Ausbildung auf dem Acker ist ein Beispiel für den sehr praxisbezogenen Unterricht. (c) Fachschule für Landwirtschaft Plauen

Ziel: Betriebsleiter

Im Mittelpunkt der Fachschule für Landwirtschaft in Plauen steht die Fortbildung zum/r Staatlich geprüften Wirtschafter/in für Landwirtschaft. Besonderes Merkmal der Fachschule ist die Verbindung der theoretischen Inhalte mit der praktischen Anwendung.

Von Ulrike Bletzer, Bad Ems

„Wir verstehen uns als Betriebsleiterschule“, sagt Dr. Thomas Luther, Leiter der Fachschule für Landwirtschaft Plauen. Da erscheint es nur logisch, dass viele Absolventen später im mittleren Management großer landwirtschaftlicher Betriebe arbeiten, wo sie zum Beispiel federführend für die Milchviehherde oder den Pflanzenbau verantwortlich sind. „Es gibt aber auch nicht wenige, die nach der Fachschule den elterlichen Hof übernehmen“, betont Dr. Luther und spricht von einer „guten Mischung aus Fachschülerinnen und -schülern, die als Hofnachfolger zu uns kommen, und solchen, die keinen elterlichen Betrieb im Hintergrund haben.“

Entsprechend groß sei auch das Spektrum der Betriebe, die man in Plauen im Blick habe: „Vom klassischen Familienbetrieb bis zur Agrargenossenschaft decken wir die gesamte Bandbreite ab. Den größten Raum nimmt an der Fachschule für Landwirtschaft Plauen der Bildungsgang „Staatlich geprüfte/r Wirtschafter/in für Landwirtschaft“ ein, der seit Gründung der Schule vor 30 Jahren insgesamt 282 Absolventinnen und Absolventen hervorgebracht hat.

Zugangsvoraussetzung

Zugangsvoraussetzung ist grundsätzlich entweder ein landwirtschaftlicher Berufsabschluss mit darauffolgender, mindestens einjähriger Berufstätigkeit in der Landwirtschaft oder ein Abschluss in einem anderen Beruf mit mindestens fünfjähriger Tätigkeit in dem betreffenden Bereich.

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Dr. Thomas Luther ist der Schulleiter der Fachschule für Landwirtschaft in Plauen. (c) Fachschule für Landwirtschaft Plauen

Mit der Betonung auf „grundsätzlich“, denn wer bereits praktische Berufserfahrung in der Landwirtschaft gesammelt hat, kann sich diese anrechnen lassen, sodass er oder sie ausschließlich den berufstheoretischen Part des Fachschulbesuchs zu absolvieren hat.

Vollzeitunterricht und gelenkte Praktika

„Für alle anderen gilt das klassische Wintermodell“, erklärt Dr. Luther. Und das besteht aus einer Mischung aus Vollzeitunterricht und gelenktem Praktikum, das viele Schülerinnen und Schüler in dem Betrieb absolvieren, in dem sie ihre Ausbildung in einem grünen Beruf absolviert haben. Schulbeginn ist jeweils am 1. August. Dann startet auch die erste, dreimonatige Praxiszeit.

Im April geht es weiter mit der nächsten Praxiszeit, die dann allerdings sechs Monate dauert und sich bis Anfang November des zweiten Schuljahrs erstreckt. Praxiszeit Nummer drei wiederum startet Mitte Mai und dauert bis Anfang Juli. Insgesamt kommt so ein Jahr Praxiszeit zusammen, das immer wieder von der berufstheoretischen, ebenfalls insgesamt ein Jahr umfassenden Ausbildung unterbrochen wird – oder umgekehrt, je nachdem, wie man es sehen will.

Bleibt noch zu erwähnen, dass es auch im praktischen Teil nicht ganz ohne Theorie geht: Auf die Phasen, die die angehenden Wirtschafter im Betrieb verbringen, sind insgesamt 15 sogenannte Praxisschultage verteilt.

