Alle Sorten der Demonstration befanden sich zur Wochenmitte am Ende der Milchreife im Übergang zur Teigreife. In der Reife zeigten sich durchaus Unterschiede. Die später Aussaat und Trockenheit hatte lichte Bestände zur Folge. Niederschläge begünstigten Zwiewuchs. © Frank Hartmann

Braugerste: Abgerechnet wird nach dem Drusch

Kurz vor der Ernte fand die letzte Feldschau der Sortendemonstration des Thüringer Braugerstenvereins statt. Hier ging es nicht nur um Körner, sondern auch um Kohle.

Von Frank Hartmann

An diesem Wochenende wollte die Agrargesellschaft Pfiffelbach mbH mit der Wintergerstenmahd beginnen, darunter freilich auch Braugerstensorten. Dazu zählt auch die Sommerbraugerste Leandra, die zum zweiten Mal bereits Ende Oktober gedrillt wurde und ihren im Frühjahr gesäten Sorten um mindestens zwei Wochen voraus ist.

So trafen sich lediglich Mitglieder des Vereinsvorstands und -beirats sowie Vertreter der Züchterhäuser am Piffelbacher Schlag zur jährlichen Sortendemonstration. Für die Mitglieder und alle Interessierten wurde die dazugehörige Präsentation aktualisiert.

Der Entwicklungsstand des Braugetreides und der Markt für Braugerste standen am Mittwoch dieser Woche bei der letzten von insgesamt drei Feldbegehungen des Thüringer Braugestenvereins im Mittelpunkt der Diskussion. Coronabedingt fiel die für den 1. Juli geplante Braugerstenrundfahrt mit Landwirten, Saatgutfirmen, Mälzern und Brauern im Weimarer Land aus.

Braugerste: Neue Sorten vor der Zulassung

In zwei Wochen gab es eine enorme Entwicklung: Die Sorte Leandra, jeweils Mitte März (l.) und bereits Ende Oktober (r.) gedrillt. Die Herbstvariante ist druschreif und verspricht einen merklich höheren Ertrag. © Frank Hartmann

Die zwölf neuen und bewährten Sorten, die der Braugerstenverein auf Vorschlag der Züchter ins Feld gestellt hatte, besprach Dr. Uwe Jentsch vom Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen (TLLLR) Raum gewohnt kenntnisreich. Die Sorten Lexy, Skyway, Schiwago und SY Solar sind im dritten Wertprüfungsjahr und könnten vom Bundessortenamt ihre Zulassung erhalten. Damit stünden sie im Jahr 2021 erstmals in den Landessortenversuchen. Bei Brunhilda rechnet man in diesem Jahr noch mit der Zulassung. Leandra und Accordine erhielten für die mitteldeutschen Lössstandorte im Dezember 2019 die Anbauempfehlung des Braugerstenvereins und der Landesanstalten bzw. -ämter.  Solist hat ebenso eine mitteldeutsche Anbauempfehlung für die V-Standorte. Sie spielt in Sachsen eine größere Rolle. KWS Jessi könnte eine Verarbeitungsempfehlung durch das Berliner Programm erhalten (wie Amidala, die nicht in der Sortendemo steht). Nicht ausgeschlossen, dass sie zur Thüringer Braugerstentagung am 3. Dezember in Stadtroda den mitteldeutschen Landwirten für den Anbau 2021 empfohlen wird.

RGT Planet, die aktuell ertragsstärkste Sorte, ist in den letzten Jahren nur für den Vertragsanbau empfohlen worden. Mit Quench stand eine weitere alte Bekannte in der Sortendemo und mit Prospect eine junge Sorte für den Probeanbau sowohl auf Lö- und V-Standorten. Nicht in der Sortendemo, aber für den Anbau in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf V-Standorten aktuell empfohlen ist Avalon.

Neue Sorten mit Hohem Ertragsniveau

Die neuen Sorten, so das Fazit von Dr. Uwe Jentsch, zeichnen sich den bisherigen Ergebnissen nach insbesondere durch ein hohes Ertragsniveau aus. Das dürfte die Landwirte, wenn denn die eine oder andere eine Verarbeitungsempfehlung der Deutschen Braugersten-Gemeinschaft erhält, freuen. Jentsch kündigte zudem an, dass man Züchtern die Möglichkeit eröffne, in diesem Spätherbst Sommerbraugersten in die Landesversuche zu stellen. Er hoffe natürlich, dass anders als in den letzten beiden Wintern tiefe Temperaturen die Aussagekraft des Versuchsanbaus untermauern.

