In der Scheune Gieseler von Gartz wurde bis 1989 Tabak getrocknet, danach verfiel das historische Gebäude. Jetzt wird ihm Stück für Stück wieder neues Leben eingehaucht. (c) Deutsche Stiftung Denkmalschutz/ Mittring/Schalinski; Mildner

Neues Leben für eine alte Dame

Sie hat ihre Blütezeit längst hinter sich: die über 100-jährige Tabakscheune im brandenburgischen Gartz. Doch das kulturhistorische Denkmal wird erhalten und soll als Veranstaltungsort eine neue Blütezeit erleben.

Von Bärbel Arlt

Der Tabakanbau in der Uckermark hat eine über 300-jährige Geschichte. Die Hugenotten waren es, die einst das begehrte Kraut an die Oder zwischen Schwedt und Gartz brachten. Und mit dem Anbau entstanden im Laufe der Jahrhunderte auch viele Scheunen, in denen der Tabak nach der Ernte getrocknet wurde und die noch heute die Region prägen.

Familienbesitz seit vier Generationen

Eine dieser historischen Tabakscheunen steht in der kleinen Stadt Gartz an der Oder und „ist seit vier Generationen in Familienbesitz“, weiß Gerd Krüger, der das Gebäude 2016 von seinem Onkel übernommen hat.

„Aufgrund der Konstruktion und des Baustils dürfte mein Urgroßvater Paul Gieseler die Scheune gebaut haben, die noch heute als Scheune Gieseler bekannt ist“, so der 58-jährige Kaufmann aus Wedemark bei Hannover und erzählt, dass sein Urgroßvater, der von 1850 bis 1926 in Gartz lebte, ein sogenannter Ackerbürger war, der mit seiner Familie und dem Vieh auf einem Hof innerhalb der Stadtmauern lebte und arbeitete.
Das zu bestellende Land wie Wiesen und Äcker wiederum befand sich außerhalb der Stadt – ebenso wie die Scheunen. Sie durften aufgrund der Lagerung von brennbaren Materialien wie Heu, Korn und Tabak nicht mehr innerhalb der Stadtmauern errichtet werden. „Deshalb“, so Gerd Krüger, „entstand im 19. Jahrhundert das Scheunenviertel nördlich der Stadt, was die Gartzer liebevoll Scheunsen oder Scheunsenviertel nennen.

Rund 100 Jahre Tabaktrocknung

Wann die Scheune Gieseler gebaut wurde, ist allerdings nicht genau belegt. Gerd Krüger schätzt, dass sie Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts entstand. Genaue Daten liegen nicht vor, weil Dokumente Ende des Zweiten Weltkrieges verbrannten.

Die Scheune selbst überlebte und bis 1989 wurde unter ihrem Dach der Tabak getrocknet. Um dabei die Frischluftzufuhr zu regulieren, sind im Schachbrettmuster in jedem zweiten Gefach Luken angebracht, die nach Bedarf geöffnet bzw. geschlossen werden konnten, so die Deutsche Stiftung Denkmalschutz.

In der Scheune Gieseler von Gartz wurde bis 1989  Tabak getrocknet, danach  verfi el das historische  Gebäude. Jetzt wird ihm  Stück für Stück wieder neues  Leben eingehaucht.
In der Scheune Gieseler von Gartz wurde bis 1989 Tabak getrocknet, danach verfiel das historische Gebäude. Jetzt wird ihm Stück für Stück wieder neues Leben eingehaucht. (c) Deutsche Stiftung Denkmalschutz/ Mittring/Schalinski; Mildner

Sommer-Erinnerungen an die Kindheit

Aus Überlieferungen weiß Gerd Krüger, dass unter dem 15 m hohen Scheunendach mit zwei Etagen Tabakblätter von fünf Morgen, also 1,25 ha Land, zum Trocknen aufgehängt werden konnten. Dafür wurden die Tabakblätter von Hand auf lange Schnüre gezogen. Ein Morgen brachte ungefähr zehn bis zwölf Zentner getrockneten Tabak, schätzt Gerd Krüger, der als Kind so manchen Sommer beim Großvater in Gartz verbrachte und für den die alte Scheune Abenteuerspielplatz war.

Das endete mit dem Tod des Großvaters 1973 und das Gebäude wurde nicht nur zum Trocknen von Tabak, sondern auch zur Lagerung von Obst und Gemüse genutzt.

Tabakscheune Gartz: Jede Hilfe ist willkommen

Während die zur Tabakscheune gehörende Hofstelle 1999 von Grund auf saniert werden konnte, blieb das historische Gemäuer nach der Wende sich selbst überlassen, was auch verwirrenden Eigentumsverhältnissen geschuldet war, die geklärt werden mussten.

Der lange Leerstand und die unsachgemäßen Baumaßnahmen in der DDR-Zeit hatten der Tabakscheune Gartz so zugesetzt, dass es baufällig geworden war. 2019 brach sogar die Westwand zusammen. Doch dank Fördermittel konnte der komplette Einsturz verhindert und mit der Sanierung begonnen werden.

Seit 2017 sind in die Sicherung der alten Dame 218.000 Euro geflossen, wobei überwiegend Planer, Handwerker und Bauunternehmer aus der Region beauftragt wurden. Neben Eigenfinanzierung haben sich der Landkreis Uckermark mit 31.000 Euro, das Land Brandenburg mit 70.000 Euro, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit 40.000 Euro beteiligt.

Gerd Krüger, dem viel an der Rettung der historischen Scheune liegt, die seit 2016 unter Denkmalschutz steht, denkt jetzt über neue Nutzungskonzepte nach. Dazu gehören ein Veranstaltungsraum mit Bühne für Seminare, Theater, Hochzeiten, Konzerte, Märkte sowie auf den zwei Etagen ein Seminarraum und ein Großraumbüro. Zum Gelingen ist jede Hilfe willkommen.