Studium am Albrecht-Daniel-Thaer-Institut: Nah an der Politik
Wer am Albrecht-Daniel-Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften an der Humboldt-Uni Berlin studiert, beschäftigt sich mit Problemen der Ernährung, Einwicklung und der Ressourcen-Frage in einer Welt mit Konflikten.
Von Ulrike Bletzer, Bad Ems
Mit insgesamt rund 1.500 Studierenden ist das Albrecht-Daniel-Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften an der Humboldt-Universität Berlin die zahlenmäßig größte Bildungseinrichtung ihrer Art in den neuen Bundesländern. Aber das ist bei Weitem nicht das einzige Alleinstellungsmerkmal.
„Was unser Institut darüber hinaus vor allem auszeichnet, ist die Nähe zur Politik“, beschreibt der geschäftsführende Direktor, Prof. Dr. Martin Odening, die Tatsache, dass das Institut seinen Sitz in der deutschen Hauptstadt und damit dort hat, wo Agrarpolitik gemacht wird.
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Studium am Albrecht-Daniel-Thaer-Institut: Forschnung und Bildung
Hinzu kommt: In Berlin und Umgebung gibt es eine hohe Konzentration an agrarwissenschaftlichen Forschungseinrichtungen, zu denen das Thaer-Institut sehr intensive Kontakte unterhält. Dazu zählen:
- die Leibniz-Institute für Agrartechnik und Bioökonomie in Bornim,
- für Gemüse- und Zierpflanzenbau in Großbeeren/Erfurt,
- für Gewässerökologie und Binnenfischerei im Forschungsverbund Berlin
- das Leibnitz-Zentrum für Agrarlandschafts- und Landnutzungsforschung in Müncheberg
- das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung,
- das Institut für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow,
- das Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf,
- das Institut für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere in Schönow
- die Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung in Groß Kreutz.
„Mit einer ganzen Reihe dieser Institute arbeiten wir in Form von Sonderprofessuren zusammen, sodass den Studierenden ein riesiger Schatz an Wissen und Erfahrung zur Verfügung steht“, berichtet Prof. Odening.
Thaer-Institut: Sonderprofessoren als Hochschullehrer
Sonderprofessoren oder S-Professoren sind von der Humboldt-Universität berufene Hochschullehrer, die auch in einer außeruniversitären Forschungseinrichtung tätig sind. S-Professuren und Honorarprofessuren mitgerechnet, unterrichten insgesamt 34 Professorinnen und Professoren am Thaer-Institut. Es gliedert sich in das Department für Agrarökonomie sowie das Department für Nutzpflanzen- und Tierwissenschaften. „Allerdings sind nur 15 dieser Kolleginnen und Kollegen ausschließlich am Thaer-Institut tätig“, präzisiert Prof. Odening.
Doch zurück zu den Alleinstellungsmerkmalen: Dazu zählt der Standort in Berlin – Einrichtungen des Instituts befinden sich sowohl in Berlin-Mitte als auch im Norden der Hauptstadt sowie im südwestlich gelegenen Stadtteil Dahlem – natürlich nicht nur wegen der Nähe zur Politik, sondern auch deshalb, weil die Metropole Berlin mit ihrem pulsierenden Leben für junge Menschen per se ausgesprochen attraktiv ist.
Absolventen der agrar- und gartenbauwissenschaftlicher Studiengänge bietet sie darüber hinaus eine Fülle von beruflichen Möglichkeiten – unter anderem, weil hier zahlreiche Interessenverbände aus dem Agrarsektor ansässig sind und sich über viele Jahre hinweg eine sehr aktive Start-up-Szene entwickelt hat. Und: Da Berlin einer der größten Absatzmärkte für ökologisch produzierte Lebensmittel ist, kann man in diesem Bereich bereits während des Studiums umfassende Einblicke in die Verarbeitung und Vermarktung gewinnen.
