(c) Sabine Rübensaat

Aldi zahlt jetzt mehr für die Milch

Kehrtwende nach den heftigen Reaktionen auf angekündigte Preissenkungen: Aldi will auf einmal mehr zahlen. Allerdings vorerst nur für die Frischmilch in Eigenmarken-Kartons.

Nun ging es sogar noch schneller als zunächst angekündigt: Die beiden Unternehmensgruppen Aldi Nord und Aldi Süd haben sich heute mit den Molkereien auf einen Abschluss bei „wichtigen Frischmilcherzeugnissen“ geeinigt. Die neuen Preise gelten ab Mai 2020 für sechs Monate, teilten die Unternehmen in einer Pressemitteilung mit. Betroffen sind frische und haltbare Vollmilch mit 3,5 und 1,5 % Fett der Aldi-Eigenmarken.

Über die Höhe der Abschlüsse gab es keine Angaben. Es hieß lediglich, Aldi sei es „abermals gelungen, eine zufriedenstellende Einigung für alle Geschäftspartner in diesem Segment zu finden“. Der Einkaufspreis für Milch liege mit dem aktuellen Abschluss sogar über den letzten Runden, wird Christoph Schwaiger, Leiter des internationalen Einkaufs bei Aldi Süd zitiert.

Einkäufer verweisen auf fallende Nachfrage

„Für uns als verantwortungsvollen Handelspartner ist neben den allgemein gültigen Gesetzen von Angebot und Nachfrage auch ein leistungsbezogener und damit fairer Preis für die Milchindustrie und insbesondere für die deutschen Landwirte wichtig“, sagte Schwaiger. In der Pressemitteilung heißt es weiter, die seit Monaten sinkende Nachfrage auf dem Weltmarkt habe die Preise für Milcherzeugnisse zusehends unter Druck gesetzt. Als Beispiel wird der Kieler Börsenmilchwert für Magermilch und Butter angeführt, der am 10. März auf 32,38 Cent gefallen ist, nachdem er Anfang Januar noch bei rund 36,56 Cent notierte. „Im Umgang mit dieser für die Landwirtschaft schwierigen Entwicklung hatte Aldi auch den konstruktiven Dialog mit Politik und Landwirten – insbesondere mit dem deutschen Bauernverband – gesucht.“

Die Art und Weise, wie Milch erzeugt und vermarktet wird, hat sich in den letzten Jahrzehnten starkt gewandelt. Die Preise für die Milchbauern hielten da längst nicht mit. (c) Sabine Rübensaat

In der Tat hatte es kurzfristig ein Spitzentreffen in Berlin gegeben. Daran nahmen der Gesamtverantwortliche des Verwaltungsrats von Aldi Nord, Torsten Hufnagel, und Jürgen Schwall, Leiter des internationalen Einkaufs von Aldi Nord, sowie DBV-Präsident Joachim Rukwied und Milchbauernpräsident Karsten Schmal teil. Nach DBV-Angaben hatten die Vertreter des Lebensmittelhändlers Verständnis für die insgesamt angespannte Lage auf dem Milchmarkt eingefordert. Offen hätten sie sich gezeigt, eine Kampagne für mehr Wertschätzung der heimischen Landwirtschaft umzusetzen, um hier ein deutliches Zeichen in der Vermarktung zu setzen.

„Wir stehen für langfristige, partnerschaftliche Beziehungen mit unseren Lieferanten“, sagte Jürgen Schwall nach Abschluss der Preisrunde. „So haben wir in den aktuellen Milchpreisverhandlungen ungeachtet der international negativen Marktwicklungen zu einem Preis abgeschlossen, der die hohen Qualitätsstandards der deutschen Milchindustrie widerspiegelt. Wir zahlen somit mehr, als wir gemäß der Marktlage hätten akzeptieren müssen. Wir gehen davon aus, dass ein angemessener Teil bei den Landwirten ankommt und nicht in der Wertschöpfungskette der Milchindustrie hängen bleibt.“

Steht der Discounter vor einer Fusion?

Bundesministerin Julia Klöckner begrüßte die Einigung. „Unsere Milchbauern produzieren unter hohen Qualitätsstandards. Das muss sich auch lohnen, damit die Bauernfamilien davon leben können“, stellte sie dazu fest. „In den Verhandlungen mit dem Handel muss sich das in fairen und auskömmlichen Einkaufspreisen niederschlagen. Das sollte bei Preisverhandlungen eine Selbstverständlichkeit sein und nicht erst zu Demonstrationen führen müssen.“

Laut Medienberichten fassen die beiden Unternehmensgruppen ihre Sortimente immer weiter zusammen. Sogar über eine Fusion wird spekuliert. Ein solcher Zusammenschluss wäre aus Sicht des Bundeskartellamts offensichtlich nicht einmal prüfpflichtig. Hintergrund ist, dass die Geschäfte in letzter Zeit beim Discounter nicht mehr so gut liefen. Marktanteile gingen an klassische Supermärkte wie Rewe und Edeka verloren. Aldi reagierte unter anderem mit einem neuen Filialkonzept. Das aber kostet viel Geld und verwischt für viele Kunden den Unterschied zu anderen Anbietern. ste