Programm von Sahra Wagenknecht: Das sind die BSW-Pläne für die Landwirtschaft
UPDATE 07.06: Die Partei BSW – Vernunft und Gerechtigkeit von Sahra Wagenknecht tritt bei der Europawahl am 9. Juni 2024 erstmals im großen Rahmen an. Im Programm hat sich die Partei auch zu agrarpolitischen Fragen positioniert. Was sich hinter den Plänen für die Landwirtschaft verbirgt.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mischt die Parteienlandschaft in Deutschland zurzeit mächtig auf. Der neuen Partei um die ehemalige Politikerin der Linken wird bei der EU-Wahl am kommenden Wochenende ein Potenzial von bundesweit zwischen 5 und 7 Prozent eingeräumt – so die Werte mehrerer Umfrage-Institute vom 6. Juni. In den ostdeutschen Bundesländern könnte das Bündnis noch wesentlich stärker abräumen. Laut einer Umfrage-Auswertung des Portals DAWUM – Darstellung und Auswertung von Wahlumfragen – liegen die Prognosen zwischen 10 Prozent in Sachsen-Anhalt, 11 Prozent in Sachsen, 13 Prozent in Brandenburg, 14 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern und sogar 16 Prozent in Thüringen.
BSW: Positionspapier zur Europawahl
In dem zur Parteigründung am 8. Januar 2024 vorgestellten, allerdings insgesamt nur vier Seiten umfassenden Parteiprogramm des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) fehlten Aussagen zur Landwirtschaft noch völlig. In seinem Positionspapier zur Europawahl formuliert das Bündnis um die ehemalige Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht seine agrarpolitischen Vorstellungen im ersten Kapitel, das unter der Überschrift „Wirtschaftliche Vernunft“ steht. Bemerkenswert ist, dass Agrar-Fragen einen relativ großen Raum einnehmen. Indes ist eine schlüssige Linie nicht durchweg erkennbar, bleibt manches vage.
„Die EU-Agrarpolitik muss stärker national und regional ausgerichtet werden. Landwirtschaft dient zuerst der Ernährungssicherung im eigenen Land“, lautet die allerdings klare Kernaussage. Bei Umweltauflagen seien die Landwirte einzubeziehen und Kompromisse durch angemessene Übergangszeiträume und Förderungen zu finden. „Ein Desaster wie bei der Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie durch die Düngegesetzgebung muss verhindert werden“, heißt es.
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Sahra Wagenknecht und das Programm der BSW
Globale Handelsabkommen, die in Europa herstellbare Agrarprodukte umfassen, lehnt BSW ab. Als Beispiel nennt das Programm das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den Staaten im Mercosur. Auf Ablehnung stößt auch die Spekulation mit Lebensmitteln und Boden. Um Preisstabilität sowohl für Landwirte als auch für Konsumenten zu erreichen, will die Partei einerseits die Marktmacht von Agrar- und Lebensmittelkonzernen begrenzen und andererseits Schutzzölle auf Agrargüterimporte erheben. Boden sollte in erster Linie für ortsansässige Landwirte zur Verfügung stehen und müsse bezahlbar sein.
BSW setzt auf regionale Wirtschaftskreisläufe mit kurzen Lieferwegen. Nicht nur Landwirte, sondern alle in diesem Bereich Beschäftigten müssen von ihrer Arbeit leben können, heißt es im Wahlprogramm. Dafür würden mehr dezentrale kleine und mittlere Unternehmen wie Molkereien, Schlachtereien und Lebensmittelläden gebraucht. Das bringt Landwirte nach Ansicht der neuen Partei nicht nur auf Augenhöhe mit den Verhandlungspartnern in Verarbeitung und im Handel und sorge somit für „gerechte Preise“. Zudem stärke
die regionale Struktur auch den ländlichen Raum.
Haltung zu Pflanzenschutz und Tierwohl
Das Europawahlprogramm enthält ein indirektes Bekenntnis zum Pflanzenschutz, das in der Forderung nach „Lebensmittel- und Pflanzenschutzmittelsicherheit“ enthalten ist. Transparente und unabhängige Verfahren sollen dazu beitragen, „weniger schädliche und erschwingliche Produkte zu erhalten“.
BSW will eine „tierwohl- und umweltgerechte Tierhaltung“ mit flächengebundener Haltung sowie Futterproduktion und „Mistverwertung“ in regionalen Nährstoffkreisläufen. Die Partei fordert eine einheitliche und verbindliche Tierhaltungskennzeichnung, zudem will man Weidetierhaltung durch die Unterstützung von Herdenschutzmaßnahmen fördern.
Angestrebt wird eine „angemessene und unbürokratische Förderung von umwelt-, boden- und klimaschonenden Agrartechniken und Anbausystemen“. „Agrogentechnik“ lehnt BSW ebenso ab wie „Patente auf Leben“, und die Partei fordert den freien Nachbau von Saatgut.
Frage zu Agrarsubventionen ohne Antwort
Das Thema Subventionen taucht im Wahlprogramm der Partei im Zusammenhang mit Landwirtschaft nicht auf. Im Kapitel „Wirtschaftliche Vernunft“ heißt es dazu auf die gesamte Wirtschaft bezogen: „Das EU-Beihilferecht muss radikal reformiert werden. Kurzfristig sollten bestehende Ausnahmeregeln gestärkt und langfristig das Beihilfe-Verbot aus den EU-Verträgen auf extremen Subventionswettbewerb oder solche Diskriminierungen im Binnenmarkt beschränkt werden, die sich nicht durch das Allgemeinwohl rechtfertigen lassen.“
Eine an Sahra Wagenknecht gerichtete Frage auf dem Onlineportal abgeordnetenwatch.de, wie sie zu Agrarsubventionen stehe, ließ die Parteivorsitzende bislang unbeantwortet (Stand 7.6.). Der Spitzenkandidat für die Europawahlen, Fabio De Masi, besuchte Anfang Mai den stellvertretenden Bundessprecher der Freien Bauern, Marco Hintze in Krielow (Brandenburg). In dem vom BSW bei Facebook verbreiteten Video fordert Hintze, bei den EU-Flächenprämien eine Kappung bei 500 Hektar einzuführen, was der Politiker jedoch nicht kommentiert.
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