Vom Möbel-Tischler zum Moor-Schützer: Moor-Renaturierung in Brandenburg
Klimaschutz durch Weidewirtschaft: Landwirt Marc de la Barré aus der Uckermark erhält Auszeichnung für sein Engagement im Moorschutz. Mehr Biodiversität dank Galloway-Rinder.
Von Heike Mildner
Seit Generationen betreibt die Familie de la Barré eine Möbelmanufaktur in Potzlow, einem Ortsteil der Gemeinde Oberuckersee mit rund 500 Einwohnern im Landkreis Uckermark im Nordosten Brandenburgs. Vor neun Jahren kam für Marc de la Barré zur Möbeltischlerei die Tierzucht. Aus dem Familienhobby wurde Landwirtschaft im Nebenerwerb, aus ein paar Galloways wurde eine Herde von 76 Tieren. Die kleinen, robusten Rinder stehen das ganze Jahr über auf der Weide – insgesamt hundert Hektar, die Hälfte eine Moorfläche im Vertragsnaturschutz.
Landwirt hält Galloways im Moor in der Uckermark
Am 9. Oktober wurde dem Nebenerwerbslandwirt vom Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) die Plakette „Partner moorschonende Bewirtschaftung“ verliehen, eine Auszeichnung für das große Engagement, mit dem sich Marc de la Barré der Bewirtschaftung der Moorflächen widmet. Nach Enrico Voigt von der Agrargenossenschaft im westhavelländischen Gülpe ist Marc de la Barré der zweite von drei Brandenburger Landwirten, der diese Auszeichnung erhält.
In die Beweidung der Moorstandorte ist Marc de la Barré erst 2023 eingestiegen, und das versprach, ein ziemlich nasses Abenteuer zu werden. „Die haben alle nur mit dem Kopf geschüttelt“, schilderte er die Reaktion der umliegenden Landwirte auf seinen Plan, eine Fläche entlang der Uckerniederung als Viehweide einzurichten. Jahrzehntelang war dieses Niedermoor sich selbst überlassen, das Schilf stand drei Meter hoch.
Unterstützung vom Landesamt für Umwelt
Bei der ersten Begehung war es kaum möglich, sich im Gelände zu orientieren, erzählt der Tierhalter. „Wir hatten Schwierigkeiten, den Kirchturm noch zu sehen, und wussten nicht, wo wir wieder rauskommen.“ Zudem wusste niemand, wo alte Gräben verlaufen und wie tragfähig die Decke ist. „Das war die erste Herausforderung“, sagt Marc de la Barré rückblickend.
Allein hätte er diesen Plan nicht umsetzen können. Es gab viel Hilfe von außen – angefangen bei der Vermittlung des Pachtvertrages durch die Stadt, über die Unterstützung des Landesamtes für Umwelt bis zur Beratung durch den Moorklimawirt Sebastian Petri aus Kremmen. Gerade Petri verfügt sowohl über Erfahrung als auch über die entsprechende Technik, um überhaupt auf solch unwegsamen Flächen zu wirtschaften. Als „Ersteinrichtung“ konnte er mit seiner Moorraupe den undurchdringlichen Aufwuchs mähen und bergen.
Moor: Unterwuchs soll den Boden stabilisieren
Im nächsten Schritt muss sich nun ein Unterwuchs etablieren, der den Boden stabilisiert: die Grundlage für das Futter und auch für die Standfestigkeit der Tiere. Mit Holzbohlen baute Marc de la Barré Übergänge über Gräben und schwankende Torflinsen.
Um seine Tiere kümmert er sich intensiv – besonders, wenn es regnet. Ein- bis zweimal täglich fährt er dann raus, um nach ihnen zu sehen und sie gegebenenfalls umzusetzen. Da er auch sonst manchmal mit ihnen um die Seen herum auf eine andere Fläche muss, sind sie Transporte gewöhnt, sagt de la Barré. Ein gutes Training, auch für die letzte Fahrt nach Schönfeld zur Landschlachterei, wo monatlich drei Tiere relativ stressarm ihrer kulinarischen Bestimmung zugeführt werden.
Hofladen neben der Tischlerei
Gleich neben der Möbeltischlerei gibt es einen kleinen Hofladen. Privatkunden, aber auch ein paar Restaurants in Berlin und ein Landfleischer sind dankbare Abnehmer, die den Geschmack der robusten Rinderrasse zu schätzen wissen. Seine Rinder hingegen sind genügsam und fressen fast alles. „Bis auf Binse, die mögen sie nicht so“, hat de la Barré beobachtet. Dank ihres schonenden Weideverhaltens fördern die Galloways zudem die Artenvielfalt und die Humusbildung.
Das Landesumweltamt hat großes Interesse an der Bewirtschaftung des Moores und bezahlt die Leistung des Landwirts über den Vertragsnaturschutz. Zusätzlich belohnt wird de la Barré, der sich dem Erhalt des Moores aus tiefer Überzeugung zugewandt hat, durch die sich wandelnde Natur: Seltene Tiere wie Kiebitze, Seeadler und Seggenrohrsänger finden einen neuen Lebensraum, das Wasser wird in der Landschaft gehalten.
Jede Menge Moor in Brandenburg
Brandenburg ist bekanntlich reich an Moorflächen. Laut Arbeitsgemeinschaft Klimamoor (klimamoor-brandenburg.de) werden derzeit mehr als 200.000 ha Moor- und Moorfolgeböden „in einer Art wirtschaftlich genutzt, die diese Böden nachhaltig beeinträchtigt und dabei pro Jahr rund 6,2 Mio. t CO2-Äquivalente sowie bislang gebundene Nährstoffe freisetzt.“ Wie eine Umstellung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung auf hohe Wasserstände gelingen kann, darum ranken sich zahlreiche Projekte in Brandenburg.
Auszeichnung für Moor-SChutz
Marc de la Barré bekam seine Auszeichnung von Carolin Priefert überreicht, eine von fünf Mitarbeitenden im DVL für das Projekt „Kooperation für moorschonende und moorerhaltende Landtechnik und Bewirtschaftungsformen Brandenburg“ (KoMoTec), das in diesem Jahr ausläuft. Am 14. November, 9.30–14 Uhr, wird in Götz öffentlich Bilanz gezogen (brandenburg.dvl.org).
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