Lebensretter für Riesen: Feuerwehr übt technische Großtierrettung in Sachsen
Großtiere in Not stellen Einsatzkräfte vor besondere Herausforderungen. Beim Training zur Technischen Großtierrettung in Köllitsch (Sachsen) lernten Feuerwehrleute, wie Tier und Mensch sicher und tierschonend gerettet werden können.
Mehr als einmal täglich gibt es statistisch in Deutschland einen Einsatz zur Rettung von Großtieren. Das belegen Zahlen, die das Unternehmen ComCavalo Technische Tierrettung aus dem nordrhein-westfälischen Aldenhoven recherchiert hat. Ein Pferd, das in einen Graben gerutscht ist, ein beladener Tieranhänger, der in einen Unfall verwickelt war, oder ein Rind in einer Güllegrube – für Rettungskräfte sind es besondere Herausforderungen. Denn die Bergung erfordert Sachverstand, will man das Tier schonend und auch für die Helfer sicher aus dieser gefährlichen Situation befreien.
Netzwerk Fokus Tierwohl ermöglicht das Training
Wie es geht, lernten 20 Feuerwehrleute von Wehren aus Nordsachsen bei einem Training zur technischen Großtierrettung im Lehr- und Versuchsgut Köllitsch. Ermöglicht worden war das Training über das „Netzwerk Fokus Tierwohl“.
Jeder Großtiereinsatz sei ein Gefahreneinsatz, betont Nora Hoffmann, die als autorisierte Trainerin für technische Großtierrettung für ComCavalo tätig ist. Als Großtier gelte in diesem Zusammenhang alles, was größer als ein Schäferhund sei – Schafe, Ziegen, Rinder oder Pferde, durchaus aber auch Exoten wie Lamas oder Bisons. Lange Zeit, zum Teil auch noch heute, wurde bei solchen Einsätzen improvisiert. Doch das ist mit erheblichen Risiken verbunden. Denn beim Umgang mit Tieren in Notlagen drohen nicht nur für das Tier selbst Gefahren, sondern auch für die Retter.
Gefahren bei der Großtierrettung: Worauf Einsatzkräfte achten müssen
Das Verhalten der Tiere ist in solchen Situationen anders als im Normalzustand. Ruhe- und Aktivitätsphasen wechseln sich unversehens ab, Lärm oder Gerüche können sie in Unruhe oder Panik versetzen. Jähe Bewegungen bergen Verletzungsgefahren für das Tier selbst, aber auch für in der Nähe befindliche Menschen.
Oberste Priorität bei entsprechenden Einsätzen habe dabei deshalb zunächst die Sicherheit der Einsatzkräfte und anderer Menschen in unmittelbarer Nähe. Es gilt daher, die Situation und die Gefahrenlagen sowie das Verhalten des Tieres in der Stresssituation einzuschätzen und die handelnden Personen koordiniert einzusetzen. Das Anlegen von Schutzausrüstung ist unabdingbar. Hilfreich kann auch eine Sedation des Tieres durch einen Tierarzt sein.
Spezielles Werkzeug bei Großtierrettung im Einsatz
Um Großtiere aus einer Notlage, etwa einem Graben, aus dem sie nicht selbst herauskommen, zu befreien, gibt es spezielle Werkzeuge und Hilfsmittel. Dazu gehören Großtier-Schlingen, das sind breite, stabile Gurte zum sicheren Anlegen um Körperteile des Tiers, oder Rettungsgeschirre, mit denen das Tier kontrolliert gehoben oder gezogen werden kann – häufig in Kombination mit Kranen oder Hebevorrichtungen. Auch Gleitmatten zum Bewegen des Tieres oder Abschirmplanen, um äußere Reize fernzuhalten, gehören neben anderen Hilfsmitteln zum Arsenal der Großtierrettung.
Neben der Vermittlung theoretischer Grundlagen, zu denen nicht zuletzt der Hinweis auf den monetären, vor allem aber oft ach emotionalen Wert vieler Großtiere für ihre Halter gehört, bildeten praktische Übungen einen Schwerpunkt des Trainings im LVG Köllitsch. Im Gelände konnten die teilnehmenden Feuerwehrleute mit dem 200 kg schweren Pferde-Dummy „Pedro“ Rettungssituationen absolvieren und dabei neben den korrekten Abläufen auch den Umgang mit speziellen Geräten zur schonenden Tierbergung kennenlernen.
Wertvolles Wissen für Einsatzkräfte vermittelt
Den teilnehmenden Feuerwehrkameraden vermittelt das Training viel Neues und Wissenswertes. „Wir nehmen mit, welche Möglichkeiten und welche Werkzeuge es gibt“, fasste es Jens Burghardt, Stadtwehrleiter von Belgern-Schildau, zusammen. Seine Wehr sichert in Schildau regelmäßig Veranstaltungen auf der Pferdearena ab und hat daher häufiger mit Pferden zu tun – bislang zum Glück ohne ernsthafte Unfälle, die die Notwendigkeit einer technischen Großtierrettung nach sich gezogen hätten. Dennoch sei es wichtig zu wissen, wie man sich in einem solchen Fall richtig verhält, so der Stadtwehrleiter.
Großtierrettung: Keine Standardausbildung in Deutschland
Unter dem Eindruck eines zunehmenden, aber ungedeckten Bedarfes, etablierte sich in Deutschland erst ab 2016 professionell die technische Großtierrettung. Aufbauend auf Erfahrungen aus England entwickelte der ehemalige Berufsfeuerwehrmann und Pferdetrainer Lutz Hauch ein Ausbildungskonzept und gründete ComCavalo. Seither haben bundesweit mehrere Hundert Rettungsorganisationen mit rund 4.000 Einsatzkräften eine Ausbildung in technischer Großtierrettung erhalten. Großtierrettung ist in Deutschland, anders als in anderen Ländern, bislang kein fester Bestandteil der Ausbildung von Rettungskräften.

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