Gartenbauwissenschaften studieren
Außerdem unbedingt erwähnenswert: Als einziges Universitätsinstitut in Deutschland bietet das Thaer-Institut das Studium der Gartenbauwissenschaften in seiner gesamten Bandbreite, das heißt also mit sämtlichen dazugehörenden Fachgebieten, an.
Genau aus diesem Grund habe sie sich dafür entschieden, am Thaer-Institut zu studieren, erzählt Charlotte Bunn, die ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen kommt und sich aktuell im fünften Semester des Bachelorstudiengangs Gartenbauwissenschaften befindet. „Auch besteht hier eine ziemlich enge Bindung zu den Professoren. Ihnen ist es persönlich wichtig, dass wir Studierenden etwas vom Studium mitnehmen“, beschreibt sie die konstruktive Atmosphäre.
Die beiden sechssemestrigen Bachelorstudiengänge Agrarwissenschaften und Gartenbauwissenschaften halten sich, von der Zahl der Studierenden her gesehen, in etwa die Waage. „Jeder dieser Studiengänge verzeichnet pro Jahr circa 150 Neueinschreibungen“, erläutert Prof. Odening.
Studium: Vielfältige Aspekte der Landnutzung
Für die Studierenden des Bachelorstudiengangs Agrarwissenschaften stehen unter anderem die Fachgebiete Biologie der Pflanzen und Ökologie (sechs Pflichtmodule im 1. Semester), Analyse und Planung von Agrarbetrieben (vier Pflichtmodule im 2. Semester), Genetik, Tier- und Pflanzenzüchtung (jeweils vier Pflichtmodule im 3. und 4. Semester), Agrarmarketing und Qualitätsmanagement (sechs Pflichtmodule im 4. Semester) sowie Agrarpolitik und ländlicher Raum (ebenfalls sechs Pflichtmodule im 4. Semester) auf dem Lehrplan. Im 5. und 6. Semester belegen die Studierenden dann verschiedene Wahlmodule.
Die Studieninhalte sind natürlich immer im Zusammenhang mit dem Leitbild des Thaer-Instituts zu sehen. Dazu heißt es auf der Homepage des Instituts: „Leitbild für die Lehre sind Absolventen und Absolventinnen, die auf der Basis fundierter natur-, wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Kenntnisse die ökologischen, technischen, sozialen und ökonomischen Aspekte einer nachhaltigen Landnutzung verantwortlich reflektieren, beurteilen und umsetzen können. Große Aufmerksamkeit wird der Entwicklung von Methodenkompetenz als Beitrag zur Befähigung zum lebenslangen Lernen gewidmet. Förderlich hierfür sind neben einer fundierten Vermittlung der theoretischen Grundlagen auch eine Einbeziehung in Forschungsarbeiten und die Möglichkeit, selbstverantwortlich Forschungsprojekte einzeln und in Gruppen durchzuführen.“
Studienreform aufgrund begrenzter Ressourcen
Wichtig zu wissen: Im Zuge der geplanten Studienreform sollen die beiden Bachelorstudiengänge zum Wintersemester 2024/2025 zusammengeführt werden. Nicht zuletzt dürfte die Zusammenlegung auch den begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen geschuldet sein.
Der einzige Kritikpunkt, den sie an ihrem Studium anzubringen habe, sei die in ihren Augen etwas zu einseitige Fokussierung auf das theoretische wissenschaftliche Arbeiten, sagt Charlotte Bunn und schickt hinterher: „Mit der Zusammenlegung werden sicherlich Kapazitäten frei, um mehr Exkursionen und andere Praxisveranstaltungen anbieten zu können.“
Apropos Studienreform: Sie betrifft auch die Masterstudiengänge, die aktuell noch sechs an der Zahl sind. So wird der Studiengang Prozess- und Qualitätsmanagement in Landwirtschaft und Gartenbau ab dem Wintersemester 2024/2025 voraussichtlich nicht mehr angeboten.
