vor allem für das Thüringer Hausschlachtsortiment verarbeitet. Wie die eigenen Rinder, können die 150-Kilogramm-Schweine gleich hinter der Landesgrenze im fränkischen Kronach in Lohn geschlachtet werden. Gemästet werden sie von Betrieben der Erzeugergemeinschaft für Qualitätsschlachttiere Südthüringen mit Sitz in Kamsdorf und damit in der Region. Für die Thüringer Wurstspezialitäten gibt es regelmäßig Auszeichnungen. Und die Rostbratwurst ist freilich als „Original Thüringer“ zertifiziert.

Wenn jetzt die Charolais-Herden in Teichröda ihr Winterquartier beziehen und die Kühe kalben, werden die Grundlagen für die Rindfleischvermarktung in über einem Jahr gelegt. 46 bis 48 Jungbullen inklusive einiger Färsen schlachtet und veredelt die Agrar eG Teichel pro Jahr nur für den Eigenbedarf in den Hofläden.

„Thüringer Hausmacher Eiernudeln“ aus Teichweiden

„Thüringer Hausmacher Eiernudeln“ aus Teichweiden

Urkunde Agrar eG Teichel

Für die Thüringer Wurstspezialitäten gibt es regelmäßig Auszeichnungen.

Charolais Rinder auf der Weide

Gut vier Dutzend Rinder werden im Jahr in der Direktvermarktung veredelt.

Gänse auf der Wiese

Auch die 100 Weidegänse sind in bald schlachtreif.

Auswahl einer Fleischtheke

Das Thüringer Hausschlachtsortiment in der Kühltheke der Direktvermarktung.

Dammwild auf einer Wiese

Im 16 ha großen Naturgehege finden sich Dam- und Rotwild. Vom Jungtier bis zu den Hirschen sind derzeit knapp 120 Tiere im Gatter.

Verschiedene Wurst- und Schinkensorten

Geräuchertes vom Thüringer Hausschlachtsortiment.

Junge Enten im Aufzuchtsstall

Seit ein paar Wochen läuft die Geflügelsaison. Seither werden wöchentlich 40 bis 50 Enten geschlachtet. Die gut 750 Langmasttiere sind nachgefragt.

Ein weiteres Saisongeschäft, das im Herbst startet, ist die Wildfleischvermarktung. Im 16 ha großen Naturgehege finden sich Dam- und Rotwild. Vom Jungtier bis zu den Hirschen sind derzeit knapp 120 Tiere im Gatter. „Wir können das Wildfleisch, das wir auch zu Wurst oder Salami verarbeiten, als ‚Wie frei lebendes Wild‘ vermarkten“, berichtet Blöttner. Für die Wildschlachtung steht eine eigene, zertifizierte Schlachtstätte zur Verfügung.

Ergänzt wird das Sortiment mit Frischeiern der Geflügelhof Teichweiden GmbH. Gesellschafter der einstigen Zwischenbetrieblichen Einrichtung (ZBE) sind vier Agrarbetriebe, darunter die Agrar eG Teichel. Blöttner schwört auf die Qualität der Eier, und das nicht nur, weil seine Mutter dort die Geschäfte führt. Eben gerade ist dem Teichweider Betrieb gemeinsam mit dem Landwirtschaftsbetrieb Petra Rauschenbach in Remsa und der Ziegenalm Sophienhof in Harztor der Thüringer Tierschutzpreis 2020 zuerkannt worden. Zum Sortiment zählen auch „Thüringer Hausmacher Eiernudeln“ aus Teichweiden. Die Nudeln fertigt die für ihre Nudelproduktion bekannte Rhönland eG in Dermbach in Dienstleistung mit den Teichweider Eiern.

Blöttner will nicht vergessen, dass man zu Weihnachten und Silvester, je nach Kundenwunsch, lebende oder filetierte Karpfen und Forellen im Angebot habt. Diese kommen von einer nahegelegenen Teichwirtschaft. „Und solange der Vorrat reicht, steht der Honig des Imkers, der in unserer Flur unterwegs ist, ganzjährig in den Läden.“

Derzeit läuft es rund

Gleichwohl die Coronapandemie den öffentlichen Kantinenbetrieb einschränkt und Hygieneauflagen in den Hofläden umzusetzen sind, legten die Umsätze in dieser Zeit zu. „Im Frühjahr zog die Nachfrage nach haltbaren Produkten wie Wurst im Glas an. Im Sommer lief das Grillfleischgeschäft, allen voran mit Original Thüringer Rostbratwürsten und Rostbrätel, noch besser als üblich. Und auch jetzt sind unsere Produkte gut nachgefragt“, bilanziert Blöttner. Er sieht die Direktvermarktung, mit der die Genossenschaft immerhin ein kleines Plus erwirtschaften kann, rundlaufen. Und obwohl dies in der Gesamtbilanz des Betriebes nur wenig ins Gewicht fällt, sei etwa die Vermarktung der Rinder, die nicht als Zuchttiere verkauft werden, für die Grünlandwirtschaft von Bedeutung. Als Imageträger für den Betrieb und als Ausdruck des ländlichen Lebens in der Region bleibe die Direktvermarktung fast unbezahlbar.