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Ein Feld mit Sommergerste
Die Sommergerstensorte Leandra: Links im März gedrillt und rechts im Oktober des Vorjahres. © Frank Hartmann

Frühe Aussaat entscheidet

Pfiffelbachs Pflanzenbauleiter Dietmar Leydolph betonte, dass sich wieder gezeigt habe, dass eine frühe Aussaat den Unterschied macht. So zähle die von Mitte bis Ende Februar gedrillte Sommergerste auf den Praxisschlägen gut 850 ährentragende Halme. Bei der Sortendemo, die erst Mitte März in den Boden kam, ergab die Bonitur hingegen nur 550 bis 750 ährentragende Halme. Das kann durchaus auch als Fingerzeig auf die Düngeverordnung und den Anbau in roten Gebieten verstanden werden: Dort muss vor der zu düngenden Sommerfrucht zwingend eine Zwischenfrucht wachsen, die bis zum 15. Januar steht. Dies könnte, abgesehen von anderen Unwägbarkeiten, eine zeitige Aussaat verhindern. Wie eine frühe Aussaat die Pflanzenentwicklung positiv beeinflusst, zeigt in Pfiffelbach anschaulich die Sorte Leandra, die schon im Oktober gedrillt wurde. Leydolph zählte hier 1.000 ährentragende Halme.

Hier die Besprechung der Sorten. Die (qualitative) Auswertung der Demonstration erfolgt am 3. Dezember zur Braugerstentagung in Stadtroda. © Frank Hartmann

Braugerste: Corona setzt dem Markt zu

Dass Corona am Malz- und Biermarkt Spuren hinterlassen hat, betonte Dietrich Kaiser, Geschäftsführer der Erfurter Malzwerke und Vorsitzender des Thüringer Braugerstenvereins. Zurückzuführen sei dies insbesondere auf die europa- bzw. weltweite Schließung von Restaurants und Kneipen sowie die Absage von großen Freiluftveranstaltungen. Hier brach der Fassbierabsatz komplett ein. Dies aber in unterschiedlicher Ausprägung. So sei Deutschland mit einem Fassbieranteil am Gesamtverbrauch mit rund 18 % weniger stark betroffen als etwa Belgien oder Spanien, wo Fassbier auf zum Teil deutlich mehr als die Hälfte des Absatzes entfällt. Marktbeeinflussend seien zudem schwierige Aussaatbedingungen im Herbst in Frankreich oder auf den britischen Inseln, in deren Folge die Sommergerstenfläche um bis zu 30 % ausgedehnt wurde.

Das macht den Braugerstenverein aus (v.l.): Landwirt Lars Fliege, der ehemalige Geschäftsführer der Vereinsbrauerei Apolda, Günter Ramthor, und Dietrich Kaiser, Geschäftsführer der Erfurter Malzwerke, diskutieren gemeinsam am Feld.
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Feldbegehung am 6. Mai in Pfiffelbach (v. l.) mit Annemarie Stoye, Geschäftsführerin des Thüringer Braugerstenvereins, Sortenfachmann Dr. Uwe Jentsch vom Landesdamt für Landwirtschaft und Pflanzenbauleiter Dietmar Leydolph.
Feldbegehung am 6. Mai in Pfiffelbach (v. l.) mit Annemarie Stoye, Geschäftsführerin des Thüringer Braugerstenvereins, Sortenfachmann Dr. Uwe Jentsch vom Landesdamt für Landwirtschaft und Pflanzenbauleiter Dietmar Leydolph.

Absatz für Braugerste gegeben

Kaiser überschlug, dass der weltweite Malzüberhang der Jahresmenge des EU-Malzexports in Drittstaaten entspricht. Es sei also durchaus Druck im Markt. Im Wissen, dass die deutschen Mälzer rund die Hälfte ihres Braugetreides importieren müssen, sieht Kaiser in dieser aber Saison keine Absatzprobleme für die Anbauer. Bei den Preisen ließ er lediglich durchblicken, dass wohl nicht unter 140 €/t, allerdings auch nicht über 190 €/t gezahlt würden. Hier komme es freilich auf die Weizennotierungen an.

Wie Lars Fliege, Geschäftsführer der Agrargesellschaft Pfiffelbach sagte, sei für die Thüringer Braugerstenanbauer, die die Kultur auf „Weizenböden“ anbauen, aufgrund des geringeren Ertrages ein Aufschlag von 30 bis 40 €/t gemessen am Weizenpreis das betriebswirtschaftlich notwendige Ziel. Die Mälzer wiederum, so Kaiser, könnten die Preise der Importware nicht ignorieren. 

Im besten Fall wird die Regionalität auf der Flasche zu Schau getragen. © Frank Hartmann        

Aufruf zum Braugerstenwettbewerb
Die Mitglieder des Thüringer Braugerstenvereins sind zum traditionellen Wettbewerb aufgerufen. Zur Braugerstentagung am 3. Dezember werden die jeweils drei qualitativ besten Erzeuger- und Handelsmuster gekürt. Pro Betrieb können max. zwei Proben á 1,5 kg eingereicht werden (Kennzeichnung: Erzeuger/Händler; Sorte, Ertrag, Handelsumfang in t). Einzusenden sind die Muster bis zum 1. September an den Thüringer Braugerstenverein, Alfred-Hess-Straße 8, 99094 Erfurt. Mitglieder der „Erzeugergemeinschaft Qualitätsgetreide und Ölsaaten Thüringen“ w.V. senden ihre Muster an die EZGQ-Geschäftsstelle. Nichtmitglieder (auch außerhalb Thüringens) können sich bei Übernahme der Unkosten von 30 Euro je Probe ebenfalls am Wettbewerb beteiligen.     

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