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Sackweise Protest gegen Milchüberschüsse

Mit einem Stapel aus mehr als 300 Säcken Milchpulver protestierte der Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) am Donnerstag in Berlin gegen die Einlagerung von Milchprodukten. EU-weit sollte stattdessen die Produktion gedrosselt werden.

Zwischen Bundestag und Kanzleramt bauten Mitglieder des Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) eine gut zwei Meter hohe „Milchpyramide“ aus über 300 Säcken voller Milchpulver. Sie sind unzufrieden mit dem Beschluss der Europäischen Kommission, zur kurzfristigen Entlastung der Märkte die Private Lagerhaltung zu fördern.

Stattdessen fordert der BDM eine zeitlich befristete, verbindliche EU-weite Reduzierung der Milchüberschüsse, um schnell und wirksam massive Wertschöpfungsverluste für die Milchviehhalter verhindern zu können. Für die Umsetzung einer derartigen Maßnahme müssen schnellstmöglich die juristischen Voraussetzungen geschaffen werden.

Probleme nur nach hinten verschoben

Die Marktlage spitzt sich wöchentlich zu, die Prognosen von Marktexperten und auch die Börsenmilchwerte lassen eine weitere Verschlechterung der Milchmarktsituation für die kommenden Monate erwarten, erklärt der Verband dazu. Mit der Einlagerung von Milchpulver, Butter und Käse werden die Probleme für die Milchviehhalter nicht gelöst, sondern allenfalls nach hinten verlagert.

„Für den Ausgleich von saisonalen, kurzfristigen Schwankungen der Milchanlieferung ist die Private Lagerhaltung ein durchaus sinnvolles Instrument, aber doch nicht als tragfähige und wirksame Maßnahme gegen eine globale Marktkrise“, kritisiert BDM-Vorsitzender Stefan Mann. „Eine Einlagerung von Milch in größerem Umfang löst die Probleme der Milchviehhalter nicht, sondern verlagert die Wertschöpfungsverluste weiter auch in die Zeit einer einsetzenden Markterholung.“

Statement von Milchviehhalter und BDM-Mitglied Karsten Hansen aus Mecklenburg-Vorpommern. Video (c) Sabine Rübensaat

„Wir Milchviehhalter haben daher das größte Interesse daran, nicht nachgefragte Mengen erst gar nicht zu produzieren bzw. die bereits bestehenden Milchüberschüsse zu reduzieren, um einen Preisabsturz zu verhindern“, erklärt Stefan Mann. „Bei ganz vielen Milchviehhaltern und ihren Organisationen stößt das auf breite Zustimmung. Die Molkereien und Vertreter der Ernährungsindustrie wie auch die Spitze des Deutschen Bauernverbands, die sich traditionell an die Seite der Molkereiindustrie stellt, wollen das nicht: Mit finanzieller Unterstützung Milch einzulagern, sichert der Industrie günstigen Rohstoff auch über die Krise hinaus und lastet vorhandene Lagerhallen staatlich gefördert aus.“ 

BDM-Chef: Industrie profitiert, Bauern baden aus

„Für uns ist das ein absolutes Unding. Wir baden die Schäden einer Milchkrise finanziell voll aus und doch gibt man bei der Entscheidung für notwendige Krisenmaßnahmen nicht den Instrumenten den Vorrang, die Schaden von uns Milchviehhaltern abwenden könnten. Zum Einsatz kommen Maßnahmen, von denen die Molkerei- und Ernährungsindustrie am meisten profitiert“, so Stefan Mann weiter. „Ein Vorgehen, das auf die moralische Verantwortung des Einzelnen oder freiwillige Branchenlösungen setzt, ist nicht schnell und wirksam genug. Schnelligkeit und Marktwirksamkeit aber müssen die oberste Prämisse des Handelns in dieser unverhofft und massiv eintretenden Marktverschärfung sein. Wir brauchen außerdem ganz klar ein europäisches Vorgehen, um den globalen Milchmarkt zu entlasten – da sind wir uns mit dem European Milk Board EMB und seinen Mitglieds-Erzeugerverbänden einig.“

Mengenreduzierung unter Erzeugern kritisch gesehen

Allerdings werden die Forderungen des BDM auch unter Milcherzeugern durchaus kritisch gesehen. Die Bauernzeitung war kürzlich in einer Umfrage für den Corona-Brennpunkt Milch überwiegend auf kritische Stimmen gestoßen. Die meisten Betriebe könnten sich es nicht wirklich leisten, weniger zu liefern, hatte uns  Dr. Gunter Martin, Vorsitzender der Milcherzeugerorganisation Sachsen-MEG gesagt. Was volkswirtschaftlich sinnvoll sei, habe für den Erzeuger betriebswirtschaftlich schwere Folgen.

Milchproduzenten, die in den genossenschaftlichen Gremien von DMK und Arla mitarbeiten, haben sich kritisch zu den Chancen geäußert, über eine Milchmengenreduzierung den Markt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. „Schon bei der letzten Milchkrise 2016 hat es für eine Mengenreduzierung keine Mehrheit unter den DMK-Lieferanten gegeben. Daran hat sich nichts geändert. Wir halten uns an die Sektorstrategie der Milchwirtschaft: Molkereien sollen eigenverantwortlich mit ihren Milchmengen umgehen“, berichtete Dirk Schröder, Mitglied im Vorstand der DMK eG. Silvio Reimann, Geschäftsführer der Milch-Land Veilsdorf GmbH in Thüringen lehnte uns gegenüber eine pauschale Reduzierung lehnt ab. Solidarität habe ihre Grenzen, wo Betriebe wie der seine, der in der jüngeren Vergangenheit bereits 400 Kühe abgebaut hat, doppelt bestraft würden. red


Weitere Aktionen (mit corona-angepasster Personenzahl) finden in folgenden Bundesländern statt:

  • 8. Mai:  Kiel/Schleswig-Holstein
  • 11. Mai: Schwerin/Mecklenburg-Vorpommern
  • 12. Mai: Hannover/Niedersachsen
  • 13. Mai: Düsseldorf/NRW
  • 14. Mai: Wiesbaden/Mainz – Hessen/Rheinland-Pfalz
  • 18. Mai: München/Bayern
  • 19. Mai: Stuttgart/Baden-Württemberg