Theresa Schmidt (Vorsitzende des Bund Deutscher Landjugend) bei der Kundgebung der großen Bauerndemo 2024. (c) Sabine Rübensaat

Nach der Aktionswoche: Die Lösungen liegen eigentlich auf dem Tisch

Was hat die große Bauerndemo am Montag, den 15. Januar 2024 gebracht? Die Koalitionsparteien schlagen vor, ein Reformpaket zu erarbeiten. Was es noch für Vorschläge gab und wo die tieferen Ursachsen der Bauernprotest-Aktionswoche liegen, das kommentiert Ralf Stephan.

Von Ralf Stephan

Was hat die Aktionswoche, was hat vor allem die gewaltige Abschlussdemonstration am Montag gebracht? Schon vor ihrem Ende zeigte sich, dass die Regierung ihre Sparbeschlüsse nicht zurücknehmen will. Stattdessen schlagen die Koalitionsparteien vor, ein Reformpaket zu erarbeiten. Das soll die Landwirte an anderer Stelle für die Mehrkosten beim Agrardiesel entlasten.

Der Bundesfinanzminister kündigte während seiner Rede am Brandenburger Tor zudem an, die mehrjährige Gewinnglättung bei der Steuer wieder einzuführen. Eine vernünftige Maßnahme. Für die hätten aber normalerweise nicht 30.000 Bauern nach Berlin fahren müssen.

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Bauernproteste: Tiefere Ursachen der Aktionswoche

Sollte dies die Rückkehr zur Normalität in der Regierungsarbeit einläuten, wäre es vielleicht der wichtigste Erfolg der Aktionswoche. Denn im Laufe der Tage gelang es zunehmend, die öffentliche Diskussion vom Agrardiesel hin zu den tieferen Ursachen für den Frust auf dem Land zu lenken. Und das, obwohl manche Redaktion unbeirrt vor allem der Frage nachging, inwieweit die Proteste von rechts unterwandert sein könnten.

Die weitestgehend erfolgreiche Abgrenzung der Veranstalter gegen Extremisten aller Art ließ am Ende nur den Verdacht zu, selbst hinter dem Plakat „Die Ampel muss weg!“ könnten sich Umstürzler verbergen. Übersehen wird, dass diese Forderung zum politischen Vokabular von Friedrich Merz ebenso gehört wie von Sahra Wagenknecht. Wichtiger wäre es also, die Gründe für solche Losungen zu erkunden. Viele davon sind jedoch schon gut bekannt.

Willkür und Symbolpolitik

Die Wurzeln für den Frust reichen bis in die Vorgängerregierungen zurück. Das bestätigen erneut die Reaktionen der Bauernvertreter nach den Gesprächen mit den Fraktionsspitzen am Montagnachmittag (15.1.). Es seien Themen angesprochen worden, die man seit 30 Jahren ergebnislos diskutiere, hieß es.

Wie vor den Bauernprotesten im Herbst 2019 bestimme Willkür die Agrarpolitik, obwohl inzwischen politische Konzepte vorlägen, war zu hören. Die Verantwortung dafür liegt zu großen Teilen beim Bundeslandwirtschaftsminister. Denn schon bei seinem Amtsantritt schob er die mit großem Aufwand und mit dem denkbar größten Fachverstand erarbeiteten Konzepte der Zukunftskommission und des Kompetenznetzwerkes Tierwohl beiseite. Stattdessen rief er den Ökolandbau zu seinem Leitbild aus. Symbolpolitik, die Erwartungen einer bestimmten Klientel bedient, viel Geld kostet, aber zur Lösung der eigentlichen Probleme weniger beiträgt als andere Ansätze.

Nicht besser machte es Özdemirs Vorgängerin Klöckner. Sie hatte sich das Tierwohl auf die Fahnen geschrieben. Ein Thema, das – wie der Kieler Agrarökonom Henning kürzlich in einer großen Berliner Zeitung feststellte – im Hinblick auf den Klimaschutz eher kontraproduktiv sei und dessen wahre Kosten die Politik bis heute vor den Verbrauchern totschweige. Mit solchen, von der Politik selbst herbeigeführten Zielkonflikten werden die Bauern dann alleingelassen.

Um das zu ändern, muss man weder „Agrar-Allianzen“ gründen noch neue Kommissionen einberufen, wie schon wieder gebetsmühlenartig zu hören ist. Es reicht völlig aus, zu ganz normaler Politik zurückzukehren: Probleme erkennen, priorisieren und systematisch lösen. Die in einem breiten demokratischen Prozess erstellten Konzepte und Richtlinien dafür liegen seit Langem auf dem Tisch.

Kommentar aus der Ausgabe 03/2024

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