Christian Völkner moderiert den Podcast Kuhverstand und ist Gründer des Clubs der alten Kühe. (c) kuhverstand.de

Podcast für Rinder-Halter: Kuhverstand säen, Lebensqualität ernten

Christian Völkner will mit seinem Podcast für Rinder-Halter wertvolle Erkenntnisse und neue Motivation bieten. Die sollen helfen, unternehmerisch zu denken, besser zu kommunizieren und letztlich mehr Geld zu verdienen.

Das Gespräch führte Susanne Gnauk, BWagrar

Christian, wie bist Du eigentlich auf die Idee gekommen, den Kuhverstand-Podcast zu machen und dann auch noch den Club der alten Kühe zu gründen?

Das Medium hat mich einfach begeistert. Ich habe zu allen möglichen Themen Podcasts gehört, nur nicht zur Landwirtschaft. Außerdem hat mich interessiert, wie Geschäftsmodelle funktionieren. Als Landwirt bin ich 2012 in unseren Familien-Milchviehbetrieb mit eingestiegen. 2016 fing ich an, bei geeigneten Arbeiten nebenbei Podcasts zu hören, und fand es schade, dass es nichts für Milchviehhalter gab. Da ich mitbekam, wie viel über das Internet möglich ist, hatte ich Lust, online ein Geschäftsmodell aufzubauen und mit einem Podcast anzufangen.

Die Idee zum Club der alten Kühe ist mir später gekommen. Meinen Betrieb habe ich seit Ende 2018 verpachtet, um meine volle Arbeitskraft für den Podcast und den Club der alten Kühe zur Verfügung zu haben. In der ersten Zeit musste ich allerdings von meinen Reserven, die ich aus der Landwirtschaft und dem Verkauf der Tiere hatte, leben.

Was geben Dir Kühe?

Kühe geben gerne – zum Beispiel ihre Milch. Sie sind gutmütig und neugierig. Und sie können Freundschaften schließen. Ein Milchviehhalter erzählte mir, dass eine kranke Kuh auf der Weide nur in den Stall mit ihrer befreundeten Kuh ging, die nicht von ihrer Seite wich. Er hat also beide zusammen in eine Einzelbox eingestallt. Meine Motivation war folgender Gedanke: Wenn ich 100 Betriebe, die jeweils 100 Kühe haben, nach vorne bringe mit ihren Tieren, dann profitieren davon schon mal 10.000 Kühe plus die ganzen Menschen, die zum Hof-Team gehören. Daran habe ich mich als langfristige Perspektive bei meinen ersten Podcast-Folgen hochgezogen. Seit Mitte 2023 bin ich jetzt konstant bei über 10.000 Abrufen pro Monat. Auf der letzten EuroTier haben mich schon etliche Leute über den Podcast wiedererkannt.

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Podcast für Rinder-Halter: Christian Völkner im Interview

Warum ist Dir auch der Mensch und seine eigene Entwicklung dabei wichtig?

Ich möchte mit älteren Kühen den Tieren und den Haltern Gutes tun. Das ist wie eine Treppe. Wenn man sich nur darauf konzentriert, alles für das Wohlbefinden der Kühe zu tun, aber nicht für sich selbst und seine Mitarbeiter, dann funktioniert es nicht. Das wäre so, als würde man mit einem Bein ständig drei Stufen auf einmal erklimmen. Das muss miteinander gehen, damit man die Treppe hochkommt. Wenn Du ältere Kühe willst, musst Du ja etwas verändern, also auch Dein eigenes Denken, und Du wirst auf Widerstände treffen. Du wirst Dich also automatisch weiterentwickeln.

Man entwickelt sich sowieso jeden Tag weiter, die Frage ist nur: In welche Richtung? Die Betriebsentwicklung wächst mit dem Problembewusstsein. Aus meiner Erfahrung heraus gibt es – sehr modellhaft ausgedrückt – vier Kategorien von Milchviehhaltern: Der betriebsblinde Hamsterradmilchbauer kennt gar nicht so richtig seine Probleme und hat keine Zeit für die Betriebsentwicklung. Dem gegenüber steht der erfolgreiche Kuhunternehmer. Dazwischen gibt es den unbedarften Betriebsentwickler sowie den lösungsorientierten „Selbst-und-ständig-Kuhmenschen“. Der Unbedarfte hat Zeit, seinen Betrieb voranzubringen, kennt aber seine Baustellen nicht richtig. Seine Entwicklungen passieren eher zufällig und ungezielt. Nach meinen Umfragen aus den Online-Seminaren finden sich die meisten Menschen allerdings beim „Selbst-und-ständig-Kuhmenschen“ wieder, der seine Probleme zwar kennt, aber nicht die Zeit findet, sie anzupacken.