11 themen- und fachübergreifenden Lernfelder

Apropos berufstheoretische Ausbildung: Sie orientiert sich am Lehrplan, der am Sächsischen Bildungsinstitut in Radebeul für zweijährige Fachschulen der Fachrichtung Landwirtschaft erarbeitet wurde und diese elf themen- und fachübergreifenden Lernfelder enthält:


1. Unternehmen gründen und führen
2. Rahmenbedingungen analysieren und in die Unternehmensführung integrieren
3. Landwirtschaftliche Flächen umweltschonend und nachhaltig bewirtschaften
4. Marktfrüchte und nachwachsende Rohstoffe wirtschaftlich erzeugen
5. Grundfutter qualitätsgerecht erzeugen
6. Schweine tier- und marktgerecht erzeugen
7. Milch und Rindfleisch wirtschaftlich produzieren
8. Einkommensalternativen für den Betrieb nutzen
9. Projekte managen und Facharbeit erstellen
10. Berufsnachwuchs ausbilden
11. Mitarbeiter einstellen und führen


Viel Ökolandbau in der Region

Dieselben elf Lernfelder werden auch in den anderen in Sachsen beheimateten Fachschulen für Landwirtschaft in Zwickau, Großenhain, Löbau und Döbeln (künftig in Nossen) vermittelt. Mit der Kommunalreform 2008 seien diese Schulen von der Trägerschaft des Landes in die der jeweiligen Landkreise übergegangen, berichtet Schulleiter Dr. Thomas Luther.

Allen Parallelen und Überschneidungen zum Trotz: Was unterscheidet Plauen von den anderen vier sächsischen Landwirtschaftsschulen? „Im Vogtland haben wir eine etwas andere Betriebs- und Anbaustruktur als in den anderen Regionen. Hier gibt es mit insgesamt 12.689 Hektar den größten Anteil an ökologisch orientierten Landwirtschaftsbetrieben in Sachsen“, antwortet Dr. Luther, betont zugleich aber, dass man in Plauen alle Produktionsrichtungen im Fokus habe.

Einer der ganz großen ökologischen Betriebe im Vogtland sei das Hofgut Eichigt, fügt er hinzu. Kein Wunder, dass das biologisch-dynamisch arbeitende Hofgut mit seinen 1.500 Milchkühen und den insgesamt 3.000 ha Ackerland ein beliebtes Ziel für die Betriebsbesichtigungen ist. „In Eichigt lernen unsere Schüler zum Beispiel die Ammenkuhherde kennen, die es ermöglicht, naturnahe Kälberaufzucht und Milchproduktion miteinander in Einklang zu bringen. Oder sie schauen sich vor Ort an, wie Kammställe funktionieren, von denen aus die Rinder ganzjährig direkt auf die Weide gehen können“, nennt er zwei Beispiele.

ausgesprochen praxisbezogener Unterricht

Auch darüber hinaus zeichnet die Fachschule für Landwirtschaft Plauen ein sehr enger Kontakt zu allen Landwirtschaftsbetrieben n der Region aus. Sie öffnen bereitwillig ihre Türen und geben Tipps und Erfahrungen an die angehenden Betriebsleiter weiter – ein wichtiger Baustein des ausgesprochen praxisbezogenen Unterrichts.

Etwa 18 bis 20 Schüler im Alter von Anfang 20 bis Mitte 30 bilden in Plauen eine Klasse, wobei die jungen Männer deutlich in der Überzahl sind. Das Einzugsgebiet erstrecke sich über das Vogtland hinaus auf das westliche Erzgebirge und das Zwickauer Land, berichtet der Schulleiter und schickt der Vollständigkeit halber hinterher: „Sporadisch haben wir auch mal Schüler aus Thüringen und Bayern.“

Neben der Fachschule in Plauen steht übrigens auch die in Zwickau unter seiner Leitung, was Synergieeffekte eindeutig erleichtert. „Es besteht eine räumliche Kooperation“, präzisiert Dr. Luther. Die Fachschulen in Plauen und im rund 45 Kilometer entfernt gelegenen Zwickau würden wechselklassig, also jeweils ein übers andere Jahr, mit einem neuen Schülerjahrgang an den Start gehen. Zum einen sei auf diese Weise gewährleistet, dass man immer auf genügend Fachschüler zurückgreifen könne, zum anderen erleichtere es die Zusammenarbeit zwischen den Lehrern, etwa wenn Vertretungen anstehen.

vier schriftlichen Komplexprüfungen zum Abschluss

In Plauen unterrichten neben ihm selbst drei weitere Lehrkräfte sowie interne und externe Spezialisten, deren pädagogische Schwerpunkte nach wie vor stark von den vor der Einführung der Lernfelder üblichen Fächern Tierische Produktion, Pflanzliche Produktion, Betriebswirtschaftslehre sowie Berufs- und Arbeitspädagogik geprägt sind.

