Havelland probt den ASP-Ernstfall
Im Havelland wurde eine lang Woche ein möglicher ASP-Ernstfall geprobt. Rund 80 Menschen waren bei der großangelegten Tierseuchenübung im Einsatz – bisher einmalig in Brandenburg, knapp zwei Jahre nach Auftreten von ASP in Deutschland.
Von Silvia Passow
Mit einer Menschenkette ein Sonnenblumenfeld abzulaufen ohne, das diese nach wenigen Metern die Form einer Banane annimmt, ist nicht einfach. Das ist nur eine von vielen Erfahrungen, welche die rund 80 Teilnehmer einer großangelegten Tierseuchenübung in Paaren-Glien im Brandenburger Landkreis Havelland, machten.
Der Kreis Havelland hatte bisher noch kein mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) infiziertes Wildschwein zu verzeichnen, dennoch übte man eine Woche lang den Ernstfall. Eine Maßnahme, wie sie in diesem Umfang bisher noch nicht im Land Brandenburg durchgeführt wurde, sagte vor Ort Johannes Funke (SPD), Landtagsabgeordneter und Geschäftsführer im Kreisbauernverband Havelland. Der zuständige Dezernent Michael Koch (CDU) und Amtstierärztin Dörte Wernecke leiteten den Katastrophenstab. Unterstützt wurde die Suche von Mitarbeitenden des Landkreises, der Bundeswehr, Mitarbeitenden des Landesumweltamtes, der Rehkitzrettung Brandenburg und Mitarbeitenden der Gemeinde Schönwalde-Glien.
Unsere Top-Themen
• Autonome Landtechnik
• Neue Maissorten in der EU
• XXL-Batterien für den Hof
• Märkte und Preise
Die Bundeswehr schickte Soldaten aus dem Havelland, Potsdam und der Prignitz. Die Soldaten unterstützten bei der Bildung einer Menschenkette. Der Landkreis hatte bereits im letzten Jahr nach Mitarbeitenden mit Hunden gesucht, die bereits sind, ihre Hunde als Suchhunde ausbilden zu lassen. Es fanden sich 15 Frauchen und Herrchen, deren Vierbeiner geschult wurden. Die Suchhunde in den eigenen Reihen sind von Vorteil, weil schneller abrufbar, erklärt Dezernent Koch. Das Landesumweltamt war mit Drohne und Personal anwesend, ebenso wie der gemeinnützige Verein Rehkitzrettung Brandenburg, der mit Wärmebild-Kamera ausgerüsteter Drohne und Drohnen-Pilot an der Übung teilnahm.
Bildergalerie zur ASP-Übung im Havelland
Auf drei Planquadraten wurden fünf sogenannte Testkörper versteckt. Das bedeutet: Wildschweinkadaver, denen man bereits die Innereien entnommen hatte, mussten gefunden werden. Fundort und Zeit werden auf einer Karte markiert, die draußen am mobilen Einsatzwagen hängt. Darin sitzen Amtstierärztin Jane Franke, die im Ernstfall die Laborproben entgegennimmt und zu nachfolgenden Untersuchungen schickt. Ihr Gegenüber sitzt Sindy Maslonka vom Katasteramt. Bei ASP-Funden müssten Kernzone und Sperrgebiete festgelegt werden – 100 Kilometer Knotengeflechtzaun mit 16 000 Zaunpfählen hält der Landkreis für einen solchen Fall bereit.
Brandenburg als ASP-Brandmauer
Am zweiten Tag der Übung im Feld ist auch die Presse geladen, Koch dankt den Einsatzkräften für ihr Engagement und betont noch einmal, wie wichtig es ist, im Ernstfall die Infektionsketten zu unterbrechen. Ein großes Dankeschön kommt auch von Funke. „Man kann das Engagement des Landkreises gar nicht genug würdigen“, sagt er und fügt hinzu, das könne er im Namen des ganzen Berufsstandes (der Landwirte, Anmerkung der Autorin) sagen. Koch betont: „Es gibt weiterhin den Infektionsdruck aus Polen.“ Er sieht Brandenburg als die Brandmauer, die versucht die ASP aufzuhalten.
Auch interessant
Landwirt aus Mecklenburg-Vorpommern berichtet
Ackerbau in ASP-Kernzone: „Den Acker weiträumig kaputtgefahren“
Ein Virus, dass sich lange hält. Im Weggeworfenen Wurstbrötchen kann es ein halbes Jahr überleben, erklärt Koch. Zwar habe man an den Autobahn-Raststätten Warnschilder aufgestellt, doch wird der Mülleimer nicht genutzt, oder auch nur der Deckel nicht verschlossen, dann ist das Brötchen schnell in der hungrigen Schnauze eines Wildschweines verschwunden. Noch schlimmer ist es in der freien Natur. Da hält sich das Virus ein bis anderthalb Jahre, so Amtstierärztin Wernecke. Das Virus überträgt sich durch Tröpfcheninfektion oder über Blutkontakt.
Trauriges Jubiläum: Seit zwei Jahren ASP in Deutschland
Am 10. September ist es zwei Jahre her: ASP wurde zum ersten Mal bei einem Wildschwein in Deutschland nachgewiesen. Im Spree-Neiße-Kreis und seitdem kämpft das Land gegen den Erreger, der für den Menschen ungefährlich, für Wildschweine aber fast immer tödlich endet. 2.601 nachgewiesene Fälle hat es seitdem gegeben. Betroffen waren die Landkreise Spree-Neiße, Oder-Spree, Märkisch Oderland, Dahme Spreewald, Frankfurt/Oder, Barnim und Uckermark. Der Verdachtsfall in Groß Glienicke hatte sich im Labor nicht bestätigt.
Für die 135 Schweinehalter im Landkreis Havelland heißt es dennoch achtsam bleiben. Denn es reicht mit dem Erreger am Stiefel den Stall zu betreten, um die Infektion auszulösen. Deshalb gelten in den Betrieben strenge Sicherheitsmaßnahmen. 36.000 Hausschweine gibt es laut Funke im Landkreis. Die wenigsten genießen die Freilandhaltung. Der Marktpreis für Schweinefleisch ist durch das Auftreten der ASP um 10 Prozent gesunken, sagt Erwin van den Borne, der mit 25.000 Ferkeln in Bützer bei Rathenow und 6.000 Muttersauen in Potsdam Mittelmark der größte Schweinehalter der Region ist. Der gesunkene Marktpreis gelte nicht nur für die Brandenburger, sondern alle Schweinehalter in Deutschland, sagt er. „Im Moment können wir das Fleisch nur in Deutschland und der EU verkaufen. Für uns ist es sehr wichtig, die ASP im Griff zu haben“, erklärt er.
Am Nachmittag trifft General Andreas Henne ein und lässt sich vom Stand der Übung informieren. Alle Suchteams haben ihre Testkörper gefunden. Henne inspiziert vor Ort, äußert sich, vor dem Fallwild stehend, sehr zufrieden. Die Übung mit Verwaltungsmitarbeitenden, Soldaten und den Ehrenamtlichen der Rehkitzrettung lief ohne Zwischenfälle.