„Das Profil dieses Studiengangs ist offensichtlich nicht stark genug ausgeprägt – die Tatsache, dass sich pro Jahr nur zehn bis 15 Studierende hier einschreiben, legt diese Vermutung jedenfalls nahe“, sagt Prof. Odening. Ebenfalls nicht beibehalten wird der Masterstudiengang Fish Biology, Fisheries and Aquaculture, der bisher ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des Thaer-Instituts war.
Allerdings: Sowohl beim Prozess-und Qualitätsmanagement als auch bei der Fish Biology werden einzelne Studieninhalte in andere Masterstudiengänge integriert. „Außerdem können die jetzigen Studierenden ihr Studium natürlich zu Ende führen“, ergänzt Prof. Odening. „Das gilt auch für diejenigen, die sich erst jetzt zum Wintersemester 2023/2024 eingeschrieben haben.“
Masterstudiengänge haben sich bewährt
Auf jeden Fall weiterbestehen werden die Masterstudiengänge Integrated Natural Resource Management und Agricultural Economics als die beiden Erfolgsmodelle, die sich, wie der Direktor des Thaer-Instituts berichtet, über viele Jahre hinweg bewährt und fest etabliert haben. „Beim Studiengang Integrated Natural Ressource Management haben wir deutlich mehr Bewerbungen, als wir Studierende aufnehmen können“, sagt er. Auch der Studiengang Agricultural Economics sei sehr gut besucht.
Dazu kommen zwei Masterstudiengänge, die im Rahmen des Erasmus+-Programms der Europäischen Kommission laufen: Den Studiengang International Master in Rural Development bietet die Humboldt-Universität Berlin in Zusammenarbeit mit der Universität Gent (Belgien), dem Agrocampus Ouest (Frankreich), der Universität Córdoba (Spanien), der Agraruniversität Nitra (Slowakei) und der Universität Pisa (Italien) an. Dabei haben die Studierenden eine Hauptuniversität, absolvieren aber ein oder zwei Semester an einer der Partner-Unis.
Eine ähnliche Kooperation besteht auch beim Masterstudiengang International Master in Horticultural Science, den Charlotte Bunn im Blick hat. Dieser erfolgreiche Studiengang wird im Rahmender Studienreform zum Master-Studiengang Horticultural and Plant Sciences weiterentwickelt. Er soll zur Profilierung des Instituts beitragen. „Bevor ich nach dem Bachelorabschluss meine Entscheidung treffe, möchte ich allerdings erst eine Praktikumsphase einlegen und währenddessen in verschiedene Masterstudiengänge hineinschnuppern“, sagt Charlotte Bunn, die sich auch über das eigentliche Studium hinaus engagiert, indem sie im Institutsrat die Stimme der Studierenden vertritt.
Damit sind noch nicht alle Studienangebote genannt: Am Seminar für ländliche Entwicklung, das – wie das Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte und das Institut für Genossenschaftswesen – ebenfalls zum Thaer-Institut gehört, kann man das einjährige Postgraduiertenstudium Internationale Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung absolvieren.
Studiengänge auf Englisch
Es ist natürlich kein Zufall, dass die meisten Masterstudiengänge englischsprachig sind: Das Thaer-Institut, an dem sehr viele ausländische Studierende aus anderen europäischen Ländern, aber auch aus Afrika, Asien und, in geringerem Umfang, aus den USA immatrikuliert sind, legt großen Wert auf Internationalität – ein Prinzip, das ebenso für die Forschung gilt.
Bleibt noch die Frage, wo die Absolventinnen und Absolventen des Thaer-Instituts später arbeiten. „Da unsere Studierenden nicht in erster Linie von landwirtschaftlichen Betrieben kommen, liegt der Schwerpunkt auch nicht ausschließlich auf der Primärproduktion“, antwortet Prof. Odening und präzisiert: „Viele arbeiten in vor- und nachgelagerten Bereichen, der Agrarverwaltung, in anderen landwirtschaftlichen Einrichtungen, bei Nichtregierungsorganisationen oder bei Banken und Versicherungen.“
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