Genau daran orientieren sich auch die vier schriftlichen Komplexprüfungen, die die angehenden Staatlich geprüften Wirtschafter am Ende der zweijährigen Fachschule ablegen: „Jeweils eine Komplexprüfung dreht sich um die pflanzlichen Lernfelder, die Unternehmensführung, die tierische Erzeugung sowie die Mitarbeiterführung und die Arbeitspädagogik“, erklärt Dr. Luther.

Die zuletzt genannte Prüfung beinhaltet unter anderem eine klassische Lehrunterweisung, bei der der Prüfling einen realen Azubi zu einem bestimmten Thema, etwa zur Eutergesundheit oder den Grundlagen des Klauenschneidens, unterrichten muss. Mündliche Prüfungen sind keine Pflicht, aber möglich, wenn jemand nach einer schriftlichen Prüfung exakt zwischen zwei Noten steht und sich verbessern möchte.

Nach dem Wirtschafter Meister als Ziel

Schülerinnen und Schüler aus der Abgangsklasse machen, wenn sie das Wirtschafter-Zeugnis in der Tasche haben, weiter und satteln den Meister drauf“, berichtet Dr. Luther. Dazu wird in Plauen alle zwei Jahre ein Meister-Vorbereitungslehrgang angeboten. Er umfasst 200 Unterrichtsstunden, die auf zwei Kalenderjahre verteilt sind.

Um gut für die Meisterprüfung gerüstet zu sein, sei der vorherige Besuch der Fachschule zwar nicht zwingend erforderlich, aber sehr empfehlenswert, betont der Schulleiter: „Nicht zuletzt auch, weil man sich dann den berufs- und arbeitspädagogischen Teil der Fachschulausbildung anrechnen lassen kann.“ Häufig würden die jungen Landwirte den Vorbereitungslehrgang direkt im Anschluss an den Wirtschafter belegen, beobachtet er: „Es kommt aber auch gar nicht so selten vor, dass sie sich erst einmal ausschließlich dem Betrieb widmen oder in die Familienplanung einsteigen. Da wir mit unseren Absolventen Kontakt halten, bleibt die Verbindung aber trotzdem bestehen.“ Seit den Anfängen der Schule im Jahr 1991 hat der Vorbereitungslehrgang die Basis für rund 170 Meisterbriefe gelegt.

3. Standbein: Lehrgang zur Vorbereitung auf die externe Abschlussprüfung im Beruf Landwirt/in

Und die Fachschule hat noch ein drittes, zurzeit allerdings eher theoretisch zu verstehendes Standbein: den Lehrgang zur Vorbereitung auf die externe Abschlussprüfung im Beruf Landwirt/in. Er vermittelt Kenntnisse in Pflanzenbau, Tierhaltung, Landtechnik sowie Wirtschafts- und Sozialkunde und richtet sich in erster Linie an Menschen, die einen außerlandwirtschaftlichen Beruf erlernt haben, aber in der Landwirtschaft arbeiten und um den Status der ungelernten Arbeitskraft hinter sich lassen zu können, zur Abschlussprüfung als Land- oder Tierwirt/in zugelassen werden möchten.

Warum dieser Lehrgang, aus dem bis dato immerhin 165 Land- und Tierwirte hervorgegangen sind, zurzeit eher theoretisch zu verstehen ist? „Seit ein paar Jahren haben wir keine aktuelle Klasse mehr“, bedauert Dr. Luther. Schuld daran sei die mangelnde Nachfrage in Verbindung mit dem hohen Aufwand, den dieser im Rahmen einer Abendschule organisierte Lehrgang mit sich bringt: „Weil die Lehrer dafür zusätzlich abends oder am Wochenende kommen müssen, lohnt es sich angesichts der eher verhaltenen Resonanz nicht. Wir nehmen die Interessenten aber in eine Warteliste auf.“

