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Umgang mit roten Gebieten sorgt für Misstrauen

Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen weisen mehr rote Gebiete aus als die anderen ostdeutschen Länder. Warum das so ist, darüber sind Landwirte und Politik gegensätzlicher Meinung.

Am 1. Januar treten die neuen Landesdüngeverordnungen in Kraft. Dann gehören Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen zu den Ländern mit den höchsten Anteilen roter Gebiete. Im Norden müssen Landwirte dann auf 13 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche die Bewirtschaftung einschränken, im Freistaat sogar auf 14,5 Prozent. „Die Bauern hier wie dort zählen damit deutschlandweit zu den Verlierern der neuen Düngeverordnung.“ Das stellte der Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommerns, Detlef Kurreck, dazu am Donnerstag fest. „Sie sind damit deutlich schlechter gestellt, als ihre Kollegen in den anderen Bundesländern.“

Rote Gebiete: Zwei Länder einstellig

Tatsächlich weist der Freistaat Thüringen nur 6,4 % seiner landwirtschaftlich genutzten Fläche als rote Gebiete aus. Vor der Binnendifferenzierung waren es 22,7 %. Brandenburg kam schon bei der Erstberechnung in etwa auf die noch endgültig zu beschließenden Zahlen. Aber auch hier ging der Anteil der nitratbelasteten Gebiete nochmals zurück: von 2,3 % der Fläche auf 1,8 %. Sachsen-Anhalt hält sich mit Zahlen noch bedeckt. In Magdeburg will sich das Kabinett erst am 15. Dezember mit der Landesdüngeverordnung befassen.

Die Unterschiede innerhalb der ostdeutschen Länder standen am Mittwoch auf der Tagesordnung eines informellen Arbeitsgespräch der fünf Minister. Daran nahmen auch die Präsidenten der Landesbauernverbände sowie Vertreter der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Initiative „Land schafft Verbindung“ und von Öko-Anbauverbänden teil. Dort gab es Kritik an der für die Ausweisung der roten Gebiete maßgeblichen Verwaltungsvorschrift des Bundes (AVV). Die Minister hätten sich darauf verständigt, sich beim Bund für die Überarbeitung der AVV einzusetzen. Das zumindest teilte das gastgebende Schweriner Landwirtschaftsministerium am Abend nach der Videokonferenz mit.

Liegt die Schuld allein beim Bund?

Diese Meldung sorgte für Irritationen. Zwar sei eine solche Initiative angesprochen worden, auf einen Vorstoß beim Bund habe man sich aber nicht verständigen können, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Das Schweriner Ministerium erklärte auf Nachfrage: Auf den Vorschlag von Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus, beim Bund gemeinsam eine Evaluierung der AVV anzuregen, habe es keinen Widerspruch gegeben. Entsprechend einer Vereinbarung mit dem Bauernverband MV habe sich Backhaus bereits mit einem entsprechenden Schreiben an Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner und an die Bundesumweltministerin Schulze gewandt. Eine Antwort stehe noch aus. 

Das Dresdener Agrarministerium bestätigte dann aber, es habe eine solche Absprache gegeben. „Sachsen beanstandet vor allem die wesentlich zu grobe Datenbasis für die Ermittlung der potenziellen Nitratausträge nach Anlage 4 AVV GeA, die einer kleinräumig-großmaßstäbigen Abgrenzung von Flächen mit hohem Emissionsrisiko zuwiderläuft”, hieß es auf Nachfrage der Bauernzeitung. Die Schwächen der AVV seien bereits vom Bundesrat in einer eigenen Entschließung aufgelistet worden, in die der Freistaat mehrere konkrete Punkte eingebracht habe.

Zurückhaltender, wenngleich nicht ablehnend äußerte sich Thüringen zu dem Vorstoß. Es spreche überhaupt nichts dagegen, Verordnungen auch auf ihren Mehrwert hin zu evaluieren und zu schauen, welche Regelungen sich in der Praxis bewähren und welche nicht, sagte Agrarstaatssekretär Torsten Weil der Bauernzeitung. „Aber insgesamt darf es kein Zurück hinter die EU-Regelung geben.“

Zweifel an der Auslegung

Für den Bauernverband MV liegt die Ursache der großen Unterschiede zwischen den Ländern jedoch nicht zuerst in der strittigen Verordnung des Bundes. Präsident Kurreck ist davon überzeugt: „In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen werden die durch die AVV eingeräumten Spielräume zur Ausweisung roter Gebiet bisher nur ungenügend genutzt.“ Im Klartext: Die Länder haben unterschiedliche Messlatten angelegt.

Backhaus wies das zurück. „Das kann ich so nicht stehen lassen. Deshalb ist es notwendig, die Verwaltungsvorschrift zeitnah zu überprüfen”, erklärte er. Teilnehmer der Videokonferenz berichteten hingegen auch von gegenteiligen Vorhaltungen: Sowohl der MV-Agrarminister als auch sein sächsischer Amtskollege Wolfram Günther hätten während der Videokonferenz mehr oder weniger offen Zweifel an der sachgerechten Anwendung der AVV in den anderen ostdeutschen Ländern geäußert, hieß es. Ein Sprecher des sächsischen Landwirtschaftsministeriums widersprach inzwischen dieser Darstellung. red (aktualisiert am 8.12.)

Hinweis: Mit den „fünf ostdeutschen Agrarministern“ sind stets Ministerin Dalbert sowie die Minister Backhaus, Vogel, Günther und Hoff gemeint. Wir bitten um Verständnis, wenn wir allein aus Gründen der Sprachökonomie auf die männliche Form verkürzen. Die Redaktion