Fleischrinder

Weniger Mutterkühe, mehr Erfolg? Sachsen-Anhalt trotzt dem Trend mit Spitzen-Zuchttieren

Die Trockenjahre seit 2018 führten oftmals zu Engpässen in der Futterversorgung der Mutterkühe. © Detlef Finger

Standortbedingt ist die Fleischrinder-Zucht in Sachsen-Anhalt weniger umfangreich als anderswo. Und obwohl die Mutterkuh-Haltung vielfach im Nebenerwerb betrieben wird, ist sie sehr erfolgreich.

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Die Mutterkuhhaltung in Sachsen-Anhalt hatte sich mit Beginn der 2020er ­Jahre um die 27.000 Tiere eingepegelt, im vergangenen Jahr ist sie auf knapp 26.000 Kühe gefallen (–529 Tiere bzw. –8,7 % zu 2023). In der Spitze umfasste der Bestand an weiblichen Fleischrindern zur Erzeugung von Absetzern bzw. Rindfleisch in den Jahren 2015 bis 2017 fast 30.000 Tiere.

Warum die Mutterkuhhaltung in Sachsen-Anhalt schrumpft

Ursachen für den Rückgang dieses erst nach der Wende im Osten Deutschlands etablierten Betriebszweiges sind insbesondere der Generationswechsel bzw. ungewisse Hofnachfolgen in den Betrieben, aber auch Faktoren wie eine unzureichende Wirtschaftlichkeit, Probleme mit dem Wolf oder Futterknappheit infolge Trockenheit in den Jahren seit 2018.

Bestandsentwicklung: Mutterkühe in Ost- und Westdeutschland

Wie aus Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Fleischrindzüchter und -halter Sachsen-Anhalt e. V. (AFSA) hervorgeht, lag Sachsen-Anhalt 2024 mit einem Anteil von knapp 4 % am Gesamtmutterkuhbestand in Deutschland auf dem vorletzten Platz im Ranking. Nur das Saarland hat weit weniger Mutterkühe (5.200). Direkt davor rangieren Rheinland-Pfalz (35.300), Thüringen (37.300, +0,3 % zu 2023) und Sachsen (38.300, –3,6%). Mecklenburg-Vorpommern liegt mit 56.000 Kühen (–10,7 %) im Mittelfeld, Brandenburg hält mit 75.800 Tieren (–13 %) die Spitze vor Niedersachsen (69.100), Bayern (68.000) und Nordrhein-Westfalen (64.400). Bundesweit werden insgesamt 620.400 Mutterkühe gehalten.

Ein Grund für den seit jeher niedrigeren Mutterkuhbestand in Sachsen-Anhalt ist auch der relativ niedrige Anteil des Dauergrünlandes von nur 15 % (173.000 ha) an der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Die hiesigen Betriebe sind zudem relativ kleinteilig strukturiert. Die Agrarstatistik führt für „sonstige Kühe“ 1.717 Haltungen (nicht Betriebe!) an, das wären 15 Mutterkühe je Haltung.

Fleischrinder-Bestand: Kleinbetriebe prägen die Zucht in Sachsen-Anhalt

Die RinderAllianz weist für 2024 (Stand: 30. September) insgesamt 303 Mitgliedsbetriebe in Sachsen-Anhalt aus (–6 zu 2023; –14 zu 2019). 234 davon betreiben Herdbuch(HB)-Zucht mit zusammen 3.923 aktiven HB-Kühen, die beim Rinderzuchtverband Sachsen-Anhalt eG (RSA) eingetragen sind.
Mehr als 40 % der Herdbuchbetriebe halten bis fünf HB-Kühe, jeweils 15 % sechs bis zehn bzw. 16 bis 25 Muttertiere, weitere 11 % elf bis 15 Kühe. Die Anzahl der größeren Haltungen nimmt sukzessive ab: 8 % der Betriebe haben 26 bis 50 Kühe, 7 % 51 bis 100 Kühe. Über 100 HB-Mutterkühe bewirtschaften lediglich fünf Betriebe bzw. nur 2 % der Höfe. Die meisten betreiben die Zucht mithin im landwirtschaftlichen Nebenerwerb oder aber als Hobby.