Schülerinnen und Schüler präsentieren die Homepage der  Fachschule, auf der weitere  Informationen zu finden sind.
Schülerinnen und Schüler präsentieren die Homepage der Fachschule, auf der weitere Informationen zu finden sind. (c) Fachschule für Landwirtschaft Plauen

Europäischer Bauernmarkt in Plauen

Was es sonst noch über die Fachschule zu berichten gibt? „Dass wir sehr viel Wert auf Projektarbeit legen“, erwidert der Schulleiter und führt als Paradebeispiel das Projekt #bauerloyal an. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich die – 2021 wegen Corona ausgefallene – Teilnahme am Europäischen Bauernmarkt in Plauen. „Auf diesem Bauernmarkt präsentieren Direktvermarkter aus 14 europäischen Ländern ihre Produkte. Er steht unter der Schirmherrschaft des sächsischen Landwirtschaftsministeriums und lockt jährlich 35.000 bis 40.000 Besucher an, weshalb manche auch von einer ‚Kleinen Grünen Woche‘ sprechen“, hebt er die Bedeutung der Veranstaltung hervor und fügt hinzu: „Unsere Fachschüler betreiben dort jedes Jahr einen Stand, an dem sie Wissen verkaufen.“

Konkret bedeutet das: Sie versuchen, mit den Besuchern über gesellschaftlich aktuelle Themen aus der Landwirtschaft und deren Umfeld ins Gespräch zu kommen. Ernährungsgewohnheiten, Glyphosat-Einsatz und Tierwohl gehören beispielsweise zu solchen Gesprächsthemen, auf die sich die Fachschüler intensiv vorbereiten, indem sie Flyer, Vorträge, Videos und Ähnliches erarbeiten.

Dr. Luther sieht in dieser Art von Öffentlichkeitsarbeit nicht zuletzt ein Stück Imagepflege für die Landwirtschaft – und eine gute Vorbereitung auf das spätere Berufsleben: „Dazu gehört schließlich auch, mit Geschäftspartnern zu reden und überzeugend zu argumentieren.“ Nach anfänglicher Skepsis falle die Resonanz der Fachschüler auf dieses „Dauerprojekt“, das den Europäischen Bauernmarkt seit mehr als zehn Jahren begleitet, durchweg positiv aus.

Länderübergreifender Projektunterricht

In anderen Projekten bringen die Fachschüler Kindergartenkindern das Leben auf einem Bauernhof nahe, gestalten Unterricht vor Schulklassen oder führen unter dem Motto „Willkommen in Deiner grünen Zukunft“ Aktionstage zur Berufsnachwuchsgewinnung durch. Sogar länderübergreifender Projektunterricht steht hier und da auf dem Stundenplan: Die Fachschule unterhält Schulpartnerschaften mit der Landwirtschaftsschule Münchberg in Bayern und der Landwirtschaftlichen Berufsmittelschule Dániel Csapó im ungarischen Szekszárd. Genügend Anreize also, um über den sprichwörtlichen eigenen Tellerrand hinauszublicken. Dem Austausch, aber auch dem „sportlichen“ Ehrgeiz dient außerdem die regelmäßige Teilnahme an Pflüger-, Melk- und Jungzüchtervorführwettbewerben sowie am Berufswettbewerb der Landjugend.

Fast überflüssig zu erwähnen, dass die Corona-Krise all diese Aktivitäten vorübergehend ausgebremst hat. Auch der Unterricht sei unter den Bedingungen der Pandemie wochen- bis monatelang eine große Herausforderung gewesen, blickt Dr. Luther zurück: „Von November bis Anfang Februar haben wir über die vom Landesamt für Schule und Bildung bereitgestellte E-Learning-Plattform LernSax unterrichtet, in die sich alle Beteiligten natürlich erst einmal einarbeiten mussten.“

Auch wenn diese Art des Unterrichtens eine praktikable Alternative zum Präsenzunterricht geboten habe, komme man damit weniger schnell voran. Zudem seien Methodenwechsel schwieriger, so der Schulleiter. Aber: „Dessen ungeachtet haben alle Fachschüler erfolgreich die Prüfungen gemeistert. Am 15. Juli erhalten sie ihre Zeugnisse.“

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