Als Landwirt hatte ich auch immer das Gefühl, ständig den Dingen hinterherzulaufen. Das hatte ich erst nicht mehr, als ich was Neues gemacht habe. Das Neue wurde aber auch immer mehr, und irgendwann bin ich den Sachen wieder hinterhergelaufen.

Jetzt kannst Du das nicht mal mehr auf die Landwirtschaft schieben, wenn Du den Sachen hinterherrennst!‘, dachte ich mir dann. Also musste ich mehr bei mir schauen.

Automatisieren und Delegieren

Hast Du Tipps, wie man aus dem Arbeitshamsterrad rauskommt?

Zwei Fische schwimmen den Fluss entlang, kommt ein älterer Fisch entgegen: Na Jungs, wie ist das Wasser heute? Die beiden jungen Fische starren sich verdutzt an. Einer fragt schließlich: Welches Wasser? Wir sind von Gewohnheiten umgeben wie ein Fisch vom Wasser. Das zu erkennen und an den eigenen Gewohnheiten zu arbeiten, ist für mich der Schlüssel gewesen. Mit Gleichgesinnten im Club der alten Kühe haben wir dann sogar zusammen ein Online-Zeitmanagement-Training entwickelt.

Aus dem Hamsterrad herauszukommen, ist am Anfang schwierig, wird später aber immer leichter. Mir hat geholfen: Gleiche und ähnliche Dinge zusammen abzuarbeiten, Automatisieren und Delegieren, wo andere schneller, besser, günstiger sind, das zeitliche Trennen vom Festhalten der Idee und über die Idee zu entscheiden sowie eine feste Struktur, um die Dinge geregelt zu bekommen. Meine Struktur habe ich teilweise von „Getting Things Done“, einer Selbstmanagementmethode von David Allen, übernommen, und teilweise durch eigenes Ausprobieren. Ich bin immer noch dabei, meine Struktur weiterzuentwickeln. Dazu stehe ich mit verschiedensten Menschen im Austausch.

Kühe im Melkstall
Kühe wollen an jedem Tag des Jahres gemolken werden. Da kann einem die Arbeit schon wie ein Hamsterrad vorkommen. Aber es gibt Wege, um aus dieser Gefühlswelt herauszukommen. (c) Sabine Rübensaat

Austausch unter Milchviehhaltern

Warum hast Du den Club der alten Kühe gegründet und wer darf Mitglied werden?

Mit wurde bewusst, dass Lösungen zur Arbeitserleichterung oder mehr Effizienz etcetera ja schon auf den Betrieben vorhanden sind. Das wollte ich gerne sichtbar machen. Mit dem Club der alten Kühe wollte ich eine Plattform für einen Austausch unter Milchviehhaltern schaffen. Heute sind wir etwas mehr als 70 Mitglieder aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. Dem Club dürfen nur Milchviehhalter selbst, Betriebsleiter und Herdenmanager beitreten, die den Hauptteil ihres Einkommens mit der immer gleichen Milchviehherde erwirtschaften – Berater oder Tierärzte beispielsweise nicht. Ich will da eine klare Linie haben, und die Clubmitglieder haben es sich selbst auch so gewünscht. Die Halter wollen unter sich sein. Mein Ziel ist der ehrliche, respektvolle, vertrauensvolle Austausch mit Berufskollegen ohne Stressprogramm, wo man sich auch kennt. Deswegen haben die Leute auch die Bilder im Videochat. Und es gibt Steckbriefe der Mitglieder.

Neben dem monatlichen Online-Treffen zu einem bestimmten Thema gibt es auch die jährliche Clubtour mit Besuchen zweier Mitgliedsbetriebe. Und wir holen uns externe Referenten rein. Ich bin auch nicht der klassische Fachberater, sondern Netzwerker und Coach, der auch Diskussionen mit kritischen Fragen ankurbelt und zum gegenseitigen Austausch motiviert. So gibt es zu bestimmten Themen Untergruppen mit wenigen Mitgliedern, wo ich nicht dabei bin. Beispielsweise haben wir einen Stammtisch zur Rinderzucht, der sich einmal monatlich trifft.