Herdbuchkuhbestand: So entwickeln sich die Zahlen in der RinderAllianz

Im Vergleich zur Entwicklung der Gesamtfleischrinderzahl fiel der Abbau des Herdbuchkuhbestandes innerhalb der RinderAllianz differenziert aus. In Sachsen-Anhalt schrumpfte er im Vorjahr um knapp 1 %, gegenüber 2019 ist ein Rückgang von 14,7 % zu verzeichnen.

In Mecklenburg-Vorpommern (326 Mitgliedsbetriebe) stieg die Zahl der aktiven HB-Kühe im Vorjahr um 2,7 % auf 4.982, im Vergleich zu 2019 steht ein Minus von 22 % (–1.400 Tiere). Mit rund 8.900 aktiven Kühen verfügen beide Länder zusammen aber immer noch über eine der größten Herdbuchpopulationen an Fleischrindern bundesweit.

Rassen-Ranking: Fleckvieh-Simmental dominiert

Die Vielfalt der Fleischrinder in den 629 Mitgliedsbetrieben dieser Sparte in der RinderAllianz ist mit 31 im Herdbuch eingetragenen Rassen relativ groß. Hauptrassen sind derzeit länderübergreifend Fleckvieh-Simmental (1.924 aktive HB-Kühe), Angus (1.902 Kühe) und Uckermärker (1.357 Kühe), gefolgt von Charolais (871 Kühe) und Rotem Höhenvieh (720 Kühe).

In Sachsen-Anhalt ist Fleckvieh-Simmental unangefochten die Hauptrasse im Herdbuch (1.172 Kühe), gefolgt von Angus (997), Rotem Höhenvieh (720), Charolais (323) und Limousin (300).

In Mecklenburg-Vorpommern dominieren die Uckermärker (1.308), vor Angus (905), Fleckvieh-Simmental (752), Charolais (548) und Aubrac (469).

Enorm wichtig für die Vermarktung von Zuchttieren ist die ­Feldprüfung. In Sachsen-Anhalt wurden im Vorjahr 3.400 Fleisch­rinder gewogen und bewertet, das waren 295 Tiere oder 8 % weniger als 2023. In Relation zur Anzahl der Herdbuchkühe betrug die Wiegerate fast 87 %, 2023 waren es noch 93 %. Die Wiegung der Jungrinder erfolgt in Sachsen-Anhalt im Betrieb überwiegend durch Mitarbeiter der Zuchtorganisation.

Top-Zuchtleistungen: Fleischrinder aus Sachsen-Anhalt in bundesweiten Ranglisten

Ungeachtet des Umfangs und der Struktur der Mutterkuhhaltung in Sachsen-Anhalt prägten Tiere aus dortigen Betrieben auch 2024 wieder die bundesweiten Ranglisten der Rassen mit Relativzuchtwert Fleisch (RZF). Dies sind Angus, Blonde d‘Aquitaine, Charolais, Fleckvieh-Simmental, Hereford, Limousin, Salers, Uckermärker.

So belegten z. B. beim Fleckvieh Bullen aus heimischer Zucht (Z.) bzw. hiesigem Besitz (B.) die ersten drei Plätze der Gesamtliste des Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung w. V. (vit). Spitzenreiter ist der 2023 abgegangene Kingstom v. Galant (Z.: Herdbuch UK; B.: Albert Bunde, Drewitz). Der Zweitplatzierte, Domenik v. AR Don (Z.: Feißel GbR, Käthen; B.: Uwe Harstel, Rohrbeck), und der Drittplatzierte, Dommes v. NSI Rosenstar (Z.: Werner Arndt und Sohn GbR, Bottmersdorf; B.: MARV), sind noch aktiv. Insgesamt neun hiesige Simmentalbullen finden sich unter den Top 25.

