Schweinehaltung: „Desaströse Lage“

Intensive Diskussion: Landwirt Michael Kühling, Bauernpräsident Detlef Kurreck, Minister Till Backhaus und Thomas Dosch, Schlachtunternehmen Tönnies (v.l.). (c) Sabine Rübensaat

Auf dem MeLa-Bauerntag stand die Zukunft der Schweinehaltung im Fokus. Landwirte warnten davor, die Versorgung mit Lebensmitteln zu gefährden.

Von Ralf Stephan, Gerd Rinas und Hilmar Baumgarten

„Die Zukunft der Schweinehaltung brennt uns allen unter den Nägeln“, lautete das Fazit von Detlef Kurreck, Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern, nach dem Landesbauerntag zur Zukunft der Nutztierhaltung am 18. September auf der MeLa. Zuvor hatte Schweinehalter Michael Kühling aus Zemmin die Lage als „desaströs“ bezeichnet. Er warnte davor, die Versorgung mit Nahrungsmitteln durch „politische Traumtänzerei“ zu gefährden.

Forderung: Strukturen in der Schweinehaltung grundsätzlich ändern

Neben dem akuten Stau in den Schlacht- und Kühlhäusern müssten vor allem die Strukturen in der Schweinehaltung grundsätzlich verändert werden, forderte Kurreck. „Wir haben klar umrissen, wohin es gehen soll. Der Druck auf die Politik wird aufrechterhalten“, betonte der Bauernpräsident. Er bezog sich dabei auf Wortmeldungen von Tierhaltern, die überbordende Bürokratie, extrem lange Genehmigungszeiten für Bauvorhaben und unrealistische politische Zielvorgaben kritisierten.

„Unser Ziel ist es, das gesamte immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren in neun Monaten zu schaffen“, erwiderte Agrarminister Till Backhaus. Er würde sich von der neuen Bundesregierung ein „Investitionsbeschleunigungsgesetz“ wünschen. Dieses solle für Tierwohlneu- und -umbauten gelten, bei denen sich der Tierbestand nicht vergrößert.

Schweinehalter Henrik Oevermann wies darauf hin, dass der geplante Umbau der Tierhaltung mit mehr Auslaufhaltung die CO2-Emissionen erhöhen wird, allein in der Schweineproduktion um mindestens 20 %. Das stehe aber im Gegensatz zum erklärten Ziel der Gesellschaft, CO2 deutlich zu reduzieren.


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„Für den Markt produzieren, den es tatsächlich gibt“

Auch vor diesem Hintergrund sei es extrem wichtig, nur „für den Markt zu produzieren, den es tatsächlich gibt“. „Ein Berufskollege, der im Jahr ca. 6.000 Schweine für das Qualitätsprogramm Strohschweine liefert, produziert etwa ein Prozent des Bedarfs an Schweinefleisch in MV, aber 120 % des Bedarfs an Strohschweinen! Zum Höhepunkt der Coronakrise konnten nur etwa 50 % dieser Schweine als Strohschweine vermarktet werden“, machte Oevermann aufmerksam.

Thomas Dosch, Leiter der Abteilung Politik und Nachhaltigkeit beim Schlachtunternehmen Tönnies, will die Tierhaltung im Osten nicht vorzeitig abschreiben. Mit der Vorgabe, die Bestände auf zwei Großvieheinheiten pro Hektar zu beschränken, würden die östlichen Bundesländer viel attraktiver werden. Dabei könnte auch „Green Investment“ helfen, bei dem Geld von Investoren an die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien gekoppelt wird. Dies werde auch die Land- und Ernährungswirtschaft künftig prägen.

Bioschweinehaltung profitiert von export

Der frühere Bioland-Präsident widersprach der Einschätzung, dass es in Deutschland zu viele Schweine gebe und der Schweinefleischexport kein Zukunftsmodell sei. Der Selbstversorgungsgrad von 120 % mit Schweinefleisch täusche darüber hinweg, dass die Nachfrage nach Edelteilen nur zu 50 bis 70 % aus heimischer Produktion gedeckt werden könne, der Rest aus Importen.

Der Export sei auch in Zukunft erforderlich, um jene Teile zu verwerten, die hierzulande nicht verzehrt würden. Davon profitiere im Übrigen auch die Bioschweinehaltung, da es auf dem internationalen Markt keine gesonderte Nachfrage nach Bioschweinepfoten oder -köpfen gebe, sondern alles konventionell vermarktet werde.

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