Und es gibt ein Mitgliederforum zum gegenseitigen Austausch. Die Mitglieder kommen aus konventionellen wie ökologischen Betrieben, und auch diesen Austausch aus verschiedenen Betriebsformen heraus schätzen sie sehr. Das Gute am Club ist: Die Leute sind sehr unterschiedlich, aber alle ticken ähnlich, wie es mal ein Clubmitglied treffend ausdrückte. Die Leute eint, dass sie Lust haben auf ältere Kühe. Dafür muss schon alles passen. Der Podcast ist über die verbreiteten Streamingdienste für alle Interessierte abrufbar. Und ich biete auch noch das schon erwähnte mehrteilige Online-Zeitmanagement-Training für Milchviehhalter an.

Podcast für Rinder

Christian Völkner, will ein Pfadfinder auf dem Weg zu älteren Kühen sein. Dazu moderiert und organisiert er die Online-Community Club der alten Kühe, in der sich seit 2019 engagierte Milchkuhhalter (ökologische und konventionelle) aus dem gesamten deutschsprachigen Raum treffen, um sich gegenseitig zu unterstützen und voneinander zu lernen. Denn mehr Kuhverstand bringt mehr Lebensqualität in Milchkuhbetriebe. Zusätzlich moderiert Christian Völkner seit sechs Jahren den Kuhverstand-Podcast, dieser ist auf allen gängigen Plattformen wie Spotify, Apple und Google Podcasts kostenfrei abrufbar: www.kuhverstand.de

Lohnen sich alte Kühe?

Was entgegnest Du auf das Argument: „Alt heißt nicht unbedingt wirtschaftlich“? Was sind die Vor- und was die Nachteile von alten Kühen?

Die Vorteile sind eine höhere Wirtschaftlichkeit über die höhere Lebenstagsleistung und die Kosten sinken, wenn Du die Aufzuchtkosten reingespielt hast. Zudem haben alte Kühe in der Regel mehr Charakter, es macht mehr Spaß, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Der Anteil an Erstkalbinnen ist geringer. Und Du verbesserst die Klimabilanz Deiner Milchproduktion.

Wenn Du allerdings das Ziel hast, möglichst wenig Arbeitszeit pro Kuh zu erreichen, dann ist unser Ansatz vielleicht nicht der richtige. Aber ich kenne auch Betriebe, die nicht mehr Arbeit haben als Betriebe mit jüngeren Kühen. Alte Kühe machen auch mehr Arbeit, diese Aussage würde ich also nicht pauschalisieren. Viele alte gesunde Kühe sind für mich eher ein Abbild dafür, dass sich ein Betrieb und seine Menschen weiterentwickeln, dass man im Management vieles richtig macht. Ältere Kühe haben eine höhere Milchzellzahl. Diese ist aber nicht immer ein Ausdruck von kränkeren Kühen. Es gibt auch Kühe mit hohen Zellzahlen, die nie eine Euterentzündung hatten. Und durch gutes Management kannst Du die Zellzahl unabhängig vom Alter der Herde reduzieren.

Zwei weitere Herausforderungen bei älteren Kühen sind die Klauengesundheit und Milchfieber. Auf diese zwei Dinge ist auch verschärftes Augenmerk zu legen. Alte Kühe um jeden Preis machen auch keinen Sinn. Man sollte das Ziel nicht zu verbissen sehen. Es gibt auch gute Gründe, sich von Kühen zu trennen. Aber es gibt alte Kühe, die laufen einfach mit, und man wundert sich irgendwann: Ach, dich gibt es auch noch, du hattest ja schon sechs Kälber! Aber wenn die Rindfleischpreise hoch sind, lohnt es gegebenenfalls auch mal Kühe, die zum Beispiel schwer tragend werden oder ähnliche Probleme machen, eher zu merzen.

Wichtig ist nicht das Alter, sondern eine hohe Lebenstagsleistung. Alte Kühe sind für mich ein Ziel, aber kein Dogma. Es kann im Einzelfall Sinn machen, sich rechtzeitig und bewusst von einer Kuh zu trennen. Dennoch bleiben gesunde Kühe, die älter werden, ein sinnvolles Ziel.

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