Fleckvieh-Jungbulle UHA Dan PP brachte Uwe Harstel zur Online-Auktion im Februar mit 10.100 Euro das zweithöchste Gebot.
Fleckvieh-Jungbulle UHA Dan PP brachte Uwe Harstel zur Online-Auktion im Februar mit 10.100 Euro das zweithöchste Gebot. © RinderAllianz

Den bundesweit zweiten Rang bei den Salersbullen belegt der von Adelheid und Hartmut Quade aus Polkern gezogene Impex v. Ian (B.: RinderAllianz GmbH). Der im Besitz von Stefan Kreisel in Schieben befindliche Limousinbulle Goucho v. Gandhi Rep (Z.: ZHB) steht auf Platz zehn.

Der AFSA-Zuchtpreis 2024 für herausragende Zuchttiere im bundesweiten Maßstab ging an Stefan Kreisel (Kühe Limousin), Steve Becker (Bullen Rotes Höhenvieh) und Petra Jentsch (Kühe Fleckvieh-Simmental), hier mit ihrem Mitarbeiter Michael Krause (v. l.). Die Ehrung erfolgte auf der Mitgliederversammlung im März in Bernburg-Strenzfeld.
Der AFSA-Zuchtpreis 2024 für herausragende Zuchttiere im bundesweiten Maßstab ging an Stefan Kreisel (Kühe Limousin), Steve Becker (Bullen Rotes Höhenvieh) und Petra Jentsch (Kühe Fleckvieh-Simmental), hier mit ihrem Mitarbeiter Michael Krause (v. l.). Die Ehrung erfolgte auf der Mitgliederversammlung im März in Bernburg-Strenzfeld. © Detlef Finger

Fleckvieh-Spitze: Sachsen-Anhalts Kühe dominieren RZF-Listen

In den Wertungen der Kühe der RZF-Rassen finden sich beim Fleckvieh allein sieben Tiere unter den Top 15. An der Spitze thront Esmeralda 2 v. Esben (Z.: Michael Bock, Rathmannsdorf; B.: Kopecki GbR, Rochau), gefolgt von Kitty v. Drifter (Z.: UK; B.: Christian Bunde, Drewitz). Letzterer hält mit selbst gezogenen weiblichen Tieren auch die Plätze 4, 13 und 14 dieser Liste.

Bei den Limousinkühen rangiert Ronja v. Jardinet aus der Zucht von Stefan Kreisel ganz vorn in der Rangliste, bei den Herefordkühen steht Dela v. Douglas (Z.: Sirkka Schünemann, Bretsch; B.: RZ Redmann GbR, Hof Kreien) auf dem dritten Platz.

Aber auch bei den Rassen ohne RZF finden sich hiesige Zuchttiere auf vorderen Plätzen der Ranglisten, so z. B. Dexterbullen im Besitz von Bärbel Nowak, Erxleben (2.), und Marco Projahn, Schrampe (3.), oder der von Günter Becker aus Wallhausen gezogene Bulle Balco v. Bruno, die Nummer eins beim Roten Höhenvieh (RHV).

Bei den Welsh Black stehen Vererber von Karl-Heinz Burchardt aus Kloster Neuendorf auf Rang 10 bzw. 12. Die im Besitz des Landwirtschaftsbetriebes Schröter in Tilleda befindliche Welsh-Black-Kuh Kim v. Duncan steht ebenso auf Platz fünf wie RHV-Kuh Munny v. Innozenz aus der Zucht von Brockenbauer Uwe Thielecke, Tanne.

Begehrt auf Auktionen

Fleischrinder aus den genannten und weiteren sehr erfolgreichen heimischen Betrieben sind auf dem Zuchtviehmarkt gefragt. So betrug der Durchschnittspreis bei der Online-Auktion der Rinder­Allianz im Februar 2025 für die 95 virtuell aufgetriebenen Bullen von sechs Rassen (davon 61 Tiere aus Sachsen-Anhalt und 34 aus Mecklenburg-Vorpommern) 4.056 Euro.

Sehr erfolgreich waren sachsen-anhaltische Züchter 2024 auf dem Mitteldeutschen Fleischrinderwettbewerb und der Bundesschau Fleckvieh-Simmental, die beide im April in Leipzig im Rahmen der agra stattfanden, sowie auf der Bundesschau Schwarz-Rot-Gold ROBUST zu den Grünen Tagen Thüringen Ende September 2024 in Erfurt.

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