Betriebsleiter Alexander Müller in der Apfelplantage nahe der Hofstelle. © Detlef Finger

Obsthof Müller in Querfurt: Streuobstwiesen und Direktvermarkung

Alle zwei Jahre wechselte bislang in Sachsen-Anhalt der Betrieb, über den wir regelmäßig berichten. Im Obsthof Müller in Querfurt fand sich unser nunmehr siebter Mitstreiter als Praxispartner. Wir stellen das Unternehmen vor.

Von Detlef Finger

Bei unserem Antrittsbesuch in Querfurt ist Alexander Müller mit einer der wichtigsten Kulturmaßnahmen im Apfelanbau beschäftigt – der Behangsregulierung. Damit sich an den Bäumen qualitativ hochwertige, große Früchte entwickeln können, dünnt er den Blütenansatz aus. Das erledigt der Betriebsleiter maschinell.

Mit dem schmalen Spezialtraktor fährt er die Baumreihen einseitig ab. Das an der rechten Front angebaute Ausdünngerät, eine senkrechte, im Uhrzeigersinn rotierende Spindel mit 60 Centimeter langen Plastikschnüren, schlägt einzelne Blüten oder ganze Blütenbüschel von den Zweigen ab. Das Ausdünnergebnis wird u. a. vom Einsatzzeitpunkt, der Fahrgeschwindigkeit und der Spindeldrehzahl beeinflusst, erklärt Müller. Je näher die Spindel an die Bäume geführt wird, desto tiefer greifen die Fäden ins Kroneninnere hinein.

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Der Blütenbesatz der Apfelbäume wird maschinell ausgedünnt, um Früchte in hoher Qualität zu ernten. © Detlef Finger

Obsthof Müller: Warum die Apfel-Blüte ausdünnen?

Die Vollblüte des Apfels, sie läutet im phänologischen Kalender den „Vollfrühling“ ein, ist dieses Jahr etwa zwei Wochen voraus, sagt der Obstbauer: „Ein Baum kann durchaus 1.000 bis 1.500 Blüten tragen. Ernten wollen wir aber nur 100 bis 120 Äpfel pro Baum. Dementsprechend müssen wir ausdünnen.“

Diese Maßnahme verringere auch die insbesondere beim Apfel ausgeprägte Alternanz, schiebt der Fachmann nach: „Das sind Schwankungen des Obstertrages im zweijährigen Rhythmus.“ So könne ein Baum in einer Saison übervoll mit Früchten hängen, im Folgejahr aber kaum Ertrag bringen. Auslöser seien neben Witterungseinflüssen Pflanzenhormone, die die Knospendifferenzierung im Frühsommer anregen und entscheiden, welche Knospe im nächsten Jahr zu Blatt, Trieb oder Blüte wird.

Obsthof Müller in Querfurt: Start in den 90er-Jahren

Der 47-Jährige nimmt sich an diesem 10. April die Zeit, um uns den Obsthof vorzustellen. Der wurde 1996 gegründet als GbR zusammen mit seinem heute 80-jährigen Vater Gerhard. „Ich habe mich damals für Landwirtschaft interessiert. Ein befreundeter Betriebsinhaber weckte dann die Leidenschaft für den Obstbau in mir“,
erzählt der studierte Betriebswirtschaftler, der den Hof seit 2000, nach Abschluss seines Studiums, als Einzelunternehmen führt.

Die Wurzeln des Familienbetriebes reichen indes bis ins Jahr 1936, als die Großeltern Teile einer Domäne in der Bauernsiedlung in Querfurt, die heute noch Wohn- und Produktionsstandort ist, mit 14 Hektar Fläche übernahmen und bis Ende der 1950er-Jahre als Gemischtbetrieb bewirtschafteten – bis zur Zwangskollektivierung.

Die ersten Apfelbäume

Die Hofstelle wurde in der Folge privat erhalten und mit Schweinemast und Gemüsebau finanziert. Nach der Wende kamen 1996 die ersten Apfelbäume in die Erde. 1998 folgte mit dem Apfelverkauf der Einstieg in die Direktvermarktung, erst auf dem Hof, später im kleinen Laden an der Straße „Vor dem Nebraer Tor“. Dort steht seit 2009 der neue, 2018 in der Verkaufsfläche erweiterte und 2020 vom Agrarministerium ausgezeichnete Obsthofladen. Der größte Teil des Produktsortiments stammt aus eigener Erzeugung bzw. von anderen regio­nalen Direktvermarktern.

Ende der 1990er-Jahre wurden auf dem Betriebshof erste Obstkühllagerkapazitäten geschaffen und im Jahr 2000 erweitert, später Tröpfchen-Bewässerungen in den Obstplantagen angelegt. Zunehmend investiert wurde hiernach u. a. in Folienüberdachungen bzw. Netze zum Schutz von Kirschen und Äpfeln gegen Schäden durch Regen, Frost und Hagel.

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Direktvermarktung: Welche Obstarten gibt es und was wird produziert?

2006 entstand eine eigene Hofkelterei, 2018 die Manufaktur zur Herstellung von Fruchtaufstrichen und Likören. Einige der Erzeugnisse waren 2019 und 2020 im Wettbewerb um die Kulinarischen Sterne Sachsen-Anhalts erfolgreich. Seit 2020 verfügt der Hof sogar über eine eigene Brennerei.

Nach den Regeln des kontrolliert-integrierten Anbaus bewirtschaftet werden derzeit gut acht Hektar Äpfel, sechs Hektar Süßkirschen, ein Hektar Aprikosen, 0,75 Hektar Pflaumen und 0,2 Hektar Sauerkirschen. Hinzu kommen zwei Hektar Streuobstwiese und fast ein Hektar Weihnachtsbäume.

Der Betrieb ist Mitglied in der Absatzgenossenschaft „Fahner Obst“, im Bauernverband Saaletal sowie im Obstbauverband Sachsen & Sachsen-Anhalt. In Letzterem arbeitet Alexander Müller seit Jahren aktiv im Vorstand mit.

Obsthof Müller in Querfurt als Arbeitgeber

Der Obsthof ist auch Arbeitgeber: Neben dem Betriebsleiter sind sieben feste, familienfremde Voll- sowie zwei Teilzeitkräfte in Produk­tion, Direktvermarktung und Verarbeitung beschäftigt. Die Büroarbeiten (und weitere Aufgaben) erledigt Müllers Ehefrau Monique, dies seit Jahresbeginn in Vollzeit. In der Ernte helfen zudem ausländische Saisonkräfte.

Mitte April begann der Betrieb mit Maßnahmen zum Schutz der Obstblüte vor Nachtfrösten. Die Regenschutzfolien über den Kirschbäumen und die Hagel­schutznetze über der Apfel-Plan­tage wurden zugezogen. Darunter kamen stationäre Gasheizgeräte und zusätzlich ein traktorgezogenes Gerät zum Einsatz. Wie erfolgreich diese Bemühungen waren, wird sich zeigen.

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