Wichtig für Praktiker sind Ertragspotenzial und Möglichkeiten der Unkrautkontrolle. (c) Rudolf Vögel

Rispenhirse: Alte Kulturart auf dem Weg in die Zukunft

Die Rispenhirse ist eine alte Kulturart, die nicht nur aufgrund ihrer Inhaltsstoffe eine gute Alternative in der Geflügelfütterung darstellt, sondern auch aufgrund ihrer Verträglichkeit von Hitze und Trockenheit in der Zukunft an Bedeutung gewinnen wird.

Zusammengestellt von Erik Pilgermann

Rispenhirse ist eine für Deutschland historisch traditionelle, wenn auch weitgehend in Vergessenheit geratene Kulturart. Gerade in Ostdeutschland, aber auch in Regionen in Süddeutschland ist Rispenhirse sowohl zum Verzehr als auch für Futterzwecke noch zur Mitte des 20. Jahrhunderts angebaut worden.

Mit den erkennbaren Auswirkungen des Klimawandels werden entsprechend angepasste Fruchtarten mit geringem Wasserbedarf und für sandig-trockene Standorte geeignete Regionen wieder beachtet. Für Speisezwecke wird im südlichen Brandenburg seit vielen Jahren Rispenhirse auf einigen Hundert Hektar kultiviert. Mit der künftig geltenden Vorgabe im ökologischen Landbau zur eigenen Futterversorgung wird der Anbau von Hirsearten aufgrund besonderer Wertigkeit und der Möglichkeit, eiweißbasierte Importfuttermittel zu ersetzen, zusätzlich interessant.

Gute Alternative

Nach Einschätzung der Wissenschaftler stellt die Rispenhirse ein sehr interessantes Futtermittel für die ökologische Geflügelhaltung dar, da Methionin als limitierende Aminosäure in Ökorationen gilt. Derzeit fällt es vielen Biobetrieben schwer, mit den verfügbaren Komponenten ausreichende Mengen der Aminosäure in einer Ration zusammenzustellen.

Die Bestimmung der einzelnen Proteinbestandteile ergab überraschend hohe Methioningehalte von durchschnittlich 3,54 g/kg Hirse mit 88 % Trockensubstanz (g/kg TM). Damit lagen die Methioningehalte deutlich höher als etwa bei Futtergetreide (1,7 g/kg TM) oder klassischen Protein-pflanzen wie Ackerbohne (1,7 g/kg TM) oder Erbse (1,9 g/kg TM). Auch die Gehalte anderer schwefelhaltiger Aminosäuren wie Cystein, Lysin und Threonin fielen höher aus als erwartet.

rispenhirse: Die Versuche laufen

Zum Feldtag am 18. August am Gut Wilmersdorf in der Uckermark wurden die aus vierjähriger Versuchsprüfung aussichtsreichsten Herkünfte, teils aus neu aufgenommener mitteleuropäischer Züchtung, von historischen Sorten und der Testung von Genbankmaterial gezeigt. Gegenstand der Versuche ist die Sichtung und der Anbau von Rispenhirse.

Die mehrortigen Anbauversuche sind Teil eines Forschungsvorhabens unter Leitung der Öko-Beratungs Gesellschaft – Fachberatung für Naturland mit den Partnern Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNE) und VERN an Standorten in Berlin und Brandenburg. Diskutiert wurden Hinweise zur Produktionsweise, Ertragspotenziale, Wertigkeit der Inhaltsstoffe und Möglichkeiten für einen weiteren Anbau und die Überleitung in die Praxis.

Streifen und Parzellen

2018 bis 2021 erfolgte in Bayern, Brandenburg und Berlin die Parzellenanbauprüfung mit je 30 Herkünften, Sorten und Linien aus mitteleuropäischem Anbau, der Vorstufenzüchtung und Genbankmaterial (mit Vorvermehrung). In diesem Jahr wurde an der LFS Wilmersdorf der HNE die Feldparzellenprüfung von 23 aussichtsreichen Herkünften und die Basissaatgutvermehrung von „Bernburger Rispenhirse“ durchgeführt. Ebenso erfolgte die Streifenversuchsprüfung mit fünf Herkünften auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Herzberg/Elster in Südbrandenburg. Dieser Betrieb verfügt bereits über langjährige Erfahrung im Rispenhirsenanbau.

Die Feldprüfung in Wilmersdorf erfolgte in dreifacher Wiederholung auf 12-m²-Parzellen bei einem Reihenabstand von 25 cm. Die Aussaat der 23 Herkünfte wurde am 11. Mai durchgeführt. Die Basissaatgutvermehrung wurde eine Woche später gedrillt. Die Aussaatmenge betrug 200–350 Kö/m². Bei 5 bis 7 g Tausendkorngewicht wurden circa 30 kg/ha mit der Bandkopfdrille gesät. Eine zweimalige Maschinenhacke mit Gänsefußschare rückte dem Unkraut zu Leibe. Der durchschnittliche Niederschlag am Versuchsstandort beträgt 500 mm pro Jahr.

Trockenheit und Hitze

Rispenhirse ist eine traditionsreiche und weit bis ins 20. Jahrhundert noch im südlichen Brandenburg angebaute Kulturart. Eine letzte Zuchtsorte, die Bernburger Rispenhirse, war noch 1961 formal für den Anbau zugelassen. Rispenhirse gilt als sehr trockenheitstolerant und damit modern als klimaangepasst. Als C4-Pflanze zwar kälteempfindlich, aber mit hoher Wassernutzungseffizienz.

Besondere Qualitätseigenschaften im Eiweißgehalt (Aminosäurespektrum) lassen Rispenhirse als prädestiniert zur Tierernährung und dort zum Ersatz von Importfuttermitteln erscheinen. Die Sommerfruchtart kann man noch sehr spät säen (bis Anfang Juni). Innerhalb von 120 Tagen kommt sie zur Erntereife. Unter günstigen Bedingungen sind bis zu 5 t/ha erreichbar.

Der Einsatz in der Geflügelfütterung kann weitgehend direkt (nach vorausgegangener Trocknung) erfolgen. Damit bietet sich der Anbau gerade für ökologisch wirtschaftende Tierhaltungsbetriebe mit Direktabsatz und angepassten Produktionsverfahren an.

In Brandenburg wurde Rispenhirse als Speisehirse in den zurückliegenden Jahren erfolgreich auf rund 200 ha Anbaufläche etabliert, das Potenzial als Futtermittel im ökologischen Landbau erscheint aussichtsreich für eine Ausweitung. Rispenhirse eignet sich vor allem für ärmere, trockenheitsgefährdete Standorte. Als Futtermittel sind auch für eine sonstige Speisenutzung weniger geeignete, farbkörnige und kleinkörnige Herkünfte geeignet. Somit besteht auch die Chance für eine breitere Nutzung des vorhandenen Genpools.

die rispenhirse: ein FAZIT

Rispenhirse eignet sich aufgrund des relativ einfachen Anbaus und ihrer Toleranz gegenüber Trockenheit für den Ökolandbau. Sie ist im Anbau vergleichbar mit Sommergetreide und erreicht ähnlich hohe Erträge. Größere Ertragsunterschiede zwischen den Sorten konnten nicht festgestellt werden.

Bei hohem Druck durch wärmeliebende Unkräuter wie Melde ist es sinnvoll, einen größeren Reihenabstand zu wählen, um eine Hacke einsetzen zu können. Ansonsten genügt es für eine ausreichende Unkrautkontrolle, die Kultur ab dem Dreiblattstadium zu striegeln.

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