Die beiden Geschäftsführer Steffen Luderer und Nicole Andermann auf der Kälberweide. © Silvia Kölbel

880 ha auf einen Streich: Mehr Ökolandbau in Sachsen

Das Vogtland nähert sich beim Anteil ökologisch bewirtschafteter Fläche inzwischen der 25-Prozent-Marke: Mit dem Milchgut Triebtal kommen zum Ökolandbau in Sachsen nun auf einen Schlag weitere 880 ha hinzu.

Von Silvia Kölbel

Das Vogtland baut in den nächsten Monaten seinen Vorsprung als Landkreis mit dem höchsten Anteil ökologisch bewirtschafteter landwirtschaftlicher Flächen am Ökolandbau in Sachsen aus. Zu den in diesem Jahr in der Informations- und Servicestelle registrierten 12.689 ha bewirtschafteter Fläche kommen ab dem nächsten Jahr die 880 ha Acker- und Grünland des Milchgutes Triebtal in Trieb bei Falkenstein hinzu, anfänglich allerdings noch als Umstellungsfläche. 2024 erwartet der Betrieb dann seine erste Bioernte.

Damit steigt der Anteil ökologisch bewirtschafteter Fläche allein durch diesen zurzeit in der Umstellung befindlichen Betrieb auf 13.569 ha. Das entspricht 23,5 % der landwirtschaftlichen Fläche im Vogtland. In ganz Sachsen lag der Anteil an Ökoflächen voriges Jahr laut Landwirtschaftsministerium bei acht Prozent.

Ökolandbau in Sachsen: Hoher Grünlandanteil

Die Triebtaler Geschäftsführer Steffen Luderer und Nicole Andermann haben sich voriges Jahr für die Umstellung entschieden. „Unser Stall ist veraltet, die Melkroboter sind abgeschrieben. Wir mussten also etwas tun“, beschreibt Nicole Andermann die Situation, die sich schon seit Längerem abzeichnete. Viele Varianten haben die Geschäftsführer durchgespielt, sogar der Umbau zu einem Pensionspferdestall stand zur Diskussion. Doch dann blieben die beiden doch ihrem Metier treu und entschieden sich, an der Milchviehhaltung festzuhalten – was auch dem hohen Grünlandanteil im Betrieb von 43 % geschuldet ist.

Umbau in einem Milchviehstall auf Ökolandbau
Michael Schmidts Baugeschäft aus Langenbernsdorf erhielt u. a. den Auftrag, die Betonsteine für den künftigen Melkstand zu setzen. © Silvia Kölbel

Beide wollten zudem raus aus der Dauerschleife von immer höheren Milchleistungen, um die Produktion rentabel zu gestalten. Der nun gewählte Weg sieht eine Mitgliedschaft im Anbauverband Gäa vor. Der Milchkuhbestand soll auf 250 Tiere reduziert werden und ein Side-by-Side-Melkstand die Melkroboter ersetzen. Die Umstellung auf den ökologischen Landbau erfolgt in drei Schritten. Der Futteranbau geht am schnellsten. Seit diesem Frühjahr wird das Grünland nach Biorichtlinien bewirtschaftet. Die Umstellung ist im kommenden Frühjahr abgeschlossen. Im Oktober 2022 möchte das Milchgut seine erste Bio-Milch nach Thüringen liefern. Die erste Bioernte erwartet der Landwirtschaftsbetrieb nach 24 Monaten Umstellungszeit im Sommer 2024.

Nutzbar für die Beweidung sind die 50 ha Grünland im Umfeld des Stalles, welche für die Tiere über einen Triebweg erreichbar sind. Die in unmittelbarer Nähe zur Verfügung stehenden Weiden sind der die Tierzahl begrenzende Faktor. Die schwierigste Hürde beim neuen Weidesystem ist die zu überquerende Kreisstraße. „Die Kreuzungsstelle liegt direkt hinter einer Kurve. Ein Schild allein reicht nicht“, ist sich Steffen Luderer sicher. Das dreieckige, rot umrahmte Warnschild „Vorsicht, Viehtrieb“ sei zudem fast aus dem Straßenbild verschwunden und daher vielen Fahrzeugführern unbekannt. Mit dem Verkehrsamt des Landratsamtes sei man deshalb übereingekommen, zusätzlich eine Ampel aufzustellen. Jede der maximal vier Straßenüberquerungen dürfte laut Schätzungen etwa fünf bis acht Minuten dauern. Der Versuch mit einer LED-Blinkleuchte, Fahrzeugführer auf die Gefahrenstelle aufmerksam zu machen, scheiterte umgehend. „Nach zehn Minuten hatte man uns die Blinkleuchte geklaut“, so Nicole Andermann.


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Luderer und Andermann haben sich für Vollweide unter Nutzung des Kurzrasenweide-Systems entschieden. Vollweide bedeutet für die Milchkühe, vom Frühjahr bis zum Herbst rund um die Uhr draußen zu bleiben und zweimal täglich zum Melken in den Stall zu kommen. Alle anderen Tiere, von Kälbern bis Trockensteher, verbringen die gesamte Vegetationsperiode im Freien. Im Frühjahr begann die Testphase. Auf einer kleinen, eingezäunten Fläche sollten sich die Tiere an den dauerhaften Aufenthalt im Freien gewöhnen. Während die jüngeren Tiere mit dem Rupfen des Grases schnell zurechtkamen, taten sich die älteren Kühe schwerer. Doch inzwischen sind Nicole Andermann und Steffen Luderer mit der Entwicklung zufrieden. „Die Kühe sind ruhig und ausgeglichen. Man sieht ihnen an, dass sie sich draußen wohlfühlen“, so Nicole Andermann.

Abläufe ändern sich

Der Betrieb wechselt außerdem zur saisonalen Abkalbung, die dann von September bis Januar geplant ist. Die Abkalbezeit in den Winter zu verlegen, bringt aus Sicht der Betriebsleiterin Vorteile: „Die Arbeiten, die mit dem Abkalben verbunden sind, konzentrieren sich auf eine überschaubare Zeit, in der es keine Fliegen gibt.“ Sechs Mitarbeiter kümmern sich künftig um die Kühe. Für sie ändern sich die Arbeitsabläufe: Weidebau, Kontrollgänge und Viehtrieb im Sommer, Stallarbeiten im Winter.


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